Pokemon Herzgold & Seelensilber

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  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel IV Silbernes Gift (Teil 1)



    Dickliche weiße Kugeln luden zu einem Tanz in wildem Rhythmus. Durch die Schwärze der Nacht und entlang des Feuerscheins hüpften und sprangen sie mit unergründlicher Choreographie. Erst schüchtern, dann forscher und nun ohne Halt.

    Während das Kleinstein als Erstes aus ihrem Unterschlupf rollte und sogleich daran arbeitete, zu einem Schneeball zu werden, folgte ihm das Sandan nur zögerlich und versuchte mit seinen Krallen die Flocken zu fangen; es wedelte verärgert mit seinen Armen, als der Schnee in diesen schmolz. Er saß neben Lino in ihrem selbstgebauten Unterschlupf am Rande des Steineichenwalds, hatte einen Arm um es gelegt und beobachtete vergnügt, wie es mit aufgeregtem Gesichtsausdruck das Stieben des Schnees verfolgte. Seine Pokémon im Schnee rundeten diese Woche perfekt ab. Freudseligkeit schwoll in seiner Brust und er wünschte, dass dieser Moment gefröre und auf ewig Bestand hätte; sie alle eingeschlossen in einer unzerstörbaren Schneekugel, die nicht mal von den Schlingen der Zeit umhüllt werden konnte.

    Nachdem Geo und Andi genesen waren und sich ihnen angeschlossen hatten, konnten sie gestern Abend endlich den Orden von Azalea City erringen. Kai war eine harte Nuss gewesen, er hatte seinen ganzen Gegengift-Vorrat aufgebraucht. Sie waren schließlich weitergezogen und haben nun ein Lager für die Nacht aufgebaut.


    Lino lachte vergnügt, als sich eine der Schneeflocken in ihren Unterschlupf verirrte, auf seiner Nase verging und sich in Wasser verwandelte, welches es sogleich gierig aufsog. Linus lachte mit ihm und so überhörten sie beide das Geräusch von knirschenden Schritten auf dem Neuschnee. Er bemerkte den jungen Mann in schwarzem Mantel und mit Haar so rot wie Höllenfeuer erst, als dieser schon neben ihnen stand. Linus zog Lino instinktiv an sich.

    „Ich will dir keine Angst machen“, sagte dieser mit so ausdrucksloser Stimme, als wäre es das Alltäglichste auf der Welt, mitten in der Nacht in ein fremdes Lager zu platzen, „mir ist kalt.“

    Hinter dem Mann stand ein Tauboss, welches das Gespräch neugierig zu verfolgen schien.

    „Wer bist du?“, fragte Linus, während Geo und Andi zurückkamen und sich rasch hinter Linus‘ und Linos Rücken versteckten.

    „Silber“, sagte sein Gegenüber knapp. Linus nickte und nannte seinen Namen.

    „Ich will dir keine Angst machen“, sagte Silber erneut, „kann ich über Nacht bleiben? Es wird ein richtiger Sturm.“

    Er hatte ein ungutes Gefühl, doch Mitleid mit dem Tauboss. Nachdem sie zuletzt Geo und Andi gesundgepflegt hatten, war in ihm tatsächlich das Bedürfnis aufgeflammt, eine helfende Hand für Pokémon zu sein. Ja, er konnte sich mittlerweile sogar vorstellen, irgendwann in einem Pokémon-Center zu arbeiten...

    „Natürlich“, sagte er deshalb.


    Tauboss und Silber zwängten sich ohne ein weiteres Wort in ihr Lager und schienen sich augenblicklich schlafen zu legen. Ein mehr als merkwürdiges Duo, dachte er sich.

    Linus war davon überzeugt, diese Nacht mit der unerwarteten Wendung auf gar keinen Fall ein Auge zuzutun; wenig später war er eingeschlafen und träumte, dass er in seinem Bett in Teak City lag. Seine Mutter schien nach ihm zu rufen, doch ihre Stimme war so leise, dass er sie kaum hören konnte. Ebenso konnte er nicht aufstehen, was ihn wahnsinnig machte; wollte er doch so sehr der Stimme seiner Mutter folgen...


    Ein bohrender Schmerz durchfuhr seinen Rücken plötzlich und er schrie los. Er wusste nicht, ob er wirklich geschrien hatte oder dies nur im Traume passiert war; er richtete sich auf und rief instinktiv nach Lino.

    „Es ist krank“, sagte die leise Stimme.

    Keuchend stieß Linus kleine Dampfwölkchen in die Luft und kroch auf Silber zu, der neben Lino am fast niedergebrannten Feuer stand und auf dieses hinabblickte. Sein Lino atmete schwer ein und aus. Für gewöhnlich war es fast so, als greife man in einen See mit Eiswasser, wenn man Morlord berührte; doch jetzt war seine Haut unnachgiebig und heiß wie eine Flamme.

    „Es ist von einem Webarak gebissen worden“ sagte Silber mit der gleichen Belanglosigkeit wie vorhin.

    Argh, er war so dämlich gewesen! Er hatte all sein Gegengift im Kampf gegen Kai in Azalea City aufgebraucht und hatte die Vorräte nicht aufgestockt. Trunken vor Freude hatte er sich mit seinem Team sogleich aufgemacht... Wie verantwortungslos er doch gewesen war. Und er wollte in einem Pokémon-Center arbeiten, pah! Niemals würde er sich das verzeihen.


    Silber war indes auf den Rücken des Tauboss geklettert: „Ich kenne einen Ort, an dem ihm geholfen wird.“

    Linus, verloren in Selbstvorwürfen, bedankte sich leise und hievte mit Silber gemeinsam Morlord auf den Rücken des Vogels. Nicht daran denkend, dass er ihn fragen sollte, wohin er Lino brachte; dass er es nach wie vor mit einem Fremden zu tun hatte; dass er nicht hinterfragt hatte, wie Silber sie mitten in der Nacht plötzlich an einem Waldesrand gefunden hatte; dass von Menschen, die sich über ihre eigenen Pokémon stellten, wenig zu erwarten war; dass nicht jeder Mensch die Wahrheit sprach.


    Erst als Silber mit dem sich in die Nachtluft erhebenden Tauboss und Morlord im schwarzen Himmel verschwand und den Rest der Truppe zurückließ, füllten sich seine Augen mit Tränen und er brach zusammen.


    ~ Fortsetzung folgt ~

    Love = Love

    - Seit dem 06.02.2014 in einer butterwampigen Matschkuchen-Partnerschaft mit silberregen -



  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 2)



    Die Sommersonne zog ihren vorherbestimmten Kreis über den saphirblauen Himmel und hauchte warme Küsse auf seine Wangen. Die von Tränchen gezogenen Bahnen trockneten bereits wieder und der Duft von Sandelholz, der um seine Nase waberte, besänftige sein Gemüt. Der kühle Umschlag, welcher von seiner Mutter regelmäßig ausgetauscht worden war, hatte seine Funktion erfüllt und auch an das hämische Gelächter seines Vaters (welches ihn mehr verletzt hatte als der Einschlag von Raichus pulsierendem Donnerblitz in seinen Rücken) musste er nun kaum mehr denken. Seine Gedanken wanderten stattdessen vor und zurück, so als wüssten sie nicht, wohin die Reise gehen sollte; schließlich blieben sie an seiner lieben Mutter hängen, die vollends außer sich gewesen war und ihren Mann zurechtgewiesen hatte. So hatte Linus sie noch nie erlebt.

    „Wann übernimmst du endlich mal Verantwortung? Es geht nicht nur um dein verdammtes Leben!“, hatte sie geschrien und in diesem Augenblick hatte er sich das erste Mal in seinem Leben unabdingbar geliebt gefühlt...


    Die Erinnerung an diesen heißen Sommer war ihm letzte Nacht, als er in seiner Trauer zu ertrinken drohte, in den Kopf geschossen wie die Eisspeere eines Shnebedecks, die einen Lichtschild durchbohrten. Geo, der ihm sanft und mit erwartungsvollem Blick einen kleinen scheinbar abgerundeten Felsbrocken überreicht hatte, so als sei es dessen größter Schatz, hatte den Stein wortwörtlich ins Rollen gebracht; diese Geste hatte ihn gerührt und zum Nachdenken angeregt. Er hatte realisiert, dass er nicht nur von seinen Pokémon geliebt wurde, die ihm noch geblieben waren, sondern dass es an der Zeit für ihn war, Verantwortung zu übernehmen. Geo und Andi brauchten jetzt seinen Schutz und Lino... Seinem Lino ging es gut und wartete auf ihn, dessen war er sich sicher.

    Als die ersten Strahlen der Morgensonne ohne Mühe über den Horizont gekraxelt waren, hatten sie sich aufgemacht. Die Bäume des Steineichenwaldes hatten hörbar unter der Last des schweren Schnees zu kämpfen; von überall her hatte es geknackst und geknirscht. Die Richtung, in die Tauboss verschwunden war, konnte Linus nur mehr erahnen, aber er hatte ja die Karte und war sich ohnehin sicher, wo sich Silber befand: Nirgends konnte man besser untertauchen als in einer Großstadt.



