Beiträge von Labrynna

    „Ich fass es einfach nicht, dass mir das nicht selber eingefallen ist!“, meckerte Navi leise vor sich hin. Die Beiden waren schon seit Stunden flussaufwärts unterwegs, doch noch immer konnte sie sich nicht damit abfinden, dass ihr nicht selbst die Idee gekommen war, dass der Ohrring der Nayru bei den Zoras sein könnte. Link ging stumm neben ihr und beobachtete einige Fische und Frösche, die durch den Fluss schwammen. Seine Versuche, Navi zu beschwichtigen hatte er schon vor einigen Kilometern aufgegeben.
    „Ich meine, ich weiß es doch eigentlich! Wie oft hat der Deku-Baum euch Geschichten über Nayru und die Zoras erzählt, während ich auf einem Ast saß und zugehört hab?“ Link seufzte und versuchte, ihr unentwegtes Gemotze auszublenden, als ein entferntes Rauschen an seine Ohren drang.
    Er blieb wie angewurzelt stehen, spitzte die langen Ohren und lauschte angestrengt. „Was ist das?“ Eine Hand hatte er bereits am Griff seines Schwertes, um sich gegen eventuelle Gegner zu verteidigen, als Navi Entwarnung gab. „Klingt wie ein Wasserfall. Das heißt, wir haben es nicht mehr weit.“ „Was ist ein Wasserfall?“ Link, der den Großteil seines Lebens in den Kokiri-Wäldern verbracht hatte, war jetzt schon von dem vielen Wasser des beeindruckenden Flusses begeistert. Bisher hatte er lediglich kleinere Bachläufe und den künstlich verbreiterten Burggraben von Hyrule-Stadt gesehen. Was ein Wasserfall sein könnte, war ihm völlig schleierhaft.
    Doch als sie um die nächste Wegbiegung kamen und er die mit lautem Tosen herabstürzenden Wassermassen erblickte, blieb ihm vor Staunen der Mund offen stehen. Als er sich an Navi wandte, musste er aus vollen Lungen brüllen, um das laute Donnern des Wasserfalls zu übertönen: „Das ist ja gigantisch! Und hier leben die Zoras?“
    Navi flog dicht an ihn heran und schrie ihm direkt ins Ohr, doch sie hatte dennoch Schwierigkeiten bei all dem Lärm verständlich zu sein: „Angeblich liegt ihr Reich hinter diesem Wasserfall. Doch soweit ich weiß, lassen sie nicht jeden herein. Und jeder, der es unbefugt versucht, wird von den Wassermassen fortgerissen und von der Strömung gegen die Felsen hier ringsum geschleudert. Es gibt nur wenige, die das überlebt haben.“
    Link machte ein besorgtes Gesicht und fasste sich selbst an den Hals, so als würde er die Schlinge des Todes bereits um seine Kehle gelegt fühlen. Doch dann drückte er den Rücken durch und rief: „Dann wollen wir mal sehen, wie man da rein kommt!“
    Die Lösung dieses Rätsels war jedoch einfacher als gedacht. Vor ihnen führten Felsausläufer wie zwei gebogene Arme hoch zum Wasserfall. Auf dem etwas weiter hinten und höher gelegenen Pfad entdeckte Navi ein goldenes Triforce-Emblem, ähnlich dem, das Link in der Feenhöhle gefunden hatte.
    Die einzige Schwierigkeit bestand darin, auf dem schmalen Fels nicht auszurutschen. An einigen Stellen war der glatte Stein mit Algen bewachsen und das Sprühwasser des Wasserfalls machte ihn zusätzlich glitschig. Konzentriert setzte Link einen Fuß vor den anderen und breitete die Arme aus, um das Gleichgewicht zu halten. Seinen Blick richtete er stur auf den Weg vor ihm. Dennoch geriet er zweimal ins Rutschen und wäre einmal sogar fast gestürzt.
    Trotzdem schaffte er es irgendwie ohne Verletzungen bei dem Triforce-Zeichen anzukommen. Erleichtert ließ er die Luft, die er instinktiv angehalten hatte, aus seinen Lungen entweichen und lockerte die angespannten Schultern, bevor er seine Okarina hervor holte. Eine feuchte Strähne hing ihm ins Gesicht und das grobe Leinen seiner klammen Tunika scheuerte über seine Haut, doch er konzentrierte sich voll auf das Wiegenlied der hylianischen Königsfamilie.
    Als er geendet hatte, ließ der Junge sein Musikinstrument sinken und wartete gespannt. Für unendlich lange Momente passierte gar nichts, doch dann schob sich langsam eine Art dreieckiges Dach aus der Felswand hinter dem Wasserfall, während die untergehende Abendsonne alles in ein warmes Orangerot tauchte.
    Die herabstürzenden Wassermassen trafen auf das massive Steindach und teilten sich in der Mitte, sodass sie den Blick auf einen unter dem Dach liegenden Höhleneingang freigaben. Navi und Link sahen sich mit einem begeisterten Glänzen in den Augen an und sprangen bzw. flogen zu dem neu freigelegten Weg rüber.

    Blaublütige Rebellin


    Kaum dass die Beiden die Höhle verlassen hatten, wurde Link auch schon unsanft von einer Schlosswache gepackt. Ein anderer Soldat stand ihm gegenüber und musterte ihn streng. „Das ist doch der kleine Hosenscheißer, der hier letztens schon rum geschlichen ist. Was hast du hier gemacht?“ „Das geht dich gar nichts an!“ Navi schwirrte dem Mann wie eine Schweißfliege vorm Gesicht. Dieser versuchte, sie mit einer unwirschen Handbewegung zu verscheuchen und starrte Link, der stur die Lippen aufeinander presste, grimmig an.
    Ein junger Soldat, der in der Nähe stand, meldete sich zaghaft zu Wort: „Sir, ich glaube, er ist eine Art Freund von Prinzessin Zelda. Ich habe ihn jedenfalls vor ein paar Tagen zusammen mit Impa in den Innenhöfen gesehen.“ „Schweig!“ Die Stimme des Hauptmanns war schneidend und er ließ Link noch immer nicht aus den Augen, doch nach ein paar Atemzügen wandte er sich zum Gehen. „Werft ihn raus und erklärt ihm, was passiert, wenn er hier noch mal ohne Voranmeldung auftaucht.“
    Die Soldaten warfen Link unsanft auf den breiten Weg vor den Schlosstoren, sodass er stürzte und lang auf dem Boden aufschlug. Navi eilte zu ihm und warf den lachenden Männern, die langsam wieder ihre Posten bezogen, bitterböse Blicke zu. Als Link wieder aufstand, spuckte er ein wenig Sand aus, den er in den Mund bekommen hatte, und verzog das Gesicht. Er war über und über mit staubigem Dreck bedeckt, sogar in seinen Haaren hingen vertrocknete Moosreste.
    Auf dem Weg zurück in Richtung Hyrule-Stadt sprach keiner der Beiden ein Wort, erst als sie den überfüllten Marktplatz erreichten, ergriff Link das Wort: „Wohin geht’s jetzt eigentlich? Hast du eine Ahnung, wo der letzte Stein ist?“ Navi sah ihn aus großen Augen und mit leicht offen stehendem Mund an. Es dauerte einige Herzschläge, bis sie ihm antwortete: „Daran hab ich noch gar nicht gedacht. Ich hab keine Ahnung, wo wir hin müssen.“


    Link lag lang ausgestreckt im Gras, genoss das heiße Prickeln der Mittagssonne auf seiner nackten Brust und lauschte dem leisen Gurgeln des neben ihm fließenden Flusses, während Navi mit schmollendem Gesichtsausdruck neben ihm saß. „Das ist echt unglaublich! Wir haben eine lebenswichtige Aufgabe und du liegst hier faul rum und machst Urlaub!“
    Der Junge hob sein rechtes Augenlid halb an und blinzelte zu ihr herüber. „Soll ich etwa halbnackt durch die Gegend laufen?“ „Tze, als wäre das eine Ausrede... Es hat dich ja niemand gezwungen, deine komischen, grünen Kartoffelsäcke zu waschen!“
    „Es sind Tuniken und keine Kartoffelsäcke und auch keine Kleider oder Röckchen.“ Link stützte sich auf den linken Ellenbogen und fuhr sich mit der Hand durchs glatte, inzwischen fast trockene Haar. Seine lange Mütze lag neben seinen Stiefeln und mehreren in der Nähe zum trocknen ausgebreiteten Tuniken. Er hatte sogar seinen Gürtel mit dem Wunderbeutel, in dem Link inzwischen auch seine Bomben aufbewahrte, abgenommen und neben sich ins weiche Gras gelegt.
    „Außerdem... Was ist so schlimm daran, dass ich die Zeit, in der ich nachdenke, wo der letzte heilige Stein sein könnte, genutzt habe, um meine Kleider zu waschen?“ „Das Schlimme ist, dass du nicht aussiehst, als würdest du nachdenken!“
    Mit einem gelangweilten Grunzen ließ Link sich wieder auf den Rücken fallen und streckte die Arme von sich, um möglichst viel von dem warmen Sonnenlicht aufzufangen. „Blablabla...“, murmelte er leise vor sich hin, während ihm eine sanfte Brise einige Haare ins Gesicht wehte. „Hmpf!“ Navi verschränkte die Arme vor der Brust und starrte wütend auf den Fluss, der silbern glitzernd an ihnen vorbei floss.
    „Was ist das eigentlich für ein Fluss?“, fragte Link, dem Navis Stummheit nach ein paar Minuten unheimlich wurde. „Das ist der Zora-Fluss. Er entspringt einer Quelle im Reich der Zoras, zieht sich einmal quer durchs Land und speist den großen Hylia-See im Südwesten.“
    Link setzte sich auf und betrachtete grüblerisch das Gewässer neben ihm. „Zoras... Zoras... Da war etwas...“ Navi sah zu ihm herauf und musterte sein angespanntes Gesicht mit den zusammengezogenen Augenbraunen und den leicht gespitzten Lippen. „JETZT siehst du endlich aus, als würdest du nachdenken.“
    Doch er beachtete sie gar nicht, sondern zog stattdessen seinen Lederbeutel zu sich und holte die Okarina heraus. Bevor Navi nachfragen konnte, was er vorhatte, hatte er die Flöte bereits an die Lippen gehoben und begonnen, das Lied zu spielen, das Salia ihm beigebracht hatte.
    „Link! Es ist schön zu hören, dass du meinen Song benutzt!“ Der Junge zuckte zusammen, als der Wind die geflüsterten Worte direkt an seine Ohren trug. Doch trotz der seltsamen Form der Unterhaltung konnte er hören, dass seine beste Freundin ehrlich erfreut war. Während er antwortete, richtete er seinen Blick stur auf die Fee vor ihm, um das Gefühl, Selbstgespräche zu führen, in den Hintergrund zu drängen.
    „Salia, ich brauche deine Hilfe.“ Für mehrere Momente war es still und Link fragte sich bereits, ob er etwas falsch gemacht hatte, als eine neue Böe Salias Antwort zutrug. „Klar. Was kann ich für dich tun?“ „Erinnerst du dich an die Geschichte, die der Deku-Baum uns über die drei Göttinnen erzählt hat?“ Salia lachte sanft. „Welche von den vielen meinst du?“ „Die, in der es um die besonders gesegneten Völker ging. Kannst du dich erinnern, welches Volk von welcher Göttin bevorzugt wurde?“
    Navi guckte freudig überrascht ob der Wendung des Gespräches und lauschte angestrengt auf Salias Worte, doch nur Link war in der Lage sie zu hören. „Lass mich überlegen. Din liebte die stolzen und temperamentvollen Goronen, Farore hatte die verspielten und wagemutigen Kokiri am liebst und...“ Ihre Stimme wurde immer leiser und verlor sich immer mehr, doch die letzten, entscheidenden Worte waren gerade so eben noch verständlich. „... Nayru bevorzugte die ruhigen und intelligenten Zoras. Link, du –“
    Der Rest ihrer Worte wurde vom Wind verschluckt, doch Link verlor keine Zeit damit, sich Gedanken zu machen, was sie hatte sagen wollen. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen! Schnell raffte er seine Sachen zusammen und kleidete sich an, während Navi ihn verwirrt beobachtete. Dann wandte er sich mit entschlossener Miene zu seiner Fee um. „Wie komme ich am schnellsten in das Reich der Zoras?“

    Am nächsten Morgen wusch Link sich erst einmal gründlich und zog danach eine saubere Tunika an, die er aus seinem Wunderbeutel kramte. Mit einem etwas nachdenklichen Blick verstaute er die Kleidung vom Vortag in dem Ledersäckchen und hoffte inständig, dass der Feenzauber irgendwie dafür sorgte, dass der vor Dreck und Schweiß starrende Stoff hoffentlich nicht auf den restlichen Klamotten oder gar auf dem Essen lag.
    Danach verabschiedete er sich ein weiteres Mal von der liebevollen Hausvorsteherin, die üppigen Reste vom Frühstück, ein wenig Dörrobst und einige geräucherte Fische mitgab. Link ließ alles in dem unglaublichen Lederbeutel verschwinden und trat hinaus in die Vormittagssonne. Er reckte und streckte sich, sog die warme Luft tief ein und wandte sich ebenso wie Navi mit dem Gesicht dem milden Sonnenlicht zu. Es war einfach ein herrliches Gefühl, endlich mal wieder ausgeruht und vor allem sauber zu sein. Mit einem zufriedenen Lächeln stieg der Junge die Treppe vor dem Haus hinab und durchquerte das Dorf, wobei ein paar Passanten grüßte, die ihm freundlich zunickten.


    Als er sich den Toren des Schlossparks näherte, überlegte er kurz, ob er von der Wache einfach Einlass fordern sollte – schließlich hatten ihn genug Soldaten in Begleitung von Impa gesehen – doch er entschied sich dagegen, aus Angst so die Aufmerksamkeit der Wachen auf sich zu ziehen und es doppelt schwer zu haben, wenn sie ihn nicht passieren ließen und er sich reinschleichen musste.
    Also schnappte er sich gleich wieder die Kletterpflanze, die ihm schon beim ersten Mal gute Dienste geleistet hatte, und erklomm den Felsvorsprung. Missmutig betrachtete er den sandigen Dreck, der beim Klettern von der Felswand gerieselt war und sich in den Falten seines Gewandes festgesetzt hatte. „Das war meine letzte saubere Tunika.“
    Mit einem leicht säuerlichen Gesichtsausdruck schlich er sich an den Wachen vorbei in die Sackgasse, die Impa ihm bei seinem letzten Besuch gezeigt hatte. Dort beeilte er sich, eine seiner Bomben auf die gleiche Weise wie auf dem Gipfel des Todesberges zu entzünden, während Navi am Eingang der Gasse Schmiere stand.
    Nur wenige Minuten später detonierte die explosive Kugel und riss den Felsen, der den Eingang zur Feenquelle versperrte in viele kleine Stücke. „Jetzt aber schnell! Das können die Soldaten gar nicht überhört haben.“ Link winkte Navi heran, die an ihm vorbei durch das enge Loch in der Felswand schoss, und folgte ihr. In der Höhle angekommen, versuchte er sich Steinstaub und Dreck aus der Tunika zu klopfen, doch es half alles nichts, sie war hoffnungslos verdreckt.
    Die Feenhöhle sah nahezu identisch aus wie die auf dem Todesberg, lediglich die Fackeln vor dem Brunnen hatten eine andere Farbe. Anstatt in einem satten Orange zu brennen, leuchteten diese in einem frischen Grasgrün. Sogar die große Fee, die mit überschlagenen Beinen in der Luft über der Quelle saß, erschien den beiden Abenteurern dieselbe zu sein, die sie bereits getroffen hatten.
    Navi verengte die Augen angriffslustig zu Schlitzen und Link verzog bei der Erinnerung an seinen geraubten Kuss angewidert den Mund, doch als die Feenkönigin sprach, hatte sie eine vollkommen andere Stimme als die erste.
    „Seid willkommen, ihr Zwei. Ich habe euch bereits erwartet.“ Link zog stumm die rechte Augenbraune in die Höhe und Navi lauschte angespannt auf das Fußgetrappel vor der Höhle. Offensichtlich hatten die Wachen herausgefunden, woher der laute Explosionsknall gekommen war. Die große Fee bemerkte ihren stur auf den Ausgang gerichteten Blick: „Keine Angst. Die Soldaten Hyrules können meine Quelle nicht betreten. Ich habe einen magischen Schutzwall errichtet. Wir haben also alle Zeit der Welt.“
    Link trat ein paar Schritte vor und blickte seiner Gegenüber unverwandt in die Augen. „Wenn du uns erwartet hast, weißt du sicherlich auch, warum wir hier sind.“ „Aber ja, ihr seid zu mir gekommen, um Dins Feuerinferno abzuholen.“ Der Junge nickte und lehnte sich auf das linke Bein, als Navi das Wort ergriff: „Warum helft ihr uns eigentlich? Es heißt in unseren Legenden immer wieder, Feenköniginnen hätten für die anderen Völker Hyrules nichts übrig.“
    Link starrte Navi überrascht an, doch die große Fee lächelte nur mild. „Das mag sogar so sein, aber es gilt nicht nur für die anderen, sondern sogar für unser eigenes Volk. Früher haben wir euch alle verachtet, weil ihr euch mit unseren Fähigkeiten nicht messen konntet, heute beineiden wir euch, weil ihr frei sind, dorthin zu gehen, wohin ihr wollt.“ Ihre Stimme klang mit jedem Wort sehnsüchtiger und sie richtete die Augen auf einen imaginären Punkt in weiter Ferne. „Was würde ich nicht alles dafür geben, wenn ich noch einmal über die weiten Ebenen der hylianischen Steppe wandern oder im kühlen Nass des Hylia-Sees baden könnte...“
    Doch bevor sie zu sehr abschweifen konnte, fing sie sich selbst wieder und richtete ihren Blick auf Link, der sie erwartungsvoll ansah. „Ganondorf muss aufgehalten werden! Wenn er seine Ziele erreichen kann, wird bald nichts mehr von der Schönheit Hyrules übrig sein. Alles Schöne, was die Göttinnen geschaffen haben, würde von ihm mit Finsternis überzogen werden. Das wäre der Tod für viele Feen und auch wir Feenköniginnen würden leiden. Zwar können wir nicht sterben, doch wir wissen, was es heißt zu leiden.“
    Navi gab einen missbilligenden Ton von sich und grummelte vor sich hin. „War ja klar, dass es eigennützige Motive sein mussten...“ Link blickte stumm auf seine Stiefelspitze. Er konnte gut verstehen, warum Navi so aufgebracht war. Die kleine, goldenhaarige Fee mochte zwar ein Hitzkopf sein, der keine Möglichkeit ausließ, mit jemandem in Streit zu geraten, doch sie hätte so ziemlich alles für sämtliche Bewohner Hyrules getan, denn sie liebte diese Welt und alle seine Wesen – mit Ausnahme von Spinnen natürlich.
    Mit einer Fingerbewegung bedeutete die Feenkönigin Link näher zu kommen. Während er sich langsam dem Brunnen näherte, presste er die Lippen aufeinander und hoffte inständig, dieses Mal ungeküsst zu bleiben. Als der Junge vor ihr stand, streckte die große Fee einen Arm aus und öffnete die Hand mit der Handinnenfläche nach oben. Zunächst erschien sie leer, doch plötzlich materialisierte sich etwas in der Hand. „Dies, mein Junge, ist Dins Feuerinferno. Nutze diesen Zauber, wann immer du in Gefahr bist. Doch denke daran: Zu viel Einsatz von Magie kann dich schneller erschöpfen als eine Horde wildgewordener Monster.“
    Geradezu ehrfürchtig hob Link den Zauber aus der Hand der großen Fee. Er war in etwa so groß wie Links Faust und bestand aus einem hell leuchtenden Feuerwirbel, der zwischen zwei Pyramiden aus einer nicht identifizierbaren, durchsichtigen Substanz eingeschlossen war.
    „Und wie setze ich diesen Zauber ein?“ „Höre in dich hinein und du wirst instinktiv das Richtige tun.“ Ohne eine weitere Erklärung verschwand die große Fee und ließ nur leichte Wellenbewegungen im Brunnenwasser zurück. Während Link den Zauber in seinen Lederbeutel steckte, blickte Navi gedankenverloren auf das gekräuselte Wasser der Quelle. „Ich kann mir nicht helfen, aber ich kann große Feen einfach nicht ausstehen.“

