Nachdem ich nun in einem Rutsch den Thread durchgelesen habe, möchte ich einmal sagen, dass es Spaß macht, die Diskussion hier zu verfolgen und eure Meinungen zu erfahren. Schön, wie ihr euch auf das Spiel gefreut habt und es euren Erwartungen insgesamt betrachtet gerecht wurde (also vor allem Megaolf und Sylph, die ja mit Abstand am meisten gepostet haben).
Mir geht es da sehr ähnlich. Erst kürzlich habe ich die Story beendet, danach bin ich noch etwas durch Shibuya umhergeirrt, um noch ein wenig zu kämpfen und zu sammeln - allerdings werde ich wohl auf das Komplettieren meines Spielstands (vorerst?) verzichten, da ich so langsam gesättigt bin und auch andere Spiele Schlange stehen (ja, Samus, Dich meine ich!). Mir fehlen noch viele Pins, Kleidung und Essen im Archiv sowie einige rosa Pig-Noises, vermutlich werde ich beizeiten noch Letztere vervollständigen, aber mir genügt erstmal, nun alle Personen in meinem sozialen Netzwerk zu kennen.
Vorab möchte ich sagen, dass ich vor ein paar Jahren zwar auch den Vorgänger nachholen durfte, aber bereits wieder viel vergessen habe. Daher korrigiert mich gerne, wenn ich etwas Falsches sage.
Leider sind nach meinem Ausloggen alle meine gespeicherten Zitate verschwunden, daher muss ich indirekt auf eure Beiträge eingehen.
Ich denke, meine Meinung deckt sich im Wesentlichen mit eurer: NEO ist ein echt tolles Spiel geworden. Auf die Details möchte ich weiter unten eingehen, aber an dieser Stelle möchte ich einmal die Entwickler für die Liebe für das Kleine und die sehr interessante, detaillierte Geschichte loben und von meiner Seite eine Empfehlung aussprechen.
Bezüglich der Frage, wie geeignet NEO für Neulinge ist, muss ich euch zustimmen. Sicher kann man es auch spielen, ohne den Vorgänger zu kennen, und es dann für ein schönes Spiel befinden. Dafür wird es auch Charaktere und Situationen geben, die man vielleicht nicht richtig einordnen kann, etwa, wie ihr schon gesagt habt,
die Auftritte von Neku und seinen Freunden, da diese zuvor eine Hauptrolle gespielt hatten, aber auch Charaktere wie Sho und die Erwähnung eines Mr. Hanekoma, wodurch einem Neuling die Sicht, dass das besondere Charaktere sind, fehlt. Auch der Auftritt von Joshua als Composer des Reaper Games dürfte unterschiedliche Reaktionen hervorrufen (die Kenner würden vielleicht sagen: oh, der ist also auch wieder da!, während Nichtkenner sich im ersten Moment wohl denken: huch, soll das eine wichtige Person sein? Auch die häufige Erwähnung von Shinjuku kann Fragezeichen hervorrufen.)
Daher denke ich: man kann es spielen, ohne das Original zu kennen, aber um die ganze Story zu verstehen und auch mitzufühlen, wäre es empfehlenswert, den Vorgänger gespielt zu haben oder zumindest seine Geschichte grob zu kennen, da die Entwickler offenbar davon ausgehen, dass diese bekannt ist und was damals geschah. Das muss dann natürlich jeder für sich selbst entscheiden.
Vieles an NEO finde ich sehr gelungen. Bereits die Demo fand ich recht überzeugend, die Musik ist schön und das Design der Straßen und Gebäude gefällt mir. Das Spiel ist wieder sehr dialoglastig, was ich gut finde, weil die Geschichte dadurch enorm viel Breite und Tiefe erhält. Nicht alles, was Rindo & Co. so sagen, ist immer wichtig und genau das mag ich, weil die Charaktere dadurch sehr real wirken. Die Gespräche lesen sich für mich auch sehr angenehm. Nur die automatischen Dialoge, die beim Herumlaufen kurz initiiert werden, gingen für mich meistens zu schnell, um sie aufmerksam zu verfolgen.
Die Kamera finde ich ebenso wie ihr manchmal etwas ungünstig geführt, da man sie nicht drehen kann und sie vor allem beim Laufen nach hinten/unten nicht die beste Perspektive zeigt. Auch in Kämpfen neigt sie manchmal zu kurzzeitigen, unkontrollierten Drehern, wenn ein Gegner nah ist. Lakitu, bist Du der Kameramann?