    Am Nachmittag des nächsten Tages kamen sie schließlich an seinem persönlichen Limbus der Hölle an. Die größte Stadt Johtos bot zwar offenbar Kultur und Kulinarik in Hülle und Fülle (sofern man nach den Werbeschildern ging), doch es dröhnte und polterte und der Gestank von Schweiß und Abfall biss in seiner Nase. Überall flackerten Lichter in einer Myriade von Farben und Menschen, Menschen und noch mehr Menschen wuselten durch die Straßen wie Fermicula in ihrem Bau. Der Radioturm, um dem sich ein Mantel aus Schnee gelegt hatte, thronte wie ein König über allem. Ja, Dukatia City war eine Stadt.

    Die Dukatier reagierten verständnisvoll aber ahnungslos oder hörbar genervt, wenn er sie nach dem Weg oder nach Hinweisen fragte. Die drei irrten von einem Ort zum anderen, bis sich der Himmel in schwarzen Samt verwandelte. Keine Spur von Lino oder Silber...


    Müde nahmen Geo, Andi und Linus auf einer Parkbank vor dem Radioturm, dem Wahrzeichen der Stadt, Platz. Andi rollte sich sogleich in seinem Schoß ein und fiel in einen tiefen Schlaf; Geo war bereits einige Meter von ihnen entfernt liegen geblieben, hatte die muskulösen Steinarme um sich selbst gelegt und döste schon. Linus schloss ebenso die Augen...

    „...das garantiere ich dir!“, rief jemand mit aufgebrachter Stimme, die immer näher zu kommen schien.

    Hnrg... Warum müssen Menschen immer so schreien?

    „Reg dich doch nicht so auf, Bianka“, sagte eine zweite, sanftere Stimme.

    „Sag mal, hast du sie noch alle? Weiß das Hoothoot wie lange dieser perverse Spanner unsere Mädchen in der Arena beobachtet hat. Und dieses ekelhafte rote Haar“, sagte die andere.

    Vor Schreck sprang Linus auf und warf damit Andi zu Boden, während die beiden Damen näher kamen.

    „Andi, es tut mir so Leid!“, sagte Linus, welcher sich allerdings schon längst wieder eingerollt hatte und sein Nickerchen fortsetzte.

    Die beiden würdigten sie keines Blickes, als sie an ihnen vorbeikamen: Die eine hatte glattes Haar von einer Farbe, die Linus an Automatenkaugummi denken ließ, war großgewachsen, von schmaler Statur und schimpfte vor sich hin – offenkundig Bianka; die andere war um einen Kopf kleiner, etwas dicklich, hatte strohblondes kurzes Haar und versuchte mit ihrer Freundin mitzuhalten. Sie verschwanden schnatternd in der Radiostation.


    Er legte sich das schlafende Kleinstein vorsichtig um die Schultern, nahm die zur Kugel gewordene Maus in seine Arme und betrat, mit einem winzigen Fünkchen Hoffnung, das Innere des Königs.


    ~ Fortsetzung folgt ~

    Love = Love

    - Seit dem 06.02.2014 in einer butterwampigen Matschkuchen-Partnerschaft mit silberregen -



  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 3)



    Der gigantische Guss aus Zinn schwang durch die klirrend kalten Winterwinde und verkündete den Anbruch des Abends. Kräftig gepuderte Damen mit hochgesteckten Frisuren und in Kimonos aus gefärbter Seide huschten, sich aufgeregt unterhaltend, durch das Rotgrau des ausklingenden Tages. An Hecken, Dächern und Zäunen fixierten sie weiße und schwarze Lampions, Seidenbänder in allerlei Farben – perlblau, diamantgrau, smaragdgrün, karmesinrot, purpurviolett – und Miniaturglöckchen aus Silber- und Goldimitat wurden verteilt. Von nah und fern ertönten tief und laut, hoch und leise Holz- und Metallinstrumente jedweder Art; es galt die traditionellen Klänge für morgen Abend nochmals zu proben... Ja, Teak City bereitete sich auf den Jahreswechsel vor.


    „Ein jeder Pfad nach Teak“ hieß es im Volksmund und so war es auch diesmal gewesen. Bianka, die sich als Arenaleiterin von Dukatia City entpuppt hatte, und er hatten über die Radiostation eine Personenbeschreibung von Silber rausgeben lassen. Dieser und, wie sich bald herausgestellt hatte, seine zahlreichen Komplizen, arbeiteten geschickt, doch nicht so raffiniert, dass sie nicht von einem gewissen Gengar, welches sich unsichtbar machen und Gespräche belauschen konnte, überlistet werden konnten. So hatten zwar die über die Radiosendung eingegangenen Hinweise kaum Relevantes gebracht, doch Jens – der adrette junge Arenaleiter Teak Citys und Biankas Freund – beziehungsweise sein Gengar hatte nach einigen Wochen schließlich herausgefunden, nach welchem Muster und wohin Lino und die anderen gestohlenen Pokémon regelmäßig von A nach B, von B nach C und von C wieder nach A weiter- und hingebracht wurden.

    Über zwei Monate waren vergangen, seit Linus das letzte Mal auf dieser Veranda gestanden hatte. Wie oft hatte er seine Rückkehr hinausgeschoben, wie häufig hatte er sich gefragt, wie sein Vater auf Lino und ihn reagieren würde... Und jetzt war er hier, alleine vor dem leeren Haus seiner Eltern. Natürlich war es leer; seine Verantwortungslosigkeit hatte die Zeit zwischen Abreise und Wiederankunft gedehnt wie ein Gummiband, dass man so lange zu spannen versuchte, bis es riss. Die Zeit jedoch riss nie, sondern dehnte sich, bis man sich in ihr verlor...

    Er schüttelte den Kopf und verjagte diesen wirren Gedanken. Heute Nacht hatte er die Gelegenheit, dies alles wieder gutzumachen.



    Der längst abgebrannte Turm von Teak City ruhte in absoluter Finsternis. Die eiskalte Luft stieß durch die zahlreichen Löcher der Ruine und erzeugte eine säuselnde Waise von melancholischer Art. Es war skurril; schon morgen, am letzten Abend des Jahres, würden die Mauersteine von Knallkörperfarben angeleuchtet und das Lied des Turms von den Glockenschlägen und den Detonationen des Feuerwerks überdeckt.

    Gengar führte sie alle – Bianka und Miltank, Jens, Linus und Geo und Andi – an die Hinterseite des ehemaligen Turms. Über eine kleine Öffnung, die man in der Dunkelheit nicht sehen konnte, konnten sie ins Innere kriechen. Andi rollte dem Gengar als Erstes hinterher. Linus‘ Herz pochte stakkatoartig. Was, wenn sich Linos Zustand verschlechtert hatte? Jens, der wohl genauso wenig sah wie sie alle, rammte sein Knie unabsichtlich in Geo und versuchte ein Stöhnen zu unterdrücken. Die Geschichte mit dem Webarak war natürlich gelogen gewesen. Biankas Miltank, welches hinter ihm über den Boden robbte, war etwas zu rasch und stieß mit seiner Schnauze an Linus‘ Hintern. Irgendein Gift hatte Silber Lino wohl verabreicht...

    Der schmale Gang vergrößerte sich und an verkohlten Holzsäulen vorbei gelangten sie schließlich in einen großen Raum mit offenen Blick auf den rabenschwarzen Himmel; die Decke war schon seit Langem völlig zerstört. Die Sterne ergossen ihr mattes Licht in die Turmesaula und lenkte damit seine Aufmerksamkeit auf die zum Großteil schlafenden Pokémon: Er erkannte ein Blubella, das mit dem Kopf im Schoß döste und dabei ihre Blumenpracht hin- und herwiegte, ein Octillery, welches mit seinen Fangarmen seine Augen verdeckt hatte, ein Kramshef, welches in sein Gefieder schnarchte und ein Morlord, welches ganz und gar nicht schlief, sondern neugierig und sehnsüchtig den Weg der Sterne über den Nachthimmel zu verfolgen schien...

    Vor Erleichterung jede Vorsicht vergessend rief er: „Lino!“, rappelte sich auf und rannte auf die Pokémon zu.


    Eine Stimme, hart wie Eis und scharf wie eine Klinge, zerschnitt die Stille und zerbrach sie in eintausend Scherben.

    „Beute wird nie alleine gelassen, das sollte selbst euch Minderen klar sein.“ Der Träger der Stimme stülpte sich aus den Schatten zwischen den Säulen hervor und stellte sich zwischen Linus und die anderen Pokémon. Die nüchterne Belanglosigkeit von damals war aus seiner Stimme verschwunden und auch sein Gesichtsausdruck schien wie ausgetauscht; das fettige rote Haar klebte an seiner Stirn und er funkelte sie alle zornig an. Neben ihm stand ein Hundemon mit pechschwarzem Fell, welches im Halbdunkel der Ruine kaum auszumachen war.

