Stall am See {Gasthof}

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Wir haben eine neue Forenkategorie eingeführt, das "Zelda-Spiel des Monats!" Hier könnt ihr mehr darüber erfahren. Den Anfang machen Zelda I und Zelda II - was haltet ihr von diesen legendären Abenteuern?

  • Mitten im dichten Djungel von Phirone bietet sich Reisenden und Spaziergängern eine schöne Möglichkeit zu rasten und zu verweilen: der Stall am See.
    Er ist einer der ältesten Ställe Hyrules und einer der beliebtesten. Jedenfalls war das vor der Verheerung so, als man noch ohne um sein Leben zu fürchten im Floria-See baden gehen oder von einer der riesigen Klippen ins Wasser springen konnte. Wo einst Schulklassen ihre Ausflüge machten und frisch vermählte Paare ihre Flitterwochen verbrachten, wachen nun Monster am Wegesrand und machen Jagd auf naive und sich überschätzende Abenteurer.
    Der Stall wird heute noch von Spirituellfaszinierten frequentiert, da einst Farodra der Donnerdrache in den Gewässern gelebt haben soll. Viele erhoffen sich wohl Erkenntnisse und sicher auch Begegnungen mit diesem mystischen Wesen, welches man aber getrost zu den Fabelwesen zählen kann, denn schließlich hat nie jemand einen Drachen gesehen. Einen Besuch ist der Stall aber trotzdem wert. Zum einen wird der Gast hier von Bob betreut, dem Stallbetreiber mit ausgesuchter Höflichkeit. Und zum anderen finden sich in unmittelbarer Umgebung einige wertvolle Ressourcen wie Schwertbananen, Maxi-Durian und Ausdauerkäfer.

    ....


    Es war natürlich bereits weit nach Mitternacht, als Anya völlig erschöpft den Stall am See erreichte. Tristan lahmte seit dem Nachmittag und so ging es ab da an nur schleppend voran. Immerhin waren sie unterwegs nicht auf irgendwelche Monster getroffen, es könnte also schlimmer sein. Obwohl sie auf der Stelle hätte einschlafen können, musste sie sich nun erstmal um ihren Esel kümmern. Sie band Tristan fest und sattelte ihn ab. Danach nahm sie einen Lappen aus der kleinen Ledertasche, reinigte ihn noch einmal kurz und trocknete das schweißnasse Fell ab. Anschließend striegelte sie es sauber und entfernte gründlich alle Sandkörner, Blätter und was sich eben sonst noch alles im rauen Haar ihres Süßen verfangen hatte. Zuletzt kratzte sie noch die Hufen aus und fand den kleinen Zweig, der wohl für sein Lahmen verantwortlich war und zupfte ihn weg. Als sie damit fertig war, ging sie zum Tresen, um sich ordnungsgemäß anzumelden und ein Unterstellplatz und Futter für Tristan sowie ein Abendessen und ein Bett für sich selbst zu ordern. Bob, der Stallbesitzer, schnarchte laut in seinen dichten grauen Bart hinein. Anya musste schmunzeln. Immer, wenn sie hier am Stall war, sah sie dasselbe Bild, egal ob sie spät nachts oder mitten am Tage hier ankam. Sie räusperte sich etwas und klopfte auf den Holztisch.
    Sofort stand Bob auf seinen zwei Beinen, taumelte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. "Ich muss wohl eingeschlafen sein", brummelte er und gähnte. Es dauerte seine Zeit, bis er wieder in dieser Welt war und ratterte seinen gewohnten Text runter. "Guten Tag, äh Abend hier am Stall am See. Wir freuen uns über ihren Besuch. Was kann ich ihnen... oh... Anya? Ich glaub es nicht! Anya, was für eine Freude!"
    "Hallo Bob, schön dich zu sehen", freute sich Anya. "Kann ich Tristan hier unterstellen und etwas Hafer für ihn bekommen? Und gibt es noch Reste vom Abendessen und ein schönes weiches Bett für mich?"
    "Aber na klar, selbstverständlich! Für dich natürlich zum Freundschaftspreis!" Glücklicherweise schlief heute Nacht niemand hier, sonst wäre derjenige garantiert wach geworden, so laut redete Bob. "Wie geht es dir? Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen... Wie lange ist es schon her?"
    "Ach bestimmt schon ein Jahr oder so. Ich weiß es nicht mehr. Ich bin auf der Durchreise und möchte nach Angelstedt. Dort muss ich versuchen Tristan abzugeben. Er ist inzwischen zu alt für den Job." Traurig blickte sie zu ihrem Esel, der immer noch angebunden war und inzwischen ein Nickerchen machte. "Ich hasse es. Ich will ihn gar nicht weggeben. Aber er schafft das nicht mehr." Anya musste sich zusammenreißen. Tränen hatte sie eh schon keine mehr, also schüttelte sie kurz ihren Kopf und sah wieder zu Bob. "Ich bringe ihn schnell zum Unterstand."
    Kurz darauf saß Anya am Tisch im Stall und aß. Es gab Eintopf mit Zwiebeln, Möhren und ein bisschen Fleisch. Er war nicht besonders gut gewürzt, aber darauf kam es jetzt auch nicht an. Bob schlief inzwischen auch wieder. Er war einfach mitten im Gespräch weggenickt. Hungrig schlang sie alles runter, wusch sich danach, legte eine Notiz auf den Tresen mit dem Vermerk, dass sie gern gegen 8 Uhr geweckt werden wollte und legte sich ins Bett.
    Sie träumte wirres Zeug. Sie war bei ihrem Bruder, aber er war viel größer als sonst und sah irgendwie monströs aus. Und sie waren weder in Tabanta-Dorf noch in Hateno, eigentlich kannte sie den Ort überhaupt nicht. Gerade als sie versuchte, mit ihrem Bruder zu sprechen, rüttelte eine große schwere Hand ihre Schulter. "Guten Morgen. Es ist 8 Uhr. Zeit zum Aufstehen." Anya hätte schwören können, dass sie eben erst eingeschlafen war. Ihre Beine schmerzten und ihr Nacken auch. Es dauerte einige Minuten, dann richtete sie sich auf und streckte sich. Als sie sich gewaschen und angezogen hatte, trat sie hinaus und genoss das Sonnenlicht und die Wärme. Sie liebte das so sehr, dass sie manchmal selbst kaum glauben konnte, dass sie im kalten Hebra geboren und aufgewachsen war. Kälte war so gar nichts für sie. Als Tristan sie bemerkte, wieherte er aufgeregt. "Guten Morgen, mein Held. Hast du gut geschlafen?" Sie ging zu ihm rüber und krauelte ihn hinter den Ohren. "Ich hab dich lieb!" Im Unterstand waren noch 4 Pferde untergebracht, aber da Anya der einzige Gast im Stall war, wunderte sie sich darüber. "Bob, warum hast du so viele Pferde hier?"
    Er zuckte mit den Schultern. "Naja, vor einigen Tagen kam ein Reisender vorbei, der gleich zwei Tiere hier abgegeben hatte. Er meinte, er braucht sie nicht mehr. Ich weiß, dass Joren vom Stall am Hochland gerade zwei Pferde benötigt, da ihm seine entlaufen waren. Aber ich muss warten, bis er das nächste Mal hier vorbeischaut." Bob und Joren waren Freunde seit frühen Kindertagen und versuchten stets, sich gegenseitig zu unterstützen. Anya kam gut mit Bob aus, aber zu Joren hatte sie nur einen dünnen Draht. Er war manchmal etwas zu grob mit seinen Tieren umgegangen und das gefiel ihr nicht. "Aber ich weiß nicht, wie lange ich so viele Tiere versorgen kann." Bob sah ratlos aus.
    Anya grübelte seit Tagen, wie sie all ihre Waren transportieren konnte, wenn Tristan nicht mehr an ihrer Seite war. In Angelstedt gab es Milchkühe, sonst nichts. "Bob, ich könnte dir den großen Blauen abkaufen."
    Er macht große Augen und runzelte die Stirn. Dabei konnte man zwei große Narben auf seiner Stirn sehen, die er sich schon als Kind zugegezogen hatte, nachdem er von einem Baum gefallen war. "Hast du denn so viel Geld?" Das war wirklich eine gute Frage. Anya zählte ihre Rubine und kam zu dem Entschluss, dass sie diese Investition mache musste. Selbst mit Freundschaftsrabatt kostete sie der Aufenthalt mit allem Drum und Dran 260 Rubine. Das war schon ziemlich happig, aber eine bessere Lösung hatte sie nicht."Hat er einen Namen?", fragte sie, als sie eine Proberunde mit dem Pferd gedreht hatte.
    "Es ist eine Stute. Sie hat aber keinen Namen, soweit ich weiß. Du kannst sie gerne registrieren lassen. Für 20 Rubine..." Anya blickte Bob besorgt an. "Ach, weißt du was? Ich schenke sie dir."

    "Du bist ein Schatz, Bob! Ich nenne sie Seven. Kannst du sie eintragen?"

    Kurze Zeit später half Anya noch dabei, den Unterstand auszumisten und die Tiere zu versorgen. Dann kochte sie noch einen guten Schmorrbraten mit Erbsen und Pilzen. Schließlich war sie mit allem fertig, sattelte ihre Tiere und packte ihre Sachen zusammen. Dann ging sie zu dem kleinen gedrungenen Mann, der so ein herzensguter Mensch war, drückte ihn ganz doll und versprach auf dem Rückweg nochmal kurz anzuhalten. Dann setzte sich Anya mit ihrem kleinen Konvoi in Bewegung. Seven trug die ganze Last plus sie selbst und Tristan trottete ohne Gepäck fröhlich hinter ihnen her. Vielleicht würde sie am Abend Angelstedt erreichen.