Die Kämpfe selbst haben mir meistens Spaß gemacht. Natürlich waren sie auch für mich nicht immer ohne Frust und ich muss zugeben, dass ich das Spiel mehr als einmal entnervt ausgemacht hatte, weil mir ein Gegner zu hart war oder weil ich einen Boss zwar mit Mühe besiegt hatte, dann aber eine zweite Phase eingeleitet wurde, in der ich instant verlor und alles von vorn machen durfte. Ich mochte noch nie mehrphasige Kämpfe, in keinem Spiel, weil ich sie als unfair empfinde, aber das ist dann eher Geschmackssache und keine negative Kritik an NEO. Insgesamt waren die Noise-Kämpfe jedoch gut. Die Bedienung der Pins mit den Tasten fand ich sogar noch bequemer als im Vorgänger, wo man zusätzlich den Stift benutzen musste, aber auch das fällt eher unter Geschmackssache.
Von den Pins habe ich bei weitem nicht alle gesammelt geschweige denn gelevelt, aber die große Auswahl gibt einem viele Möglichkeiten, seinen Kampf zu optimieren. So habe ich auch mehrmals meine Pinbelegung gewechselt, sie gelevelt und dann geschaut, wie weit ich damit komme. Was ich besonders hilfreich bei Bosskämpfen fand, war ein Heil-Pin, welcher alle paar Sekunden ein wenig von der LP wiederherstellt. Wenn man gut ausweichen oder sich regelmäßig zurückziehen kann, hat man so theoretisch unendlich viel LP!
Ähnliches gilt für Kleidung und Essen: es gibt schön viel Auswahl, auch wenn ich längst nicht alles kenne. Essen, um Stats zu verbessern, ist eine schöne Idee, die hier übernommen wurde. Da Essen oft nicht günstig ist und man zwingend alle Protagonisten versorgen muss, lässt man aber auch nicht wenig Geld zurück.
Was auch schnell auffällt: das Spiel lädt. Immer. Überall. Ob man die Zone wechselt, ein Dialog eingeleitet wird oder eine neue Eskalation beginnt, der Spielfluss muss sehr häufig unterbrochen werden. Vielleicht ging es gar nicht anders und sehr schlimm finde ich das auch nicht, aber wie ihr schon sagtet, summiert es sich und das ist dann schon ein kleiner permanenter Störfaktor. Manchmal hatte ich auch bei Kämpfen Framerate-Einbrüche (also während des Kampfs, nicht der Slowdown zum Schluss), wenn viel auf einmal passierte. Spielabstürze hatte ich allerdings keine - um so überraschter war ich über eure Erfahrungen diesbezüglich, denn mehrfache Abstürze klingt schon nach einem größeren Problem. Dafür hat sich ab und zu mein Controller verabschiedet, was aber nicht am Spiel liegt, sondern daran, dass die Switch nicht so gut ist.
Shibuya ist eine schöne Stadt und ich finde es toll, wie realitätstreu die Entwickler bei ihrer Arbeit waren. Auch schön, dass die Viertel nun ihre realen Namen erhalten haben, zum Beispiel wurde aus MOLCO jetzt PARCO oder aus A-East wurde O-East. So lernt man auch nebenbei spielerisch eines der Herzen Tokyos kennen, selbst wenn man noch nie dort war. In diesem Zusammenhang finde ich auch den Erfahrungsbericht von Sylph nett zu lesen.
Die Tage sind recht abwechslungsreich und es gibt immer viel zu tun. Dazu zählen auch die Turf Wars, die sich bei mir zwar immer etwas zogen und kampfreich waren, aber dennoch eine spaßige Abwechslung war. Und dass Rindo & Co. auch mal anderen Aufgaben nachgehen, als die eigentliche Mission, finde ich gar nicht schlimm, im Gegenteil. Der Bonus-Tag war tatsächlich nicht so besonders, aber trotzdem hab ich ihn recht gern gespielt und war froh über ein Happy Ending.
Den Soundtrack finde ich auch meistens gelungen, zumal er in meinem Fall die Lust auf Erkundung und Kampf gesteigert hat. Einige Songs mag ich dabei besonders und hallen auch mal ein paar Tage im Kopf nach. Meine persönlichen Favoriten: Your Ocean, Transformation, Revelation, Insomnia und Calling. Auch ROCKIN' ROCKIN', der Konzert-Song, klingt nicht schlecht.