    „Was glaubt ihr, was ihr hier macht?“, blaffte er und wandte sich nun an Linus, „vor allem du. Du bist genauso dämlich wie dein nutzloses Morlord. Meines Vaters Erbe beschmutzt du nicht... DU NICHT!“

    Silber machte einen Schritt nach hinten, auf Lino, zu.

    „Showtime“, flüsterte Jens seinem Pokémon kaum hörbar zu.

    „Ich mache einen Neuanfang. Von Alpha an“, schrie Silber, „nehmt euch die Viecher. Zumindest das, was von ihnen übrigbleibt.“ Er fletschte die Zähne zu einem hässlichen Grinsen. „Hundemon, Feuersturm! Töte sie!“

    Hundemons Kehle schien anzuschwellen und begann rötlich zu glühen, so als staute sich darin heißes Metall an. Als das Pokémon sein Maul öffnete, wurde sein Schädel plötzlich ruckartig nach oben gerissen; Gengar war wie aus dem Nichts hinter dem Pokémon erschienen und hatte Hundemon beim Kopf gepackt. Die Flammenflut, die sich aus des Pokémons Kehle ergoss, nahm die Form einer menschlichen Gestalt an und wurde durch die offene Decke in den Nachthimmel hinaus- statt auf sie zugeschleudert.


    Als Linus seinen Blick vom immer kleiner werdenden Feuermann abwandte, kippte Hundemon gerade erschöpft zur Seite; Silber war verschwunden.

    Er keuchte tief aus und lief auf das Morlord zu.

    „Lino...“ stammelte Linus, als er es erreichte. „Lino, es tut mir so Leid. Ich wollte dich nie alleine lassen, ich...“ Er begann zu schniefen und konnte nicht mehr weiterreden. Lino starrte ihn mit großen Augen, in denen sich das Sternenlicht brach, an. Das Pokémon hob langsam seinen Arm und fing die Zähren des jungen Trainers, der vor Scham und Schuldgefühlen und Freude gleichermaßen weinte, auf; sie gingen in den wässrigen Körper des Pokémon über und bildeten mit diesem eine Einheit. Lino kuschelte sich an Linus, wie an dem Morgen in Falks Bett in Viola City, als Lino noch ein Felino und Linus noch ohne Freunde gewesen war. So saßen sie da, sich in den Armen liegend, während die Glocke des höchsten Turms Johtos zur Mitternachtsstunde erschallte und ein einzelner zu früh gezündeter Feuerwerkskörper Goldfunken über den Himmel regnen ließ.



    Ende des ersten Akts

    Love = Love

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  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel VBeißer und Kneifer



    Fischig-fauler Gestank von Remoraidlaich bildete mit dem sauer-beißenden Geruch von Wingullexkrementen eine unselige Symbiose, die im Kontrast zur sanften Brise des mitternachtsblauen Meeres stand, welche den annehmlich-rosigen Duft von Kokoweiblättern an seine Nasenspitze trug.

    Ernüchternd hatte er feststellen müssen, dass er seinen Eltern ferner denn je war; die Fähre von Oliviana City nach Orania City (der schnellste Weg nach Kanto), fuhr nicht mehr, da man nach den letzten frostigen Wochen Angst hatte, entlang dieser weiten Strecke auf Eis zu laufen. Er müsste daher einmal quer über den Kontinent marschieren, um in die Nachbarregion zu gelangen; kein Flugpokémon der Welt, selbst wenn er eines besäße, könnte sie alle über ganz Johto tragen... Andererseits war er einfach nur glücklich; er war wieder mit Lino vereint, welches zwar am Neujahrstag noch gefiebert, sich in den folgenden Wochen aber erholt hatte und jetzt wieder bei vollen Kräften war. Die Milch von Biankas Miltank (Bianka und Jens hatten sie bis zur Kuhmuh-Farm westlich von Teak City begleitet) schien das restliche Gift aus Linos Körper gespült zu haben...

    Ja, seine Gefühlswelt war im Moment so diffus und gegensätzlich anmutend wie die Gerüche am Hafen von Anemonia City.


    Obgleich er wusste, dass von diesem Städtchen keine großen Schiffe ablegten, hatten sie sich von Oliviana City aus dorthin aufgemacht; ob sie ihrem Instinkt gefolgt oder einfach nur in Ermangelung einer besseren Idee abgereist waren, vermochte er nicht zu sagen. Doch kam die Lösung seiner Probleme – so wie es häufig im Leben war – unverhofft, als sie in der Stadt auf eine Riesenschlange gestoßen waren.

    Neugierig näherten sich Linus und Lino, sowie Geo und Andi (die sich mittlerweile zu Georok und Sandamer entwickelt hatten) nun dem Monstrum auf der kleinen Anhöhe nordwestlich von Anemonia City, von wo es schon vom Hafen aus zu sehen war. Ein junges Mädchen mit rostbraunem Haar – augenscheinlich seine Trainerin – und ein quicklebendig wirkendes Ampharos standen daneben und betrachteten es.

    „Beißer ist eigentlich eine Frohnatur“, sagte sie mehr zu sich selbst als an Linus gewandt, als er das Trio erreichte, „aber seit Tagen weigert es sich partout, in seinen Pokéball zurückzukehren oder sich sonst irgendwie von der Stelle zu rühren.“

    „Was hat es denn?“, fragte Linus, den Blick nicht von dem Pokémon abwendend, vorsichtig und unwillkürlich an Silbers Gift denkend.

    Anstatt zu antworten machte die junge Dame ein paar Schritte auf die Boa aus blitzgrauem Stahl zu, die stur auf das weite Meer hinausstarrte und plötzlich mit ihrem massiven Schwanz um sich schlug; keinen Schritt weiter!

    „Es hat seinen Partner verloren“, sagte Jasmin nun mit leiser Stimme, „es ist liebeskrank.“

    „Oh“, entgegnete er bloß, der nie über Liebe zwischen Pokémon nachgedacht hatte. Trainer und Trainierte, Kampfcoach und Kämpfer, Mensch und Pokémon; zu häufig vergaß er (wie wahrscheinlich die meisten), dass Pokémon eigenständige Lebewesen waren, die auch ohne Menschen ein Leben führten.

    „Ich will Beißer nicht alleine lassen“, fuhr Jasmin fort, „wenn du nach ihrem Partner suchtest, wäre ich dir so dankbar. Es hat sich in den Bergen in den Boden gegraben und ist nicht wieder aufgetaucht... Hier.“ Sie reichte ihm eine Art Gürtel von weißgrauer Farbe, der mit allerlei schwungvollen Stickereien verziert war und an dem eine schwarze von Korrosion befallene Schelle angebracht war.

    „Dies ist Beißers Band. Vielleicht kannst du ihren Partner so anlocken", sagte sie, "bitte."

    Linus stimmte zu, da er bloß zu gut wusste, wie es war, vor Sorge um sein Pokémon fast umzukommen. Gleichzeitig war er ein Fremder für Jasmin und er musste an seine eigene Naivität denken, mit welcher er Silber erstmals begegnet war. Aber er war ja nicht Silber.


    Zusammen mit Lino, Andi und Geo begannen sie durch das finstre Höhlensystem westlich von Anemonia City zu wandern. Es dauerte nicht lange, bis er sich blöd dabei vorkam, durch die Lichtlosigkeit zu streifen und diesen großen Gurt zu... RUMMS! Es bebte und donnerte und noch ehe sich der umherwirbelnde Staubsturm gelegt hatte, hatte sich ein Stahlos vor ihm aus dem Erdreich geschält.

    Es öffnete sein Maul weit und schien bereit, Linus und seine Freunde zwischen seinen harten Kiefern zu zermalmen, als ein weiteres RUMMS den Boden erneut erzittern ließ. Es schepperte plötzlich dumpf und laut, so als schlügen riesige Metallstücke aufeinander; ein zweites Stahlos hatte sich vor Linus aus dem Untergrund gebohrt. Beißer. Er hörte, wie Jasmin und Amphi keuchend und im Laufschritt näher kamen.

    Beißer und das andere Stahlos starrten sich an. Sie gaben keine Laute von sich. Jasmin, die schließlich an Linus angekommen war und die beiden Stahlschlangen eine Zeit lang beobachtet hatte, legte ihm eine Hand auf den Rücken.

    „Danke dir. Kneifer sehnt sich nach Freiheit“, sagte sie, noch immer laut atmend ob ihres Laufs, „diese kann es an der Seite von Beißer nicht mehr finden.“

    Linus, der ganz hin und weg davon war, was Jasmin alles aus den Blicken der beiden Giganten deuten konnte, nickte nur. Erneut flammte der Wunsch in ihm auf, eines Tages in einem Pokémon-Center zu arbeiten... Wie toll wäre es, Pokémon lesen und ihnen so helfen zu können? Jasmin schien trotz ihrer jungen Jahre ein Ass im Umgang mit Pokémon zu sein.

    „Vielleicht sollte ich...“, begann Linus zögerlich und Jasmin drückte ihm in die Schulter, was er als Zustimmung verstand.