    „Wow, das ist wunderschön!“ Link ließ seinen Blick durch die Feenhöhle schweifen, wobei ihm vor Überraschung der Mund offen stehen blieb. Die Wände sahen aus als bestünden sie aus flüssigen Edelsteinen, die unablässig von oben nach unten flossen und dabei ihre Farbe wechselten. Während sie in der Nähe der Decke in einem hellen Aquamarinblau erstrahlten, wurden sie zum Boden hin immer dunkler, bis sie ein sattes Saphirblau erreicht hatten. Zwischen dem schimmernden Blau zogen sich silberne Fäden über die Wände.
    Den Großteil des mit edlen Platten gefliesten Raumes nahm ein imposanter, flacher Brunnen ein, der aus demselben weißen Marmor gefertigt war wie die Bodenfliesen. An seinen Seiten ragten hohe Fackeln in die Luft, die den Raum mit warmen Licht erfüllten, und in seinem Inneren glitzerte reines, leicht türkises Wasser, das kühl und erfrischend aussah.
    „Das muss die Feenquelle sein.“, mutmaßte Navi, deren Augen vor lauter Aufregung so sehr funkelten, dass sie aussahen als würden sie Funken sprühen. Sogar ihre Wangen hatten sich leicht gerötet. Als sie Links Blick auf ihrem Gesicht bemerkte, lächelte sie ein wenig verlegen. „Ich bin fürchterlich aufgeregt. Die großen Feen sind lebende Legenden meines Volkes. Sie zu treffen ist eine unglaubliche Ehre und wird nur sehr wenigen zu teil. Angeblich hat seit Tausend Jahren niemand mehr eine große Fee zu Gesicht bekommen und jetzt werd ich bald eine treffen. Das ist unglaublich.“
    „Vorausgesetzt, du findest sie.“ Hectors Stimme klang trocken und machte Navi ein wenig wütend. „Was heißt hier ‚wenn ich sie finde’?“ „Na ja, das da ist doch die Quelle, nicht wahr?“ Er deutete auf den Brunnen vor sich und Navi nickte ungeduldig. „Ja. Und?“ „Angeblich sind die großen Feen an ihre Quellen gebunden, aber siehst du hier irgendwo eine Feenkönigin? Ich sehe außer dir nicht eine einzige Fee, nicht mal eine weitere kleine.“
    Navi klappte die Kinnlade herunter und für einen kurzen Moment hatte es ihr tatsächlich die Sprache verschlagen. Doch dann sah sie ihren Gegenüber angriffslustig an und fauchte: „Vielleicht zeigt sie sich ja nur Wesen, die geistig dazu in der Lage sind...“ Sofort fiel der stolze Gorone auf die Provokation herein und beugte sich wütend ein Stück vor. „Was soll das denn heißen?“ Link seufzte und ließ sich von Hectors Schulter gleiten. In diesen Streit wollte er wirklich nicht rein gezogen werden.
    Langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht schritt er auf die Feenquelle zu. Vielleicht entdeckte er ja etwas, das weiterhelfen sollte. Hinter ihm gerieten die beiden Streithähne immer mehr in Rage. „Was das heißen soll? Ich will damit sagen, dass ihr riesigen Felsklöpse zwar solche Muckies, aber nichts in der Birne habt!“ „Pah! Aber ihr Feen seit besser, oder was? Was könnt ihr denn schon, außer hübsch aussehen?“
    Mit den Augen rollend ging Link vor dem Brunnen in die Hocke und betrachtete ein in den Boden geprägtes, goldenes Ornament, während Navi und Hector erst richtig in Fahrt kamen. „Na, immerhin können wir so was wie denken. Das scheint euch Muskelprotzen ja vollkommen fremd zu sein. Oder war es etwa durchdacht, dass einer von euch Link und mich beinah mit einer Donnerblume umgebracht hätte?“ „Was kann denn der Rest meines Volkes dafür, wenn einer nicht ganz sauber tickt? Bei euch sind natürlich alle erste Sahne...“ Navi dachte kurz an das schwarze Schaf in ihrer Familie, schob den Gedanken an ihren verkorksten Cousin jedoch schnell wieder zur Seite.
    Sie wollte gerade zu einer giftigen Antwort ansetzen, als Links Stimme sie zurück hielt. „Könnt ihr euren ‚Battle of Races’ mal kurz vergessen? Ich hab da mal eine Frage.“ Sofort wandte Navi sich dem noch immer knienden Jungen zu, verpasste es jedoch nicht, Hector einen letzten stechenden Blick über die Schulter zuzuwerfen.
    „Was gibt’s denn?“ „Das Triforce ist doch das Zeichen der hylianischen Königsfamilie, richtig?“ „Eigentlich ist es viel mehr als das. Es soll ein Zeichen des Schutzes der Göttinnen sein und –“ Doch bevor sie ihren Satz beenden konnte, fiel Link ihr ins Wort. „Ein einfaches Ja oder Nein genügt.“ „Hmpf. Also gut: Ja. Aber wie kommst du da jetzt drauf?“
    Stumm deutete der Junge auf das goldene Triforce-Zeichen zu seinen Füßen und zückte die Okarina, um das Lied zu spielen, das Impa ihm beigebracht hatte. Kaum hatte er das Hauptthema der Melodie gespielt, ertönte auch schon ein schrilles Lachen und das Wasser im Brunnen kräuselte sich in kleinen Wellen.
    Wie aus dem Nichts erschien plötzlich die große Fee noch immer lachend in der Feenquelle. Sie war um einiges größer als jede sterbliche Frau und sogar als jeder Mann, den Link bisher gesehen hatte, ihre pinken Haare waren in drei dicken Zöpfen zurück gebunden und um ihren schlanken Körper rankte sich goldenes Weinlaub. Sie betrachtete ein wenig geringschätzig ihren Besuch, bis ihr Blick an Links Gesicht hängen blieb und sich ein Lächeln auf ihre vollen, rosafarbenen Lippen schlich.
    „Du bist also der junge Held, der Gohma und King Dodongo besiegt hat.“ Der Junge stutzte, sagte aber nichts. Offensichtlich bedeutete ihr Fluch, der sie an diese Quelle band, nicht, dass sie uninformiert war. „Es ist sehr mutig von dir, dich Ganondorf in den Weg zu stellen. Du und Prinzessin Zelda, ihr verdient meinen Respekt.“
    „Das ehrt mich sehr, große Fee, doch ich bin nicht hier, um einen netten Plausch zu halten.“ Der Blick, mit dem Link der Feenkönigin begegnete war fest und eine Spur fordernd, was jene wieder zum Lachen brachte. „Herrlich! Ich wünschte, alle Helden wären so reinherzige, hübsche Jungs wie du.“ Dabei räkelte sie sich so lasziv in der Luft, dass es dem Jungen die Schamesröte ins Gesicht trieb und Navi entsetzt zu ihr hinauf starrte.
    Sie lachte wieder und legte sich dann einen Zeigefinger an den Mundwinkel. „Nun gut, ich sehe ein, dass du keine Zeit hast, um ein wenig mit einer alten, gelangweilten Fee zu schwatzen. Du hast wichtige Aufgaben zu erfüllen und dafür musst du bei voller Gesundheit sein. Komm näher.“
    Link trat an den Rand des Brunnens und blickte zu der Feenkönigin hinauf, die ihm die Hände auf die Schultern legte und die Augen schloss. Sofort spürte er wie sein Körper von einer warmen Woge ergriffen wurde und er fühlte sich plötzlich wohlig und leicht. Als die Fee ihre Augen wieder öffnete, waren all seine unzähligen Schürf- und Platzwunden ohne eine einzige Narbe zu hinterlassen vollständig verheilt und auch der pochende Schmerz in seinem Fuß war wie weg geblasen.
    Er lächelte dankbar, als die gigantische Frau ihm gegenüber sein Gesicht in ihre Hände nahm. „Ich habe noch ein Geschenk für dich und hoffe, du nimmst es an.“ Bevor Link etwas erwidern konnte, presste die Fee ihre Lippen auf seine. Der Junge riss überrascht die Augen auf und versuchte, seinen Kopf aus den großen, weichen Händen zu winden, Hector gab einen undefinierbaren Laut von sich und Navi schnappte hörbar nach Luft.
    Die Feenkönigin jedoch schienen diese Reaktionen völlig egal zu sein. Sie öffnete ihre Lippen ein wenig und blies Link ihren Atem in die Lungen, bevor sie ihn entließ. Dieser starrte sie entsetzt an, doch sie lächelte nur. „Ich habe dir einen Teil meiner Magie gegeben. Dies sollte dich in die Lage versetzten, Zauber einsetzen zu können.“ „Zauber? Was für Zauber?“, schaltete Navi sich ein, in deren Stimme sich ein angewiderter Unterton geschlichen hatte.
    „Nun ja, ich selbst bin nicht im Besitz eines Zaubers, sonst würde ich euch zeigen, was ich meine. Aber eine Freundin von mir hat vor langen, langen Jahren Din ihren mächtigsten Zauber entwendet. Dabei soll es sich um einen nahezu unschlagbaren Angriffszauber handeln, doch näheres weiß ich leider auch nicht.“
    Hector verschränkte die Arme vor der Brust und sah nicht überzeugt aus, doch Navi bohrte weiter: „Und wo können wir diese Freundin finden? Es wäre zu schade, wenn Link seine neuen magischen Fähigkeiten nicht nutzen könnte.“ Die große Fee bedachte den Jungen, der verstohlen versuchte, sich über die Lippen zu wischen, mit einem amüsierten Blick.
    „Sie lebt in der Nähe des hylianischen Schlosses. Grüßt sie von mir, wenn ihr sie besucht. Aber denkt daran: Magie einzusetzen, erfordert höchste Konzentration – gerade wenn es sich um dermaßen mächtige Zauber handelt. Deswegen ist ihr Einsatz weise zu bedenken, die Verwendung von Magie ist sehr anstrengend und auslaugend.“ Mit diesem Worten und von ihrem schrillen Lachen begleitet, verschwand die Feenkönigin wieder im Nichts und ließ ihre drei Besucher verdutzt dreinblickend zurück.


    „Wenn alle große Feen so sind, frag ich mich, wie sie zu so großem Ansehen unter meinem Volk kommen konnten...“, meckerte Navi, während sie neben Hector die Höhle verließ. Link ging ein paar Schritte hinter ihnen und schien seinen Gedanken nachzuhängen. „Vielleicht ist es so eine Art Größenwahn. Du weißt schon: Zu viel Macht und so. Das scheint doch fast alle Herrscher zu betreffen.“ „Euer Darunia scheint ziemlich lässig zu sein.“, gab die junge Fee zu bedenken. Hatte sie sich eben noch mit dem Goronen erbittert gestritten, schien dies über ihre tiefe Enttäuschung schon wieder vergessen.
    „Ja, Darunia ist klasse, da hast du Recht.“, stimmte Hector ihr zu, als sie wieder ins Freie traten. Inzwischen stand der Mond hoch am Himmel und die Sterne funkelten fast ebenso wie die eigenartigen Wände im Inneren der Höhle. Die Eule des Rauru saß noch immer auf dem verwitterten Wegweiser und musterte Link genau.
    „Wie ich sehe, war dein Besuch bei der Feenkönigin von Erfolg gekrönt. Du scheinst sogar ein wenig erwachsener geworden zu sein.“ Navi prustete los und presste sich die Hände vor den Mund, um zu verhindern, laut los zu lachen. „Kein Wunder. Er hat ja auch gerade seinen ersten Kuss bekommen.“, murmelte sie so leise, dass selbst Hector, der neben ihr stand, Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen, doch die Eule durchbohrte sie mit einem eisigen Blick.
    Dann wandte sie sich dem Goronen zu: „Du kannst nun nach Goronia zurückkehren und die frohe Kunde verbreiten, dass unser Held wieder wohl auf ist. Ich werde ihn zum Fuß des Berges bringen.“ Hector sah Link fragend an, der mit den Schultern zuckte und sich mit einer etwas linkischen Umarmung von seinem neuen Freund verabschiedete. An der Kante der steilen Felswand, die er Link Stunden zuvor hoch geworfen hatte, wandte der Gorone sich noch einmal um und winkte der kleinen Gruppe, bevor er in die Tiefe sprang.
    „Nun, junger Held, es wird Zeit. Halte dich an meinen Krallen fest.“ Link warf Navi einen verunsicherten Blick zu und zuckte dann mit den Schultern, als wollte er sich selbst sagen, dass seine Zweifel und Befürchtungen unwichtig waren. Dann nahm er seine Mütze, die er an seinem Gürtel festgeknotet hatte, und hielt sie auf, damit Navi es sich darin gemütlich machen konnte, bevor er sie wieder aufsetzte.
    Der Flug durch die Nacht war geradezu berauschend. Nie im Leben hatte Link sich freier gefühlt. Fasziniert betrachtete er die Landschaft, die unter ihm vorbei zog und wünschte sich, er selbst hätte Flügel, um so durch die Lüfte zu gleiten. Nach viel zu kurzen zwanzig Minuten setzte die Eule ihn vor Impas Haus in Kakariko ab, bevor sie wortlos davon flog.
    Link sah ihr noch lange nach und fragte sich, wann sie wohl das nächste Mal unerwartet auftauen würde. Dann wandte er sich um und betrat das große Haus, wo er herzlich von der Hausvorsteherin empfangen wurde und eine weitere Nacht verbrachte.

    Nein, der Zusammenhang von Feenhöhle und Verletzung war nicht geplant. Es passte aber einfach gut.
    Ich plane in dem Sinne eigentlich gar nichts. Alles, was ich schreibe, hat sozusagen sein Eigenleben. Ich fang einfach an und bin manchmal am Ende selbst überrascht, wohin es mich geführt hat. ^^


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    Link hob den Schild und verkroch sich darunter wie eine Schildkröte in ihrem Panzer, während Navi im Schneidersitz auf seinem Schoß saß. Während die Drei den weiteren Aufstieg in Angriff nahmen, wurde immer deutlicher, dass sie wohl einen schlechten Tag erwischt hatten. Unermüdlich schleuderte der Todesberg wütend grollend seine Innereien in den Himmel.
    Entschlossen kämpfte sich der junge Gorone immer weiter vorwärts, obwohl die brennenden Gesteinsbrocken wie Regen auf ihn nieder prasselten. Schon nach wenigen Metern wurde Links Schildarm durch die ständige Bombardierung taub, doch er hielt ihn weiter tapfer hoch, um sich und Navi zu schützen. Die Fee klammerte sich verkrampft an seiner Tunika fest und schielte neugierig um den Schild herum, um einen Blick auf das Inferno um sie herum zu werfen.