  • vom Daskida-Berg (Phirone) kommend


    "Bob! Bob, wach auf!"

    Der Ärmste schaute sie aus kleinen müden Augen an, als Anya völlig blass und nahe an der Panik vor ihm stand. Sicher fragte er sich, ob er noch träumte.
    "Ich brauche deine Hilfe, jemand ist schwer verletzt! Eigentlich wollte ich nach Angelstedt zurück, aber nun bin ich hier. Ich brauche Decken, ich brauche Wasser, eine Zeltplane und etwas zu essen! Und ich brauche ... Hilfe!"
    "Kind, jetzt beruhige dich, was ist passiert. Komm, beruhige dich. Was ist los? Wer braucht Hilfe und wo ist dieser jemand?"
    Viel zu schnell ratterte Anya herunter, wie der Tag gelaufen war, erzählte dem völlig irritiertem Bob etwas von einem Krog, von einem Fremden und von den Yiga, von einem Pfeil und von Blut. Aber nicht von dem Offizier. Nein, davon redete sie nicht.
    "Ich muss ihn holen, ich brauche Decken, er friert." Sterbende frieren immer, dachte Anya. "Bitte, hilf mir!"
    Bob verstand sichtlich kein Wort, außer, dass er handeln musste. Wortlos lief er zum Unterstand, nahm seinen eigenen Zelter und führte ihn zum Pferdewagen. Geschickt und mit wenigen Handgriffen spannte er das Tier davor und packte ein paar Decken und Wasserflaschen ein. Anya sah ihm zu, unfähig sich zu bewegen. Sie zitterte und zitterte. Hört das irgendwann wieder auf? Hylia, steh mir bei!
    Minuten später war er startklar. "Komm Kind, wo müssen wir hin?"
    Anya stand und bewegte sich nicht. Sie sah ihn an, sah auf ihre Hände und sah ihn wieder an. Wie eine Baumwurzel bewegte sie sich keinen Schritt weg. Bob stieg vom Wagen runter und kam auf sie zu: "Anya!!! Wenn du mich nicht hinbringst, kann ich nicht helfen, hörst du mich? Anya!"
    Sie nickte hastig und bestieg Sevens Rücken. Die Stute spürte ihre Panik und scheute. Anya wusste, dass sie sich noch ein paar Minuten zusammenreißen musste, erst dann war es vorbei. Erst dann konnte es vorbei sein. Und dann würde alles wieder wie vorher sein, die Sonne würde aufgehen und alles war ein Traum. Ja ein Traum. Ich träume. Ich träume.


    Zusammen mit Bob machte sie sich auf den Rückweg.


    zurück zum Daskida-Berg, Phirone

  • vom Daskida-Berg, Phirone, kommend


    Den halben Weg war Anya mit geschlossenen Augen geritten. Das Zittern hatte aufgehört und nun machte sich eine unglaubliche Schwere in ihr breit. Als Seven anhielt, rutschte sie herunter und schleppte sich voran. Jede Bewegung war unglaublich mühsam und beim Transport von Zoltan zum Bett ließ ihn Anya ein Mal fast fallen. Danach holte sie den schlafenden Krog aus dem Wagen, trug ihn behutsam hinein und legte ihn zur Nachtruhe.

    "Geh du auch ins Bett, Kleines. Du bist ja total erschöpft", mahnte Bob.

    Anya nickte. Zuerst vergewisserte sie sich aber, dass ihre zwei Freunde sicher waren und es bequem hatten. Bob musste die Tiere dieses Mal allein versorgen, was er aber anstandslos machte. Sie ging zum Waschplatz und schaute in ihr Spiegelbild im Wasser. Irgendwie hatte sie etwas anderes erwartet: Sie sah völlig normal aus, ein bisschen müde vielleicht und ihre Haare hingen überall an ihr runter. Doch sonst war nichts anderes zu erkennen, kein bösartiges Gesicht oder dunkle fiese Augen wie die eines Mörders in ihrer Vorstellung.
    Irgendwie lag Anya Minuten später im Bett und kniff die Augen zu. Schon bald wäre der Tag um und damit alles, was sich heute zugetragen hatte. Danach würde er der Vergangenheit angehören und mit der Zeit verblassen, bis er vollends vergessen war.


    Hahaha. Der Berg und die gewaltige Klippe vom Schuppenkap im Rücken. Hahaha. Der Offizier, das Messer, das Blut. Ihre Hände, die lange grüne Finger hatten und dicke gelbe Fingernägel. Überall klebte Blut, an ihren Armen, im Gesicht, an ihrem ganzen Körper. Weinende Eltern, die über ihrem toten Kind knieten und Hylia um Erklärung anflehten. Hahaha. Hahaha.


    Sie riss die Augen auf. Die Sonne schien bereits und Anyas Augen mussten sich kurz an die Helligkeit gewöhnen. Sie hatte verschlafen! Warum hatte sie Vina nicht geweckt? Sie wollte doch bei Tagesanbruch das Pferd satteln und gemeinsam mit ihren neuen Weggefährten nach Hateno aufbrechen!
    Mit einem Satz stand sie neben dem Bett, in Unterwäsche - und schaute in Bobs rotes Gesicht, dessen Augen gerade fast herausfielen. Bob?
    Nein! Nein, nein! Was machte sie hier? Am Stall am See? Nein! Langsam drehte sie ihren Kopf zur Seite und sah Gustl, wie diese sie anblinzelte. Und daneben lag Zoltan, röchelnd. Beide sahen sie an, doch niemand sagte etwas.
    Kein Traum, Anya. Der Kopf senkte sich, sie nahm die Decke und wickelte sie sich um. Dann ging sie nach draußen, sah die Sonne und den Djungel, aber nicht die Farben
    .

  • Gustl sah Anya verdutzt nach. Diese blieb im Eingang stehen und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Doch dann schüttelte sie den Kopf und ging mit hängenden Schultern nach draußen.


    Da war doch was passiert. Gestern war Anya noch so unbeirrbar gewesen, sie wusste, was zu tun war und hatte es getan, und jetzt? Gustl wäre ihr am liebsten nachgerannt, aber erst musste sie nach Zoltan sehen. Sie gab ihrem Propeller einen kleinen Stups und hüpfte auf Zoltans Pritsche. Der Luftzug verwuschelte ihm das Haar und ausnahmsweise wurde sie von zwei Augen angesehen. "Oh, du bist wach", stellte sie überflüssigerweise fest.


    Er versuchte etwas zu sagen, brachte aber nur ein leises Keuchen heraus. "Sei lieber mal still", wies sie ihn sogleich zurecht. "Du hattest einen Pfeil in der Brust, der ist jetzt weg und die Wunde habe ich versorgt. Du hattest mehr Glück als Verstand, aber ich glaube, das hab ich dir schon mal gesagt. Und Du wirst heute mal hübsch im Bett liegen bleiben und dich schonen. Wir sind im Stall am See, Anya und Bob haben dich hergebracht. Ich werde mir jetzt noch mal deine Wunde ansehen, halt also still." Sie krabbelte auf seinen Bauch und hob den Verband an. Die Wunde war schon fast verheilt, aber innen musste alles noch sehr wund sein. Bestimmt hatte er Schmerzen. Sie bemerkte, dass Zoltan den Kopf hob, vermutlich wollte er wissen, was sie da trieb. "Still halten" fuhr sie ihn an und gehorsam ließ er den Kopf wieder auf das Kissen fallen. Sofort tat es ihr furchtbar leid, dass sie ihn so angefahren hatte. Sie wusste einfach nicht anders mit solchen Situationen umzugehen. Als Krog war es nicht leicht, sich gegenüber großen Leuten durch zu setzen, und so wurde sie im Ernstfall immer schnell rabiat. Und Zoltans Verletzung war ein Ernstfall!


    Sie rutschte von ihm herunter und ging zum Kopfende seiner Pritsche. "Schau mal", sagte sie in ruhigem Ton zu ihm, "du warst wirklich schwer verletzt und musst der Wunde unbedingt etwas Zeit und Ruhe gönnen, damit sie verheilen kann. Wir sind hier in Sicherheit, ruh dich einfach aus. Ich werde gleich noch etwas Salbe anrühren und Deine Brust neu verbinden. Morgen geht es dir dann bestimmt schon viel besser und dann kannst du meinetwegen wieder den Helden spielen!" Sie lächelte ihn vorsichtig an und er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. Wieder versuchte er etwas zu sagen: "Danke!" hörte sie. Ihr Lächeln wurde breiter. "Schon gut", wiegelte sie ab, "wir hatten Glück, dass meine Heilkräfte bei dir wirken. Aber warte nur, bis du wieder auf den Beinen bist, dann kannst du mal erleben, was ich von Leuten halte, die es mutterseelenalleinmit einer Horde Yiga aufnehmen!"


    "Anya?" brachte er heraus. Herrje, Anya, die hatte sie ja ganz vergessen. "Anya hat die Nacht auch hier verbracht, jetzt ist sie draußen. Ich geh mal zu ihr, sie will sicher wissen, dass du wach bist! Und keine Dummheiten, während ich weg bin, verstanden?" Er grinste sie an und sie konnte nicht anders, sie grinste zurück.
    Dann hopste sie von der Pritsche und machte sich auf den Weg, um Anya zu suchen.


    geht nach: Phirone

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  • Anya pflückte sich eine Schwertbanane und aß sie direkt auf. Bananen waren ihr Lieblingsobst, sie liebte die Süße und den Geschmack. Und wenn man sie kochte, dann bekam man richtig Energie. Hm, da die Banane irgendwie nach nichts schmeckte, warf sie die Hälfte davon einfach weg. Ein paar Schritte weiter pflückte sie zwei Schwertpilze, denn die waren gekocht genauso effektiv. Also nahm sie Anya mit zum Kochtopf und warf sie einfach hinein. Dann aß sie die ungewürzten und ziemlich bitteren Pilze und rümpfte die Nase. Bäh, das schmeckt aber scheußlich!