    Und so kehrte Beißer, gekränkt aber trotz alledem erhobenen Hauptes, mit Jasmin nach Oliviana City zurück, während Kneifer bei Linus blieb und so seinen Drang nach einem freien Abenteuer auf ihrer aller Reise befriedigen konnte. Und auch für Linus war es die Lösung seiner Probleme: Auf diesem monumentalen Reitpokémon konnten sie in Windeseile gen Osten reisen. Alle gemeinsam. Nach Kanto.

    Love = Love

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    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel VI Träume sind Schäume



    Ein einsamer Tropfen barst auf seiner von wohligen Erinnerungen rosig angehauchten Wange und lockte ihn sanft aus einer Welt, die bloß für ihn bestimmt war. Er öffnete träge die Augen und erblickte über sich aufgeplusterte Wolken, die darauf warteten, sich über dem See zu entleeren. Es wird Zeit, dachte er resigniert, begann aber lächelnd einzupacken; ahnungslos darüber, dass er während seiner mittäglichen Reise in das Reich der Tagträume von jemandem beobachtet worden war.

    Linus hatte in diesem fernen Land unbekümmert über die letzten Wochen sinniert. Obgleich er nie ein festes Zuhause gehabt hatte und ihm das Umherziehen stets zuwider gewesen war, erfüllte es ihn nun mit Freude, von Ort zu Ort zu reisen. Zuhause ist, wo man seine Liebsten hat, dachte er, mit den Gedanken an seine Freunde, rührselig. Er genoss diese Träumereien, denen er sich während ihrer Mittagspausen regelmäßig hingab, sehr; alles schien wie in weichsten Schaum gehüllt, durch welchen unerwünschte Gedanken kein Einlass gewährt wurde. Er hatte sich angewöhnt, die Nachtstunden möglichst kurz zu halten, denn in diesen verwandelte sich der Schaum in den parasitären Pilz eines Paraseks: Er wuchs und wuchs, erstickte ihn und versuchte in gleichzeitig in eine Tiefe zu ziehen, in welcher der Parasit gänzlich die Kontrolle zu übernehmen drohte. Silbers Gesicht und das Gefasel über sein Erbe, das vor Fieber hechelnde Lino, Raichus angriffslustiges Gehabe, seines Vaters hämisches Grinsen, seiner Mutter liebevolle Art und doch kalter Ausdruck in den Augen nährten den Pilz.


    Gähnend nahm Linus den schweren Rucksack hoch, legte ihn an seinen Rücken an und zog die Gurte fest. Ehe sie auf Kneifers Rücken weiterziehen wollten, drehte er sich nochmal um und kontrollierte, ob sie nichts vergessen hatten: Blassgrüne Grashalme, die vom Wind gewiegt wurden wie ein einschlafendes Togepi von seinem Togekiss und der friedlich ruhende See, der einzig vom indes fallenden Regen in seiner Regungslosigkeit gestört wurde; nichts weiter. Er bemerkte nicht, dass er denjenigen, der sie alle nach wie vor anstarrte, mit seinem umherschweifenden Blick kurzzeitig getroffen hatte.


    Der erdige Duft von Zedrachhölzern kitzelte in seiner Nase, als sich Kneifer durch Mahagonia City schlängelte. Es war unfassbar, wie weit sie in den letzten Wochen nach Osten gereist waren und fast noch unglaublicher, dass Kanto noch viel östlicher lag. Die Hälfte des Weges war jedoch schon geschafft... Der nunmehr strömende Regen befeuchtete die rotbraunen Dächer des kleinen Städtchens und ließ sie in der Nachmittagssonne gleißen; der Geruch von nassem Moos dominierte nun. Er gebot Kneifer anzuhalten und wandte den Kopf, als sie kurze Zeit später am Stadtrand angekommen waren.

    Es fiel Linus schwer, den Blick abzuwenden, wenngleich er sich nicht erklären konnte, warum dies so war; fast so als würde er von etwas für ihn Unsichtbarem angezogen, das ihn aber sehr genau sehen konnte. Er verdrängte den Gedanken und dachte stattdessen an die Kämpfe mit Falk und Kai, als er das einzig große Gebäude der Stadt – die Arena – ausgemacht hatte. Als Linus noch klein war, hatte sein Vater die Hoffnung gehabt, dass er zu einem starken Trainer heranreife und in seine Fußstapfen träte; zu einem Arenaleiter würde. Linus bereute es nicht, die anderen Arenen gemieden zu haben. Die bisherigen Kämpfe hatten Spaß gemacht und Bianka, Jens und Jasmin hatte er lieb gewonnen, aber es gab so viel mehr auf dieser Welt zu entdecken... Durch seine Reise war ihm klar geworden, dass er selbst sein Leben bestimmen konnte und nicht eines führen müsste, das in seines Vaters Erwartungen ertränkt wurde. Trotzdem blieb ein merkwürdiges Gefühl, dass er sich selbst nicht so richtig erklären konnte, in ihm zurück, als sie schließlich Mahagonia City verließen.


    Vier Tage später, als das Wetter niederschlagsärmer und kälter geworden war, hatte er es immer noch in seiner Brust. Vielleicht würde er es deuten können, wenn sie schließlich von ihrem Beobachter, der ihnen entschlossen folgte, eingeholt würden...

    Love = Love

    - Seit dem 06.02.2014 in einer butterwampigen Matschkuchen-Partnerschaft mit silberregen -



  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel VII Freund und Helfer



    Nachtschwarze Schwaden stiegen über den züngelnden Flammen, welche die eisüberzogenen Höhlenwände zum Weinen brachten, auf und trugen den Gestank von Pech und Harz an sein Geruchsorgan. Das trockene Geäst knackte hie und da in der lodernden Glut, während Geo und Kneifer im Schlaf um die Wette grummelten.

    Linus hingegen hatte mal wieder beschlossen, wach zu bleiben und stierte angestrengt in die orangeroten Lohen, so als ob er darin etwas erkennen könnte. Er war hundemüde, doch wollte er dem diebischen Grinsen des Mannes mit Haar, dass so brannte wie das Feuer vor ihm, entgehen. Er fragte sich, warum er dem Glockenturm, seinem ursprünglichen Ziel, aus dem Weg gegangen war, obgleich er seit seinem Aufbrauch zweimal nach Teak City zurückgekehrt war. War es Angst gewesen? Linus kniff seine Augen zusammen und versuchte nicht nur seine Gefühle, sondern auch das, was er in den Flammenzungen tanzen sah, zu identifizieren. Was mochte es sein? Er fragte sich, ob er möglicherweise besser schliefe, wenn Silber in der Stadt des Turms der Garaus gemacht worden wäre. Es nagte an ihm und obgleich er es nicht ändern konnte und es demzufolge wohl das beste war, damit abzuschließen und es hinter sich zu lassen, wusste er nicht, wie er das anstellen sollte. Die Sorgen, die er um Lino damals gehabt hatte, hatten sich tief in sein Innerstes gebohrt und waren dort steckengeblieben wie die abgebrochene Lanze eines Cavalanzas, welche sich im Fleisch eines erbeuteten Lauchzelots verhakt hatte. Das Wesen im Spiel des Feuers war nun so nahe, dass er es fast berühren konnte. Im Halbschlaf streckte er die Hand aus und wollte dieses Etwas fassen; er spürte, dass er den Antworten auf seine Fragen so nahe war... und hätte sich eben die Finger verbrannt, wenn ihn nicht ein Grunzen innehalten ließ. Moment. Da war tatsächlich etwas! Linus schreckte hoch, neigte sich zur Seite und erblickte, hinter der Flammenwand, ein zierliches Pokémon, das aus nichts weiter als einer rosaroten Schnauze und abertausenden Haaren zu bestehen schien.

    „Na, mein Kleiner“ sagte Linus und atmete hörbar aus; die Gedankengespinste um Silber augenblicklich in Asche verwandelt und verweht. Das kleine Quiekel, das schon seit Tagen versucht hatte, sie einzuholen, kroch nun vorsichtig heran und beschnupperte ihn zaghaft. Er streichelte es; sein Fell war feucht und kalt wie Firnschnee. Er fand, dass es traurig dreinblickte; traurig und hungrig. Er schnürte seinen Rucksack auf, packte ein Sandwich, welches sich so anfühlte als käme es direkt aus dem Gefrierfach, aus und legte es dem Pokémon hin. Dieses schlang das Brötchen gierig hinunter. Linus lächelte zufrieden, betrachtete es eine Weile und legte sich schließlich hin. Er wollte versuchten, wenigstens noch ein paar Stunden zu schlafen. Er brauchte seine Kräfte für den morgigen Marsch.


    Er erwachte, als das Quiekel mit seiner rauen frostigen Zunge über sein Gesicht leckte. Als sie aufbrachen, folgte es ihnen; allerdings so langsam, als wäre es völlig außer Kräfte. Welch ein ungewöhnliches Pokémon, dachte er, als er es in seine Arme aufnahm.

