Kokon
Habe ihn mir angesehen, weil Leute mitspielen, die ich kenne. Die Story ist ganz unterhaltsam und kein langweiliger Ripoff von Call Me By Your Name, die Jugendlichen dürfen Berliner Jugendliche sein und es ist kein Ausflug in den Menschenzoo wie bei Fack Ju Göhte. Das wars aber auch schon, ein paar Sachen sind wirklich nervig und kommen in dieser Form auch nur in deutschen Filmen so aufdringlich vor - Smartphone-Aufnahmen sind mit reingeschnitten (auf Hochformat im Kinofilm sollten generell schwere Strafen stehen) und die den ganzen Film über sichtlich gelangweilte Anja Schneider darf fragen, warum man heutzutage "auf Koran schwört". Ich habe gerade nachgesehen, die Regisseurin ist zehn Jahre älter als ich und kommt trotzdem mit "How do you do, fellow kids?" um die Ecke. Wenigstens die Smartphone-Nutzung an sich ist erfrischend organisch eingebaut, den Dialog "Willst du drüber reden?" - "Nee, ich hab schon ein Tutorial geguckt" fand ich ziemlich smart und von aufploppenden Nachrichten und schlimmerem Schund, wie man ihn z.B. aus How to Sell Drugs Online (Fast) kennt, bleibt man zum Glück verschont. Netter Film, wenn man mal wieder ein paar Euro in ein Arthouse-Kino stecken will, das seine Corona-Auflagen halbwegs ernst nimmt.
Porträt einer jungen Frau in Flammen
Wieder ein sehr guter Film aus dem letzten Jahr zum Abhaken. Adèle Haenel ist natürlich wunderschön und die Liebesszenen bestes französisches Kino. Der Film hat aber deutlich mehr zu bieten als die Romanze und er nutzt sein Genre des auf Frauenrechte bezogenen Historienfilms noch intelligenter als der von mir auch geschätzte Little Women von 2019. Am Schluss hat man sich eindeutig von Call Me by Your Name inspirieren lassen, aber auf eine clevere Art angepasst. Sounddesign generell der Hammer. Haenel, Merlant und Sciamma haben einen beeindruckenden Film umgesetzt.
Chocolat
Netter Klassiker, das auf YouTube zu findende Marketing dafür ist natürlich dreist irreführend, denn der Film zeigt stellenweise harten Tobak. Schön ist auch, dass der Film einen exzentrischen französischen Mikrokosmos abbildet, ohne so dermaßen debil wie die Welt der Amélie zu werden. Ob das daran liegt, dass es eine amerikanische Miramax-Produktion ist, darf aber bezweifelt werden, denn in der Szene, in der englischsprachige (!!) Flyer verteilt werden, habe ich laut geflucht. Bonuspunkte für Musik von Django Reinhardt.