    „Du kannst den Schild jetzt wieder runter nehmen.“ Hector drehte Link den Kopf zu und grinste. „Das Schwierigste haben wir jetzt hinter uns. So nah am Gipfel sind die Ausbrüche des Vulkans ungefährlich.“ Langsam ließ der Junge den Hylia-Schild sinken und sah sich einer steilen Felswand gegenüber.
    Mit großen Augen legte er den Kopf in den Nacken und sah die Wand herauf. „Wie willst du denn da hoch kommen. Mit mir als Klotz am Bein kannst du doch nicht klettern.“ Der Gorone grinste breit. „Wir Goronen klettern eh nie.“ Bevor Link nachfragen konnte, wie er das meinte, schleuderte Hector ihn die Wand hoch.
    Vor Schreck schrie der Junge auf, doch zu seiner Überraschung stürzte er nicht zurück in die Tiefe, sondern landete tatsächlich oben auf dem Gipfel, wo er sich ein paar mal überschlug, bevor er auf dem rauen Untergrund zu liegen kam. „Autsch...“
    Hector lachte entschuldigend: „Tut mir leid, mein Freund, aber anders ging’s nicht. Um so hohe Sprünge zu schaffen, müssen wir Goronen uns zusammen rollen, nachdem wir uns mit Kraft vom Boden abgestoßen haben. Wir sausen wie Kanonenkugeln durch die Luft!“ In seiner Stimme klang der ganze Stolz auf sein Volk mit.
    „Ihr Goronen seid fürwahr beeindruckende Wesen.“ Erschrocken riss Link den Kopf herum und entdeckte die Eule des Rauru, die auf einem alten, halb verrotteten Wegweiser saß und ihn aufmerksam musterte. Hector grinste und hob eine Hand zum Gruß, als ob der riesige Vogel ein alter Freund von ihm war.
    „Ich nehme an, dein Anliegen ist ein Besuch bei der hier ansässigen Fee, junger Held?“ Link nickte. „Ja, ich habe mich im Kampf verletzt und hoffe, dass sie mich heilen kann.“ Die Eule verdrehte den Kopf und ließ den Blick aus ihren weisen Auen über Links Körper gleiten. „Die hier lebende Fee wird weit mehr für dich tun als nur deinen Knöchel heilen. Hab einfach Vertrauen. Ich werde hier auf dich warten. Geh nun.“
    Langsam hievte der Junge sich wieder auf die Füße und humpelte in Richtung der Treppe, die hinab in den Vulkan führte, doch der große Vogel hielt ihn zurück. „Das ist nicht der richtige Weg, junger Held.“ Verwirrt blickte Link sich um, während Navi ihm ein wenig Dreck von der Wange wischte. „Wo soll ich denn sonst hin?“
    Während er noch irritiert um sich guckte, fiel sein Blick auf ein seltsam gebogenes Stück Felswand. Humpelnd näherte er sich dem eigenartig aussehenden Fels und wehrte Hectors Versuche, ihm zu helfen, ungeduldig ab. Geradezu ehrfürchtig tastete er die glatte Oberfläche ab und klopfte mit dem Knöchel des rechten Zeigefingers dagegen. Als er sich umdrehte, funkelten seine Augen vor Aufregung. „Das klingt total hohl. Hinter dieser Felswand ist bestimmt eine Höhle. Hector, meinst du, du kannst es irgendwie aufbrechen?“
    Der Gorone zog und zerrte an dem Felsen, versuchte ihn zu schieben und schlug sogar mit der Faust dagegen, doch nichts zeigte Erfolg. Langsam senkte sich Dämmerung über den Todesberg und Link legte sich die Arme um den Oberkörper, als er ein wenig zu frieren begann. Hector hielt sich die leicht schmerzende Hand, mit der er gegen den seltsamen Felsen geschlagen hatte, und kam auf ihn zu. „Tut mir leid, aber da ist nichts zu machen.“
    Link machte ein nachdenkliches Gesicht und ließ seinen Blick über den imposanten Ausblick schweifen. Von hier oben konnte er sogar Kakariko sehen, dessen Häuser durch die Entfernung wie winzige Puppenhäuschen wirkten. Sie waren doch nicht den ganzen Weg hier her gekommen, nur um dann so einfach aufzugeben. Als seine Augen an der Eule des Rauru hängen blieben, presste er entschlossen die Lippen aufeinander. Er würde einen Weg in die Höhle der Fee finden!
    Grimmig schlug er mit dem Schwertknauf gegen den Stein, als wollte er ihn einfach kaputt schlagen. Resigniert ließ er den Arm sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen die kühle Wand. „Wenn ich doch einfach eine Bombe nehmen und die Höhle frei sprengen könnte... Aber hier ist weit und breit nichts, mit dem ich die Lunte entzünden könnte.“, murmelte er vor sich hin, bevor er wieder begann mit dem Schwert verzweifelt gegen den Fels zu prügeln.
    Als er versehentlich mit der Schneide über den Stein kratzte, entstanden dabei rotglühende Funken, die ihm die Wange verbrannten. Erschrocken befühlte er die neue Verletzung, während sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Ich hab’s! Hector, schnell, bring mir einen etwa faustgroßen Stein – egal, ob meine oder deine Faust.“ Die Eule des Rauru bedachte ihn mit einem zufriedenen Glänzen in den Augen, während er auf Hectors Rückkehr wartete.
    Nachdem er einen geeigneten Stein ausgehändigt bekommen hatte, ließ er sich auf den Boden nieder, holte eine Bombe aus seinem Beutel und begann, den Stein mit dem Schwert zu bearbeiten. Navi und Hector sahen sich fragend an, doch sie waren sich sicher, dass Link wusste, was er da tat.
    Der Schweiß lief in breiten Bahnen über seinen Rücken und hinter ihm ging langsam der Mond auf, doch endlich schaffte er es, die Lunte mit den sprühenden Funken zu entzünden. „Hector! Schnell! Bring sie vor die Feenhöhle!“ Der Gorone legte die Bombe vor dem Felsen ab und rollte sich dann vor Link zusammen, um ihn zu schützen. Wenige Sekunden später explodierte die Bombe mit einem lauten Knall, der sich an den Wänden brach und durch die gesamte Region um den Todesberg hallte.
    Neugierig linste Link um den Goronen herum. Dort, wo noch wenige Augenblicke zuvor die seltsame Felswand war, klaffte nun ein großes Loch. Triumphierend jubelnd sprang Link in die Luft, nur um dann vor Schmerz aufzukeuchen, als er wieder landete. Die Eule bedachte ihn mit einem nachsichtigen Blick, während Navi tadelnd schaute und Hector ihn in die Höhle trug.

    Feenzauber


    „Hier drüben sieht es aus, als könnte man hier wieder nach oben klettern. Meinst du, du schaffst das mit deinem Fuß?“ Navi betrachtete Link mit sorgenvoller Miene, wie er langsam auf sie zu humpelte. Nach einer etwa fünfzehnminütigen Pause war er tatsächlich schon wieder auf den Beinen, obwohl ihm Schmerz und Anstrengung ins Gesicht geschrieben waren.
    „Wenn ich nicht hier unten verrotten will, bleibt mir wohl nichts anderes übrig.“ Er legte den Kopf in den Nacken und studierte die Wand eingehend. „Ohne den kaputten Fuß wäre das ein Kinderspiel... Aber ich denke, ich pack’s auch so. Augen zu und durch.“ Mit diesen Worten machte er sich an den langen, schmerzhaften Aufstieg. Sein Fuß pochte und schmerzte, als wolle er jeden Moment abfallen, doch irgendwie schaffte Link es sich durch pure Willenskraft aus dem Loch und aus Dodongos-Höhle zu schleppen. Das blendende Licht der Mittagssonne wirkte wie Balsam auf seiner Seele und er atmete erleichtert durch.


    „Am besten gehen wir zuerst zurück nach Goronia. Vielleicht kann man da was an deinem Fuß machen, ihn schienen oder so.“ Link nickte stumm und dachte voll Horror an den steilen Aufstieg mit einem verletzten Fuß, als es hinter ihm ein lautes, dumpfes Geräusch gab. Navi und Link, denen die Begegnung mit dem Königs-Dodongo noch sehr in den Knochen steckte, zuckten erschrocken zusammen und wandten sich mit schockgeweiteten Augen langsam um.
    Doch statt sich wie befürchtet gewaltigen Fängen gegenüberzusehen, entdeckten sie Darunia, der mit einem zufriedenen Grinsen hinter ihnen stand. „Kleiner, ich bin beeindruckt.“ Link zuckte ein wenig verlegen mit den Schultern. „Versprochen ist versprochen.“ Der Anführer der Goronen nickte, wobei Navi sich insgeheim fragte, wie er das trotz seines steinernen Bartes bewerkstelligte.
    „Ja, du hast Recht. Deswegen werde auch ich mein Versprechen einlösen. Außerdem spüre ich, dass der Goronen-Opal bei dir in guten Händen sein wird. Ganondorf hat mit Gewalt versucht, mich zu zwingen und wollte sogar mein Volk aushungern lassen, doch du hast dein Leben für uns riskiert. Du hast ein gutes Herz. Ich glaube dir, wenn du sagst, du willst Ganondorf aufhalten.“
    Mit einem liebevollen Lächeln streckte Darunia den Arm aus und öffnete langsam die Hand. Dins heiliger Stein war vollkommen von seiner riesigen Faust bedeckt gewesen, obwohl er so groß war, dass Link, der den Stein schnell in seinen Wunderbeutel steckte, ihn mit beiden Händen halten musste. „Die Obhut über unseren heiligen Stein zu erhalten ist eine große Ehre für einen Nicht-Goronen. Du bist jetzt wie ein Bruder für mein Volk.“
    Link lächelte schwach zurück, wobei er leicht schwankte. Jetzt, wo das Adrenalin langsam aus seinem Blut wich, wurde der brennende Schmerz in seinem Fuß immer stärker und intensiver. Darunia zog besorgt die Augenbraunen zusammen. „Was hast du, Bruder?“ „Nichts, schon gut.“ Entschlossen, sich nichts weiter anmerken zu lassen, presste Link die blassen Lippen aufeinander. Er würde das schaffen, ganz alleine. Er war nicht der Schwächling, für den ihn alle im Kokiri-Dorf hielten!
    Doch Navi machte ihm einen Strich durch die Rechnung: „Er ist beim Versuch, eure kostbaren Steine zu retten, beinah drauf gegangen!“ Ihre Stimme war ein furchteinflößendes Fauchen, gerade so als würde sie Darunia für Links Verletzung verantwortlich machen. „Ist er schwer verletzt?“ „Ist halb so wild.“ Doch der Anführer der Goronen achtete gar nicht auf ihn, seine Augen waren an die zierliche Fee auf Links Schulter geheftet. „Ich glaube, er hat sich den Knöchel verstaucht oder vielleicht sogar die Bänder gerissen. Genau kann ich das nicht sagen, ich bin kein Arzt.“
    Mit grimmiger Miene betrachtete Darunia den Jungen, der das Gefühl hatte, unter den Blicken des Anderen immer mehr zu schrumpfen. Plötzlich hob Darunia einen Arm und winkte einen anderen Goronen heran. „Hector, komm mal her.“
    Der Gerufene blickte ein wenig verwirrt drein, kam dem Befehl seines Anführers aber dennoch widerspruchslos nach. Als er näher kam, erkannte Link, dass es der Gorone war, der sie schon nach Goronia gebracht hatte. Obwohl er das Gefühl hatte, sein Fuß würde jeden Moment abfallen, brachte er ein kleines Lächeln zustande, das Hector erwiderte, bevor er Darunia erwartungsvoll ansah
    Dieser wandte sich jedoch zunächst wieder an Link und Navi: „Auf dem Gipfel des Todesberges lebt eine große Fee, die angeblich jede noch so schwere Verletzung heilen kann.“ Navi gab einen missbilligenden Laut von sich. „Das ist ja sehr sinnvoll an einem so unzugänglichen Ort zu leben, wenn man diese Fähigkeiten hat. ‚Ich könnte zwar zig Leben retten, aber ich hab keinen Bock drauf, also verzieh ich mich irgendwohin, wo eh nie jemand ankommt’, oder was?“
    Link schüttelte langsam den Kopf. „Erinnerst du dich nicht an das, was Impa uns erzählt hat?“ Navi blickte ihn verständnislos an. „Die Feenköniginnen wurden von Din in ihren Quellen eingeschlossen, weil einige von ihnen angeblich die Göttinnen bestohlen haben sollen.“
    Darunia nickte bedächtig. „Ja, das stimmt. Die großen Feen haben leider keine Wahl mehr, wo sie sich niederlassen wollen. Sie sind bis ans Ende ihrer Tage an die Quelle gebunden, an der sie sich befanden, als Dins Zorn auf sie nieder ging. Vielleicht gibt es noch andere Feen, die schwerwiegende Verletzungen heilen können, doch mir ist hier in der Nähe nur diese eine bekannt.“
    „Ich schätze, ich soll die Beiden nach oben begleiten, Darunia?“, schaltete sich nun Hector ein, der das Warten leid war. Der Anführer der Goronen betrachtete nachdenklich Links linken Knöchel, der inzwischen so geschwollen war, dass man es trotz der Lederstiefel sah. „Ich möchte, dass du unseren Bruder nach oben trägst. Er soll nicht ein einziges Mal seinen verletzten Fuß aufsetzen müssen, ist das klar?“ „Jawohl, Darunia. Ich werde ihn unbeschadet nach oben bringen.“
    Mit diesen Worten schnappte der junge Gorone sich Link und setzte ihn in einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf seine Schulter, bevor er in Richtung Gipfel davon trabte. Darunia verschränkte die Arme vor der Brust und schaute dem Dreiergespann nachdenklich nach.


    Link nahm seine Mütze ab und genoss das Gefühl des kühlen Winds auf seiner Kopfhaut. Mit geschlossenen Augen strich er eine lange Strähne hinters Ohr und atmete die warme Nachmittagsluft tief ein. So ein Goronenexpress war wirklich eine tolle Sache. Inzwischen hatten sie fast die Hälfte des Weges hinter sich und sogar der stechende Schmerz in seinem Fuß hatte ein wenig nachgelassen. Dafür wurde ihm langsam gewusst, dass er seit fast einem Tag nichts mehr gegessen und auch nicht geschlafen hatte.
    Gähnend fummelte er Wurst und Brot von der Lon-Lon-Farm aus seinem Wunderbeutel und begann gierig zu essen, als Hector stoppte und auf den schmalen Weg vor ihnen deutete. „Ab hier wird es ein wenig gefährlicher. Der Teufelsberg schleudert des öfteren brennende Gesteinsbrocken, die dann in diesem Bereich aufkommen. Mir macht das nichts – uns Goronen kann Feuer nichts anhaben – aber hast du irgendetwas, mit dem du dich schützen kannst?“
    Link schluckte den letzten Bissen des Brotes hinunter, das er in Windeseile verschlungen hatte, und spülte mit einem Schluck aus der fast leeren Milchflasche hinterher, bevor er seinen Imbiss beendete und den Hylia-Schild aus dem Beutel zog. Hector lächelte zufrieden und nickte. „Das dürfte ausreichend sein. Halt ihn dir über den Kopf.“

    Der Kampf gegen King Dodongo


    Als sie wieder in den Raum traten, hing der intensive Geruch nach Schwarzpulver noch immer in der Luft und reizte Links Nase. Dennoch grinste er breit, als er sah, dass in der Mitte des Raums nun ein großes, quadratisches Loch klaffte. Langsam schritt er darauf zu und blickte nachdenklich herab. Unter ihm war ein breiter Weg, der sich um einen großen See aus heißer Lava wand. Die gewaltige Hitze drang bis zu ihm herauf und ließ ihm den Schweiß aus allen Poren treten.
    „Das sieht ganz schön tief aus.“ Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und schaute ein wenig ängstlich zu Navi herauf, die einen besorgten Eindruck machte. „Ich fürchte, dir wird trotzdem nichts anderes übrig bleiben.“ „Ich erwähnte bereits, dass ich kündigen will, nicht wahr?“ Link atmete noch einmal tief durch und richtete sich dann mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck auf. Er ballte die Hände zu Fäusten, presste die Lippen aufeinander und starrte stur auf den Punkt, an dem er landen wollte. Dann schloss er die Augen, konzentrierte sich und sprang hinab.
    Wie erhofft landete der Junge mitten auf dem sandigen Weg, doch leider hatte er die Füße nicht genug zusammen gehalten. Mit einem erstickten Aufschrei knickte sein linker Knöchel um und Link stürzte schräg nach vorne, wobei er sich Handflächen und Ellenbogen aufschürfte.
    Navi raste auf ihn zu und zog panisch am Kragen seiner Tunika, während sie immer wieder ängstliche Blicke über ihre Schulter warf. „Komm wieder auf die Füße! Los! Beeil dich!“ Stöhnend wand Link sich und versuchte aufzustehen. Durch den Schmerz in seinem verletzten Fuß war er wie gelähmt. „Oh, bei den Göttinnen! Jetzt steh endlich auf!“
    Plötzlich begann die Erde zu beben und ein schauriges Grollen erklang hinter Link, der es endlich schaffte, sich zumindest aufzusetzen. Mit einem von Furcht verzerrten Gesicht drehte er den Oberkörper und schluckte hart, als er sah, was auf ihn zu kam.
    Vier kurze, aber breite und stämmige, leicht krumme Beine stampften mit lautem Donner über den Boden, wobei sie gelbliche Sandwolken aufwirbelten. Zu den Beinen gehörte ein mächtiger, echsenartiger Körper mit langem Schwanz, der unruhig hin und her peitschte, und einem imposanten Kopf mit riesigem Maul, das voller rasiermesserscharfer Zähne war. Zwar war dieses Exemplar wesentlich kleiner als jenes, das zu dem Schädel im Eingangsbereich gehört haben musste, doch es war eindeutig ein Königs-Dodongo.


