Das Spiel "League of Legends" sollte für viele Spieler*innen inzwischen geläufig sein und ist eines der Spiele, die auch außerhalb der eigenen Bubble bekannt sein dürfte.
Doch hinter "League of Legends" steckt ein Konzern, der seit 2, 3 Jahren die Spielebranche mehr und mehr mit eigenen Titel schmückt und immer mehr Menschen erreicht.
Weshalb ich das für wichtig erachte? Weil die puren Zahlen einfach erdrückend sind - im Oktober 2021 waren es weltweit satte 180 Millionen Spieler, die ein Spiel von Riot Games mindestens einmal im Monat gespielt haben. (Valorant nicht einberechnet)
Hier möchte ich was zum Unternehmen schreiben und welche Produkte Riot Games vermarktet. Kurz zur Geschichte und den, aus meiner Sicht, relevanten Eckpunkten:
Riot Games, Inc. wurde als Indie Spieleentwickler 2006 von Brandon „Ryze“ Beck und Marc „Tryndamere“ Merrill in Los Angeles gegründet. Dann passiert nicht viel. 2015 kaufte Tencent dann alle Anteile am Unternehmen und so wurde aus Riot Games ein Tochterunternehmen von Tencent. Tencent ist ein gigantisches Internetunternehmen, welches sich in den letzten 5 Jahren zum einen der mächtigsten Konzerne der Welt entwickelte. Zur Einordnung - das Unternehmen spielt in der gleichen Größenordnung wie Tesla oder Alibaba Group und hat beispielsweise amerikanische Konzerne wie AT&T "überholt".
Das beeinflusste aber die Arbeiten bei Riot Games nur bedingt - zumindest oberflächlich. Die Spiele und Produkte behielten ihren grundlegenden Eigenschaften und auch außerbetriebliche Produktionen gingen nicht an chinesische Firmen, sondern beispielsweise an Fortiche, einem französischen Animationsstudio oder an Airship Syndicate Entertainment Inc., einem amerikanischen Entwicklerstudio.
Trotzdem steht das Unternehmen seit Jahren unter Kritik - vor allem im Hinblick auf Sexismus und Arbeitsverträge. Dazu lasse ich einen Auszug von einer Webseite mal hier - wird dort nämlich gut zusammengefasst:
Seximus Vorwürfe
In einem Interview mit Kotaku spricht sich 2018 eine anonyme Ex-Mitarbeiterin gegen Riot Games und deren Leitung aus. Sie selbst habe mehrfach versucht, Frauen in Führungspositionen einzustellen und wurde dabei immer wieder abgewiesen. Viele der Frauen seien nicht Gaming-affin genug, andere wollen nur die Karriereleiter hochsteigen, heiß es von der Chefetage. Die Mitarbeiterin selbst habe auch sexistische Bemerkungen auf der Arbeit abbekommen. Sie wurde öfter gefragt, ob es schwer sei, bei Riot zu arbeiten, wenn man so süß ist. Nachdem die Website noch andere Mitarbeiter von Riot Games interviewt hatte, viele darunter Frauen, fügte Riot Games auf ihrer Website eine neue Inklusionsseite ein. So schreibt die Firma "Wir setzen aggressiv eine Null-Toleranz-Richtlinie in Bezug auf Diskriminierung, Belästigung und allgemeine Toxizität durch. Es ist unglaublich wichtig, dass unsere Führungskräfte dieses Engagement verkörpern und diese Erwartung in ihren Teams verstärken.“
Laut eigenen Aussagen habe Riot Games diese Ansicht schon immer vertreten.
Arbeitsverträge bei Riot Games
Allerdings gibt es noch einen weiteren Skandal bei dem Gamingriesen. So soll es in den Arbeitsverträgen von Riot Games-Mitarbeitern eine Klausel geben, welche als "Zwangsschlichtungsklausel" betitelt wird. Diese Klausel soll verhindern, dass Angestellte juristisch gegen Riot Games vorgehen können. Ist man also Mitarbeiter bei Riot Games und befindet sich in einem rechtlichen Streit mit der Firma, muss man sich außergerichtlich einigen. Genau gegen diese Klausel haben mehrere Mitarbeiter im Mai 2019 protestiert, als sie im Rahmen eines Leaks an die Öffentlichkeit gelangte. Mittlerweile ist Riot Games auf die Proteste der Angestellten eingegangen und so ist es neuen Mitarbeitern mittlerweile freigestellt, die Zwangsschlichtungsklausel aus dem Vertrag zu unterzeichnen oder wegstreichen zu lassen.