    Er verstand erst, als sie kurz darauf auf eine Herde Keifel, die von einem Mamutel angeführt wurde, trafen. Das Pokémon fröstelte plötzlich in seinen Armen, was für ein Eis-Pokémon gar sehr sonderbar war. „Ist das deine Familie, Sniffel?“, fragte er es und sie blieben stehen. Es grub sich, immer noch zitternd, tiefer in seine verschränkte Arme, so als wollte es sich darin verstecken. Linus, der nur zu gut wusste, wie es war, Teil einer Familie sein zu müssen, für den kein Platz in dieser vorgesehen war, zog mit dem verstoßenen Sniffel stillschweigend an der Herde vorbei. Das Quiekel beruhigte sich sodann, als sie den Eispfad verließen und ein in sanftes Morgenlicht gehülltes Städtchen erreichten.


    Ebenholz City war gespickt mit Coniferen, die Kleider aus graugrünen spitzen Nadeln trugen, und dürren alten Bäumen, deren Äste sich schon vor einigen Monaten dazu entschieden hatten, ihr Gewand abzulegen. Umso mehr überraschte es ihn, in einer der nackten Baumkronen ein Skorgla zu entdecken, wo doch diese zur Winterjahreszeit keinerlei Schutz boten. Noch überraschender fand er, dass es nicht davonflog, als sich die Truppe diesem näherte.

    Das Pokémon hatte amethystfarbene Flügel, die im Schein der Morgensonne matt und blass wirkten. Der rechte hing in einem merkwürdigen Winkel ab... Geo stemmte Linus mit seinen kräftigen Felsarmen hoch, sodass sich das Skorgla nur allzu bereitwillig von ihm auffangen lassen konnte.

    Bereits am dritten Tag, nachdem sie in der Stadt in den Bergen angekommen waren, konnte es schmale Kreise um ihre Köpfe ziehen. Es ließ sich schließlich auf seinen Schultern nieder, hielt sich an diesen mit seinen Krallen fest (was ein bisschen wehtat) und biss ihm liebevoll in den Arm (was überhaupt nicht wehtat). Die Schiene, die Linus aus Nadelbaumzweigen und Moorschlamm von Lino als Klebstoff gebastelt und um seinen Flügel gelegt hatte, schien ganze Arbeit geleistet zu haben!


    Am Nachmittag desselben Tages färbte sich der wolkenlose Himmel rubinrot, als die untergehende Lichtscheibe den Erdboden küsste. Linus wandte sich vom Horizont ab und bemerkte, dass seine Pokémon ihn betrachteten. Ihm wurde warm in der Brust; sechs Pokémon machten ein vollständiges Team aus und er hatte nun eines. Lino grinste ihn an, Andi nickte ihm zu, Geo und Kneifer starrten ihn herausfordernd an, während Sniffel mit seinen kleinen Füßchen aufgeregt trippelte und Dr. Acula seinen geheilten Flügel stolz in die Luft erhob. Er war bereit, aufzubrechen und seine Freunde waren es offenbar auch.

    In den folgenden Wochen hatte er den Eindruck, dass sich das zarte Band, dass zwischen ihnen geschmiedet worden war, festigte. Er schlief sogar die Nächte durch und begann Silber zu vergessen.


    Als sie Johto schließlich für immer verließen und endlich Kanto erreichten, war ihm noch nicht bewusst, dass der silberne Albtraum schon bald zurückkehren und dieses Band tiefe Risse bekommen würde...



    Ende des zweiten Akts

    Love = Love

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  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel VIII Showdown (Teil 1)



    Gigantische Säulen aus Granit, zwischen denen die untergehende Sonne ihre feuerroten Lichtblitze hervorschleuderte, bohrten sich aus dem Erdreich und ragten so steil empor, als sehnten sie sich im Tiefsten ihres harten Herzens nach dem Himmelsgewölbe. Alleine Kneifer, der solch ein Gelände gewöhnt war, schlängelte mit emsiger Freude durch das steinerne Terrain; die anderen hatten Mühe, sich dem steigenden Gefälle anzupassen. Er war froh, dass sie den monumentalen und in der Ferne liegenden Silberberg bloß um die Sohlen tanzten...

    Erleichtert hielten sie inne, als sie in der neugeborenen Nacht schließlich ein flaches Plateau erreichten. Er keuchte schwer und fragte sich, ob sich sein Vater, der so viel auf Kraft und Ausdauer gab, mal an der Liga versucht hatte, die vor Linus lag. Er wusste es nicht. Eigentlich interessierte es ihn auch gar nicht; genauso wenig kümmerte ihn das Indigo-Plateau. Er wählte einen anderen Weg; in jeglicher Hinsicht. Sie nahmen einen vom Plateau abzweigenden Pfad, der wieder nach unten führte.


    Linus konnte sich während des gemütlicheren Abstiegs sammeln. Bob hatte schon länger nicht mehr in seinem Kopf gespukt; wie dieser wohl reagieren würde, wenn sie alle plötzlich in Orania City aufschlugen? Er dachte auch an die Väter seiner Freunde; Falk, der zu seinem eine enge Beziehung pflegte, Bianka, die ihren nie kennengelernt hatte, und Jens, dessen Arena aus Tradition von Vater an Sohn weitergegeben wurde. Und er dachte an den Vater seines Feindes; welches Erbe, von dem Silber in Teak City gesprochen hatte, war diesem vermacht worden?

    Es verwirrte Linus nicht nur, dass er plötzlich wieder an Silber denken musste; es machte ihm Angst. Er beschleunigte seine Schritte, so als versuchte er, den Schreckgespenstern seiner Seele davonzulaufen.


    In der folgenden Nacht wurden sie von den Geborgenheit ausstrahlenden Röhrenlichtern eines Pokémon-Centers angelockt wie ein ahnungsloses Moterpel, welches von einem hungrigen Laternecto angezogen und verschlungen werden sollte. Doch in diesem Falle waren sie die Hungrigen und Linus wollte sich allzu gern vom Pokémon-Center verzehren lassen, solange es dort ein Bett für ihn gab... Er war yorkleffmüde.

    Linus betrat mit seinem Team das Gebäude und trottete auf die Rezeption zu. Er befürchtete schon, er knalle auf den Annahmetresen und schliefe dort augenblicklich ein.

    „Huch, alles in Ordnung, mein Lieber?“, fragte ihn die Schwester besorgt. Diese hatte rosafarbenes straff geflochtenes Haar, welches zum Teil von einer weißen Mütze mit einem roten Plus darauf verdeckt wurde. „Was ist denn passiert?“

    Linus schüttelte den Kopf, schloss die Augen vor Erschöpfung und sagte: „Wir kommen aus Johto.“

    „Gütiges Heiteira, wirklich?“, fragte sie und wirkte neugierig, während sie hinter sich jemandem zunickte. Schritte trippelten über den Boden und ein Heiteira, ein Chaneira und vier kleine Wonneira eilten lächelnd herbei und begannen, seine Pokémon zu umsorgen.

    Linus wurde ein Platz zugewiesen, eine Decke um die Schultern gelegt und ein kleiner Snack (ein knuspriger Energieriegel, auf dessen Verpackung Wadribies lachten und prallgefüllte Honigtöpfe glänzten) angeboten. Nachdem er sich etwas erholt hatte, erzählte er der Schwester seine halbe Lebensgeschichte; sie hatten zuletzt in Neuborkia Menschen getroffen und er hatte nicht wenig Lust, sich mit einer Vertrauensperson auszutauschen. Auch sein Gegenüber war trotz später Stunde noch redselig; er erfuhr, dass Vertania City mit Abwanderung zu kämpfen hatte, nachdem die hiesige Arena einen Skandal (wie sich herausgestellt hatte, war diese jahrelang vom Kopf einer Verbrecherbande geführt worden) ausgelöst hatte. Dementsprechend war hier nicht viel für sie zu tun.

    Sie unterhielten sich noch ein wenig länger und als Linus schon glaubte, er kippe mitten im Gespräch zur Seite, zeigte sie ihm sein Zimmer. So viel Mitgefühl, dachte er bewundernswert noch, bevor er in die Welt des Schlafs glitt.


    Am nächsten Morgen packte Linus seine Sachen, verabschiedete sich scheinbar fröhlich und munter von Schwester Joy und den Heiler-Pokémon und rüstete im örtlichen Pokémon-Center auf. Ihm graute vor dem Mondberg, nachdem hierherzukommen bereits kein Pokusanschlecken gewesen war, doch versuchte er mit seinen Boden-Pokémon Wasser zu meiden, so gut es eben ging; daher fiel laut Karte der Weg über Alabastia und Fuchsania City flach. Aber er hatte zunächst ohnehin andere Pläne...

    Kurz bevor sie die Stadtgrenze erreichten, kamen sie an der verwaisten Arena vorbei. Was hier wohl alles geschehen war? Linus, dem es wohl genauso viel gab anderen zu helfen wie Schwester Joy, konnte das nie und nimmer nachvollziehen. Er wollte es auch gar nicht verstehen können.