    Vor lauter Panik vergaß Link seinen Schmerz, sprang auf die Füße und rannte vor dem gefährlichen Tier, das ihn um einige Meter überragte, davon. Mit jedem Schritt jagte eine gewaltige Schmerzenswelle durch seinen gesamten Körper, doch er zwang sich mit eisernem Willen immer weiter vorwärts, den Blick stur auf die vor ihm gelegene Wegbiegung geheftet. Im Scheitelpunkt der Kurve wuchs eine Pflanze mit weitauslegenden, grünen Blättern, einer glatten, schwarzen Frucht und einer gelben Blüte – eine Donnerblume.
    Doch bevor er die Pflanze erreichen konnte, rollte sich der Königs-Dodongo zusammen und kugelte als gefährliches Geschoss auf ihn zu, wobei die dreieckigen Knochenplatten auf seinem Rücken zu scharfen Waffen wurden. Link konnte sich so gerade eben noch aus dem Weg winden, verdrehte sich dabei jedoch den verletzten Fuß, was ihn aufschreien ließ. Der Dodongo schoss an ihm vorbei, genau in die Donnerblume, die mit einer heftigen Explosion detonierte.
    Erleichtert atmete Link auf, nur um erschrocken die Augen aufzureißen, als er sah, dass die Echse wieder auf ihn zu kam. Navi gab einen verzweifelten Ton von sich und starrte entsetzt auf die langsam auf sie zu stampfende Gefahr. „Sein Knochenpanzer ist so hart, dass selbst eine Donnerblume ihm nichts anhaben kann.“ Ihre Stimme klang müde, beinah resigniert, doch Link achtete gar nicht auf sie. Stattdessen humpelte er so schnell er konnte auf eine weitere Donnerblume zu, die er ein paar Hundert Meter hinter sich entdeckt hatte.
    Das dumpfe Grollen hinter ihm kam immer näher, je mehr der Königs-Dodongo aufholte. Die Vibrationen der bebenden Erde machten das Laufen neben der Verletzung zusätzlich schwer. Langsam legte sich vor lauter Schmerz, der bei jedem Schritt wie Stromstöße durch Links Körper jagte, ein roter Schleier vor seine Augen und er sah kleine Sternchen tanzen, doch er wollte nicht aufgeben.
    Das Gesicht von Salia tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Er hatte ihr versprochen, gesund und munter wieder ins Kokiri-Dorf zurück zu kehren. Er durfte sich nicht hängen lassen. Entschlossen schleppte er sich weiter, als sich neben Salia auch noch Zelda stahl. Er sah ihre lebendigen, dunklen Augen vor sich, als ob sie ihm direkt gegenüber stünde.
    Zelda... Trotz der Schmerzen und der Angst schlich sich beim Gedanken an sie ein Lächeln auf seine Lippen. Er dachte an ihren flüchtigen Kuss auf seine Wange und an sein Versprechen ihr gegenüber. Sie Beide mussten Ganondorf aufhalten! Er durfte, er konnte hier nicht sterben. Bilder des sterbenden Deku-Baumes und halbverhungerter Goronenkinder wirbelten vor dem Hintergrund eines kalt lachenden Ganondorfs durch seinen Geist. Der Schweiß brannte in seinen Augen, als er versuchte Sternchen und Schleier weg zu blinzeln.
    Er hatte die Donnerblume fast erreicht, als sein schmerzender, heftig angeschwollener Knöchel seinen Dienst verweigerte und Link stürzen ließ. Er fiel wie ein nasser Mehlsack und rollte bedrohlich nah an die Lava heran. Navi presste sich die Hände auf den Mund, um nicht laut zu schreien.
    Der Schmerz in seinem Fuß war schier unmenschlich, doch Link kämpfte tapfer gegen die drohende Ohnmacht an und versuchte verbissen, wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Königs-Dodongo war inzwischen so nah, dass er seinen fauligen Mundgeruch riechen konnte.
    Tränen traten in Links Augen, als er sah, wie die gewaltige Echse ihr bedrohlich wirkendes Maul aufriss und tief Luft holte, so wie es ihre kleinere Verwandte getan hatte, bevor sie einen Feuerball ausgespieen hatte. „Navi... Salia... Deku-Baum... Zelda… Vergebt mir, ich hab versagt.†„So etwas darfst du nicht sagen!“ Navi stand neben seinem Kopf und bewarf den Dodongo mit Steinchen, um ihn abzulenken, doch es brachte einfach nichts. Er schien es nicht einmal zu bemerken, seine Panzerung war zu hart.
    Link schloss die Augen und stellte sich darauf ein, jede Sekunde geröstet zu werden, als ihm plötzlich ein Licht aufging. So schnell er konnte, riss er den Bombenbeutel von seinem Gürtel und holte eine der Bomben heraus. Link hielt die Lunte kurz in den nahen Lavateich, woraufhin sie laut zischend kund gab, dass die Bombe nun scharf war. Unter Aufbietung all seiner verbliebenen Konzentration und Kraft schleuderte Link die explosive Kugel ins Maul der Riesenechse.
    Diese schluckte überrascht und machte große Augen, bevor ihr die Detonation in ihrem Inneren den Leib zerriss. Blut und Innereien spritzten an Wände und Decke und bedeckten Link, der reflexartig den Arm hoch riss, um sein Gesicht zu schützen. Navi neben ihm gab einen angewiderten Laut von sich, als sie von einem Stück Dodongo getroffen wurde.
    Der Königs-Dodongo brach tot zusammen und rutschte den sanften Abhang zum Lavasee hinab, wo sein Kadaver Feuer fing und unter Freisetzung eines fürchterlichen Gestanks verbrannte. Link ließ seine Augen zufallen und atmete tief durch. Noch einmal mit dem Leben davon gekommen.

    Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend stieg Link über die riesigen Reißzähne hinweg in das Maul des Schädels. Bisher hatte er sich immer gefragt, wie man so etwas hart aussehendes wie einen Goronen fressen könnte, doch beim Anblick dieser Fänge verflüchtigten sich seine Zweifel sofort. Königs-Dodongos waren definitiv tödlich.
    Navi, die mal wieder auf seiner Schulter saß, begann leicht zu zittern. Link warf zunächst einen nachdenklichen Blick auf die Lava, die große Teile des Raumes hinter ihnen bedeckte, und dann auf seine Fee. „Was hast du? Dir ist doch nicht etwa kalt?“ Sie schüttelte geistesabwesend den Kopf und blickte sich mit großen Augen um. Als sie sprach, klang ihre Stimme weit entfernt: „Wir kommen dem Nest des Anführers immer näher, ich spüre das.“
    Nachdem sie den Schädel passiert hatten, kamen die Beiden in einen runden Raum, an dessen Seite eine mit Eisenstäben versperrte Tür gelegen war. Die zwei Fledermäuse, die durch die Luft patrouillierten, erledigte der Junge mit zwei gezielten Schleuderschüssen, bevor er sich der Tür näherte. Ein kurzes Rütteln an den Stäben machte klar, dass sie sich durch Gewalt keinen Millimeter würden bewegen lassen. Genervt trat Link gegen die Wand und verzog das Gesicht, als er sich dabei den großen Zeh schmerzhaft anstieß.
    „Hier drüben ist ein Schalter, sieh mal.“ Ein wenig humpelnd näherte Link sich seiner Fee, die in der Mitte des Raumes stand und in ein kleines Loch deutete. Auf dem Boden des Lochs war tatsächlich ein Druckschalter, der aussah als könnte das Gewicht des Jungen ausreichen, um ihn zu aktivieren. Behände sprang dieser in das nicht all zu tiefe Loch und jubelte triumphierend als nicht nur der Schalter sich herabdrücken ließ, sondern auch die Stäbe quietschend nach oben gezogen wurden.
    Doch als er sich wieder aus dem Loch zog, war die Ernüchterung groß. Kaum hatte er seine Füße vom Schalter genommen, sprang dieser wieder hoch und die Stäbe sausten wieder herab. Nach schier unzähligen Versuchen und als seine Tunika bereits unangenehm an seinem völlig verschwitzten Körper klebte, gab Link endlich auf.
    Schwer atmend setzte er sich an den Rand des Lochs und ließ die Füße baumeln. „Es hat einfach keinen Sinn. Ich komm nicht schnell genug zur Tür, um sie zu öffnen, bevor die Stäbe wieder unten sind. Ich komm ja nicht mal in die Nähe der Tür, egal, wie sehr ich mich beeile.“ Eine schweißfeuchte Strähne hing ihm ins Gesicht und kitzelte seine Nase, doch er ignorierte sie einfach. Wie im Namen der drei Göttinnen konnte man diese Tür passieren? Navi saß auf seinem Kopf und deutete auf das andere Ende des Raums. „Dort hinten ist noch ein Gang. Vielleicht finden wir ja da etwas, das schwer genug ist, um es auf den Schalter legen zu können.“
    Seufzend hievte Link sich wieder auf die Füße und trabte davon, um den neuentdeckten Weg zu erkunden. „Hey, Navi. Wenn wir etwas in den Mund stecken und runter schlucken, dann kommt es in den Magen, richtig?“ Sie sah ihn verwirrt an, nickte aber, wobei ihr langes Haar sanfte Wellen in der Luft schlug. „Dann war der Raum vorhin also so was wie der Magen des Königs-Dodongos, wenn man sich vorstellt, dass es nicht nur ein Schädel ist.“ „Ja, mag sein.“ Worauf wollte er nur hinaus? „Was ist dann dieser Gang hier, wenn der Raum vorhin der Magen war?“ Ein breites Grinsen breitete sich auf Links Gesicht aus, doch Navi verzog angewidert den Mund. „Manchmal bist du echt ekelig...“
    Der „Darm“ beschrieb einen großen Bogen und mündete schließlich wieder im „Magen“, allerdings auf einer höheren Ebene, die vom Boden aus nicht zu erreichen gewesen war. Doch was viel wichtiger war: Vor den beiden Abenteurern tauchte ein großer, schwer aussehender Steinquader auf, der perfekt in das Loch mit dem Schalter zu passen schien.
    Unter Ausbietung all seiner Kraft schob Link den Klotz in das Loch, wo er den Schalter aktivierte und endlich den Weg durch die Tür frei gab.


    Die Freude darüber währte jedoch nicht lange, denn der Raum hinter der Tür war bis auf eine kleine Truhe mit zusätzlichen Bomben vollkommen leer. Link verstaute die Bomben, die nicht mehr in den Bombenbeutel passten, in seinem Wunderbeutel, während Navi ein frustriertes Gesicht machte. „So viel Aufwand für ein paar popelige Bomben... Tze.. Was soll denn das?“ Link konzentrierte sich darauf, seine Lederbeutel wieder richtig und fest an seinem Gürtel festzuknoten. „Wir haben uns von den Stäben in die Irre leiten lassen und sollten es jetzt einfach an einer anderen Stelle versuchen, meinst du nicht?“ „Nein! Ich weiß, dass wir hier richtig sind, ich fühle das.“
    Gleichgültig zuckte Link die Schultern und schickte sich an, den Raum wieder zu verlassen, als er über eine Kante im Boden stolperte. „Huch... Wo kommt das denn her?“ Er kniete sich hin und befühlte bedächtig den kalten Stein unter ihm. „Navi! Ich hab’s!“ Die Fee schoss auf ihn zu und blickte ihn ungeduldig an. „Hier ist ein Stück nachträglich eingelassen worden. Wenn man genau hin sieht, erkennt man’s sogar.“ Navi konzentrierte sich und erkannte tatsächlich, dass eine etwa ein mal ein Meter große, quadratische Fläche ein wenig heller war als der restliche Boden. „Ich denke, ich kann das Loch wieder frei sprengen.“
    Link sprang wieder auf die Füße und holte eine Bombe hervor, die er an einer in einer Ecke stehenden Fackel entzündete, bevor er sie mitten auf das hellere Steinquadrat legte. Schnell rannte er mit Navi, die er schützend in seinen Händen barg, aus dem Raum, um der Explosion zu entgehen. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, bog sich das Holz auch schon bedrohlich, als die Bombe hoch ging.

    Nach einiger Zeit kamen die beiden Abenteurer an eine wackelig aussehende Hängebrücke, die über dem Eingangsraum der Höhle verlief. Unter ihnen ragte der majestätische Schädel des Königs-Dodongos in die Höhe. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend schritt Link bedächtig über die Brücke, während er sich mit einem verbissenen Gesichtsausdruck an dem aus Hanfseilen bestehenden Geländer festhielt. Die Seile fühlten sich rau gegen seine Handflächen an und durch die Reibung entstand eine unangenehme Hitze, doch Link ließ dennoch nicht los – zu groß war die Angst, eine der verrottet aussehenden Holzplanken könnte unter seinem Gewicht brechen.
    „Du siehst aus wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.“ Navi balancierte leichtfüßig über das Geländer und betrachtete Link, dem der Schweiß auf der Stirn stand, amüsiert von der Seite. „Halt einfach die Klappe, Navi.“ Konzentriert setzte der Junge einen weiteren Fuß vor den anderen. „Jetzt mal im Ernst: Das ist nur eine Brücke... und du machst ein Gesicht als wärst du einem Geist begegnet.“ „Nur eine Brücke?! Hast du dir das morsche Ding mal angeguckt?“ „Du hast doch nicht etwa Angst?“ Die Fee sah mit schief gelegtem Kopf zu ihm herauf und grinste.
    Vor Wut begannen sich Links Wangen mit roten Flecken zu übersäen. „Willst du damit behaupten, ich sei ein Feigling?“ Navis Grinsen wurde noch eine Spur weiter. „Vielleicht...“ Link presste die Kiefer aufeinander und sah sie mit zu Schlitzen verengten Augen an. So viele Jahre hatte er sich von Mido einen Feigling nennen lassen müssen... Von einer dermaßen ängstlichen Fee, die sich beim kleinsten Anzeichen von Gefahr in seiner Mütze verkroch, würde er sich nicht runtermachen lassen.
    Er ließ die Seile los und setzte entschlossen einen Fuß vor den anderen, wobei er immer schneller wurde, bis er beinah über die Bretter rannte. Navi blieb mit offen stehendem Mund zurück. „Warte! Das war doch gar nicht... Jetzt warte doch!“
    Link warf ihr einen säuerlichen Blick über die Schulter zu und übersah das klaffende Loch vor ihm. Navi stieß einen spitzen Schrei aus, als Link über die letzte Planke trat und stürzte. Als könnte sie das Unglück ungeschehen machen, wenn sie es nur nicht zu sehen bräuchte, schlug sie sich reflexartig die Hände vors Gesicht. Doch als anstatt eines panischen Kreischens und eines dumpfen Aufpralls lediglich unterdrücktes Stöhnen an ihre Ohren drang, ließ sie langsam ihre Hände sinken und sah wie Link sich damit abmühte, sich wieder auf die Brücke zu hieven. Glücklicherweise hatte er eines der Bretter zu fassen bekommen, bevor er in die Tiefe gestürzt war.
    Keuchend zog er zunächst seinen Oberkörper und dann die Beine wieder aus dem Loch. Navi seufzte erleichtert auf und beeilte sich dann, zu ihm zu kommen. „Was machst du nur immer für Sachen?“, fragte sie tadelnd, doch ihre Stimme war weich. „Hmpf.“ Link blickte sie noch immer verstimmt an, doch bevor er weiteres sagen konnte, wurde er plötzlich von hinten angegriffen.
    Die in Flammen stehende Fledermaus sauste in einem steilen Sturzflug auf ihn herab und prallte gegen Links Rücken, wo sie dessen Kokiri-Schild in Brand steckte. Mit einem einzigen gezielten Hieb konnte der Junge die Angreiferin niederstrecken, doch sein Schild war verloren.
    Panisch riss er sich das brennende Holz vom Rücken, warf es auf den Boden und versuchte, die Flammen auszutreten. „Link, Vorsicht!“ Link riss den Kopf hoch und sah Navi fragend an, doch es war zu spät. Durch die wilden Versuche, das Feuer zu löschen, hatte sich das Lederband gelöst, mit dem der Junge den Bombenbeutel an seinem Gürtel befestigt hatte, und eine der schwarzen Kugel fiel heraus.
    Wie in Zeitlupe sah Link, dass sich die Lunte entzündete und langsam herab brannte, während die Bombe weiter auf den Abgrund zu rollte. Geistesgegenwärtig schmiss sich Navi mit ihrem vollen Gewicht dagegen und schubste die Bombe über den Abgrund. Mit einem zischenden Geräusch fiel sie in die Tiefe und landete in einer der leeren Augenhöhlen des Königs-Dodongos. Die Hängebrücke schwankte leicht als die Bombe mit einem lauten Knall detonierte.
    „Puh, das war knapp.“ Link sah Navi mit einem dankbaren Lächeln an. „Du hast echt schnell reagiert.“ Die Fee wollte das Kompliment mit einer Handbewegung abtun, als ihr etwas ins Auge stach. „Sieh mal!“ Link folgte ihrem Blick hinab zu dem Riesenschädel und staunte nicht schlecht. Von der Augenhöhle, in welche die Bombe gefallen war, ging ein bedrohliches, rotes Leuchten aus und der Unterkiefer war ein Stück herab gesackt.
    Navi warf Link, der ihr mit einem Nicken zu verstehen gab, dass er verstanden hatte, einen bedeutungsschwangeren Blick zu. „Dort drüben über dem anderen Auge ist noch ein Loch in der Brücke.“ Link schnappte sich eine weitere Bombe, die er an den inzwischen fast erloschenen Überresten seines Schildes entzündete, und sprang beherzt auf die andere Seite, um die explosive Kugel in seinen Händen in die zweite Augenhöhle fallen zu lassen.
    Wie erhofft erstrahlte auch das zweite Auge nach der Explosion in demselben dunklen Rot und der Unterkiefer klappte ganz herunter, wobei er einen neuen Weg freilegte.