    Dann saß sie da und wartete auf das Adrenalin.

    "Er ist aufgewacht! Ich bin so erleichtert! Er fragt nach dir. Oh man, wir haben es da heil rausgeschafft, ist das zu glauben?", piepste Gustl. Ihr ging es ganz gut, schien es. Darüber war Anya froh. Sie betrachtete das kleine Baumwesen, wie es aufgeregt vor ihr hin und her hüpfte. Ihre Herzchenmaske war wieder ganz glatt und von einem dunklen Grün. Den Dreck von der Nacht hatte sie sich abgeputzt und war nahezu weiß. Und sie wirkte irgendwie größer.

    "Ich sehe gleich nach ihm, aber erst will ich mir etwas anziehen."

    Kurz darauf saß sie auf dem Stuhl, den Bob neben das Bett von Zoltan gestellt hatte. Er war wieder eingeschlafen. Erst jetzt schaute sie ihn richtig an. Er hatte lange Wimpern. Seine Haut war etwas trocken, aber sonst frei von irgendwelchen Rötungen oder Pickeln. Von ihrer Perspektive aus hatte er eine kleine Stupsnase. Auf den Wangen und um die Mundpartie herum wuchsen Bartstoppeln. Er hatte seinen Mund leicht geöffnet und atmete gleichmäßig. An den Mundwinkeln war noch etwas getrocknetes Blut.

    Sie jagen dich, hab ich recht? Bist du deswegen so?
    Anya stand auf und tränkte ein Handtuch mit Wasser. Als sie damit zurück kam, schaute er sie an. "Hallo.", sagte er.

    "Hallo. Schön, dass du da bist. Bitte halte still." Sie tupfte vorsichtig das Blut weg, während er sie ununterbrochen ansah. Dann setzte sie sich wieder hin und schwieg ihn an. Eine ganze Weile verging, dann sagte sie: "Gustl hat dir das Leben gerettet. In jeder Hinsicht. Sie hat auf mich eingeredet, dir zu folgen. Ich wollte es nicht; ich dachte, du verachtest mich genauso, wie du alle anderen verachtest. Anderen ist das egal, mir nicht. Gustl hat mich umgestimmt. Dann hat sie dich entdeckt. Sie hat dir den Pfeil rausgezogen. Sie hat deine Wunde versorgt. Und sie hat auf dich aufgepasst, als ich Hilfe holen war."
    Zoltan drehte seinen Kopf zur anderen Seite, wo Gustl auf der Bettkante stand. Es schien, als ob ihre Blattadern kurz etwas dunkler wurden. Konnte ein Krog etwa "rot werden"?

    Zoltan lächelte ein wenig. Wusste er von dem Grübchen auf seiner Wange, wenn er lächelte?

    Er schaute wieder zu Anya und tastete nach ihrer Hand: "Deine Augen", röchelte er. "Traurig." Er hustete schwer.
    Anya hatte sich bereits kurz nach dem Verbrechen eine Lüge überlegt, die sie nun konsequent durchziehen wollte. Ohne zu zögern machte sie davon Gebrauch: "Ich habe gedacht, du bist tot. Du hast da gelegen und... Du hast mir einen riesen Schrecken eingejagt." Im Prinzip war das gar keine Lüge, aber es war auch nicht die Wahrheit. "Es geht mir gut", log sie.


    Zoltans Kräfte waren dann auch schon wieder am Ende und er schlief ein. Anya ging zu Bob und zog ihn nach draußen. Als sie sich sicher war, dass sie keiner belauschte, sagte sie: "Ist das der Reisende, der dir die Pferde gebracht hatte?"
    Bob schüttelte den Kopf und erwiderte: "Wer ist der Kerl? Er trägt gefährliche Waffen bei sich."
    "Wo sind sie?", wollte sie wissen, ohne auf Bobs Frage einzugehen.
    "Da drüben. Ich habe sie im Schuppen versteckt."
    "Gut gemacht." Daraufhin erzählte Anya Bob, dass sie nicht viel über ihn wisse, denn sie kannten sich ja erst seit gestern. Dass sie glaubte, er wäre ein Yiga, verschwieg sie ihm.
    "Ich mache uns etwas zu essen. Ich habe dir noch gar nicht gedankt. Du bist wirklich ein Freund, eigentlich der beste, den ich kenne." Total überschwänglich umarmte sie den kleinen bärtigen Stallbesitzer. Das tat gut.

    "Es gibt Omelett mit Pilzen. Hast du auch Hunger?"


    Während Anya das Frühstück zubereitete und allein am Feuertopf saß, blickte sie hin und wieder zum Schuppen.

  • Als Zoltan das nächste Mal die Augen aufschlug, tauchte die Abenddämmerung die Landschaft außerhalb des Stalls bereits in leuchtendes Rot. Er fühlte sich zum ersten Mal seit Wochen ausgeschlafen und beschloss zur Feier des Tages, den immernoch dumpf pochenden Schmerz in seiner Brust so gut es ging zu ignorieren. Er schüttelte sein Kissen auf, ließ sich erneut darauf sinken und überdachte seine Situation.


    Es war gut möglich, dass die Yiga ihn für tot hielten und keine Notwendigkeit darin sehen würden, das zu konttollieren. Seine fehlende Leiche hatte nichts zu bedeuten, an der könnten sich ein wildes Tier gütlich getan haben. Aber wie ging es nun weiter? Es war nicht auszuschliessen, dass ein paar von ihnen sich immernoch in der Gegend rumtrieben, und bei der nächsten Begegnung würden sie sichergehen wollen, dass er auch tot blieb. Sobald Gustl seinem gesundheitlichen Zustand grünes Licht gab, sollten Sie weiterziehen. Und dann war es vermutlich nicht mehr die beste Idee, nach Hateno zu gehen. Das Auftauchen der Yiga mochte mit dem dort stattfindenden Fest zusammenhängen, und es wäre unklug sich unter das Volk zu mischen, falls die Feinde dort lauern sollten. Aber das hatte er nicht mehr allein zu entscheiden. Zwischen ihm, Anya und Gustl war letzte Nacht ein Band entstanden, dass er nicht mit seinen Egotrips durchtrennen wollte. Und sie mussten reden. Dringend. Er wollte herausfinden, was es mit den Heilkräften des Krogs auf sich hatte. War seine Verletzung harmlos genug gewesen, um mit etwas Salbe und einem Verband unter Kontrolle gebracht zu werden? Oder war er dem Tode gefährlich nahe gewesen und übernatürliche Kräfte hatten ihn so rasch genesen lassen? Dann war da noch Anya. Sie wirkte besorgt, um nicht zu sagen verstört oder traumatisiert. Zu einem gewissen Teil wohl aus Sorge um ihn, aber seine wieder aufblühende Gesundheit allein schien sie nicht zu trösten.


    Und er schuldete beiden ebenfalls Antworten, und zwar ehrliche. Er hatte einen ungefähren Verdacht, was es gewesen war, das Anya so aus der Bahn geworfen hatte. Und wenn der stimmte, steckten sie ziemlich in der Klemme. Und dann würde er sie eben unterstützen, wie sie ihn unterstützt hatte. Dazu brauchte er aber erst einmal die Gewissheit, dass er nicht allzu viele Gespenster sah. Als hätte sie erraten, dass er wach war und seine Überlegungen beendet hatte, kam sie in das Innere des Stalls und zu seinem Krankenlager hinüber.
    "Du siehst besser aus. Was machen die Schmerzen?" Erkundigte sie sich. Zoltan zuckte mit den Schultern. "Sind da, aber erträglich. Wo ist Gustl?" "Sie hat beschlossen, dass du eine Weile ohne sie klarkommst und sucht noch ein paar Kräuter. Brauchst du etwas?" Er schüttelte den Kopf. "Nein. Das heißt, ja, schon." Sie nickte und sah ihn abwartend an. Hoffentlich Überfall ich sie damit nicht zu sehr und sie läuft wieder davon...
    "Wir müssen uns gut überlegen, wie es von hier aus weitergeht, sobald ich wieder auf den Beinen bin. Und dazu muss ich alles wissen, was ihr beobachtet und getan habt, seit ihr mir hinterherkamt. Alles." Beim letzten Wort sah er ihr direkt in die Augen und erkannte dort, dass sie nun entweder lügen oder ihm etwas von entscheidender Wichtigkeit mitteilen würde.

  • Der Tag verstrich. Anya verbrachte die Stunden damit, die blutigen Decken sauberzuwaschen und ihre eigenen Sachen zu reinigen. Außerdem versuchte sie Zoltans Hemd zu flicken, was ihr einigermaßen gelang. Zufrieden war sie damit nicht, aber Gustl fand das ok. Bob stimmte ihr zu.
    Irgendwann beschloss Gustl in der Umgebung nach Kräutern für Zoltans nächsten Umschlag zu suchen und Bob machte sein Nickerchen.
    Perfekt.
    Leise schlich sich Anya in den Schuppen und nach einigen Minuten fand sie die Waffen. Was sie im fahlen Licht erkennen konnte, elektrisierte sie. Er war ein Yiga, daran bestand kein Zweifel. Wie sonst ist er an diese Ausrüstung gekommen? Was also passierte hier? Wer zum Ganon war der Typ und war das alles Zufall, oder war er auf einer Mission?
    Noch einmal ging sie das Gespräch am Vortag in Tonos Gasthaus durch. Er war jeder Frage ausgewichen, fiel ihr auf. Gestern war sie noch anders, da juckte es sie nicht. Doch innerhalb eines Tages hatte sich für sie alles verändert und jetzt sah die Welt ganz anders aus.
    Aber wenn er im Auftrag der Yiga unterwegs war, was war dann schiefgelaufen? Eines stand absolut fest: Der Pfeil sollte ihn töten und er hätte es auch getan. Waren sie seinetwegen hier?
    So sehr sie auch grübelte, beantworten konnte das nur Zoltan. Doch so wie sie ihn bisher erlebte, würde er nichts sagen.