Gerne möchte ich noch auf einige Charaktere etwas eingehen, teils auch im Spoiler:
Rindo und Fret sind ein besonderes Duo. Mir gefällt die Dynamik zwischen ihnen, da sie trotz ihrer Unterschiede irgendwie gut zusammenpassen und sich prima ergänzen. Rindo ist sehr zurückhaltend, verliert sich regelmäßig in seinen Gedanken und muss von Fret immer wieder zurückgeholt werden. Dass seine Maske nichts mit Corona zu tun hat, kam mir auch in den Sinn - auch deshalb, weil viele Japaner Masken aus reinem Modebewusstsein tragen. Wenn ich mich recht erinnere, sagte Rindo auch selbst weit am Anfang in etwa, dass er die Maske nur so trägt. Fret hingegen habe ich tatsächlich gar nicht als Clown wahrgenommen (diesbezüglich ist es interessant, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können), auch wenn er gern mal etwas spaßig drauf ist und oft Rinbro oder Rindude sagt, sondern eher als aufgeweckten und fügigen Typen, der stets bemüht ist, freundlich und positiv rüberzukommen, selbst wenn auf Kosten von Ehrlichkeit. Vermutlich bin ich der Einzige, der Fret von allen neuen Charakteren sogar ziemlich gern mochte. Ich kann nicht mal genau sagen, warum - vermutlich ist es eine Mischung aus seinem Gesamterscheinungsbild und etwas Mitleid aufgrund der Interaktionen mit Nagi.
Nagi gefiel mir, weil sie mehr Wind in das Trio brachte und auch ein wenig einen an der Klatsche hatte, auch wenn ich sie anfangs wegen ihrer Vergötterung von Rindo und Missachtung von Fret nicht wirklich sympathisch fand.
Susukichi wirkte auf mich zunächst interessant, aber leider etwas eindimensional, da er nur spielen und vernichten wollte. Er wirkte auf mich wie ein Bösewicht ohne Tiefe. Eine Frage aber, die für mich noch offen ist, ist die,
warum er die Wicked Twisters eigentlich auslöschen wollte, wenn sich kurz vor seinem Tod herausstellt, dass er sie beschützen wollte, indem er sie zum Shibuya Stream lockt. Beschützen durch Töten? Vermutlich habe ich was falsch verstanden, aber vielleicht kann mich ja jemand aufklären, was genau Susukichi beabsichtigt hat.
Dennoch fand ich ihn witzig, sein Sprachstil, die vielen Tippfehler und seine Selfies haben mich amüsiert. Im Deutschen nennt er Rindo und seine Freunde übrigens immer Opfer.
Bei Shiba war es eher andersherum: anfangs fand ich ihn etwas eintönig, später aber immer interessanter, nachdem
man Kubos Rolle im Reaper Game erfahren hat und Shiba dadurch mehr als nur ein Spielleiter wurde.
Kubo hatte ich völlig falsch eingeschätzt. Ich hielt ihn für einen einfachen Reaper, der Shiba untersteht, insofern kam der Plot Twist für mich ziemlich überraschend. Im Deutschen wird er oft als alter Opa bezeichnet, wobei ich mir nicht genau sicher bin, warum.
Damit, dass die Original-Protagonisten ein Comeback feiern, hatte ich sogar schon fast gerechnet, auch wenn ich mir nie sicher war. Spätestens, nachdem Beat auftauchte und Nekus Name gefallen war, wusste ich es. Ich hielt es für die sinnvollste Entscheidung der Entwickler, da ich denke, dass sich das jeder Fan insgeheim gewünscht hat und ihr Fehlen eher zu Enttäuschungen geführt hätte. Übrigens wurde im Deutschen Nekus Spitzname Phones mit DJ übersetzt, was etwas ulkig klingt (aber ich verstehe die Intention dahinter). DJ Neku!
Ihr Redesign sagt mir auch zu, besonders Beat profitiert von seinem veränderten Aussehen und Charakter. Bei Shiki dachte ich mir erst, dass sie sich ja enorm verändert hat, bis ich feststellte, dass ich schon vergessen hatte, dass sie im Original nicht wirklich Shiki war.
Wer sich hinter Swallow verbirgt, war für mich ebenfalls eine Überraschung. Ich hatte während des Spiels viel spekuliert, meistens dachte ich an Neku. Auch Rhyme war ein Tipp von mir. Dass es sich um Shoka handelt, hätte ich weniger erwartet. Schön, dass das Geheimnis gelichtet wurde.
Die Entwicklung von Shoka fand ich ebenfalls interessant zu verfolgen. Da sie auf dem Spielecover abgebildet ist, hatte ich schon ein Gefühl, dass sie ein wichtiger Charakter sein dürfte, aber dennoch habe ich ihre Rolle unterschätzt.
Ebenfalls ein netter Hingucker war für mich Kaie. Mir gefiel die Kreativität der Entwickler, fast jeder Figur eine einzigartige Persönlichkeit zu verleihen, und Kaie mit seiner stark introvertierten Art, der selbst von Angesicht zu Angesicht nur mit seinem Smartphone kommuniziert, war einer von ihnen. Ich fand das cool und witzig zugleich.