    So leise wie möglich schlich Link sich an den ersten Dodongo heran und hieb sein Schwert zischend auf den Rücken der Echse herab. Normalerweise hätte das Tier ihm sofort tot zu Füßen liegen müssen, doch anstatt sich zwischen den Rippen hindurch ins Herz zu bohren, rutschte die Klinge an den glatten Schuppen des kleinen Drachens ab, Link verlor durch den Schwung seines Schlags das Gleichgewicht und stürzte.
    Das Schwert glitt ihm aus der Hand und schlitterte klappernd über den Boden, während sich alle drei Dodongos fauchend zu ihm drehten. „Oh, oh...“ Schnell rappelte der Junge sich wieder auf und hielt seinen Holzschild vor sich, um wenigstens ein wenig geschützt zu sein. Die Dodongos beobachteten ihn aufmerksam aus lodernden, schwarzen Augen, während er sich langsam rückwärts auf sein Schwert zu bewegte.
    Der ganz rechts stehende Drache legte den Kopf schief und verengte die Augen zu Schlitzen, was ihm ein angriffslustiges Aussehen verlieh. Link konzentrierte sich auf ihn und schlich immer weiter auf sein Schwert zu. Es war beinah in Griffweite, als der mittlere Dodongo tief Luft holte und ihm einen Feuerball entgegen schleuderte.
    Reflexartig ließ Link sich sofort auf den Boden fallen und betrachtete mit schockgeweiteten Augen den großen, schwarzen Fleck an der Wand, wo das Feuer aufgeprallt war. Schnell machte er eine Rolle rückwärts, wälzte sich über die Seite und ergriff sein Schwert. Mit dem Kokiri-Schild auf dem Rücken, um es vor weiteren Feuerattacken zu schützen, und dem Kurzschwert in der linken Hand stürzte er sich wieder auf die Riesenechsen, als Navi plötzlich neben ihm auftauchte.
    „Versuch, ihren Schwanz zu treffen. Das ist die einzige Stelle, an denen ihr Panzer nicht so hart ist.“ Link stieß sich heftig vom Boden ab und katapultierte sich in die Luft, wo er eine elegante Schraube vollführte. Bevor er wieder landete, richtete er die Klinge seines Schwertes nach unten und sauste auf den Griff gestützt nach unten. Der Dodongo fauchte empört auf, als der Stahl Haut und Knochen zerschlug. Er schlug um sich und zog und zerrte an seinem Schwanz, doch er war an den Boden geheftet wie ein Schmetterling in einer Sammlung seltener Exemplare.
    Schwarzes Blut spritzte bei jeder Bewegung aus der Wunde und sammelte sich in einer großen Lache auf dem Boden. Wütend versuchte das verletzte Tier sich nach oben zu stemmen, wobei seine gewaltigen Krallen tiefe Furchen im Stein hinterließen. Es schien ein letztes Mal seine gesamte Kraft zu sammeln und Link suchte Schutz hinter einer Weggabelung. Er presste sich fest an die Wand und starrte um die Ecke, wo die anderen Dodongos versuchten, vor ihrem verletzten Freund zu fliehen. Doch bevor sie auch nur fünf Meter weit gekommen waren, detonierte der Körper des Drachen. Die Explosion war so heftig, dass die anderen Echsen trotz ihrer Panzerung zerfetzt wurden und sich Links Schwert Zentimeter tief in die steinerne Wand der Höhle bohrte.
    Navi steckte ihren Kopf unter dem Saum von Links Mütze hervor und rümpfte die Nase. „Örg, das war abartig.“ Der Junge ging langsam auf sein Schwert zu und zerrte an dessen Griff, doch es steckte fest. Er musste sich mit den Füßen gegen die Wand stützen und mit dem Gewicht seines ganzen Körpers ziehen, damit es sich wieder löste. Er stolperte rückwärts und brauchte einige Schritte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. „Das kannst du wohl sagen.“ Naserümpfend wich er einer Pfütze schleimig aussehenden Bluts aus. „Ich sag’s doch: Held sein stinkt. Und des Helden kleines Helferlein zu sein, ist auch kein besserer Job.“ Grinsend ließ er seine Klinge zurück in ihre Scheide gleiten und setzte seinen Weg fort.


    „Link! Hier!“ Navi schwebte über einer massiven Holztruhe, die auf einem leicht erhöhten Plateau stand, und schlug ungeduldig mit ihren schillernden Flügeln. Behände erklomm Link den Felsvorsprung und nahm das Schloss der Truhe in Augenschein. „Das dürfte kein Problem sein.“ Geschickt fummelte der Junge die Schneide seines Schwerts unter den Deckel und hebelte den Verschluss aus.
    Leise knarrend ließ sich die Holzkiste öffnen. Im Inneren lag ein großer, prall gefüllter Ledersack. Link blickte aufgeregt zu Navi hoch, bevor er den Sack an sich nahm, um ihn zu öffnen. Als er das Band löste, welches das grobe Leder zusammen hielt, rollte eine dunkle Kugel aus dessen Inneren. Navi kreischte auf und verschwand atemberaubend schnell unter Links Mütze. „Eine Donnerblume!“
    Link zuckte zurück und schloss die Augen, um sein Ende wenigstens nicht zu sehen. Doch als einige Herzschläge lang nichts passierte, blinzelte er unter halb geschlossenen Lidern hervor. Die vermeintliche Donnerblume war um einiges kleiner als die, die er bisher gesehen hatte, und hatte statt einer gelben Blüte eine flachsfarbene Schnur. „Navi? Das ist keine Donnerblume.“ Die Fee klammerte sich im Inneren seiner Mütze in sein weiches Haar. „Was?“ „Das ist keine Donnerblume. Das ist eine Bombe.“

    Tja, lass dich überraschen, ob es wirklich so einfach sein wird, dass die Lösung dem armen, kleinen Link wirklich etwas bringt. ;)
    Und im Prinzip weiß doch eh jeder, wie's geht. Ich denke, das Überraschende (wenn es das denn überhaupt gibt) ist das Drumherum.


    Aber danke für das Lob. :) Das hört man immer wieder gern. :D


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    Gemäßigten Schrittes und aufmerksam seine Umgebung musternd bewegte Link sich immer tiefer in die Höhle, vorbei an Zyklopenstatuen, die ihn, sobald sie den Jungen erblickten, mit blauen Laserstrahlen beschossen, und noch mehr Baby-Dodongos.
    „Es ist wirklich ein Schande...“, Link schüttelte traurig den Kopf, als sie sich im Laufschritt von einem niedergestreckten, jungen Dodongo entfernten. „Wie kann man nur so grausam sein und Kinder in den Kampf schicken?“ Navi bedachte ihn mit einem vielsagenden Seitenblick. „Ist ja nicht gerade so, als hätte die Gegenseite etwas anderes getan...“ „Was? Wieso? ... Ach, du meinst mich?“ „Wen denn sonst, Spatzenhirn?“ „Das... das ist etwas anderes. Ich... Für mich... Vermutlich ist es meine Bestimmung oder so. Jedenfalls habe ich immer gespürt, dass ich anders als die anderen bin. Außerdem bin ich kein Kind mehr.“ Navi zog eine Augenbraune in die Höhe, sagte aber nichts. „Na gut... Aber jedenfalls bin ich nicht mehr so jung. Diese Massen an Kleinkindern in den Kampf zu schicken, ist einfach unmenschlich.“
    Link lehnte sich an eine klobige Kriegerstatue mit rundem Kopf, Hörnern, sowie Schwert und Schild und sah zu seiner Fee herauf. „Deswegen ist er ja auch der böse Bösewicht.“ Unwillkürlich musste Link grinsen, als er plötzlich spürte, wie sich die Statue bewegte.
    Erschrocken wirbelte er herum und schritt langsam rückwärts, während er sein Schwert zog. Die Statue hüpfte in großen Sprüngen auf ihn zu, wobei ihr runder Sockel laut dröhnend wieder auf den Boden aufkam. Für einen Steinklotz war sie erschreckend schnell und wendig. Link sah es kaum, als sie ihr Schwert hob und es in einem hohen Bogen auf ihn niedersausen ließ. Er konnte sich gerade eben noch mit einem beherzten Sprung aus der Gefahrenzone bringen, doch die Statue hatte ihn trotzdem ganz knapp erwischt, wie ein paar langsam zu Boden segelnde Haare bezeugten.
    Link setzte zu einem Gegenangriff an und hieb mit seinem Kurzschwert auf den Gegner ein. Doch den einzigen Effekt, den dies erzielte, waren schmerzhafte Vibrationswellen, die von der Schwertspitze bis in seine Zehen schwappten. „D-d-d-a-a-s-s-s-s h-a-a-a-t-t k-k-k-e-i-n-n-e-e-e-n S-s-s-s-s-i-i-i-n-n!“, stotterte als ein weiterer seiner Angriffe an der steinernen Schale des Gegners abgeprallt war. Navi zog mit ängstlichem Blick auf die Statue an seinem Ärmel. „Was stehst du dann noch hier rum?“


    Link machte auf dem Absatz kehrt und stürzte in die schummerige Dunkelheit davon. Er rannte und rannte bis ihm die Lungen schmerzten. „Ich glaube, wir haben dieses Mistvieh abgehängt.“ Navi blickte mit nachdenklicher Miene in die Richtung, aus der sie gekommen waren, während Link in leicht hockender Position die Hände auf die Knie stützte und keuchend Luft holte.
    Als sich seine Atmung wieder ein wenig beruhigt hatte, blickte er sich neugierig um. In der Mitte des Raums stand eine riesige, steinerne Treppe, die hoch auf eine andere Ebene der Höhle führte. Leider war die unterste Stufe so hoch, dass Link sie nicht würde erklimmen können.
    Mit nachdenklich in Falten gelegter Stirn kratzte er sich hinterm Ohr und ließ seinen Blick weiter schweifen. Wie sollte er dort hinauf gelangen? Rund um die Treppe wuchsen dicht an dicht reife Donnerblumen, so als hätte sie jemand dort in gerade Reihe angepflanzt. Langsam ging der Junge darauf zu und kniete sich vor eine etwas größere Lücke zwischen den Pflanzen, genau vor der Mitte der Treppenstufe.
    „Navi? Siehst du hier irgendwo noch mehr Donnerblumen?“ Irritiert blickte die Fee zu ihm herüber. „Reichen dir die da nicht? Damit könntest du jetzt schon eine ganze Stadt in die Luft jagen.“ „Oder diese Treppe zum Einstürzen bringen.“ „Ja, oder diese... WAS?! Was im Namen der Göttinnen hast du vor?“ Vorsichtig befühlte Link die Beschaffenheit des Treppensteins kurz über dem Boden. Hier erschien er ihm poröser als beim Rest der Treppe, die so massiv war, dass er zweifelte, ob die Donnerblumen so einen harten Stein sprengen könnten.
    Ohne den Blick von den kaum sichtbaren Risslinien im untersten Teil der Stufe zu nehmen, deutete er nach oben. „Ich will da rauf.“ „Aber... aber...“ „Vertrau mir einfach. Dieses eine Mal. Wenn das hier nicht klappt, werd ich nie wieder eine meiner Ideen äußern.“ „Ja, weil du dann vermutlich nie wieder Ideen haben wirst...“
    Navi grummelte noch immer vor sich hin, als sie begann den Raum nach weiteren Donnerblumen zu durchsuchen. Von der gegenüberliegenden Wand leuchteten sie zwei knallgelbe Blüten an. „Link, hier drüben!“


    Vorsichtig platzierte der junge Recke die schon bedrohlich pulsierende Frucht genau in der Mitte der Lücke zwischen den anderen Donnerblumen. Navi beobachtete in mit ängstlich geweiteten Augen von ihrem Versteck aus. Kaum dass Link die bombenartige Pflanze gepflückt hatte, hatte sie sich in einen schmalen Spalt in der Wand verzogen.
    Link presste sich ebenfalls dicht an den kühlen Stein und hielt den Hylia-Schild vor sich. Weder Junge noch Fee wagte es, zu der Treppe hinüber zu blicken. Als die gepflückte Donnerblume schließlich explodierte und eine Kettenreaktion auslöste, die alle drum herum wachsenden Blumen erreichte, hallte ein ohrenbetäubender Knall durch den kleinen Raum.
    Link wurde von der Schallwelle noch mehr an die Wand gedrückt und er fühlte, wie ihm langsam die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Doch bevor er Atemnot bekommen konnte, hatte sich die Druckwelle bereits wieder aufgelöst und die Treppe stürzte wie erhofft ein Stück weit ein, wobei sie eine riesige Wolke aus Staub und feinem Sand aufwirbelte.
    Navi stand wild gestikulierend vor ihm und bewegte stumm den Mund. Irritiert starrte Link sie an. „Was willst du mir sagen?“ Panik schnürte ihm die Kehle zu, als er seine eigene Stimme nicht hörte. Hatte der laute Detonationsknall ihm etwa die Trommelfelle zerfetzt? „Ich... Ich hör nichts!“ Obwohl er merkte, dass er brüllte, hörte er keinen Ton. Panisch bohrte er mit den Zeigefingern in den langen elfenhaften Ohren, als sich endlich mit einem lauten Fiepen sein Gehör zurück meldete.
    „Ich sagte, dass deine Ideen bescheuert sind, ich aber trotzdem beeindruckt bin, dass es geklappt hat.“, brüllte Navi. Ihr Stimme klang als steckte Links Kopf unter Wasser und das laute Piepen raubte ihm den letzten Nerv, doch mit jedem Herzschlag wurde sein Gehör wieder besser. Noch einmal Glück gehabt.


    Schweigend erklommen sie die gewaltige Treppe und erforschten die weiteren Tiefen von Dodongos-Höhle. Nach einiger Zeit zog Navi Link stumm zur Seite und deutete mit dem Kinn auf riesige in etwa pferdgroße Echsen, die in ca. 250m Entfernung dicht über den Boden krochen. „Ausgewachsene Dodongos.“ „DAS sind ausgewachsene Dodongos? Und was ist dann mit diesem monströsen Schädel am Eingang? Wenn das da..“, er deutete auf die dreier Gruppe Dodongos, „... alles ist, hätte ich mir nicht so in die Hosen machen müssen.“
    Navi strich sich eine Strähne zurück über die Schulter. „Das war der Schädel eines Königs-Dodongos. Die sind mit normalen Dodongos nicht zu vergleichen.“ „Vielleicht haben wir ja Glück und hier sind nur normale.“ Links Gesicht strahlte, doch Navi schüttelte den Kopf. „Nein. Jedes Dodongo-Rudel wird von einem Königs-Dodongo angeführt.“ Link schob die Augenbraunen zusammen, sodass zwischen ihnen zwei feine Falten entstanden, und sah zu Navi herauf. „Wie kommt’s, dass du plötzlich so viel über Dodongos weißt?“ Die Fee zuckte die Schultern, als sei die Antwort offensichtlich. „Die Höhle hat es mir erzählt.“
    Schnaubend stieß Link die Luft aus der Nase aus und presste die Lippen aufeinander, um nicht zu lachen. „Ja, klar... Ich quatsch auch jeden Abend mit meinem Wohnbaum im Kokiri-Dorf. Geeeenau...“ Zornig verschränkte Navi die Arme vor der Brust. „Sehr witzig. Nimm mich ruhig nicht ernst...“ „Hey, sorry, aber weißt du, wie bescheuert das klingt? ‚Die Höhle hat’s mir erzählt.’“ Link versuchte die Stimme seiner Fee nachzuäffen und scheiterte kläglich. „Tut mir ja leid, wenn die Fähigkeiten von uns Feen über dein Fassungsvermögen gehen.“, schnappte diese und kehrte ihm beleidigt den Rücken zu. „Moment... Du hast das ernst gemeint?!“ „Natürlich. Alles, was die Göttinnen erschaffen haben, hat eine Seele. Du, ich, jedes Tier, jeder Baum, jeder Stein. Wir Feen sind in der Lage, ihre Stimmen zu hören, hier, ganz tief im Herzen.“ Sie klopfte sich mit der flachen Hand auf die Brust. „Du glaubst gar nicht, was so manche Dinge zu erzählen haben...“

    Die folgenden Räume waren in ein schummeriges Licht getaucht und Link schritt gedankenversunken neben Navi her. „Ich hoffe, diese Höhle ist seeeeeeehr groß.“ Die Fee warf ihm einen verwirrten Seitenblick zu. „Warum?“ „Vielleicht fällt mir dann ein, wie ich mein Versprechen einlösen kann. Bis jetzt ist mir nämlich noch immer schleierhaft, wie man ein so gewaltiges Monster besiegen soll.“
    Navi starrte stumm auf den Boden unter ihr. Zuzugeben, dass sie keine Ahnung hatte, fiel ihr unglaublich schwer. Link sah sie mit vor der Brust verschränkten Armen an, als sich plötzlich ein echsenartiges Wesen aus dem sandigen Boden nach oben grub und ihn mit einem lauten Fauchen angriff. Geschickt tänzelte der Junge aus der Flugbahn des Angreifers und stieß ihm seine Klinge zwischen die Rippen, bevor ein zweiter Angriff möglich war.
    „Was war das?“ Die junge Fee ließ sich neben dem Kadaver nieder und beäugte ihn aufmerksam. „Siehst du den Kopf? Erinnert dich das an etwas?“ Link ging in die Knie und betrachtete den toten Gegner eingängig. Der Körper und die zu kurz wirkenden Beine waren von kleinen, grünen Schuppen bedeckt. Die schwarzen Knopfaugen waren im Tod halb geschlossen und eine lange, rote Zunge hing aus dem mit rasiermesserscharfen Zähnen bewehrten Kiefern.
    „Ein... Ein Dodongo?“ Navi nickte langsam. „Ja. Ich glaube, es ist ein Baby-Dodongo oder zumindest noch ein sehr junger.“ „Ich hab ein Baby getötet?“ Seine blauen Augen waren im Schock unglaublich groß. Die Fee stieß einen genervten Laut aus. „Ein Baby, das dich fressen wollte – also bitte, bitte keine Gewissensbisse.“ In einer flüssigen Bewegung stand der Junge auf und blickte traurig auf den toten Dodongo. „Nein, keine Gewissensbisse. Aber es ist echt widerlich, dass Ganondorf nicht davor zurückschreckt, so junge Wesen in den Kampf zu schicken.“
    Kopfschüttelnd wandte er sich ab, als Navi hinter ihm plötzlich schnappend Luft holte. „Weg, Link! Weg!“ Überrascht drehte sich der Junge sich halb um, nur um zu sehen wie sich unter der Haut des jungen Dodongos etwas bewegte. „Was-?“ Doch noch bevor er den Satz beenden konnte, detonierte der Körper des echsenartigen Angreifers mit einem lauten Knall. Link knallte gegen die gegenüberliegende Wand, bevor er hart auf den Boden aufschlug.
    Stöhnend stemmte er sich wieder auf die blutenden Knie und blickte sich suchend nach seiner Fee um. Seine Schulter schmerzte stark und er hatte beim Aufprall auf den Boden viel Staub geschluckt, der ihn jetzt husten ließ. Neben ihm klackerten ein paar übereinander gelegene Steine, als Navi sich freikämpfte.
    „Hoppla, das war unerwartet.“ Sie klopfte sich Dreck aus den langen Haaren und musste niesen. „Was ist überhaupt passiert?“ Link befühlte ein langsam anschwellendes Hämatom an seinem Ellenbogen, während er auf die Stelle starrte, wo der tote Dodongo gelegen hatte und jetzt eine tiefe Mulde im Sand zu sehen war.
    „Ich glaube, der Dodongo ist explodiert.“ Navi kam langsam auf ihn zu und wischte sich Sand vom Ellenbogen. Link kaute mit leerem Blick auf der Unterlippe. „Aber wie ist denn so was möglich? Das würde doch bedeuten, dass der Körper von diesen Tierchen mit irgendwas explosivem gefüllt ist.“ Er riss den Kopf herum und schaute zu Navi herüber, die ihn ebenfalls aus großen Augen ansah. „Das ist DIE Lösung! Donnerblumen!“

    Ich weiß, der Teil ist noch viel kürzer, aber irgendwie hab ich gerade nicht so richtig Lust. Vielleicht schreib ich aber nachher noch weiter.