    Anya bedeckte die Waffen wieder mit dem alten Stroh, doch dabei schnitt sie sich versehentlich an einer Klinge. Dunkelrotes Blut quoll aus dem Schnitt unterhalb ihres Daumens. Kurz tat es weh, doch als sie es fließen sah, machte sich etwas sehr wohltuendes in ihr breit. Ihre Hände wurden ruhiger, ihr Atem gleichmäßiger. Sie spürte Wärme.


    Als sie den Schuppen verließ, war alles wie vorher. Bob schlief und Gustls Klackern war weit entfernt. Sie holte sich ein kleines Stofftuch und legte es auf den Schnitt. Die Hand versteckte sie in ihrem Ärmel. Zoltans Augen waren offen und seine Gesichtsfarbe kam langsam zurück, also ging sie zu ihm.
    Zunächst ließ sie sich nichts anmerken und erkundigte sich nach seinem Befinden. Zoltan ging es so gut, dass er alles wissen wollte, was letzte Nacht geschehen war.


    Es geht dich nichts an. Das ist meine Sache.


    Zoltans Blick hielt sie festumklammert. Seine Augen waren wie Ketten, sie sich eng um sie zurrten. Was sollte sie nun tun?
    "Ich habe dir bereits alles gesagt. Gustl hat mich überredet, dir zur folgen und..."
    "Die Geschichte kenne ich. Ich meine aber das, was danach war. Was du Gustl nicht sagen willst. Und dem Mann da auch nicht."
    Und dir ebenfalls nicht. Anya biss die Zähne zusammen. "Und, wer bist du, Zoltan? Ein harmloser Streicher mit einer Vorliebe für Tabak und Likör? Oder bist du ein Elitekämpfer der Yiga?"
    Schweigen.
    "Solange du schweigst, solange erzähle ich dir gar nichts! Und es ist eh egal. Es ist komplett zu spät. Ich bin so gut wie tot."

  • Zoltan warf sich zurück in seine Kissen und machte einem verzweifelten Knurren Luft. Jedes Mal, wenn er bei Anya einen Schritt vorwärts kam, fiel er gleich wieder zwei zurück.
    "Ich werde alle deine Fragen beantworten, und ich werde sie ehrlich beantworten. Aber erst, wenn wir irgendwo sind, wo uns niemand belauschen könnte. Erinnere dich, was ich dir in Angelstedt zu Du-weisst-schon-was gesagt habe. Wir verschwenden möglicherweise wichtige Zeit mit diesen Frage-Antwort-Spielen. Egal, was du getan hast, es ist noch nicht zu spät und niemand ist so gut wie tot. Denn ich habe noch eine Lösung, wenn auch erstmal nur zum Übergang. Darum ist es wichtig, dass du ehrlich bist: Hast du, oder hast du nicht einen von ihnen getötet? Falls ja verstehe ich, was du durchmachst, aber darum müssen wir uns später kümmern. Die Kennenlernrunde ist vorbei, wir müssen handeln. Also bitte ich dich noch einmal, egal was du gerade denkst, wer oder was ich sein könnte: Vertrau mir." Erneut suchte er ihren Blick, doch diesmal lagen in seinen Augen keine Eindringlichkeit und kein "Ich weiss sowieso schon alles!", sondern Verzweiflung. Wenn seine Theorie stimmte, spielten sie unnötig auf Zeit und hier würde schon sehr bald die Hölle losbrechen.

  • Anya war zu gar nichts imstande, außer heftig mit dem Kopf zu schütteln. Beruhige dich Anyanka, komm runter. Er hatte ihre Frage wieder nicht beantwortet, wollte aber im Gegenzug alles von ihr.
    Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Sie suchten ihn und jetzt auch sie. Gustl und Bob waren in Gefahr. Anya setzte sich zu Zoltan aufs Bett.
    "Ich sah dich liegen. Der Pfeil ragte aus deiner Brust heraus. Ich wollte am liebsten schreien. Ich wollte nicht... dass du tot bist. Mich zog etwas weg von dir und ich ritt von euch weg, überließ euch beide eurem Schicksal. Ein Bogen lag auf dem Boden. Und dann stand er auch schon da. Er war groß und er lachte. Ich habe noch nie einen Bogen in der Hand gehabt. Eigentlich wollte ich das nicht! Ich bin so nicht! Zoltan, ich bin das nicht!" Anya zitterte heftig. Zoltan richtete sich auf und hielt sie an den Schultern. Es dauerte etwas, dann sprach sie weiter. Dabei schaute sie auf ihre Hände. "Ich habe seine Kehle durchgeschnitten. Ohne zu zögern. Ich habe ein Messer genommen und es genutzt. Ohne mit der Wimper zu zucken."
    Anya sackte in sich zusammen.

  • Schwer zu sagen, was danach geschah. Als Anya wieder zu sich kam, saß sie auf dem Stuhl, der neben Zoltans Bett stand. Bob hatte seine Hand besorgt auf ihre Schulter gelegt und reichte ihr ein Glas Wasser, welches sie dankbar annahm.
    "Kleines, Tristan ist in guten Händen. Du machst dir einfach zu viele Sorgen um einen Esel. Glaub mir, er ist glücklich in Angelstedt!" Es war schon niedlich, wie falsch Bob lag, aber so fragte er sich immerhin nicht, warum sie so neben sich stand.
    Der Blick wanderte zu Zoltan. Der lag sichtlich zufrieden auf seinem Bett und sah sie an. Er sah eigentlich wieder ganz fit aus, die Augenringe waren fast verschwunden und die Lippen hatten wieder Farbe. Wenn man ihn so sah konnte man denken, er hätte einfach nur schon länger nicht geschlafen, aber mehr auch nicht. Gustl war auch wieder da.

    "Hast du alle Kräuter finden können?", wollte Anya wissen.
    "Joa, aber die braucht er nicht mehr. Es ist so gut wie verheilt und es sieht nur noch aus, wie ein großer blauer Fleck."
    "Irre ich mich, oder steckte ein Pfeil in seiner Brust? Und ist das ganze nicht erst einen Tag her? Wie ist das möglich?"

    Gustl sah nicht so aus, als hätte sie eine Antwort auf die Frage. "Naja, er ist wohl ein harter Knochen. Und abgesehen von der Lunge wurde nichts getroffen, denke ich."

    "Du hast Unglaubliches geleistet!"
    Gustl antwortete nicht, aber ihre Blattadern verfärbten sich wieder ein bisschen. Wie niedlich.

    Puh, ich brauche frische Luft! Anya entschuldigte sich und trat wieder raus ins Freie. Inzwischen war es stockfinster und die Tiere der Nacht zirpten und quakten. Die Luft war angenehm und erfreut stellte sie fest, dass es ihr ganz gut ging. Vermutlich hatte es wirklich geholfen, sich Zoltan anzuvertrauen, denn sie fühlte sich, als sei ein ganzer Berg von ihr abgefallen.
    Sie blickte Richtung Osten, Richtung Angelstedt. So lange es nicht klar war, ob sie sich nun in Gefahr befand oder nicht, wollte sie nicht dorthin zurückkehren und sich noch mal von Vina und vorallem Tristan verabschieden. Es war einfach zu unsicher und könnte schlimme Konsequenzen für das Fischerdorf haben. Sie schaute in den Nachthimmel und sah einen fliegenden Stern, der über den Stall hinwegsauste. Ihre Entscheidung stand fest.


    "Hast du vielleicht mein Hemd gesehen?" Zoltan stand unvermittelt hinter ihr, eingewickelt in eine Decke. Er war den Weg vom Bett hierher alleine gelaufen; zwar etwas gebeugt, aber trotzdem aufrecht.

    "Hey, willkommen unter den Lebenden!", rief Anya erstaunt.
    "Dito."
    "Ich hole es dir. Ich habe versucht es zu reparieren."

    Zoltan begutachtete Anyas Werk und nickte kaum merklich. Dann wickelte er sich einfach aus der Decke und stand mit freiem Oberkörper vor ihr. Oh Gott, ist er verrückt? Sofort sah sie weg; das war eine unangenehme Situation. Vor lauter Empörung schlug ihr Herz schnell und laut und sie fürchtete, er könnte es hören.

    "Was ist?", wollte er wissen.

    "Nichts ist. Du brauchst ne Rasur." Oh man, welch dämliche Antwort. "Wir sollten Gustl fragen, wann du reisefähig bist. Wir sollten hier so bald wie möglich aufbrechen. Du weißt schon."

    Zoltan schien das genauso zu sehen. Er schlug vor, sich jetzt sofort mit Gustl zu besprechen.
    Kurze Zeit später saßen sie zu dritt am Lagerfeuer und begannen zu planen.