    Sie verließen die Straße. Er trat an eines der dreckigen kleinen Fenster des Arenagebäudes und blickte hinein; es war, als schaute er in eine stillgelegte Fabrikshalle: Hie und da entdeckte er kaputte oder in Staub gehüllte Objekte wie Zuschauerbänke, alles in allem dominierte aber Dunkelheit und Einsamkeit.


    Er ertappte sich dabei, wie er mit seinem feuchten Atem gedankenverloren die Glasscheibe küsste. Gestern Abend hatte es während des Gesprächs mit der Krankenschwester Klikdiklak gemacht. Das Erbe. Selbst wenn es so sein sollte, wie er es sich zusammengereimt hatte; es liegt hinter mir. Es bringt doch nichts, ständig über die Vergangenheit nachzudenken. So oder so ähnlich versuchte ihn sein Verstand auf den Pfad der Vernunft zurückzuholen; sein Herz hämmerte ihm jedoch stakkatoartig ein: Tu es! Tu es! Tu es!

    Er wandte sich vom Fenster ab und blickte Lino ins Gesicht, der ihn mutig und kampflustig ansah. Er zögerte kurz, dann nickte er seinem Freund zu.

    Geowaz, Mamutel und Stahlos waren Riesen und manchmal, ja manchmal, hatte es im Leben eben auch Vorteile, klein und unscheinbar zu sein. „Dr. Acula“, rief Linus seinen Vampir herbei, „sollte jemand kommen, holst du uns. Verstanden?“ Das Skorgro fletschte die Zähne, so als wäre dies ein Zeichen der Zustimmung.

    Er drehte sich wieder zur Scheibe und atmete tief aus. Das ist Wahnsinn. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn ab. Es hat keinen Sinn. Sein Herz sprang förmlich aus seinem knöchernen Käfig. Showdown.


    Er dachte an Lino, und nur an Lino, als er mit seinem linken Arm kräftig ausholte und das kleine Fenster mit seinem Ellbogen zerschmetterte; Linus, Lino und Andi, die klein genug dafür waren, krochen über das zerbrochene Glas hinweg und drangen in die womöglich doch nicht so verlassene Arena ein.


    ~ Fortsetzung folgt ~

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    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel VIII Showdown (Teil 2)



    Ein metallisches Klonk hallte durch das verlassene Gebäude und ließ ihn aufhorchen; mit klopfendem Herzen stand er auf, wischte sich eilig den Staub von seiner Hose und ging auf die Quelle der verheißungsvollen Melodei zu.

    Er war gestern schon kurz vor dem Wegnicken gewesen, als Schwester Joy beiläufig erwähnt hatte, dass Giovanni, der ehemalige Leiter dieser Arena, Boden-Pokémon trainiert hatte. Augenblicklich hatten seine neuronalen Rezeptoren reagiert, chemische Botenstoffe waren in die Tiefen seiner Hirnwindungen vorgedrungen; Linus war selbst ein Trainer von Pokémon dieser Art und wusste daher sehr genau, was diese leisten konnten. So ist es eine Eigenheit vieler dieser Monster, dass sie sich nicht nur in den Boden graben, sondern ein Erdloch auch so zuschütten konnten, als wäre an dieser Stelle nie gegraben worden. Sandamer beherrschten diese Technik beispielsweise tadellos, um sich vor ihren Feinden im Boden zu tarnen. Oder man kann diese Fähigkeiten nutzen, um Dinge unter der Erdoberfläche verschwinden zu lassen.


    Linus nickte dem Sandamer namens Andi, welches stolz dreinblickte, zufrieden zu. Es hatte einen verborgenen Metallschacht freigebuddelt; Stufen führten in die Finsternis. Seine Mutter hatte ihm mal erzählt, dass man sich in einem Labyrinth nicht verlaufen konnte, wenn man sich immer rechts halte. Nachdem sie einige Stufen hinabgestiegen waren, presste Linus seine rechte Hand auf die kalte glatte Stahlverkleidung. Er atmete tief aus und ging los.

    Ein Gang schien sich am Ende der Treppe vor Lino, Andi und Linus zu erstrecken; halte dich immer rechts, dann kann nichts passieren. Je tiefer sie vordrangen, desto nervöser und langsamer wurde er; trotz der Tatsache, dass der Tunnel geradlinig war und er sich selbst gut zuredete, bekam er es zusehends mit der Angst zu tun.

    Als er schon daran dachte, dass es das Beste wäre, umzukehren und Hilfe zu holen, stahl sich ein schmaler gelblicher Strahl, der ihn vor der ewigen Dunkelheit bewahrte, in den Tunnel. So leise wie möglich schlichen sie auf das immer größer werdende Licht zu.


    Der Schacht mündete in einem kreisrunden niederen Raum, dessen Wände aus Sandstein zu bestehen schienen. Ein Mann mit rotem Haar und ein Hundemon befanden sich in der Mitte des Raumes und beugten sich über eine Kiste; sie hatten ihnen den Rücken zugekehrt und offenbar nicht gehört.

    Silber. Er hatte es vermutet und doch kroch glühendes Magma durch seinen Magen wie ein Schlurm durch sein Höhlensystem. Linos vom Fieber geschwächter Körper flog durch seinen Kopf; noch nie hatte er so eine Wut gespürt wie jetzt. Und er wusste, dass das Momentum der Überraschung auf seiner Seite lag und wie er es nutzen konnte, um den hungrigen Wurm in seinem Inneren zu stillen...

    „HYDROPUMPE!“, kreischte er ohne weitere Umschweife und wie von Sinnen.

    Das Morlord reagierte sofort und noch ehe der Rotschopf oder das nachtschwarze Pokémon sich umdrehen konnten, wurden sie auch schon von den Füßen gerissen. Linus war, als flögen die beiden mitsamt der Kiste wie in Zeitlupe durch den Raum. Verschiedene Utensilien wie Fluchtseile und Pokebälle schwebten träge gen Boden; erst das Knacken eines Knochens holte ihn in das Jetzt zurück und ließ das Magma in seiner Bauchgegend erstarren.

    Wimmernd lag Silber auf dem Boden. Hundemon beschnupperte – sichtlich geschwächt, aber nicht stark verletzt – seinen Trainer. Es leckte diesen über das vom Wasser angefeuchtete Gesicht. Linus' Wangen färbten sich so rot wie das Haar des Anderen und die erkaltete Masse in seiner Magengrube war zu undurchdringbarem Obsidian geworden. Er trat auf den Verletzten zu, welcher mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Bein hielt. Weiße Zacken ragten aus Silbers schwarzer Hose und Tränen flossen über sein Gesicht. Er hatte ihn ernsthaft verletzt... Scham staute sich in Linus auf wie ein Wasserschwall, brach und spülte den Obsidian seines Magens in eintausend Bruchstücken hinfort.

    Hundemon knurrte ihn grimmig an, als er noch nähertrat.

    „Es tut mir...“, stammelte Linus, bevor er unterbrochen wurde.

    „Hau ab“, sagte Silber zähneknirschend.

    „Ich kann dir...“, setzte er an.

    „LASS MICH IN RUHE, ABSCHAUM“, schrie ihn der Rotschopf an.

    Er wich ein paar Schritte zurück und war selbst den Tränen nahe. Er bat Andi darum, Schwester Joy zu holen (welcher sich sogleich durch den Sandstein nach oben bohrte) und setzte sich zusammen mit Lino – in sicherem Abstand – vor Silber und Hundemon. Sie beobachteten die beiden schweigend, bis Schwester Joy mit Officer Rocky ankam und sie mitnahm.


    Linus bedankte sich bei den Damen flüchtig und kehrte gedankenverloren zu den Pokémon vor der Arena zurück. Diese freuten sich sichtlich, dass Linus, Lino und Andi heil zurückgekommen waren; er hingegen lächelte nicht mal.

    Wenn er Pokémon dazu nutzte, andere zu verletzen, war er um nichts besser als derjenige, den er immer so verabscheut hatte. Er hasste sich dafür, was er getan hatte. Nein, so jemand wie er konnte niemals in einem Pokémon-Center arbeiten... oder gar ein Trainer sein. Mit dem Plan im Kopf, sich von den Pokémon um ihn herum zu trennen, verließ er niedergeschlagen Vertania City.

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    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel IX Der Abschied



    Weiße Punkte sprangen ohne erkennbare Koordination um eine zitternde Sichel; erst, als der Wind nachließ und die Welle verebbte, beendeten die Gestirne der Nacht ihren Tanz auf der Oberfläche des schwarzen Wassers.

    Er trat näher heran und blickte in das faltenfreie Gesicht eines Jungen. Dieser hatte dünnes dunkles Haar, das zum Teil von einer Cap bedeckt wurde. Die große Nase schien nicht zu den kleinen Äuglein passen zu wollen, unter denen sich tiefe Wölbungen abzeichneten. Die Mundwinkel, welche die schmalen Lippen flankierten, waren nach unten gezogen.