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    Link verstaute den großen, schweren Hylia-Schild wieder in seinem Wunderbeutel und ging langsam auf den Lichtschein zu. Vorsichtig steckte er den Kopf durch das Loch und schaute sich in dem dahinter liegenden Raum um. In der Mitte ragte eine Felsplattform in die Höhe und auf den Seiten verliefen Vorsprünge, die tiefer in de Höhle hinein führten. Die Luft war heiß und stickig und gab Link das Gefühl, kaum atmen zu können. Der Junge wischte sich die ersten Schweißtropfen von der Stirn und ging langsam in den Raum hinein. Der Boden unterhalb der Felsvorsprünge war von einer tiefroten, zähaussehenden Flüssigkeit bedeckt, die so heiß war, dass sie Blasen warf.
    „Was ist das?“, flüsterte der junge Recke tonlos, als unerwartet eine Stimme aus seiner Mütze drang: „Lava. Wonach sieht’s denn aus?“ Langsam krabbelte Navi durch sein Haar und setzte sich auf seine Schulter. Sie sah noch immer müde aus, doch sie war ganz offensichtlich zumindest wieder bei Bewusstsein. „Hey, schön, dass es dir wieder besser geht.“ „Klar. So ein kleiner Windhauch haut mich nicht um.“ Link verdrehte die Augen und deutete dann quer durch den Raum. „Fein. Kannst du mir dann meine eigentliche Frage beantworten? Ich habe mich gefragt, was DAS ist, nicht was auf dem Boden ist. Dass das Lava ist, seh ich selbst.“
    Navi folgte seinem ausgestreckten Arm und blickte auf die gegenüberliegende Wand. Dort befand sich ein etwa haushoher Schädel mit leeren Augenhöhlen, scharfen Zähnen in den geschlossenen Kiefern und runder Schnauze. „Uh, ich glaube, das ist ein Dodongo-Schädel.“ „Was?!“ „Ey, schrei mich nicht an. Ich kann nichts dafür.†„Aber wenn das da nur ein Schädel ist... Wie groß ist dann ein kompletter Dodongo?“ „Ziemlich groß.“ „Und wie zum Henker soll ich so ein Riesenvieh klein kriegen? Ich kündige wirklich...“

    Langsamen Schrittes stieß Link immer weiter in die Höhle vor. Im Inneren war es so unglaublich dunkel, dass man nicht einmal die eigene Hand vor Augen sah. Der Junge schob bedächtig einen Fuß vor und streckte den rechten Arm vor sich, um eventuelle Hindernisse rechtzeitig ertasten zu können.
    Mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen versuchte er einen Witz zu machen: „Gut, dass ich nie Angst vor der Dunkelheit hatte.“ Neben ihm machte Navi ein grunzendes Geräusch. „Weißt du, das käme irgendwie überzeugender rüber, wenn deine Stimme dabei nicht zittern würde.“ Link streckte ihr die Zunge heraus, auch wenn sie dies nicht sehen konnte. „Nur weil ich mich nicht fürchte, heißt das nicht, dass ich nicht angespannt bin.“ „Du bist so ein Weichei.“ Die Fee seufzte übertrieben auf und knuffte ihm dann spielerisch gegen sein Kinn. „Doch wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Feelein her.“
    Navi legte sich Zeige- und Mittelfinger beider Hände an die Schläfen, um diese in kreisenden Bewegungen zu massieren und konzentrierte sich. Auf einmal wurde aus dem silbrigen Glanz, der ihren Körper stets einhüllte, ein kühles, weißliches Licht, das sich immer weiter im Raum ausbreitete, bis die Lichtkugel einen Durchmesser von fast fünf Metern hatte.
    Das Licht war so hell, dass Link sich geblendet abwenden und die Augen mit den Händen schützen musste, bis er sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatte. Blinzelnd schaute er sich um und staunte nicht schlecht. Konnte er vorher kaum bis zu seiner Nasenspitze gucken, erkannte er nun in der Nähe wachsende Donnerblumen und sogar die raue Beschaffenheit der Felswände.
    „Navi, du bist unglaublich!“ „Ich weiß. Trotzdem danke.“ Die Stimme der Fee klang rau und gepresst. Link strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und musterte seine Begleiterin mit sorgenvoller Miene – das heißt, das hätte er getan, hätte er sie in dem hellleuchtenden Lichtball erkennen können. „Alles okay bei dir?“ „Ja, ja, keine Angst. So zu leuchten ist nur unglaublich anstrengend. Also tu mir einen Gefallen und beweg dich!“


    Nach nur zehn Minuten hatte Link den ganzen Raum umrundet, doch nirgends war ein Weg tiefer in die Höhle zu entdecken. Navi hatte sich inzwischen auf den klammen Boden niedergelassen, weil ihr die Kraft fehlte, sich weiter in der Luft zu halten, und atmete keuchend. Verzweifelt rannte Link durch den Raum und krabbelte auf allen Vieren an den Wänden entlang, in der Hoffnung, einen schmalen Durchgang zu finden, den er bisher übersehen hatte.
    „Kannst du’s noch aushalten?“ Er warf einen besorgten Blick über die Schulter auf den langsam schrumpfenden Lichtball. „Mach dir... um mich keine Sorgen...“, presste Navi zwischen den Zähnen hervor, während silbriger Schweiß über ihre Stirn lief. Die Welt schien sich plötzlich um sie herum zu drehen und zu verzerren. Ihr Oberkörper schwankte ein wenig und sie drohte, in Ohnmacht zu fallen, während Link wütend gegen eine der Wände schlug.
    Das Feenlicht hinter ihm flackerte besorgniserregend, als er endlich bemerkte, dass seine Schläge einen seltsam hohlen Ton erzeugten. „Navi! Navi! Hinter dieser Wand geht’s weiter! Halt nur noch ein bisschen durch!“ Mit langen Schritten eilte Link zu den Donnerblumen, die in der Nähe wuchsen, während er in Gedanken betete, wenigstens eine von ihnen möge reif sein.
    In dem immer schwächer werdenden Licht konnte man nicht erkennen, ob es sich um unreife oder fertige Pflanzen handelte, deswegen pflückte der Junge einfach auf gut Glück die erste, an der er vorbei kam. Nachdem er sie platziert hatte, rannte er so schnell er konnte zu seiner inzwischen fast völlig entkräftigten Fee. Die harte Schale der Donnerblumenfrucht knackte schon bedrohlich, als Link unter leisen Flüchen den Hylia-Schild aus seinem Lederbeutel zerrte und versuchte, sich selbst und Navi damit vor der Explosion abzuschirmen.
    Als der Fruchtkörper schließlich mit einem lauten Krachen detonierte, entstand dabei in dem kleinen Raum eine gewaltige Druckwelle, die Link trotz des Hylia-Schildes nach hinten kippen ließ und Navi durch den halben Raum schleuderte. Mit einem schwachen Stöhnen versuchte sie wieder auf die Füße zu kommen, doch ihr ausgelaugter Körper verweigerte seinen Dienst. Kaum dass sie ihr Bewusstsein verloren hatte, erlosch auch ihr Feenlicht, das den Raum erhellt hatte.
    Link krabbelte besorgt zu ihr herüber und hob sie zärtlich auf, bevor er ihr mit einem Finger liebevoll über die Wange strich. „Du dummer, sturer Esel. Du hättest doch sagen können, dass es zu viel für dich wurde.“ Vorsichtig bettete er sie in seine lange Mütze, stand langsam auf und drehte sich um. In der rückwärtigen Wand klaffte nun ein riesiges Loch, durch das der sanfte rotglühende Schimmer von Fackeln drang.

    Mal sehen. Die Semesterferien sind mal wieder voll gepackt mit Arbeit, Arbeit und noch mehr Arbeit (und vor allem mit Schreibarbeit - da hab ich eher weniger Lust, auch noch an meiner Geschichte zu schreiben), aber mal sehen. Vielleicht finde ich nächste Woche Zeit für ein oder zwei Unterkapitelchen.

    Auf dem Weg hinab zum Eingang konnte Navi noch immer nicht fassen, wie knapp sie einer Katastrophe entgangen waren. „Wenn ich diesen Goronen erwische, kann er was erleben! Dieser Idiot wollte uns umbringen!“, wetterte sie, während sie zur symbolischen Unterstreichung ihrer Worte mit der Faust auf die Handfläche schlug. Doch Link machte ein gequältes Gesicht und schüttelte sacht den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht hat er nicht ganz bis zum Ende drüber nachgedacht oder wir irren uns und mir wäre gar nichts passiert, wenn das Ding in meinen Händen explodiert wäre.“ Navi zog die rechte Augenbraune in die Höhe und bedachte ihn mit einem abfälligen Blick. „Diese einzelne Donnerblume hat einen riesigen Felsen in tausend Teile zersprengt. Wenn sie in deinen Händen detoniert wäre, hätte die Explosion dir erst die Arme abgerissen, bevor du zermalmt worden wärst, weil die umstehenden Pflanzen explodiert wären.“ Navi schnaubte ärgerlich und blickte Link, der mit hängendem Kopf neben ihr her lief, nachdenklich an. „Und trotzdem fällt es dir schwer, schlecht von diesem Felsknäul zu denken, nicht wahr?“ Link nickte und seine Fee warf in einer theatralischen Geste die Arme zum Himmel. „Oh, bei den Göttinnen...“


    Vorsichtig drückte der Junge sich zwischen den feiernden Goronen, die ein paar kleine Happen von ihren Lieblingssteinen gefunden hatten, hindurch Richtung Höhleneingang. Gerade als er die Höhle betreten wollte, wurde er von einem der Felsenwesen aufgehalten. Es war sein neugewonnener Freund, der ihn nach Goronia geleitet hatte. „Warst du das mit der Donnerblume?“ „Ja, aber das war eigentlich ein Ver-...“ Doch der Gorone ließ ihn nicht ausreden. Stattdessen drückte er den völlig perplexen Link an seine steinharte Brust. „Das ist großartig! Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, endlich mal wieder von diesen Steinen kosten zu können. Willst du auch ein Stück?“ Er hielt dem Jungen, der verzweifelt gegen die zu enge Umarmung ankämpfte, einen Brocken rötlichbraunen Granits unter die Nase. Dieser verzog bei dem Gedanken auf Stein zu beißen angewidert das Gesicht und winkte ab. Der Gorone zuckte die Schultern, wobei er Link durch die Umarmung für kurze Zeit vom Boden hoch hob, und steckte sich den Stein in den Mund. Er kaute laut knirschend, bevor er mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schluckte.
    „Köstlich! Zu schade, dass es damit bald wieder vorbei sein wird.“ Sein Gesicht verdüsterte sich und er entließ Link, der fragend den Kopf schief legte, wieder aus der Umarmung. „Dodongos-Höhle mag wieder offen sein, doch tief in ihr Innerstes können wir noch immer nicht vordringen. Die Dodongos sind nach all der Zeit, in der sie für ausgestorben galten, wieder zurückgekehrt – und Goronen stehen ganz oben auf ihrem Speiseplan.“ Link drehte sich zum Höhleneingang und starrte in die Dunkelheit. „Diese Dodongos, was sind das für Wesen?“ „Riesige, feuerspeiende Echsen mit schier undurchdringlich gepanzerter Haut und einem extrem aggressiven Temperament.“ Ohne den Blick abzuwenden, nickte Link und versprach seinem Freund, das Problem zu beheben. Dann nickte er sich selbst zu, drückte den Rücken durch und trat selbstsicher in die Finsternis.

    Schoko Keksi? O.o
    Das ist ja - im wahrsten Sinne des Wortes - süß. :D


    Ich hab ja jetzt schon mehr Absätze drin als zu Anfang, aber meint ihr, es wäre besser, noch mehr einzufügen?
    Irgendwie sieht das dann so auseinander gepflückt aus, find ich.


    Aber vielen Dank euch Beiden für die lieben Worte. :)
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    Goronia war eine unterirdische Stadt, die in Jahrhunderte langer Arbeit in den Felsen des Todesbergs gehauen worden war. Nun stand Link am Rand des obersten Stockwerks, blickte in die Tiefe, zählte die Etagen unter ihm und beobachtete träge umher trottende Goronen. „Normalerweise sind wir nicht so träge... na ja, jedenfalls nicht so sehr.“, murmelte der Gorone, der Link und Navi hergebracht hatte, als er dem Blick des Jungen folgte. „Doch seit dieser Mann hier gewesen ist und Dodongos-Höhle verschlossen hat, leiden wir alle Hunger. Du musst wissen, wir Goronen sind Steinfresser und sehr sensibel, was unsere Nahrung betrifft. In Dodongos-Höhle lagern unsere Vorräte, doch an die kommen wir nun nicht mehr heran und andere Steinsorten zügeln nur den Appetit, sättigen uns aber nicht. Ganz besonders die Kinder und Alten leiden darunter.“
    Link zog die Augen zu Schlitzen zusammen und sah seinen neugewonnen Freund aufmerksam an. „Was für ein Mann?“ „Ich weiß nicht genau. Er war riesig für einen Menschen, in etwa so groß wie ein ausgewachsener Gorone, wenn er auf den Füßen steht, und hatte eiskalte, dunkle Augen, sowie rotes Haar.“ „Ganondorf! Also WAR er hier...“ Der Gorone schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob das sein Name war, aber unser Anführer, Darunia, kann dir bestimmt weiter helfen. Er hat lange mit dem Fremden gesprochen.“ Er wies auf die unterste Ebene. „Du findest ihn in seinem Thronsaal auf der Nordseite, ganz unten. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er dich empfangen wird. Er hat wegen des Essensproblem schrecklich schlechte Laune.“