  • Zoltan blickte noch für ein paar Momente in die kleine Runde, doch niemand schien noch Fragen zu haben oder das Gespräch sonstwie von sich aus eröffnen zu wollen.
    Super. Wann wurde ich hier zum General ernannt? Aber nun gut. Er hoffte, dass seine Worte ausgesprochen ebenso schlüssig rüberkamen wie vorhin, als er sie in seinem Kopf gewälzt hatte. Er warf einen letzten Blick zu Anya.
    "Sie soll es wissen?" Diese biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick, nickte aber.
    "Nun gut. Gustl, als ihr mich gefunden habt und Anya davongeritten ist, während du mich geheilt hast, wurde sie von einem Yiga-Offizier konfrontiert. Sie konnte ihn überwältigen, es fällt ihr jedoch alles andere als leicht, damit umzugehen und sie befürchtet Rache. Ich habe unsere Möglichkeiten einmal durchgerechnet, und: Die Sache sieht für uns momentan tatsächlich besser aus, als man meinen könnte. Würden die Yiga gezielt nach uns suchen, wären sie längst hier aufgetaucht. Niemand hat jedoch Anyas Kampf beobachtet, und nun wissen die Yiga nur, dass einer ihrer Offiziere tot ist, aber nicht warum. So, wie ich sie kenne, halten sie nach einem erfahrenen Kämpfer ausschau, der das getan haben könnte - Nicht nach einer reisenden Händlerin. Die einzige Person, der sie so etwas zutrauen würden und die sich zur Zeit hier aufhielt, bin ich. Mich halten sie allen Anscheins nach für tot. Dank Gustl bin ich weitaus gesünder, als ich nach der letzten Nacht sein sollte, und das spielt uns in die Karten. Gerüchte über einen Schwerverletzten am Stall würden sie zweifellos anlocken, jedoch scheint es diesen nicht zu geben. Ihr wart noch nicht da, als ich auf sie traf, von euch wissen sie überhaupt nichts. Nun geht es aber darum, uns weiterhin bedeckt zu halten. Zunächst einmal wissen einige Leute in der Siedlung, dass ihr geplant habt, mit mir zu reisen. Dass wir nun alle drei so plötzlich verschwunden sind, könnte einen umherschnüffelnden Yiga stutzig machen. Deshalb bitte ich euch: Reitet morgen früh noch einmal nach Angelstedt. Verabschiedet euch von euren Leuten dort. Erzählt jedem, der es hören will, dass ich ein unzuverlässiger Mistkerl bin, der euch einen weiteren Tag lang am Stall aufgehalten hat, ohne jemals aufzutauchen. Und dass ihr nun endgültig aufbrechen wollt. Geht nicht auf Schwätzereien ein, die mit den Yiga zu tun haben. Sobald ihr alles erledigt habt, kehrt hierher zurück, und wir machen uns auf den geplanten Weg. Aber wie gesagt, wir müssen uns bedeckt halten. Für die nächste Zeit werdet ihr mich mit "John" ansprechen, wenn wir unter Leuten sind. Während ihr morgen weg seid, werde ich den Stallmeister noch einmal um Diskretion bitten und mich eventuell in der näheren Umgebung umsehen, ob hier noch jemand lauern könnte. Das wäre nun mein Schlachtplan."
    Er sah auf und blickte zu Anya und Gustl. Sie ließen sich Zeit, das Gesagte zu verarbeiten. Nickten dann aber zögerlich. Gustl räusperte sich.
    "Alles schön und gut, aber bist du sicher, dass du dich reisefertig fühlst? Die Wunde ist vorbildlich verheilt, aber du könntest trotzdem nochmal Fieber bekommen..."
    Zoltan lächelte. Er lächelte ziemlich oft in letzter Zeit.
    "Das muss ich riskieren. Dank deiner unglaublichen Fähigkeiten erfuhr ich innerhalb weniger Stunden einen Heilprozess, der normalerweise Wochen gebraucht hätte. Falls ich überhaupt überlebt hätte. Mit ein wenig Fieber komme ich klar. Mir eine Salbe verabreichen kannst du anderswo genauso gut wie hier." Damit war von seiner Seite alles gesagt. Er verlagerte seinen Körper so, dass er sich bequem auf den Händen zu seinen Seiten abstützen konnte und wartete auf Fragen.

  • Während Anya Zoltans Worte lauschte, war ihr Blick die ganze Zeit auf das Feuer gerichtet. Zwischendurch hatte Gustl sie länger angesehen, dann aber wieder zu dem Typen geblickt.
    So nun wussten zwei Seelen davon, jetzt war es auch egal. Der Schnitt am Handgelenk juckte und erinnerte sie an eine zuvor unbekannte Wärme. Doch jetzt, wo sie wieder einigermaßen die Frau in ihrem Hause war, erinnerte sie sich daran wie absurd das war. Einer ihrer Liebschaften war übersät mit Schnittwunden, vorallem an Armen und Beinen. Er war süchtig danach und sein ganzer Alltag drehte sich darum. Diese Droge wollte Anya nicht, also richtete sie sich auf und sah ihre beiden Mitstreiter selbstbewusst an.


    "Ich habe eigentlich keine Fragen mehr", sagte Anya, als Zoltan mit seinem Text fertig war. Bevor sie weitersprach, vergewisserte sie sich, dass Bob sie nicht hören konnte. "Ich habe mir heute deine Waffen angesehen. Natürlich bin ich nur eine Händlerin, aber ich habe Hyrule fast 10 Jahre bereist. Mir sind viele Typen begegnet, das kannst du mir glauben-" -sie grinste- "und davon gab es viele Möchtergernsoldaten, es gab viele, die dem legendären Leibwächter von Zelda nacheiferten. Keiner, nicht ein einziger, hatte solche Waffen bei sich. Normalerweise würde ich dich für einen Dieb halten, der irgendwo ein Waffenlager geplündert hat. Aber viel wahrscheinlicher ist-" -und jetzt flüsterte sie- "dass du ein Yiga bist! Unser Gespräch in Angelstedt hat dich im Nachhinein verraten. Und das Verlangen, dein Schwert zu nehmen und es dir in die Brust zu stoßen, ist schon sehr verlockend gewesen."
    Anya hielt kurz inne. Doch, eine Frage hatte sie. Zu gern hätte sie gewusst, was er wohl getan hatte, um bei den unehrenhaftesten Haufen, den Hyrule je gesehen hat, in Ungnade zu fallen. Aber etwas hielt sie ab, ihn zu fragen. Es kam ihr irgendwie nicht rechtens vor, solche Dinge zu wissen. Sie wollte es ihm überlassen, ob er davon erzählen wollte, oder nicht. "Doch", fuhr sie schließlich fort, "sie wollten dich umbringen. Die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch, dass du in ihren Augen jedenfalls kein Yiga mehr bist."

    Außerdem habe ich gesehen, wie durchtrainiert du bist - das ist auch nicht normal. Sie räusperte sich.


    Zoltans Gesicht verriet gar nichts. Kein Zorn, kein Erstaunen, kein Belächeln. Also wieder ganz der Alte.

    Wie dem auch sei, morgen würden Gustl und sie wieder mal den Weg nach Angelstedt antreten. Ihr Bauchgefühl riet ihr davon ab, doch um die Spur zu verwischen, mussten sie das tun.
    Im Stall ließ Bob einen Teller fallen und riss Anya damit aus ihren Gedanken. Oh nein, sie hatte ja gar keine Rubine übrig, um ihn für all seine Mühen zu bezahlen! Vielleicht würden Zoltan oder Gustl...? Noch nie hatte sie jemanden anschnorren müssen.

    "Wie sieht´s bei dir aus, Gustl? Möchtest du etwas fragen?", sagte Zoltan schließlich.
    Anya sah den kleinen Krog an, während sie beschloss, sich morgen um Bobs Bezahlung zu kümmern.

  • Gustl schreckte auf, Zoltan hatte etwas zu ihr gesagt. "Was ist?" fragte sie. Anya und Zoltan sahen sie erwartungsvoll an, und Zoltan wiederholte: "Möchtest Du noch etwas fragen, Gustl?"
    "Oh ja, gerne, könntet ihr das bitte alles noch mal erzählen?" hätte sie am liebsten geantwortet. Statt dessen starrte sie die beiden nur sprachlos an. Das alles musste sie erst mal verdauen. Zoltan war also ein Yiga? Und Anya hatte einen Yiga umgebracht? Aber Zoltan war doch von den Yiga angegriffen worden, wie konnte er dann selber einer sein? Und warum hatte Anya ihr nichts erzählt? Sie versuchte, das alles in Worte zu fassen, bekam aber keinen Pieps heraus.
    Schließlich räusperte sie sich und sagte: "Ja, ich meine nein, keine Fragen. Ich gehe morgen mit Anya nach Angelstedt und dann kommen wir wieder zurück und machen uns auf den Weg." Sie verstummte und sah die beiden unsicher an.
    "Was hast du denn, Kleine? Haben wir dich erschreckt?" fragte Anya. "Nun ja," antwortete sie, "das war jetzt schon ein bisschen viel." Sie sah zu Zoltan, dann wieder zu Anya. Sie hatte das Gefühl, dass die beiden jetzt irgendetwas weltbewegendes von ihr erwarteten. Beim Dekubaum, sie war doch nur ein kleiner Krog, was wollten sie denn von ihr?
    Sie wandte sich Zoltan zu: "Also gut, du bist also ein Yiga oder auch nicht. Anya hat den Yiga umgebracht, der dich umbringen wollte, aber weil das keiner mitgekriegt hat, werden die Yiga uns wohl nicht jagen. Es soll aber auch keiner mitkriegen, dass wir zusammen reisen, also müssen Anya und ich morgen wieder nach Angelstedt und so tun, als wenn wir nicht zusammen reisen. Und dann kommen wir wieder zurück, und reisen doch zusammen weiter. Und das alles haut ihr beiden mir mal eben so um die Ohren und ich soll jetzt irgendwas machen oder sagen, aber ich weiß doch gar nicht was!" Gustl fühlte sich völlig überfordet, sie wusste nicht, ob sie rumschreien oder heulen sollte. Sie musste sich abreagieren. Ja, sie musste etwas tun, sonst würde sie womöglich wirklich gleich weinen. Kam gar nicht in Frage! Sie schmiss Heli an, schoss in die Höhe, drehte eine Runde um den Stall, flog dann zur Floria-Brücke, kam wieder zurück und landete wieder an ihrem Platz.