Sollte man also bei Riot Games arbeiten wollen, inbesondere als Frau, kann man sich also auf einige besondere Umstände einstellen, glaubt man den Aussagen der Ex-Mitarbeiter.
Dazu nur zwei Bemerkungen meinerseits:
Generell sind solche Aussagen von ehemaligen Mitarbeiter*innen getätigt worden - soll deren Authentizität nicht untergraben, hat nur immer einen faden Beigeschmack.
Und Zweitens ist Sexismus ein strukturelles Problem, welches flächendeckend vorliegt. Damit will ich Riot Games nicht in Schutz nehmen, im Gegenteil. Wenn so ein Problem vorliegt, dann sind besonders die Big Player in der Verantwortung klare Grenzen zu setzen.
Kommen wir nun zu den "Produkten":
Das MOBA-Spiel, welches den Grundstein für Riot Games darstellt und weltweit bekannt sein dürfte: League of Legends
Ich könnte hier noch detaillierter drauf eingehen, aber da es wahrscheinlich jede Person kennt, verzichte ich darauf.
Dann stieg der Konzern in die vorhandene Fußstapfen von Dota Auto Chess und veröffentlichte erstmals nach 10 Jahren LoL ein vollwertiges Videospiel - der Auto-Battler Teamfight Tactics im Jahr 2019.
2020 sollte dann ein neuer Höhepunkt darstellen - drei völlig unterschiedliche neue Spiele gab es für Interessent*innen:
- League of Legends: Wild Rift - eine Art Mini-LoL für das Smartphone
- Legends of Runeterra - ein Kartenspiel wie Heartstone
- Und mit Valorant sprang Riot Games auf einen anderes attraktives Genre auf: First-Person Shooter
(Die Mini-Spiele habe ich jetzt ausgelassen, da das Volumen an Rezipient*innen eher überschaubar ist.)
Normalerweise sind Entwickler, bzw. Konzerne mit einem einzigen Standbein (LoL als MOBA) tendenziell auf ein Spiel oder ein Genre spezialisiert und etwaige Versuche in anderen Genres Fuß zu fassen funktionieren dann meistens eher weniger. Aber Riot Games schafft es tatsächlich mit allen Spielen erfolgreich zu sein - selten gab es Kritik bezüglich Serverprobleme, schwere Bugs oder andere technische Schwierigkeiten. Auch die Qualität der Spiele erfüllt bisher stets einen gewissen Standard:
Valorant, Wild Rift, Legends of Runeterra und Teamfight Tactics haben alle einen Metascore von 75+, eher 80+. Das ist für eine genreübergreifendes Projekt ungewöhnlich, aber spricht auch für einen gewissen Qualitätsstandard des Unternehmens.
Und so ergibt sich eine zunehmende Spielerschaft, die kontinuierlich wächst und wächst und wächst.
Mit Ruined King: A League of Legends Story wagte sich Riot Games den Schritt in die "klassische" Konsolenwelt und veröffentlichte ein RPG für alle gängigen Konsolen - welches ebenfalls positiv ankam. Ich sehe in diesem Spiel einen gewissen Bruch, bzw. Entwicklungsimpuls, weil die bisherigen Ableger eher für eine gewisse ungezielte Masse vorgesehen war und auf einen schon bestehenden Markt aufgesprungen sind (Auto Chess, Shooter, etc.). Aber mit einem RPG-Spiel gibt es nur eine fokussierte Zielgruppe, die nicht riesig (im Vergleich zu den anderen) ist und aufgrund fehlender Mikrotransaktionen keine längerfristige Einnahme darstellt. Es ist eher ein kurzweiliges Projekt - und dennoch wurde es entwickelt.
Am gleichen Tag kam das Rhythmus-Spiel Hextech Mayhem heraus, welches tatsächlich eher auf gemischte Kritiken stieß.