    Tatsächlich fand Link die Tür zum Thronsaal verschlossen und auch auf sein Klopfen reagierte niemand. Resigniert ließ er die Schultern hängen und zog die Unterlippe zwischen die Zähne, während er nachdachte. „Darunia hat sich eingeschlossen, um nachzudenken, bis ein Gesandter des Königs von Hyrule kommt.“, erklärte ein in der Nähe stehender Gorone. „Aber sag, kleiner Mensch, was willst du von unserem Anführer? Vielleicht kann auch ich dir helfen.“ Doch Link antwortete ihm gar nicht. Stattdessen wandte er sich wieder der Tür zu, pochte laut und heftig gegen den Stein und brüllte: „Ich bin ein Gesandter Hyrules. Im Namen des Königs: Öffnet diese Tür!“ Postwendend dröhnte eine tiefe Stimme aus dem Saal: „Beweise deine Behauptung, Fremder.“ Link grinste angesichts des ersten Lebenszeichens von der anderen Seite der Tür wie ein Honigkuchenpferd und kramte seine Okarina aus dem Lederbeutel. Langsam und konzentriert stimmte er das Wiegenlied an, das Impa ihm beigebracht hatte, und wartete gespannt. Mehrere Herzschläge lang passierte nichts, doch dann rührte sich die massive Steinplatte endlich und er konnte eintreten.
    Im Inneren war es heiß und stickig, doch die Fackeln an den Wänden brannten trotzdem, um Licht zu spenden. Auf einem riesigen Thron aus schwerem, hellem Stein saß der Anführer der Goronen und gab ein einschüchterndes Bild ab. Er war gut einen Kopf größer als die anderen Angehörigen seines Volkes und um seinen Kopf hatten sich lange felsige Ausläufer gebildet, die nun aussahen wie lange, wild abstehende Haare und ein wüster Bart. Als er seinen Blick auf Link richtete, loderte ein unzähmbares Feuer in seinen Augen und die Mundwinkel bogen sich gefährlich nach unten.
    „Was soll das? Warum schickt man mir ein Kind? Will der König mich verhöhnen?! Wohl an... Junge, kehre ins Schloss zurück und richte dem König aus, dass wir seine ‚Hilfe’ nicht brauchen. Wir Goronen lösen unsere eigenen Probleme selbst.“ Link räusperte sich und wollte zu einer Erklärung ansetzen, dass er gar nicht vom König geschickt wurde, doch Darunia unterbrach ihn. „Spar dir deine Luft, Kind. Was auch immer der König dir aufgetragen haben mag – es interessiert mich nicht. Geh.“ Link setzte erneut an, nur um von seinem Gegenüber niedergeschrieen zu werden: „Ich habe dir gesagt, du sollest wieder zurück ins Schloss gehen. Was machst du also noch hier?“ Der Junge blinzelte verängstigt und warf Navi einen Seitenblick zu, doch diese zuckte nur mit nach oben gerichteten Handflächen die Schultern. Aus Angst doch noch von Darunia persönlich herausgeworfen zu werden, traten die Beiden schließlich den Rückzug an.
    Auf dem Weg aus dem Thronsaal heraus seufzte Link und trat einen kleinen Stein vor sich her. „Ich wünschte, Salia wäre hier. Sie weiß immer, wie man mit solchen Miesepetern umgeht.“ „Vielleicht solltest du das Lied ausprobieren, das sie dir beigebracht hat. Sie hat doch irgendwas gesagt, von wegen ihr könntet dann miteinander kommunizieren.“ „Ja, aber sie erwähnte auch, dass wir dazu den Wind bräuchten. Hier ist es absolut windstill.“ „Versuch’s doch trotzdem. Wenn es nicht klappt, versuchen wir es einfach draußen erneut.“ Link setzte erneut die Okarina an die Lippen und spielte Salias Lied. Die beschwingte Melodie prallte von den Wänden ab und verbreitete sich geschwind in der ganzen Stadt. Aus den Augenwinkeln sah der Junge ein paar Goronen, die ihren Kopf im Takt der Musik hin und her wiegten. Doch Salias Stimme war nicht zu hören. „Ich sag’s doch: windstill.“ Gerade als die Beiden ihren Weg nach draußen fortsetzen wollten, hielt Darunias Stimme sie zurück. „Warte. Komm herein und spiel das Lied noch mal. Bitte.“


    Link trat erneut vor den gewaltigen Thron und wiederholte die Melodie, die Salia geschrieben hatte. Zunächst wippte Darunia nur leicht mit dem Fuß auf und ab, doch je länger die Musik durch den Raum wirbelte, desto weniger konnte er an sich halten. Schließlich brach es einfach aus ihm heraus und er sprang auf die Füße, um ebenso wild umherzutanzen wie die Noten der Melodie auf und ab sprangen.
    Nach einiger Zeit ließ sich der mächtige Gorone wieder auf seinen Thron fallen und lächelte Link glückselig an. „Ich danke dir, junger Freund. Dieses wunderbare Stück Musik hat mir geholfen, meine gute Laune wiederzufinden. So, sprich, was ist dein Anliegen?“ Rasch berichtete Link von den Vorfällen im Kokiri-Wald sowie von seinem Aufeinandertreffen mit Prinzessin Zelda. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Ganondorf auch derjenige war, der Dodongos-Höhle verschlossen hat. Er muss aufgehalten werden! Deswegen brauche ich den heiligen Stein des Feuers, Dins Opal. Ich bitte dich, falls du irgendetwas über seinen Verbleib weißt, sag es mir. Ohne ihn werden wir Ganondorfs Pläne nicht durchkreuzen können.“
    Darunia musterte den Knaben vor sich misstrauisch. Was, wenn dies nur ein weiterer Trick Ganondorfs war, um den Goronen-Opal in seinen Besitz zu bringen? Schließlich verschoben sich seine Züge zu einem listigen Grinsen, bei dem es Link kalt den Rücken hinab lief. „Nun, ich weiß, wo sich der heilige Stein befindet – in meinem Besitz.“ Links Augen leuchteten auf und er begann unruhig von einem Fuß auf den anderen zu treten. „Doch ich fürchte, ich kann ihn dir nicht einfach geben. Ich denke, in Zeiten wie diesen wirst du das verstehen können.“ Darunia durchbohrte Link, der ein wenig betrübt nickte, mit seinen Blicken. „Doch ich gebe dir eine Chance, dir die Anerkennung meines Volkes und den heiligen Stein zu verdienen. Wenn du es schaffst, Dodongos-Höhle wieder zu öffnen und von den gefährlichen Dodongos zu befreien, soll er dir gehören.“ Link straffte die Schultern und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, bevor er mit feierlicher Stimme versprach, er wolle den Goronen aus der Krise helfen. „Du spuckst große Töne für so einen kleinen Menschen. Ich bin gespannt, ob du sie einhalten kannst.“
    Link nickte bestimmt und wollte bereits gehen, als Darunia ihn ein weiteres Mal zurückhielt. „Warte, ich habe noch etwas für dich. Nimm dieses Armband. Es wurde aus Metall aus den Tiefen des Todesberges geschmiedet und stimuliert die Muskeln seines Trägers, sodass dieser stärker erscheint als zuvor.“ Der Junge nahm den gezackten Armreifen entgegen und schob ihn über das rechte Handgelenk, bevor er den Raum verließ. Navi kroch aus seinen Haaren hervor und setzte sich mal wieder auf seine rechte Schulter. „Und? Spürst du schon etwas?“, fragte sie, während sie den mattgoldenen Schmuck, in den das Zeichen der Goronen geprägt war, betrachtete. „Nicht die Bohne. Vermutlich funktioniert das Teil nur, wenn man dran glaubt – wie bei den Wunderheilern, die dir irgendwelchen Schrott verabreichen und du trotzdem gesund wirst, weil du daran glaubst, dass es hilft.“




    Dodongos-Höhle


    Auf dem Weg zu Dodongos-Höhle, die ein Stück weiter bergab lag, kamen die Beiden an einem Feld großer Pflanzen mit gelben Blüten und dickem, dunklen, bombenartigen Körper vorbei. „Wow, Navi, hast du so etwas schon mal gesehen?“ Die zierliche Fee flog einen Kreis um das Gewächs und schüttelte den Kopf, während sie geradezu ehrfürchtig die glatte Oberfläche berührte. Ein Gorone trat von hinten an die Beiden heran und kniete sich neben Link. „Das sind Donnerblumen. Die eigentliche Pflanze besteht nur aus den grünen Blättern, die knapp über dem Boden wachsen. Zweimal im Jahr blüht sie mit einer großen, gelben Blüte und entwickelt dann diesen Fruchtkörper.“ Der Gorone deutete auf den kugelförmigen Körper und lächelte. „Und warum heißen sie Donnerblumen?“, erkundigte sich Link, der in die Hocke gegangen war, um die eigentümliche Pflanze aus der Nähe betrachten zu können.
    Langsam stemmte sich der Gorone wieder auf die Füße und bedeutete dem Jungen, ihm zu folgen. Auf der anderen Seite des Feldes angekommen, blieb das mächtige Felsenwesen stehen und deutete auf eine Pflanze zu seinen Füßen. „Diese hier ist reif. Du erkennst es an dem schmalen, orange gefärbten Rand der Blüte.“ Der Gorone zog ein wenig an den Blütenblättern, damit Link den feinen Unterschied zu einer unreifen Donnerblume besser erkennen konnte. „Komm, Kleiner, sei kein Frosch und pflück sie. Dann erfährst du, warum wir sie Donnerblumen getauft haben.“ Link warf Navi, die mit den Schultern zuckte, einen leicht ängstlichen Seitenblick zu und stellte sich dann über die Pflanze, um den Fruchtkörper vom Rest zu lösen. Mit einem leisen Knacken löste sich die schwere, schwarze Frucht und Link schaute sich irritiert nach dem Goronen um, der sich schnell entfernte. „Ein Knack und das ist alles? Kein besonders beeindruckender Donner...“


    Plötzlich wurde Navi blass und deutete panisch auf das Gewächs in Links Händen. „Wirf das Ding weg! Es explodiert!“ „Höh?“ Von innen heraus baute sich in der Frucht ein immenser Druck auf, der gegen die harte Schale drückte und sie leicht pulsieren ließ, bis sie aufplatzen würde. Durch die Reibung im Inneren wurde das kugelige Gewächs so heiß, dass es Link beinah die Hände verbrannte. Hilflos sah sich der Junge um, doch rings um ihn herum standen nur noch mehr reife Donnerblumen, die durch die Detonation ebenfalls zum Explodieren gebracht worden wären. Schließlich warf Link die pflanzliche Bombe über die Schulter und sich selbst auf den Boden, wo er sich flach zusammen kauerte und die Hände auf die Ohren drückte. Die gepflückte Donnerblume flog im hohen Bogen über den Rand des Abhangs, auf dem das Feld angepflanzt war, und stürzte in die Tiefe, wo sie mit einem lauten Donner detonierte. Das Explosionsgeräusch prallte von den felsigen Wänden ab und grollte über den Todesberg, bevor es von dem Krachen zusammenstürzenden Gerölls abgelöst wurde. Vorsichtig nahm Link die Hände von den Ohren, setzte sich auf und krabbelte auf allen Vieren zum Abhang. Von unten drangen die erfreuten Rufe und das Klatschen einiger Goronen an seine Ohren: „Dodongos-Höhle ist endlich wieder offen!“

    So, ich hab endlich mal ein wenig weiter geschrieben UND die bisherigen Teile überarbeitet und zur Strukturierung Kapitel, Unterkapitel, sowie Absätze (!) eingefügt. ;)


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    Kakariko


    „Zweiundachtzig... dreiundachtzig... vierundachtzig...“ Langsam schleppte sich Link die steile Treppe hinauf, die zu der kleinen, von Impa gegründeten Stadt führte. Kalte Abendluft umwehte seinen verschwitzten Körper und kühlte sein erhitztes Gesicht, während die letzten Sonnenstrahlen des Tages langsam von den Felsformationen im Westen geschluckt wurden. Navi hatte sich erschöpft in Links lange Zipfelmütze zurück gezogen, nachdem sie während seines Gewaltmarsches vom Kokiri-Dorf bis nach Kakariko tapfer neben ihm her geflogen war, und schnarchte leise. Link wischte sich mit einer unwirschen Handbewegung einige Strähnen aus dem Gesicht, atmete tief durch als er nach siebenundachtzig schier endlos wirkenden Stufen endlich das Stadttor Kakarikos erreicht hatte. Neben dem Tor lehnte ein gähnender Soldat, der Link nur einen flüchtigen Blick zuwarf, bevor er einen Laib Brot aus einem hinter ihm liegenden Ledersack holte und sich seinem Abendessen widmete.
    Der Junge ging langsamen Schrittes durch die kleine Stadt und sah sich aufmerksam um. Kakariko war so viel kleiner als Hyrule-Stadt. Mit den wenigen Häusern und dem langgesogenen Mittelplatz, auf dem eine große Kiefer und ein Brunnen standen, war es kaum größer als ein Dorf. Ein paar Hühner liefen frei über den Platz, aus der Ferne drang ein gedämpftes Muhen an Links Ohren und der Duft von frisch zubereiteten Gerichten hing in der Luft. Link streckte sich und sog die kühle Luft tief in die Lungen. Hier fühlte er sich sehr viel wohler als in dem beengenden Durcheinander in Hyrule-Stadt – und sogar wohler als in der erdrückenden Vertrautheit des Kokiri-Waldes.
    Nach nur einer halben Stunde war sein Rundgang durch Kakariko beendet. Im Westen lag das Tor, durch das er am nächsten Tag den Weg zum Todesberg erreichen würde, und im Norden der Stadt war der Friedhof, von dem Impa erzählt hatte, gelegen. Doch leider war weit und breit kein Hotel zu finden. Seufzend ließ Link sich unter der Kiefer nieder und streckte die müden Beine aus. „Na gut. Dann werden wir heute eben mal wieder unter freiem Himmel nächtigen.“ Er setzte vorsichtig die Mütze ab, um Navi nicht zu wecken und wollte sich gerade unter dem Baum zusammen rollen, als ein korpulenter Mann mittleren Alters an ihn heran trat. Der Mann machte ein unfreundliches Gesicht und zog die Augenbraunen zusammen, doch als er sprach, war seine Stimme sanft: „Was tust du denn da, Junge?“ „Wenn ich ehrlich sein soll, versuche ich, zu schlafen, Sir.“ „Du bist doch nicht etwa von Zuhause weggelaufen, oder?“ Link blickte den großen Mann irritiert aus großen Augen an. „Äh... nein. Ich bin im Auftrag Prinzessin Zeldas auf Reisen.“ „Und warum schläfst du dann hier draußen? Du holst dir ja den Tod.“ Mit einer ausladenden Handbewegung zeigte Link auf Kakariko und seufzte. „Nun ja, es gibt hier kein einziges Hotel. Wo sollte ich denn Ihrer Meinung nach schlafen?“ Der Mann deutete auf das größte Haus der Stadt. Es war von ungefähr der doppelten Größe wie die anderen Häuser und war auf einem Hügel errichtet worden, sodass es alle anderen Häuser auf der Ostseite des Dorfes überragte. „Siehst du das Haus dort drüben? Das große?“ Link nickte. „Dort wurde einst die ehrenhafte Impa geboren. Heute steht es für Reisende offen. Sag einfach, der Chef der Zimmerleute hätte dich geschickt – dann bekommst du bestimmt sogar noch etwas zu essen.“ Der Mann zwinkerte Link zu und schlenderte davon.


    Die Hausvorsteherin war eine schlanke, hochgewachsene, junge Frau mit einem freundlichen, runden Gesicht und bernsteinfarbenem, langem Haar. Sie hatte Link in ihr Herz geschlossen, sobald er etwas unsicher durch die Tür getreten war. Nun stand sie am Herd und rührte in einem Topf herrlich riechenden Eintopfs, während sie aus den Augenwinkeln verstohlen den Jungen beobachtete, der auf seinem Strohlager lag und gedankenverloren mit seinem Gürtel spielte. „Warum gehst du nicht ein wenig raus und schaust dir die Stadt an, bis das Essen fertig ist?“ „Das hab ich schon getan, bevor ich her gekommen bin.“ „Warst du auch schon auf dem Friedhof?“ Link schüttelte den Kopf, wobei sein langes Haar, das er offen trug, sanfte Wellen in der Luft schlug. „Impa hat mir auch schon vorgeschlagen, ich solle mir den Friedhof ansehen. Aber was ist daran so besonders?“ „Die Shiekah sind dort begraben – ebenso wie die Mitglieder der königlichen Familie.“ „Die königliche Familie auch? Warum hier in Kakariko?“ Die junge Frau zuckte mit den Schultern. „So genau weiß ich es auch nicht. Doch angeblich sollen sich die ersten Mitglieder hier haben beerdigen lassen, um ihre Verbundenheit zu den Shiekah zu demonstrieren. Irgendwann ist es dann zur Tradition geworden, die Königsfamilie auf dem Shiekah-Friedhof beizusetzen.“


    Nachdem er noch ein paar Minuten auf dem weichen Stroh gelegen hatte, hatte seine Neugier auf den so hoch gepriesenen und viel gerühmten Friedhof doch obsiegt. Jetzt schritt er langsam zwischen den Gräbern umher. Die meisten Grabsteine waren einfach gehalten und bestanden aus kaum behauenem Stein, in den ein Auge mit einer Träne gemeißelt worden war. Gedankenverloren strich Link über eines dieser Zeichen, als hinter ihm eine Stimme ertönte: „Das ist das Zeichen der Shiekah.“ Der Junge zuckte vor Schreck zusammen und drehte sich blitzartig mit der Hand am Schwertgriff um. Hinter ihm stand ein fürchterlich hässlicher Mann, der ihn freundlich anlächelte. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Boris, der Totengräber.“ Der Mann mit Glatze, Unterbiss und Klumpfuß hielt ihm die Hand hin und blickte ihn aufmunternd an. Link atmete einmal tief ein, um den Schrecken aus seinen Gliedern zu vertreiben und ergriff die ihm dargebotene, schwielige Hand.
    Dann wandte er sich wieder dem Grabstein zu, vor dem er stand. „Warum steht auf keinem dieser Gräber ein Name? Und was bedeutet dieses Zeichen?“ „Wie gesagt: Es ist das Zeichen der Shiekah. Der letzte eigene Regent dieses Volkes hat es entworfen, nachdem sein bester Freund durch seine Unaufmerksamkeit ermordet werden konnte.“ Link nickte langsam. „Ja, ich glaube, von diesem Mann hat Impa mir bereits erzählt, als ich sie danach fragte, warum die Shiekah der königlichen Familie der Hylianer treu ergeben sind.“ Nun war es der Totengräber, der nickte. „Das ist richtig. Er nannte sich selbst das Auge des zweigeteilten Königs. Aus diesem Grund trug er auch ein Auge in seinem Wappen. Nach seinem Versagen ergänzte er dieses mit einer Träne, um seiner Trauer Ausdruck zu verleihen. Anfangs war dieses Wappen nur den direkten Nachkommen jenes Mannes vorbehalten, welche die Blutschuld sühnen sollten. Doch im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Zeichen und damit die Schuld auf alle Shiekah ausgebreitet.“ „Und warum steht auf keinem einzigen Stein ein Name?“ „Namen bedeuten den Shiekah nichts, genauso wenig wie Individualität. Alles, was für sie zählt, ist die Ehre ihres Volkes und die damit verbundene Aufgabe, die Königsfamilie zu schützen.“ „Welch ein trauriges Volk.“ Link strich erneut über die tiefen Rillen des weinenden Auges. „Ja, das sind sie. Ein tapferes, trauriges Volk. Aber ich bitte dich, mich jetzt zu entschuldigen. In ein paar Minuten kommen die ersten Menschen für meine berühmte Grab-Grusel-Tour und ich muss noch einige Dinge vorbereiten.“ Mit diesen Worten humpelte Boris in Richtung einer kleinen, windschiefen Holzhütte davon.