    Anya und Zoltan sahen sie etwas verwundert an. "Entschuldigung, das musste sein, ich... ich... das war jetzt schon etwas viel auf einmal." Sie atmete tief durch. "Aber gut, du hast dir offenbar viele Gedanken gemacht, Zoltan, und vermutlich hast du recht mit dem, was du vorgeschlagen hast. Ich werde also morgen in Angelstedt erzählen, dass Anya und ich alleine nach Hateno aufbrechen, weil du tatsächlich der Idiot bist, für den ich dich gleich gehalten habe. Das wird Spaß machen!" Sie legte den Kopf schief und feixte ihn an.


    "Aber Gustl" machte Anya, doch Zoltan verzog keine Miene. Auch gut. Sie würde schon noch dahinter kommen, wie er tickte.


    Gustl stand auf und streckte sich. "Gut, machen wir es so! Aber jetzt kriegst Du noch einen neuen Verband verpasst, mein Freund. Und Anya wird dir bitte einen Tee zubereiten aus den Kräutern, die ich vorhin gesammelt habe. Das wird gegen Schmerzen helfen und einer Entzündung vorbeugen. Und erst wenn Du den brav getrunken hast, darfst Du mich wieder herumkommandieren. Bis dahin mache ich einen kleinen Spaziergang, das tut gut vor dem Schlafen gehen". Sie stand auf und wackelte davon.

  • Zoltan konnte sehr gut nachvollziehen, dass die Krogdame momentan etwas aufgebracht war. Hatte sie ihn doch nach allen Regeln der Kunst aufgepäppelt und wurde nun auch noch mit dieser Geschichte überrumpelt. Nun, manche Leute haben ihre Geheimnisse. Das kann schon mal verstörend wirken, wenn man sie so plötzlich um die Ohren gehauen bekommt...
    Aber er fühlte sich nach seiner Ansprache unglaublich belastet. Der Hauptgrund dafür war Anya. Er wusste nicht, welche ihrer Aussagen es genau war: Dass sie unumwunden zugab, sein Gepäck durchwühlt zu haben, oder dass sie sich anmaßte, ihn mit seinen eigenen Waffen töten zu können. Oder dieses dämliche Grinsen, als sie über irgendwelche Typen aus ihrer Vergangenheit sprach. Die Mauer, die er kurzzeitig für sie hatte fallen lassen, baute sich im Zeitraffer wieder auf. Okay, sie würde die Antworten bekommen, die er ihr schuldig war. Aber das Bedürfnis von vor ein paar Stunden, ihr seine dazugehörige Lebensgeschichte zu erzählen, war verschwunden. Und außerdem... Hatte er nicht mehrmals klargemacht, dass es sich nicht ziemte, öffentlich über die Yiga zu reden? Er war sie gerade etwas leid. Aber eine kurze Erklärung schuldete er seinen Reisengenossen noch. Die würde dadurch unterbrochen, dass Gustl sich in Form einer Helikopterfahrt erstmal fangen musste. Und direkt danach seinen weiteren Genesungsplan erklärte.


    "Also gut", grummelte er, während Gustl am Feuer seine Verbände erneuerte. Vorher hatte er sich vergewissert, dass kein zufälliger Reisender Zeuge dieser Behandlung werden könnte. "Als heimatlose Weise habe ich Schutz bei den falschen Leuten gesucht, den Yiga. Allerdings wurden wir uns irgendwann etwas uneinig, und ich habe für die Shiekah spioniert. Zu meinem Glück aber rettete ich das Leben von Koga, dem Sohn des Anführer. Ich würde unehrenhaft entlassen, mein Kopf stand jedoch zur Bewährung aus. Also werde weder ich mich jemals als Yiga bezeichnen, noch werden die mich als einen der ihren betrachte . Nun habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, ihren Treiben Einhalt zu gebieten, wann immer ich kann. Scheinbar hat letzte Nacht jemand einen besseren Job erledigt als ich..." Sein düsterer Blick wanderte zu Anya, die ihren sogleich wieder sinken ließ.
    "Aufgrund der aktuellen Ereignisse werden wir Nachtwachen halten, ich übernehme die ersten drei Stunden." Er erhob sich und Schritt ins Innere des Stalls. Dann wandte er sich nochmal um. "In drei Stunden wecke ich Anya. Die mir vorher meine Waffen zurückgibt." Es war keine Bitte. Er stapfte zur Theke, um sich von dem immer noch sichtlich verwirrten Stallmeister einen Whisky einschenken zu lassen.

  • Ha! Was für ein Scheiß! Etwas anderes fiel Anya dazu nicht ein. Sie lachte, dann stand sie auf und lief hinter Zoltan her.

    "Ich werde nicht nach Angelstedt zurück reiten. Ich werde morgen früh aufbrechen und dann werde ich diesen verdammten Djungel verlassen. Ihr könnt mitkommen oder eben nicht. Aber es gibt tatsächlich noch andere Dinge auf der Welt, als Zoltans Gefühlswelt!"


    Anya stapfte in den Schuppen, verfolgt von den Blicken. Nach und nach holte sie seinen Besitz aus dem Verschlag. Als sie ein Buch in den Händen trug, das aus seinem Rucksack gefallen war, regte sich wohl etwas in ihm. Er begann nervös zu werden, sagte aber nichts.
    "Keine Sorge, mich interessierten nur deine Waffen. Ich hab hier nicht reingeguckt, ich kann nämlich nicht lesen. Und abgesehen davon: für wen hälst du mich?" Anya klatschte das Buch vor ihm auf den Tisch. Zoltan quittierte diese Aussage mit einer schiefen Augenbraue und nippte an seinem Glas.

    "Warum nicht?", fragte Bob.

    "Hylianische Mädchen gehen für gewöhnlich nicht zur Schule. Wenn wir erwachsen sind, sollen wir Kinder kriegen und Gemüse pflanzen. Die Prinzessin konnte gewiss lesen und schreiben, aber sie war ja auch des Königs Tochter."
    "Warum du nicht nach Angelstedt zurück reiten willst, wollte ich wissen!"
    Oh achso. "Ich will hier einfach nur weg. Ich möchte weg aus Phirone und ich brauche wenigstens den räumlichen Abstand zu diesen ganzen Ereignissen. Bitte Fremder, lass uns einfach aufbrechen und hier verschwinden. Sollten wir Hateno oder Kakariko erreichen, werde ich einen Orni bitten, für mich einen Brief an Vina zu schreiben."
    Anya biss sich auf die Lippe. "Kannst du Bob bezahlen? Ich habe keinen einzigen Rubin mehr."

  • Zoltan ließ seinen Frust mit einem tiefen Seufzer entweichen. So langsam hatte er für heute die Nase voll von irgendwelchen Stimmungsschwankungen, seien es nun die eigenen oder der Leute um ihn herum. Also entschied er sich für einen verbalen Rückzug. "Schön, wie du willst. Hauptsache wir kommen hier weg. Diese Tropenluft wird mir wortwörtlich zu dick." Gut so. Bleiben wir bei der Besänftigung. "Und ich gebe zu, dass mein Plan Lücken hat. Pläne, die garantiert funktionieren haben nur Märchenfiguren, weil ihr Schreiber alle Zeit der Welt hat, sie zu schmieden. Wir echten Menschen können nur improvisieren und das Beste hoffen." Und wenn ich diesen ganzen Wahnsinn eines Tages lebendig überstanden habe, schreibe ich das in ein Gedichtbuch. Und da ich dir versprochen habe, für eure Übernachtung aufzukommen: Ja, ich kann Bob bezahlen." Dann legte sich ein beinahe fröhliches Grinsen auf sein Gesicht. "Aber die 200 Rubine kannst du vergessen, schließlich bin nichtmal heil aus Angelstedt gekommen, geschweige denn nach Hateno." Etwas besser gelaunt nahm er sein Glas und ging nach draußen, um seine Wache zu halten.

  • Der nächste Morgen war angebrochen.

    Bob hatte Anya schon früh geweckt. Zoltan schlief noch, als Anya vom Waschplatz zurückkam und ihr Bett machte. Gustl war während der Nacht zurückgekommen und hatte sich dem Bücherregel gewidmet. Glücklicherweise hatte sie etwas Proviant mitgebracht, woraus Anya nun ein Frühstück machen konnte. Es gab Spiegeleier mit Salz und Kräutern, dazu einen Früchteteller aus Bananen, Maxi-Durian und Äpfeln. Danach knackte sie ein paar Nüsse auf und legte sie dazu.
    Gustl übernahm das Wecken von Zoltan und kurze Zeit später setzte er sich zu den anderen an den Tisch.


    Es hatte etwas geregnet in der Nacht; das erste Mal seit vielen Tagen, was für eine Djungelregion doch recht ungewöhnlich war. Es lag schwerer Nebel um den Stall herum und man konnte nicht mal die Floria-Brücke sehen. Während alle aßen, redete niemand. Erst dann, als alles verspeist war, erzählte Anya, dass sie nicht nochmal nach Angelstedt zurück wollte und erklärte auch, warum. Gustl war es gleich, denn sie hatte alle ihre Sachen bei sich.