    Linus fühlte sich, wenn er so seine eigene Reflektion betrachtete, an diesem Abend azurblau. Ob ihm ein unbewusster Gedanke an die nahegelegene und namensähnliche Stadt diese Empfindung ins Hirn gesetzt hatte oder ob er sich genau jetzt mit seiner liebsten Farbe assoziierte, weil die Zeit für den Abschied gekommen war, vermochte er nicht zu sagen. Die letzten Wochen hatte er damit verbracht, seine Gefühle zu sortieren und sich zu fragen, wie er es anstellen sollte. Was er ihnen sagen sollte. Er hoffte, dass er nun die richtigen Worte gefunden hatte.


    Linus ließ den Blick über das Kap von Azuria City schweifen und ging schließlich zum Haus an der Küste zurück, das ihnen freundlicherweise von einem älteren Herrn für einige Tage zur Verfügung gestellt worden war.

    Seine Pokémon schliefen noch nicht und hatten sich vor dem Haus versammelt: Dr. Acula hatte jüngst Gefallen an einem Nidorino aus Plüsch gefunden, welches er nun aus dem Haus gezerrt hatte und in das er herzhaft hineinbiss; Lino versuchte Kneifers Schwanz zu packen, welcher diesen stets genau rechtzeitig zurückzog; Andi und Geo umrundeten Sniffel spielerisch und wollten auf dessen Rücken klettern, welcher wiederum versuchte, sie sanft mit seinen Stoßzähnen zurückzuschieben. Linus musste unwillkürlich lächeln. Er hatte sie alle gern, keine Frage. Doch er musste es ihnen sagen...


    Der Trainer rief seine Pokémon herbei und bat sie darum, Platz zu nehmen. Auch er selbst setzte sich – mit einem Kiesling im Magen – auf den kalten Boden. Er schwieg zunächst, obwohl er sich die Worte doch zurechtgelegt hatte. Er gab sich schließlich einen Ruck.

    „Andi, Geo, Sniffel, Kneifer, Dr. Acula und natürlich Lino“, begann er und blickte dabei jeden seiner Begleiter der Reihe nach an, die ihm gespannt an den Lippen zu hängen schienen. Sie sind alle so unschuldig... Im Gegensatz zu mir, schoss es ihm durch den Kopf, ehe er sich energisch schüttelte, als könnte er seine Empfindungen damit aus dem Körper jagen.

    „Ihr habt sicherlich bemerkt, dass es mir in den letzten Wochen nicht gut ging“, setzte er nun fort, „ich habe viel darüber nachgedacht, was in Vertania City passiert ist. Etwas, was nicht passieren hätte dürfen.“ Er schluckte hörbar. Mach weiter, sagte Linus sich.

    „Und ich habe festgestellt, dass meine Reise – unsere gemeinsame Reise – so nicht weitergehen kann.“ Etwas klopfte an seine Rippen. Er schluckte erneut und wandte sich gen Himmel; er ertrug den Anblick seiner Pokémon in diesem Moment nicht.

    „Also... Ich habe einen Entschluss gefasst“, sagte er, „ich habe mich dazu entschieden, mich zu verabschieden.“ Es wurde famiepsstill. Linus senkte den Kopf wieder und sah in bestürzte Gesichter.

    „Ich habe mich dazu entschieden, Abschied von diesem Linus zu nehmen, der vor einigen Monaten von zuhause weggelaufen ist. Weil er unglücklich war, weil er sich allein gefühlt hat und weil er sich und seine Fehler nicht akzeptieren konnte oder wollte“, er atmete tief aus, „nachdem ich Silber verletzt hatte, war mein erster Gedanke, dass dies unverzeihlich und ich kein richtiger Trainer sei oder einer sein könnte. Ich wollte mich sogar, von... von allem trennen.“ Er brachte es nicht über sein pochendes Herz von euch zu sagen.

    „Doch wenn mir diese Reise und vielmehr ihr alle mir eines gezeigt hat, dann dies: Ich habe schon viele Fehler gemacht und ich werde weiterhin welche in meinem Leben machen. Das sollte mich allerdings nicht mehr von meinen Zielen abbringen. Fehler sind sogar etwas Gutes, wisst ihr? Denn aus ihnen lernt man und ich lerne doch so gerne dazu.“ Linus räusperte sich, stand auf und stemmte die Hände in die Hüften.

    „Ich glaube nicht an einen allmächtigen Schöpfer wie Arceus, aber ich denke, dass es so etwas wie Schicksal gibt. Ich denke, es war Schicksal, dass ich so viele tolle Menschen auf unserer Reise kennenlernen und darüber lernen durfte, wie sie zu ihren Vätern stehen. Es war auch Schicksal, dass ich euch getroffen habe und dass ihr Teil meines Teams... Teil von mir geworden seid. In den letzten Monaten habe ich mich oft aus der Ruhe bringen lassen, war verwirrt und ich fühlte mich planlos. Mir wurde in den letzten Tagen jedoch klar, dass ich es selbst bin, der sein Leben bestimmen muss und dass man aus gemachten Fehlern lernen kann und darf. Und ich weiß nun endlich, was ich brauche, um mit allem abschließen zu können: Ich will meinen Vater im Kampf besiegen. Noch viel mehr brauche ich hingegen euch. Euch alle. Und wenn ihr weiterhin mit mir reisen möchtet, dann... Dann würde es mich freuen.“


    Nichts rührte sich, sogar der Wind hatte aufgehört zu wehen. Die Ruhe vor dem Sturm, dachte er noch, bevor seine Pokémon – nein, seine Freunde – aufsprangen und ihm um den Hals fielen. Linus genoss die Liebkosungen und wenn er jetzt auf eine Wasseroberfläche blicken würde, sähe er einen Jungen, dessen Mundwinkel bis fast zu den Ohren reichten.

    Love = Love

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    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel X Ein Herz aus Gold (Teil 1)



    Eine maritime Brise strich so sanft über das pastellblaue Wasser wie einst eine Mutter über den Rücken eines traurigen Jungen und trug den aromatischen befreienden Duft eines Frühlings mit sich, welcher beschlossen hatte, den kalten Winter endgültig hinter sich zu lassen.

    Linus‘ Reise war an ihrem Ende angekommen. Er hatte so viel auf seinem Weg gelernt: Was es bedeutete, Freunde zu haben. Was es bedeutete, geliebt zu werden. Was es bedeutete, sich von den Ketten der Erwartungen, die ihm umgelegt worden waren, loszureißen und seinem Herzen zu folgen. Der Kampf gegen Arenaleiter Bob stand unmittelbar bevor und er war keineswegs nervös, sondern bereit – mehr als bereit diesen letzten Schritt zu gehen. Das Glas einer Tür, in dem sich das Mittagssonnenlicht hundertfach brach und welches einen selbstsicheren Jungen und sechs Pokémon, die stolz dreinblickten, reflektierte, rutschte quietschend zur Seite, als Linus mit seinem Team an die Arena von Orania City trat.


    Bob trug ein höhnisches Grinsen zur Schau, dessen Gesichtsausdruck sich keinen Deut veränderte, als sein vor Monaten verlorengegangener Sohn das Gebäude betrat und dem Arenaleiter näherkam. Dieser hatte blitzgelbes Haar, sonnengegerbte Haut und schmückte sich in den typischen Tarnfarben seiner Militäruniform.

    Linus blieb einige Meter vor Bob stehen und sprach mit fester Stimme: „Vater. Ich fordere dich zu einem Kampf heraus.“

    Schallendes Gelächter ertönte aus Bobs Mund und breitete sich wie ein Sommergewitter in der Halle aus.

    „Das nenn‘ ich mal 'ne Ansage“, sagte dieser noch immer lachend. "Du hast ja Nerven und solltest auf allen vieren angekrochen kommen, nachdem was du getan hast. Du hast sogar Viecher am Straßenrand aufgegabelt. Die sind nicht zu gebrauchen, das seh ich von hier.“

    Der Sohn schwieg eisern und sah seinem Vater unverwandt in das von der Sonne geküsste Gesicht.

    „Verlass meine Arena und entschuldige dich besser bei deiner Mutter“, fuhr dieser fort. „Ich kämpfe ohnehin nur mit ernsthaften Herausforderern.“

    „Angst?“, hielt er stur entgegen und ignorierte die Bemerkung und seine Gewissensbisse ob seiner Mutter. Ihm war, als flackerte seines Vaters Lächeln für den Bruchteil einer Sekunde, bevor der Arenaleiter wieder feixte.

    „'N großes Maul hast du auch gefunden, wie ich höre. Zeit, es dir auszuwaschen. Eins gegen eins. Mein Raichu gegen die Moorleiche.“ Er zeigte auf Lino.

    Er weiß genau, dass er gegen sechs Boden-Pokémon keine Chance hat, dachte Linus, doch er schwieg und nickte seinen anderen Pokémon zu. Nur mit zögerlichem Widerwillen zogen sie sich...

    „Eisenschweif!“, brüllte Bob plötzlich. Linus wirbelte herum und ehe er etwas tun konnte, wurde sein Morlord schon zur Seite geschleudert.