    Im nördlichsten Bereich des Friedhofs lagen die königlichen Gräber. Link stand auf das rechte Bein gestützt und überflog die Namen auf der großen Steintafel, als Navi gähnend aus seiner Mütze kroch. „Junge, Junge... ‚Zelda’ scheint ein äußerst beliebter Name für die weiblichen Mitglieder der Familie zu sein.“ Link ging die Liste ein weiteres Mal durch und zählte, wie viele Prinzessinnen und Königinnen es mit diesem Namen bereits gegeben hatte, doch als seine Finger nicht mehr ausreichten, zuckte er mit den Schultern und kapitulierte.
    Neben der riesigen Familiengruft der Könige lagen zwei weitere Gräber, die ebenfalls mit aufwendig verzierten Grabsteinen geschmückt waren. Navi lies sich auf einem von ihnen nieder und las mit verträumter Stimme das Gedicht vor, das in den Stein gehauen war: „Das Tageslicht, es schwindet bei Nacht, am Tag erst wird sein Feuer entfacht. Von Sonne zu Mond und zu Sonne erneut. Ewige Ruhe die Toten erfreut.“ Link neigte leicht den Kopf und sah zu seiner Fee herüber. „Das ist wirklich schön.“ „Dieses Grab gehört einem der Gebrüder Bramstein. Das waren vor einigen Jahren die Komponisten des Königshofes. Es heißt, ihre Mutter sei eine Hexe gewesen und habe ihren beiden Söhnen einen Teil ihrer Fähigkeiten vererbt. Das Grab dort drüben gehört bestimmt dem Bruder.“ „Ob da auch so ein schönes Gedicht auf dem Grabstein steht?“ Link ging langsam auf das Grab zu und las: „‚Ruhelose Seelen wandern ohne Wonne, gib Frieden mit der Hymne der Sonne.’ Hey, da sind Noten in den Stein geritzt!“ Navi kam näher und ließ sich auf ihrem Lieblingsplatz auf Links Schulter nieder. „Meinst du, du kannst sie dir merken?“ Link betrachtete die kurze Tonabfolge einige Zeit und nickte dann. „Ja, denke schon. Aber warum fragst du?“ „Nun ja...“ Unter ihrem silbrigen Glanz schien die zierliche Fee leicht rot zu werden. „Ich liebe die Musik der Gebrüder Bramstein einfach. Ich kann mir nicht helfen. Und auch wenn eine einzelne Okarina vermutlich ein wenig ärmlich klingen wird, würde ich das Stück doch ganz gerne irgendwann mal hören. Außerdem ist ja vielleicht doch was an den besonderen Fähigkeiten der Brüder dran und wenn ich der Grabinschrift trauen darf, hilft das Lied gegen Untote – so was ist doch praktisch.“ Link grinste und schickte sich an, den Friedhof zu verlassen, um ein wenig zu essen und endlich zu schlafen. „Die Sache mit den Untoten ist dir doch völlig egal. Dir geht’s nur um die Musik. Hab ich Recht?“ Navi saß stocksteif auf seiner Schulter, starrte ins Nichts und schwieg. Links Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „Wusste ich’s doch. Wer hätte das gedacht? Meine Fee ist ein Groupie...“


    Auf dem Weg zurück zu seiner Unterkunft stolperte Link plötzlich und schlug hart auf den Boden auf. „Au! Was zum Henker...“ Wütend blickte er sich um und entdeckte schließlich den Übeltäter hinter einem Grabstein, den er gerade passiert hatte. Zwischen Gras und wilden Blumen versteckt, ragte ein eckiges Stück Metall aus dem Boden und brachte unachtsame Wanderer zu Fall. Link hockte sich neben den Grabstein und betrachtete das Metallstück, während er einen Finger unter den Saum seiner Mütze schob und sich am Hinterkopf kratzte. „Was das wohl ist?“ Rätselnd blickte er Navi an, die sich auf die Erde hatte schweben lassen und den merkwürdigen Fund zu Fuß umkreiste. „Sieht aus wie ein Hylia-Schild.“, stellte die Fee fest und nickte bekräftigend. „Ein Schild?“ Link kaute auf der Unterlippe und dachte an das feueranfällige Stück Holz, das er bislang als Schutz benutzte und in Impas Haus zurückgelassen hatte. „Meinst du, er...“, der Junge deutete auf den Grabstein, „würde es uns übel nehmen, wenn wir uns seinen Schild... ähm... ausleihen würden?“ Navi riss überrascht die Augen auf. „Das wäre Grabschändung!“ „Warum? Ich würde doch nur den Schild ausgraben – den netten Herren würde ich in Ruhe lassen.“ Ein fieses Grinsen machte sich auf dem Gesicht der Fee breit. „Du bist ein böser, böser Junge... Aber hey, selbst wenn der Besitzer was dagegen haben sollte – wir haben ein Lied gegen Untote.“
    Link zog und zerrte an der herausragenden Ecke des Schildes, doch es rührte sich kaum. Keuchend ließ er sich auf den Hintern fallen und starrte missmutig vor sich hin. „Gibt’s dafür nicht vielleicht auch einen Feenzauber oder so?“ „Nein, tut mir leid. Du wirst dir die Hände schon schmutzig machen müssen, wenn du das Ding haben willst.“ Mit einem Seufzer schwang Link sich auf die Füße, nur um sich gleich darauf wieder neben den Schild zu knien und mit bloßen Händen die festgetretene Erde aufzubrechen.
    Doch als er das begehrte Stück endlich freigelegt hatte, war die Ernüchterung groß. „Das Ding ist ja viel zu groß!“ Mit vor Dreck starrenden Händen hielt Link den Schild vor sich und betrachtete es zweifelnd, während Navi sich vor Lachen bog. „Vielleicht kannst du’s ja als Schildkrötenpanzer benutzen.“ „Du hast das gewusst, oder?“ „Ja, aber ich musste einfach dein Gesicht sehen. Tut mir leid.“ Link warf ihr einen säuerlichen Blick zu, reinigte den verdreckten Schild so gut es ging mit einem Zipfel seiner Tunika und löste den kleinen, verzauberten Lederbeutel von seinem Gürtel. „Jetzt wollen wir mal sehen, wie gut dein Zauber wirklich ist.“ Ganz langsam und vorsichtig verstaute er den Schild, der fast zwanzigmal so groß wie der Beutel war, in dessen Innerem. „Wow... Das klappt ja tatsächlich.“ Navi gab einen missbilligenden Ton von sich, sparte sich aber jeden weiteren Kommentar, sondern flog stattdessen in Richtung Stadt davon. Nach einigen Metern drehte sie sich allerdings wieder zu ihrem Schützling um. „Was ist? Willst du hier Wurzeln schlagen?“




    Tanzende Regenten


    Nach einer zu kurzen Nacht verabschiedete Link sich noch vor Sonnenaufgang von der liebevollen Hausvorsteherin und ihren anderen Gästen, mit denen er bis spät in die Nacht zusammengesessen und deren wilden, anrührenden oder amüsanten Geschichten er gelauscht hatte. Der nachtschwarze Himmel verfärbte sich von Osten her langsam in ein dreckiges Grau, während der Junge die Treppen zum Westtor hinaufstieg. Eine Wache saß gähnend vor dem massiven Eisengitter und kämpfte gegen die Müdigkeit.
    Schüchtern trat der junge Held an den Soldaten heran und räusperte sich. Der Mann schob seinen schweren Eisenhelm in den Nacken und blinzelte zu Link herauf. „Was kann ich für dich tun, mein Junge? Hast du dich verlaufen?“ „Nein, Sir.“ Link schüttelte zur Unterstützung seiner Worte den Kopf und deutete auf das Tor. „Ich würde gerne passieren.“ Misstrauisch musterte der Soldat das Kind vor ihm. Was konnte so ein junger Mensch an einem so gefährlichen Ort wie dem Todesberg wollen? Doch irgendetwas an diesem Jungen schien anders zu sein als an all den anderen Kindern, die er kannte. Lag es an der entschlossenen Art wie er die Lippen aufeinander presste? Oder an diesen Augen, die viel zu alt schienen für diesen jungen Körper, so als hätten sie schon zu viel Leid in diesem kurzen Leben sehen müssen? Aber vielleicht waren auch einfach das Schwert und der billig aussehende Schild auf dem Rücken des Jungen Auslöser für dieses Empfinden.
    „Tut mir leid, mein Kleiner, aber ich darf dich nicht passieren lassen. Auf diesem Berg ist es viel zu gefährlich für ein Kind.“ Aus den Tiefen der grünen Zipfelmütze drang ein missbilligendes Schnauben. Der Soldat runzelte irritiert die Stirn, doch Link machte keine Anstalten, ihm zu erklären, woher dieser Laut gekommen war. Stattdessen holte er Prinzessin Zeldas Brief aus seinem Wunderbeutel und reichte ihn wortlos der Wache. Diese las mit zusammengekniffenen Augen und brach schließlich in ein schallendes Gelächter aus. „Dieser Junge heißt Link. Er hat den Auftrag Hyrule vor dem Untergang zu bewahren. Unterzeichnet: Prinzessin Zelda.“ Der Mann holte tief Luft und versuchte, seinem Lachkrampf Herr zu werden. „Was ist das denn für ein alberner Auftrag?“ Link schaute auf seine Stiefelspitzen und kaute verlegen auf der Unterlippe. „Aber nun gut. Ich weiß nicht, was ihr Zwei für ein Spiel spielt, doch die Unterschrift ist echt. Du darfst passieren, Zwergenheld.“
    Die Wache stand mühsam auf und öffnete das Tor, während sie noch immer vor sich hin kicherte. Link marschierte mit mürrischem Gesichtsausdruck an ihm vorbei und machte sich an den schwierigen Aufstieg des imposanten Berges. Er konnte nur hoffen, dass Navi nicht mitbekommen hatte, wie der Soldat ihn genannt hatte, doch das Kichern tief in seiner Mütze belehrte ihn eines Besseren. Von nun an musste er sich wohl drauf einstellen, in Zukunft des Öfteren stichelnd Zwergenheld genannt zu werden.


    Der breite Weg verlief zunächst auf der sanft ansteigenden Südwestseite des Berges, beschrieb jedoch schon ziemlich bald einen scharfen Knick und wand sich dann in einer steilen, immer enger werdenden Spirale um die kegelförmige Felsformation herum. Die Sonne knallte auf den staubigen Felsboden und trieb dem jungen Recken den Schweiß aus allen Poren, während Navi sich gemütlich auf seiner Schulter sonnte.
    „Weißt du, ich finde, du könntest dich auch ruhig ein wenig nützlich machen.“, grummelte Link und warf einen brummigen Blick auf seine Fee. „Wie denn? Ich kann dich ja wohl schlecht den Berg rauf tragen und einen Sonnenschirm hab ich auch nicht dabei.“ „Ja, ja, schon gut... Aber du könntest mir zum Beispiel verraten, was du über diese Gegend weißt.“ „Leider nicht all zu viel. Ich weiß nur, dass der Todesberg in Wirklichkeit kein richtiger Berg, sondern ein noch immer aktiver Vulkan ist.“ „Was?!“ Link blieb wie angewurzelt stehen und sah sich vor seinem geistigen Auge vor einer riesigen Lavawelle davonlaufen und schließlich geröstet werden. Navi nickte und blickte zum Gipfel des Todesberges hinauf. „Allerdings gehört er nicht zu der Sorte Vulkane, die ihr Magma in die Luft spucken.“ Der Junge atmete erleichtert aus und setzte seinen Weg fort. „Aber warum gilt er dann als aktiv?“ „Nun ja... Er spuckt vielleicht keine Lava, aber...“ „Aber?“ Link zog die rechte Augenbraune in die Höhe und warf Navi einen ängstlichen Blick zu. „Aber er bricht von Zeit zu Zeit aus, wobei er heiße und teilweise brennende Gesteinsbrocken spuckt.“ Der Junge ließ die Schultern hängen und seufzte. „Na toll... Als würde dieser mörderische Aufstieg allein nicht schon reichen. Held sein stinkt. Ich kündige...“


    Gegen Mittag machten die beiden Wanderer im Schatten eines imposanten Höhleneingangs eine Rast. Sie hatten bereits die Hälfte ihres Weges zurückgelegt und würden voraussichtlich gegen Abend ihr Ziel endlich erreichen. Link lehnte sich gegen einen ovalen Felsen mit rauer Oberfläche, schütze die Augen mit der rechten Hand gegen das grelle Sonnenlicht und schaute den weiteren Weg hinauf. „Was meinst du, was erwartet uns in Goronia?“ Navi saß vor ihm im Schneidersitz auf dem Boden und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich hatte bisher noch nie etwas mit einem Goronen zu tun. Ich weiß lediglich, dass es sich hierbei um ein sehr stolzes, eigenwilliges Volk handeln soll, das es nicht mag, wenn sich andere in ihre Angelegenheiten einmischen.“ „Meinst du, der Dämon aus der Wüste, Ganondorf, war bereits hier?“ Navi zuckte bei der Erwähnung dieses Namens ein wenig zusammen, zu präsent war die Erinnerung an den Tod des Deku-Baumes. „Ich würde darauf wetten, ja. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass er hier auf mehr Kooperationsbereitschaft gestoßen ist.“ „Hm.“ Link legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. „Ich frage mich, ob er den Goronen ähnliches angetan hat wie dem Deku-Baum.“ Navi seufzte traurig. „Ich hoffe nicht.“ „Ja, ich auch. Und wenn doch, hoffe ich, dass ich dieses Mal mehr ausrichten kann.“
    Nachdem die Beiden eine Weile nur dagesessen und ihren Gedanken nachgehangen hatten, holte Link die Flasche Lon-Lon-Milch, sowie das Brot und den Käse, die er von der mütterlichen Wirtin in Hyrule-Stadt bekommen hatte, aus seinem Wunderbeutel und begann langsam kauend zu essen. Als er Navi ein Stück Brot anbot, lehnte diese stumm mit einem Kopfschütteln ab. „Weißt du, was mir gerade auffällt? Ich hab dich noch nie essen sehen.“ „Feen nehmen keine Menschennahrung zu sich.“ Navi drehte ihr Gesicht wieder der Sonne zu. „Von was ernährt ihr euch denn dann?“, wunderte sich Link, während er sich angesichts von Navis zierlichem Körper insgeheim fragte, ob Feen sich überhaupt von irgendwas ernährten. Das kleine silbrigleuchtende Mädchen deutete auf den gelbglühenden Ball am Horizont. „Natur. Sonnenlicht und Wind und der Duft von gerade aufgeblühten Blumen und Erdwärme und und und... Wir ernähren uns von allem Schönen, das die Göttinnen geschaffen haben.“ Während er fasziniert betrachtete, dass Navis silberner Glanz in der prallen Sonne schwach bunt funkelte, kaute Link auf seinem Stück salzigen Ziegenkäses und fragte sich, wie Sonnenlicht wohl schmeckte.


    Gerade als der Junge die Reste seines Mittagsmahls verstaut und dabei war, seinen Lederbeutel wieder am Gürtel zu befestigen, wurden die Zwei von einer Art riesigem roten Wasserläufer angegriffen, der sich mit fauchenden Lauten und weit aufgerissenem Maul auf Link stürzte. Doch bevor dieser auch nur reagieren konnte, bewegte sich der Felsbrocken hinter ihm. Eine riesige Faust schnellte vor und zerschmetterte den Angreifer an der nächsten Wand. Langsam und mit vor Schreck geweiteten Augen drehte Link sich um. Hinter ihm stand ein riesiges, felsenartiges Wesen mit langen Armen und kurzen Beinen, die unter einem gewaltigen Bauch heraus ragten. Das Wesen ließ den rechten Arm ausgestreckt im Schultergelenk kreisen und schaute Link aus runden, schwarzen Knopfaugen an. Dieser wich immer weiter zurück und wäre beinah auf Navi getreten, hätte diese nicht ihre Stimme wiedergefunden. „Ein Gorone! Du hast auf einem Goronen gesessen!“
    Link legte den Kopf schief und betrachtete den Goronen, der die Arme nun locker am Körper herab hängen ließ. „Das... ähm... tut mir leid. Ich habe Sie für einen Felsen gehalten.“ „Ach, das macht nichts.“ Der neue Bekannte lächelte die beiden Abenteurer warm an. Seine Stimme klang wie brüchiger Schiefer und war überraschenderweise trotzdem nicht unangenehm. „Ich hab gehört, ihr Zwei wollt nach Goronia?“ Link nickte. „Dann solltet ihr besser aufpassen. Diese Viecher sind seit Kurzem überall.“ Der Gorone warf den Überresten des plötzlichen Angreifers angewiderte Blicke zu. „Danke für den Tipp. Ich werde ab jetzt besser auf der Hut sein.“ Link nickte dem Felsenwesen noch einmal zu und wandte sich dann Richtung Goronia, als ihn die Stimme des Goronen zurück hielt. „Wartet. Ich könnte euch auch mitnehmen. Das ginge schneller und wäre für uns Beide ungefährlicher. Spring einfach auf.“
    Der Gorone rollte sich zu einer Kugel zusammen und rollte langsam auf Link zu, der mit einem beherzten Sprung auf der Felskugel landete. Den restlichen Weg nach Goronia verbrachte Link damit, sein Gleichgewicht auf der schnell dahin schießenden, lebenden Kugel zu halten und die Wasserläufermonster niederzustrecken, die versuchten ihn oder den Goronen anzugreifen.