    "Gut, dann wasche ich jetzt das Geschirr und bereite Seven vor."

    Gesagt, getan. Alle trafen ihre Vorbereitungen und packten ihre sieben Sachen zusammen. Wie es Zoltan versprochen hatte, übernahm er die kompletten Kosten für den Aufenthalt. Dafür würde sich Anya revanchieren müssen. Das würde nicht leicht sein, denn sie hatte all ihren Besitz in Angelstedt zurückgelassen und musste nun wieder ganz von vorne anfangen. Es war eigentlich die Zeltplane, die sie am meisten vermisste, denn eine solche in diesem Zustand zu bekommen, war alles andere als einfach. Aber auch das würde kein großes Problem darstellen, da war sie sich sicher.
    Als alles getan war, standen die drei zusammen und blickten sich an. "Na dann wollen wir uns mal auf den Weg machen", piepste Gustl. "Doch tut mir bitte einen Gefallen: Hört auf euch anzuzicken. Es bringt doch nichts, wenn man sich gegenseitig das Leben noch schwerer macht. Redet doch einfach mal offen und ehrlich miteinander. Das muss nicht jetzt gleich sein, aber ihr solltet wirklich miteinander sprechen." Zoltan und Anya nickten.
    Ich könnte dir das Reiten beibringen, dachte Anya, als sie dem Stall den Rücken kehrten. Als sie die Straße von Phirone Richtung Westen einschlugen, blickte Anya noch mal zu Bob. Sie prägte sich das Bild genau ein, denn sie wusste, dass sie ihren guten Freund wohl nie wieder sehen würde.

    verlässt den Stall am See Richtung Westen

  • [Aria | #001]


    Die Stallung war erfüllt vom Klang des sachten Regens, der in gleichmäßigen Tropfen auf das Dach trommelte. Nur ein paar der Gäste unterhielten sich miteinander und dann auch nur im Flüsterton. Dadurch wirkte der Ort gerade sehr gespenstisch auf den jungen Zora, der mit geschlossenen Augen auf einer rauen Wolldecke saß, die über dem Boden ausgebreitet lag.

    Aria war dankbar dafür, dass er von dem Stallherrn die Erlaubnis bekommen hatte ein kleines Ständchen zu spielen, doch nun da er die Augenpaare auf sich spürte, wollte er am liebsten in die Gewässer vor dem Stall springen und für die nächsten Stunden untertauchen. Niemand sollte seine schwache Gestalt betrachten – noch war er nicht an dem Ziel, welches er sich gesetzt hatte.


    »Du kannst jetzt nicht die Flosse einziehen…«, ermahnte sich der nervöse Zora und öffnete kurz einen spaltweit die Augen, die er vorher so verängstigt zugekniffen hatte. So viele Leute waren nicht anwesend und die meisten von ihnen schauten noch nicht einmal auf ihn; aber selbst eine Person genügte schon, um ihm die Nervosität durch den ganzen Leib zu jagen. Immerhin sah man ihm seine Angst nicht an – seine Haut war sowieso feucht, sodass der Schweiß darauf nicht zu erkennen war und da er kein Haar hatte, konnte dieses auch nicht zu Berge stehen.

    Das Räuspern des Stallbesitzers ließ Aria dann aber doch leicht zusammenzucken und er konnte nur hoffen, dass sein Publikum es nicht gesehen hatte. Sonst gäbe es für ihn glatt noch mehr Gründe, um sich in Grund und Boden zu schämen.


    Für was schämte er sich eigentlich?

    Selbstzweifel mochten an ihm nagen, doch einer Sache war er sich trotzdem irgendwie bewusst: Er war ein guter Shamisen-Spieler und es gab nichts, was er befürchten musste. Niemand würde überreife Tomaten nach ihm werfen und wahrscheinlich würde niemand „Buh“ in seine Richtung rufen. Rational gesehen, konnte er also einfach anfangen…


    Seine Finger fühlten sich jedoch steif an – die linke Hand verkrampfte sich um den langen Hals seines fragilen Instruments. So fest, dass er kurz das Knarzen des Materials hören konnte, bevor er sich dazu besann, dass es keinen Sinn hatte den Kopf zu verlieren.

    Das Schlimmste, was passieren könnte, war das Ausbleiben von Rubinen und in Zeiten wie diesen, konnte er es den Leuten wohl kaum verübeln, wenn sie nicht teilen wollten. Trotzdem wurde sein Rubin-Beutelchen immer leichter. Materielles war für den Zora-Burschen nicht wirklich Essenziell, weil er meistzeitig von dem Essen lebte, welches er sich selbst fangen konnte oder am Grund des Wassers ein Nickerchen machte, aber wenn er ein echtes Abenteuer hinter sich bringen wollte, dann durfte die Kasse nicht leer sein…


    Wieder öffnete er die Augen und diesmal schaffte es der Knabe sogar, sich ein schiefes Lächeln abzuringen, bei dem man die spitzen Zähne in seinem Mund im Schein der flimmernden Lampen sehen konnte.


    »Jetzt oder nie…«


    Der Gesichtsausdruck des Zoras schien sich zu entspannend, sobald er das erste Mal an den Saiten seines Instruments zupfte und schon bald ein temporeiches Liedchen im Stall erklang – auf einmal waren seine Sorgen vergessen und die Finger tanzten wie automatisiert über das Instrument.


    Jetzt gab es in der Welt nur die Musik und ihn, sodass Aria nicht einmal bemerkte, dass er nun natürlich die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen hatte. Da er selbst die Lider nun wieder geschlossen hatte, konnte er die brennenden Blicke der Fremden nicht sehen, doch er spürte es ein bisschen – es zeigte sich in einem leichten Kribbeln in seinem Nacken.

    Beirren ließ er sich jedoch nicht. Sein ganzes Herzblut floss in die Darbietung eines Up-Tempo Stücks, welches er sich spontan einfallen lassen hatte. Eigentlich könnte er nun noch dazu singen, doch seine Lippen blieben gekräuselt und einen Text konnte er sich einfach nicht so schnell einfallen lassen. Trotz seiner Konzentration fragte sich Aria für einen Moment, ob er anfangen sollte Lieder zu schreiben… aber seine Gedanken wurden einfach viel zu schnell von der Musik fortgetragen.


    Erst als die letzte Note verklungen war, fiel dem jungen Zora-Mann auf, dass vor ihm auf der Decke nun ein paar Rubine lagen – im Rausch der Musik hatte er gar nicht bemerkt, dass ein paar gütige Seelen ihm eine Spende hatten zukommen lassen. Nicht unglaublich viel, aber mehr als er es sich überhaupt erwartet hatte.


    »D-d-danke…«, stammelte Aria und sammelte die Rubine auf, um sie dann aufgewühlt in seinen Geldbeutel zu stecken, aufzustehen und sich einmal zu verbeugen. Mit der Musik war allerdings auch sein Mut verfolgen und so huschte er in ein freies Eck des Stalls, setzte sich dort hin und zog die Beine an den Körper – die Shamisen stand wie ein treuer Begleiter neben ihm.

    Sicherlich bereuten es die Anwesenden bereits, dass sie ihm überhaupt ihre hartverdienten Rubine gegeben hatten, weil sein schnelles Abhauen gewiss keinen guten Eindruck hinterließ, aber darüber wollte Aria nun lieber nicht nachdenken. Stattdessen starrte er auf seine zusammengepressten Schenkel und überlegte dabei, wohin seine Reise ihn jetzt treiben würde.


    Wo fing man denn ein richtiges Abenteuer an?


    Seufzend lehnte er die Stirn auf seine Knie.


    Irgendwie hatte er es sich einfacher vorgestellt ein Abenteurer zu sein.

    Naiv wie immer.

    Und dafür schämte er sich nun.

  • Angestrengt hielt Sona ihr Keuchen zurück. Nachdem der Himmel urplötzlich über ihr eingebrochen war, hatte sie möglichst schnell nach einem Unterschlupf Ausschau gehalten. Da kam ihr der Stall gerade recht. So schnell ihre Beine sie tragen konnten, was nun wahrlich nicht als schnell bezeichnet werden konnte, war sie in die Unterkunft gestürmt.


    „Verdammtes Phirone“, murmelte sie, während sie ihr nasses Federkleid schüttelte. Dieses Gebiet bereitete ihr ständig Ärger. Das Wetter war unvorhersehbar und wenn es umschlug, dann auch richtig. Strömende Regen, Stürme, Unwetter, riesige Blitze, die vom Himmel herabschossen und ihr unterwegs immer einen Schrecken einjagten. Die perfekten Umstände, um ihr den Job möglichst schwer zu machen.


    Hastig öffnete sie ihre Posttasche und überprüfte, ob der Inhalt unversehrt geblieben war. Zwar hatte sie den Transportgegenstand bestmöglich mit ihren Flügeln abdecken können, aber ganz trocken war die Tasche nicht geblieben.


    Erleichtert stieß sie Luft aus, als sie sich vergewissern konnte, dass alles unversehrt geblieben war. Auch ihrer geliebten Panflöte ging es gut. Sie hatte wirklich Glück gehabt, dass es nicht weit von hier zu schütten begonnen hatte.


    „Willkommen“, begrüßte der Stallmeister sie freundlich. Sona nickte ihm zu, grüßte zurück.


    „Wollen Sie die Nacht hier verbringen?“, fragte er.