Auch die Serie Arcane vergrößert das Universum und es werden noch mehr Rezipient*innen angesprochen. Ich habe den Eindruck, dass Riot Games nicht nur versucht sich quantitativ breiter aufzustellen, sondern auch qualitativ - es werden nicht nur schlicht mehr Menschen abgeholt, sondern unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Mit den bisherigen Ablegern wurden eher die Menschen in der Bubble gehalten, die sowieso schon drin waren. Also wer LoL ODER auch andere Auto Battler wie Dota Chess gespielt hat, hat tendenziell auch TFT (TeamFight Tactics) gespielt - gleiches gilt für Valorant, usw. Damit werden aber keine neuen Spieler*innen generiert, sondern bestehende gefestigt.
Aber hier hat Riot Games absolute Spitzenqualität abgeliefert - die Serie schlug förmlich ein und erreichte Menschen, die sich vorher nie mit diesem Universum beschäftigt haben. Das liegt nämlich, wieder mal, an einer erstklassigen Qualität, die die Serie innehat.
Und was ist sonst zu für die Zukunft geplant?
Nun ja:
Ein Fighting-Games steht noch aus, Hack & Slay-Spiel ist in Entwicklung und ein seit Jahren von den Fans erwartetes MMORPG steht ebenfalls auf der Agenda von Riot Games. Zwei Spiele werden von externen Entwicklern geschmiedet - einmal das Puzzle-Game Convergence von Double Stallion sowie das Abenteuer Song of Nunu von Tequila Works.
Es soll also in naher Zukunft das verfügbare Portfolio aus dem Runeterra-Universum nahezu verdoppeln. Und noch mehr Menschen ziehen.
Wie steht ihr zu diesem Unternehmen?
Welche Spiele kennt ihr? Welche habt ihr selber gespielt?
Grundsätzlich - ich spielte jahrelang League of Legends und habe bei TFT und Wild Rift eher mal reingeschnuppert. Seit zwei Jahren verfolge ich lediglich die E-Sport-Szene in LoL. Die Spiele sind für mich immer in Ordnung gewesen, aber mehr als ein Zeitvertreib als ein bewegendes Erlebnis oder dergleichen war es nie.
Zum Unternehmen oder der Struktur dahinter:
Ich bin tatsächlich zwiegespalten. Auf der einen Seite steht mit Tencent ein chinesisches Unternehmen hinter Riot Games - chinesische Unternehmen stehen gleichzeitig für die chinesische Politik. Und diese entfernt sich vor allem in den letzten Jahren immer weiter von den westlichen (unseren) gesellschaftlichen Werten. Was dann für moralische Dilemmas sorgt - Sachen in China produzieren lassen, aber die China-Politik kritisieren funktioniert halt nicht. Aber genau das passiert. Weil unfassbar viel in China hergestellt / produziert wird.
Auf der anderen Seite wächst und wächst das Runeterra-Universum und das ist per se nicht Schlechtes. Es fühlt sich nur an wie damals beim MCU, als gefühlt jeden Monat ein Film, eine Serie oder etwas Anderes konsumierbares erschien - die Entwicklung deutet tendenziell auf eine Übersättigung hin.
Aber - und das muss ich auch erwähnen - die Qualität ist unfassbar hoch. Und das ist unter Umständen der wesentliche Unterschied zum MCU. Die Filme von Marvel sind nie schlecht, aber selten mehr als "nur in Ordnung" und generell haben die Filme einen Stellenwert inne, weil diese nämlich wichtig für das "große Ganze" sind.
Um zu verstehen, weshalb Dinge in den Filmen wie Infinity War oder Endgame so ablaufen, wie sie ablaufen, setzen die Filme gewisse Erfahrungen von anderen Filmen voraus. Riot Games liefert aber mit jedem Film (um beim Beispiel zu bleiben) einen sehr guten Film ab und sorgt dafür, dass sie keinen inhaltlichen Bezug zueinander haben. Wenn mir das Spiel Valorant nicht zusagt, spiele ich halt ein anderes. Oder gar keins! Die Spiele sprechen unterschiedliche Zielgruppen an - was dafür sorgt, dass nicht eine bestimmte Spielerschaft gesättigt ist, sondern viele nur happenweise. Ich spiele kein einziges Spiel mehr von dem Unternehmen, habe aber Lust auf das RPG sowie MMORPG. Und die Serie Arcane zeigt perfekt wie es gehen kann. Die Serie hat mich komplett abgeholt, obwohl ich seit Jahren nur noch ganz selten ein Spiel von Riot Games konsumiere.
Und wie unser Olf schon sagte - es ist nie Zeitverschwendung, wenn es Spaß macht.