Ansonsten war auch nett, altbekannte Personen wiederzusehen, darunter Uzuki und Lollipop. Letzteren hielt ich im DS-Titel lange für eine Frau. Schade, dass Hanekoma kein Comeback in Fleisch und Blut hatte, aber er wird erwähnt und ist somit nicht vergessen.
Ein besonders großes Lob möchte ich für die Fähigkeiten der Protagonisten und ihre Umsetzung aussprechen. Die Zeitreisen von Rindo wurden - wie ich finde - hervorragend umgesetzt. Zwar wiederholen sich dadurch Teildialoge mehrmals, aber das ist wohl auch beabsichtigt, um den Effekt der Zeitreise immersiv zu veranschaulichen. Obwohl Zeitreise so komplex und widersprüchlich ist, hat man das überzeugend thematisiert. Auch das Erinnern und Eintauchen von Fret bzw. Nagi sind coole, kreative Skills, die regelmäßig angewendet werden müssen. So kommt keine Fähigkeit zu kurz. Nur beim Imprinten von Gedanken hätte ich mir gerne etwas mehr Rätsel gewünscht, da es mir Spaß gemacht hatte.
Was ich mir gewünscht hätte, wäre, Dialoge überspringen zu können. Nach dem Durchspielen kann man sie zwar vorspulen, aber nicht überspringen. Ebenfalls etwas ungünstig finde ich, dass man beim Zurückspringen zu einem anderen Tag nicht die Möglichkeit hat, sich frei zu bewegen, da der Tag wieder resettet wird. Dadurch sind wieder bestimmte Areale gesperrt und müssen erst durch die Missionen geöffnet werden. Wenn ich zum Beispiel nach Tipsy Tose Hall möchte, weiß ich nicht, welchen Tag ich wählen muss, weil an manchen Tagen erst der Weg dahin wieder geöffnet werden muss und es an anderen Tagen vielleicht sogar gar keinen Weg dorthin gibt. So irre ich von Tag zu Tag und von Mission zu Mission, weil ich nicht weiß, wie ich am schnellsten ein bestimmtes Café besuchen kann.
Vermutlich größter Kritikpunkt des Spiels ist für mich der Endkampf. Auch wenn ich recht viele Versuche benötigt hatte, war der Boss nicht wirklich schwer; das Problem lag vielmehr in der grafischen und technischen Umsetzung, die ich nicht gut fand und den Kampf schwer anzusehen machten. Das war zwar enttäuschend, aber sollte meine sonstige Freude am Spiel nicht schmälern.
Eigentlich wollte ich noch mehr schreiben, aber ich glaube, ich mache mal einen Cut und ziehe jetzt nur noch ein Fazit.
NEO ist ein sehr schönes Spiel geworden, das meine Erwartungen sogar übertroffen hat. Ich habe nicht so viel gesammelt und so lange gespielt, wie manch anderer, aber fürs erste fühle ich mich wie nach einem guten Essen: satt und zufrieden. NEO hat mich mit einer einzigartigen Story überzeugt, die mich mitgenommen hat. Auch wenn es manchmal ein paar harte Kämpfe und etwas komische Aufgaben gab, an denen ich mir die Zähne ausbiss, ist das Spiel insgesamt fair und führt den Spieler sogar sehr gut durch die Geschichte. Ich hatte eigentlich nie das Gefühl, hilflos dazustehen. Neben der Hauptstory gibt es noch verschiedene Möglichkeiten, sich mit Nebenaufgaben zu befassen.
Der Präsentationsstil der Dialoge ist erfrischend hübsch. Die Charaktere sind auf ihre Weise einzigartig und ganz gleich, wie nett oder fies jemand rüberkam: die meisten haben mir auf ihre Art gefallen. Den Soundtrack werde ich mir auch außerhalb des Spiels ab und zu anhören.
Die Fans mussten lange auf ein Sequel warten, aber ich denke, dass NEO ein würdiger Nachfolger geworden ist. Und ich kann mir gut vorstellen, dass es eines dieser Spiele ist, auf die man nach Jahren mit Nostalgie zurückblicken wird.
Übrigens, wer wissen möchte, was Sho an Woche 1, Tag 1 mit der Zahl 142.857 meinte:
es handelt sich um eine so genannte zyklische Zahl, auch Phönixzahl genannt. Wenn man sie mit einer ganzen Zahl (zum Beispiel 2, 3 oder 4) multipliziert, erhält man eine Zahl mit gleicher Ziffernfolge, nur um bestimmte Stellen verschoben.
Beispiel: 2 mal 142.857 sind 285.714. Oder: 6 mal 142.857 sind 857.142. Eine Besonderheit: 7 mal 142.857 sind 999.999. Ich hab zwar keine Ahnung, was uns Sho damit mitteilen wollte (vielleicht, dass er insgeheim ein Mathe-Professor ist?), aber das bedeutet die Zahl.