    Sona war sich nicht sicher. Sie warf die Posttasche wieder über ihre Schulter, nährte sich ihm und antwortete: „Gute Frage. Das kommt ganz darauf an, wie lange das Unwetter wütet. Können Sie das einschätzen?“


    Der Stallmeister lachte. „Das wissen nur die Göttinnen. Der Regen kommt und geht, wie es ihm beliebt.“


    Sie seufzte. „Das dachte ich mir. Dann… dann warte ich erstmal eine Stunde ab. Wenn es bis dahin nicht aufklart, überlege ich mir zu übernachten. Ist das in Ordnung?“


    „Kein Problem. Bleiben Sie hier, solange Sie es für angemessen halten.“ Der Blick des Stallmeisters fiel in die Mitte des Raumes, wo sich auch einige weitere Gäste tummelten.

    Er sagte: „Vertreiben Sie sich doch so lange die Zeit mit der kommenden musikalischen Darbietung.“


    „Musik?“, fragte Sona interessiert. „Dafür bin ich immer zu haben“, sagte sie, lachte. „Wer spielt? Und was?“


    Ratlos schüttelte er den Kopf. „Was dort passieren soll, tja, das kann ich beim besten Willen nicht sagen. Der Zora-Junge hat mich ganz verschüchtert darum gebeten, dass er gerne spielen würde. Gezittert hat der Knabe dabei, das sag ich dir! Scheint ganz aufgeregt zu sein. Er hat sich ja auch noch nicht getraut anzufangen. Er spielt auf irgendeinem Saiteninstrument. Wie hat er es gleich genannt? Scha… Schamosa…?“


    „Shamisen?“, fragte Sona nach.


    „Ja, genau! Hey, Sie kennen sich ja aus!“


    „Ich bin Musikerin. Mit ein paar Dingen bin ich bewandert, ja.“


    „Oho“, machte er. „Na, dann können Sie ihm vielleicht unter die Arme greifen, wenn es nichts wird“, sagte er und lachte. „Jedenfalls hat er mir leidgetan, so zusammengekauert, wie er vor mir gestanden hat. Da habe ich es eben erlaubt. Soll er sich austoben und vielleicht ein paar Rubine verdienen. Vielleicht wird’s ja was.“


    „Hm“, machte Sona. „Ich höre es mir auf jeden Fall mal an. Kann ja nicht schaden.“


    „Sie sagen es!“


    Sie stellte sich zu den anderen Gästen. Bei dem Anblick des Zora-Jungen wurde ihr Herz schwer. So nervös wie er dort stand, sich selbst noch kleiner machend, als er eigentlich war. Er klammerte sich an sein Instrument, als sei es das letzte, was ihn in dieser Welt hielt.


    Sona schmunzelte. „Klarer Fall von Lampenfieber“, dachte sie. Er schien noch nicht viel Publikumserfahrung gesammelt zu haben. Das erinnerte sie an ihren ersten Auftritt. Ihr erstes Gesangssolo, als sie noch Unterricht bei Ihrem alten Lehrer genommen hatte. Noch zu gut erinnerte sie sich an all die Blicke, die damals voller Erwartung auf ihr geruht hatten. Wie sie ihr einen Schauer über den Rücken gejagt hatten. Und sie vor lauter Nervosität zunächst bloß ein jämmerliches Krächzen hervorgebracht hatte. Hach, das waren noch Zeiten.


    Dann begann er endlich zu spielen. Und bei allen Himmeln, er war ein Naturtalent! Wenn seine Finger zu Beginn auch noch sehr steif waren und seine Performance beeinträchtigt hatten, so taute er nach und nach immer mehr auf. Es war eine schnelle, beschwingte Melodie, die Sona zum beflügelten Tanzen verführen wollte. Ihr Kopf wippte im Takt, ihre rechte Kralle tippte vom Boden auf und ab.


    Es juckte in ihren Gliedmaßen. Sie wollte ihre Panflöte auspacken und ihn begleiten. Oder einfach drauflossingen. So viele Begleitfiguren, die ihr in diesem Moment durch den Kopf schossen, bereiteten ihr schon nahezu Schwindelgefühle. Aber sie hielt sich zurück. Sie wollte den Zora nicht verunsichern. Außerdem war es sein Auftritt. Er hatte es verdient, dass die Aufmerksamkeit ihm gehörte.


    Sie tat es einigen anderen gleich und legte ihm einen blauen Rubin auf die Decke vor seinen Füßen. Er schien davon nichts mitzukriegen. Die Musik versetzte ihn in Trance, seine Umwelt existierte im Moment nicht für ihn. Es gab nur ihn und sein Instrument. Beachtlich. Dies gelang nur Leuten, die für ihr Handwerk blühten. Musik musste ihm viel bedeuten.


    Nachdem er fertig war, wollte sie klatschen, ihm zujubeln und ihm persönlich für die Darbietung gratulieren. Doch nach einem stammelnden Danke, hatte er sich schon mit den Rubinen in die nächste Ecke verkrochen. Verwirrt ließ er die Gäste zurück.


    Ein Mann neben ihr fragte: „Äh… das wars?“


    Sona sagte: „Er scheint sehr publikumsscheu.“


    „Da sagen Sie was. Aber naja, hat mir ganz gut gefallen.“


    „Ja“, sagte sie. „Mir auch.“


    Sona überlegte, ob sie trotzdem mit ihm reden sollte. Sie wollte ihn zwar nicht überfordern, aber die Musikerin in ihr tobte. Sie wollte ihn ausfragen, über seine Fähigkeiten, wo er gelernt hatte, ob das Stück von ihm war und ob er Interesse hätte, mal mit ihr zu spielen.


    „Was soll's?", dachte sie. Wenn er nicht wollte, würde sie ihn in Ruhe lassen. Aber sie wollte ihm zumindest gratulieren und sich für die Darbietung bedanken. Und wer weiß, vielleicht machten ihre Worte ihm Mut und er würde beim nächsten Mal schon mehr Selbstbewusstsein haben.

  • [Aria | #002]


    Aria benötigte einen Moment, bevor er realisierte, dass sich jemand zu ihm gesellt hatte, da er so stur auf seine Beine starrte und vehement versuchte seine Umwelt auszublenden. Doch als er die Lider aufschlug, stand die Orni tatsächlich direkt vor ihm.

    Viel Kontakt hatte der Zora bisher noch nicht mit anderen Völkern gehabt, weshalb es für den Musiker äußert schwer war ihre Mimik zu analysieren. Eigentlich wirkten ihre Augen freundlich, doch die Unsicherheit verpasste seinen Gedanken trotzdem einen kleinen Klaps, sodass alles in seinem Kopf wild umherwirbelte. Er bekam Angst.


    Kurz öffnete er seinen Mund, wobei er die perlweißen, spitzen Zähne entblößte, doch die Lippen fielen ihm wieder zu, während er fieberhaft überlegte, was er denn nun sagen sollte.

    »K-kann ich irgendwie helfen?« Instinktiv zog Aria seine Shamisen näher an sich. »Falls ich sie irgendwie mit meiner Musik belästigt habe, dann t-t-tut es mir wirklich leid!!!« Wahrscheinlich gingen da gerade die Pferde mit ihm durch und er interpretierte die ganze Situation vollkommen falsch, aber auch wenn er immer versuchte optimistisch zu sein, war er mit den Gesetzen der Welt noch nicht vertraut genug, um wahrhaftig eine Idee zu haben, wie alles wirklich funktionierte…


    Als die Orni also freundlich gestimmt schien und für seinen Auftritt offenbar Lob übrig hatte, wurden die kristallklaren Augen des Zora ziemlich groß. Verwirrt blinzelte er sein Gegenüber an und legte den Kopf leicht zur Seite, weil er die Worte, die er gerade gehört hatte, zwar verstand, aber irgendwie auch nicht.


    »Sie… Sie fanden es gut?«, wollte er noch einmal sichergehen, doch in seiner Brust explodierte die Freude schon und schickte ein angenehmes Kribbeln über seinen ganzen Körper. Außer seiner Familie und der Bewohner des Zora Dorfs hatte wohl noch niemand seine Musik wirklich gelobt.

    Natürlich war die Entlohnung der paar Rubine auch toll gewesen, doch er spürte genau, wie die Anerkennung eine weitaus stärkere Wirkung hatte – so positiv, dass er nicht verhindern konnte, dass die Flosse an seinem Kopf leicht wedelte, als wäre er ein Welpe, dem man gerade einen Snack darbrachte.


    »Danke! Nicht viele Leute können etwas mit Shamisen anfangen! Ich kenne niemanden, der sie auch spielt!!!« Das Eis war zumindest etwas zwischen ihnen gebrochen, doch die Schüchternheit konnte der Jüngling nicht ganz ablegen. Seine Stimme war leise und er wich dem Blick seiner Gesprächspartnerin aus, da er sich noch nicht traute ihr direkt ins Gesicht zu sehen.

    Immerhin bestand noch immer die Möglichkeit, dass er die ganze Sache missverstand und sie nur zu ihm hinübergekommen war, um sich über ihn lustig zu machen. Nein, er glaubte wirklich, dass die Orni freundlich war und echtes Interesse an Musik hatte – nur, weil er unsicher war, durfte er nicht einfach das Schlimmste annehmen. Nicht jeder da draußen wollte ihn schließlich nur ärgern.


    »Machen Sie auch Musik?«, fragte er also neugierig und schaffte es auch endlich sie direkt anzusehen. Ja, sie schien wirklich freundlich zu sein, womöglich hatte er sich völlig umsonst verrückt gemacht. Ob er sich dafür entschuldigen sollte? Immerhin hatte sie ihm sicherlich die Angst angemerkt… Jetzt ließ er aber erst Mal sie zu Wort kommen.