    „LINO!“, stieß er erschrocken hervor und eilte zu seinem am Boden liegenden Pokémon. Es wirkte benommen...

    „Das ist so unfair“, rief Linus mit Zornestränen in den Augen seinem Vater zu. „Wir haben noch gar nicht begonnen.“

    „Das Leben spielt nach meinen Regeln“, sagte Bob hämisch. „Haste wohl vergessen.“


    Linus‘ Nasenflügel bebten, als er Lino aufhalf. Es würde ein harter Kampf werden.

    „Lino, Erdbeben“, rief er schnell, bevor das Raichu und sein Vater erneut die Gelegenheit hatten, zuzuschlagen. Lino sprang in die Luft und mit einem wuchtigen Schlag gen Boden ließ es die Erde um sie herum erzittern. Das Raichu wirkte zunächst so, als setzte es sich unbeholfen auf seinen Schwanz; doch es benutzte es sodann als Sprungfeder, erhob sich in die Luft und klammerte sich schließlich an die Röhrenlichter der Decke.

    „Wenn du meinst, dass ich mit Elektro-Pokémon auf solche Attacken nicht vorbereitet wäre, bist du sogar noch dümmer, als ich je geglaubt habe.“

    Auch diese Demütigung ließ Linus unkommentiert; er würde sich nicht so einfach ablenken lassen. Sein Vater vergaß, dass sein Sohn ihn nur allzu gut kannte und wusste, dass Bob verbale Unterdrückung nutzte, um seinen Gegner zu schwächen. So leicht kriegst du mich nicht, dachte er. Strategiewechsel.

    „Setz deinen Weißnebel ein“, befahl er seinem Pokémon. Die Arena hüllte sich sofort in undurchdringbaren Dampf, so als hätte jemand einen Rauchball geworfen. Schon bald fielen Raichu und der Arenaleiter aus Linus' Sichtfeld und er konnte nur mehr erahnen, wo sich diese befinden könnten. Linus lächelte.

    „Slam-Attacke“, rief er seinem Morlord zu, welches sich in den dicken Schwaden so sicher orientieren konnte wie ein alter Seefahrer, der ein Schiff auf vertrauten Gewässern selbst bei Nebel mit Souveränität navigierte. Er vernahm die typisch schmatzenden Bewegungen Linos (so als würde man mit den Füßen in Sumpfwasser versinken), hörte kurz darauf ein Kreischen und ein dumpfes Aufschlagen, als Bobs Raichu offenbar zu Boden ging.


    Als der Weißnebel sich lichtete, stand das Raichu wieder, schien aber außer Atem. Ja, dies würde definitiv ein harter Kampf werden. Aber einen kleinen Sieg hatte er schon errungen: Seines Vaters Hohn war aus dessen Gesicht verschwunden.


    ~ Fortsetzung folgt ~

    Love = Love

    - Seit dem 06.02.2014 in einer butterwampigen Matschkuchen-Partnerschaft mit silberregen -



  • Ein Herz aus Gold


    Inhalt


    - Erster Akt -

    >>> Kapitel I – Abreise

    >>> Kapitel II – Ein Traum von Freundschaft

    >>> Kapitel III – Weiß wie Alabaster

    >>> Kapitel IV – Silbernes Gift (Teil 1) --- Silbernes Gift (Teil 2) --- Silbernes Gift (Teil 3)


    - Zweiter Akt -

    >>> Kapitel V – Beißer und Kneifer

    >>> Kapitel VI – Träume sind Schäume

    >>> Kapitel VII – Freund und Helfer


    - Dritter Akt -

    >>> Kapitel VIII – Showdown (Teil 1) --- Showdown (Teil 2)

    >>> Kapitel IX – Der Abschied

    >>> Kapitel X – Ein Herz aus Gold (Teil 1) --- Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Kapitel X Ein Herz aus Gold (Teil 2)



    Bob und Linus spien gleichzeitig ihre Befehle hervor und die kämpfenden Pokémon reagierten sofort; während sich eine purpurviolette Masse aus Morlords Maul ergoss und drohte, den Elektronager in sich zu ertränken, wich das Raichu geschickt aus und war plötzlich zweimal vorhanden, was den Sumpffisch verwirrte.

    Ohne weitere Umschweife spurteten die beiden Elektro-Pokémon – Original und Fälschung – los. Moment, welches ist das wahre Raichu?

    „Weißnebel!“, rief er in der Hoffnung, dass sich Lino in diesem verstecken konnte – doch zu spät! Bobs Raichu stand bereits vor Linus' Morlord. Lino versuchte die Maus umzuwerfen, doch das Trugbild löste sich in Luft auf. „Hinter dir“, brüllte Linus noch, bevor das richtige Raichu seinem Morlord einen Eisenschweif in den Rücken rammte. Lino wurde brutal nach vorne gestoßen und knallte auf den harten Boden auf; benommen und außer Puste stand es langsam wieder auf. Verdammt.

    „Verwirr es weiter mit Doppelteam!“, schrie der Arenaleiter durch die Halle.


    Linus‘ Hirn arbeitete auf Hochtouren, während die Finte und das tatsächliche Exemplar parallel zueinander unter den beiden Röhrenlichtern der Arena auf sie zu rannten. Wie konnten sie herausfinden, welches... Moment! Das Licht!

    „Lino, setz Hydropumpe auf eine der Lampen ein!“, keuchte er. Das Gelb des rechten Röhrenlichtes verblasste knisternd, als es mit dem Wasser in Berührung kam. Das Raichu, dass unter der zerstörten Lampe auf sie zu sprintete gleißte jedoch weiterhin so, als würde es vollständig von der Röhre bestrahlt.

    „Lino, das ist die Fälschung! Matschbombe auf das andere Raichu!“, rief Linus und zeigte mit seinem linken Arm auf ebenjenes.

    Das Morlord blähte seine Kehle auf und die Raichus erreichten es fast – aber nur fast – als das Elektro-Pokémon auch schon in einem Schwall von verrottetem Moor hinfortgespült wurde.

    Raichu blieb in der Nähe von Bob liegen und Linus begann schon, sich zu freuen, ehe seines Vaters Pokémon schließlich doch noch aufsprang. Lino neben ihm atmete schwer. Das wird eng.

    „Erdbeben, Lino!“, rief er. Dieses sprang in die Luft; vielleicht war der Nager diesmal zu müde, um auszuweichen...

    „AGILITÄT!“, donnerte sein Vater und Raichu verwandelte sich just in einen Gewitterblitz; noch ehe sein kraftloses Morlord auch nur den Boden berühren konnte, rammte das Raichu seinen Kopf mit Wucht in Linos Magengrube.

    Ein ohrenbetäubendes Geräusch ertönte, ähnlich einem Blitzeinschlag, als sein Pokémon gegen das Metall der Arenawand geschleudert wurde und an dessen Fuße regungslos liegenblieb. Nein... Lino!!!


    Linus rannte zu seinem Pokémon und nahm dessen Kopf in den Schoß.

    „Hahaha, du hast verloren!“, schrie Bob in voller Ekstase. „Ich fürchte, die Moorleiche ist wie von Sinnen. Schau, wie es äffisch dreinblickt!“ Das altbekannte Gelächter erfüllte die Arena.

    Linus hielt verdutzt inne; Lino schien unfähig aufzustehen, doch es stimmte, es grinste ihn unverwandt an. Ohne Häme, sondern voller Freude. Linus lachte laut auf.

    „Hast du nun auch den Verstand verloren?“, feixte der Arenaleiter.

    „Nein. Hab ich nicht und Morlord auch nicht“, sagte Linus ohne den Blick von seinem treuen Freund abzuwenden. „Lino lächelt, denn es sieht, dass ich bei ihm bin. Es weiß, dass ich auch im Moment der Niederlage immer an seiner Seite stehe. So wie er auf meiner. Es hat“, schloss er noch immer lachend, „ein Herz aus Gold.“


    Den Spott seines Vaters, der sodann folgte, vernahm er nicht mehr. Mit den Gedanken war er schon bei seiner Mutter, die er um Verzeihung bitten wollte und bei seiner weiteren Reise; er mochte endlich sein Ziel, in einem Pokémon-Center zu arbeiten, weiterverfolgen.

    Es machte nichts, dass sie verloren hatten. Eigentlich hatte er sich die nötigen Antworten schon in Azuria City gegeben; er brauchte diese Art von Bestätigung nicht mehr. Linus hatte sich von seinem Vater emanzipiert. Dennoch bereute er es nicht, gekämpft zu haben. Er hatte sich immer gewünscht, dass ein starker Trainer die hässliche Fratze seines Vaters reinwüsche und obgleich er nicht dieser starke Trainer war und der Hohn bloß kurzzeitig aus den Augen Bobs verschwunden war, reichte ihm das völlig.


    Mit den anderen Teammitgliedern verließen Linus und Lino, ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen, die Arena. Seite an Seite, Hand in Hand; nicht als Trainer und Pokémon, sondern als Freund und Freund.


    - Ende -

    Love = Love

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