Wenn wir vom ersten großen Konsolenkrieg der 90er Jahre sprechen, welche Konkurrenten fallen euch da ein? Na klar, die 16bit-Maschinen Super Nintendo und Segas Mega Drive. Wusstet ihr aber, dass in Japan eine ganz andere Konsole drauf und dran war, Platzhirsch Nintendo vom Thron zu drängen? Die Rede ist von der PC Engine (US-Name: TurboGrafx-16).
1987 erschien die PC Engine in Zusammenarbeit vom Chip-Profi NEC und dem Spiele-Entwickler Hudson Soft in Japan. Zwar steckte in ihr ein 8 bit-Prozessor aus der 6502-Familie, jedoch war dieser mit 7.16 MHz deutlich schnelller getaktet als der ähnliche 6502 vom NES (1.79 MHz) und der Z80 des Sega Master Systems (3.57 MHz). Zur Seite standen der CPU ganze zwei (!) 16 bit-Grafikprozessoren, die der Konsole eine Grafikpower verliehen, die mit dem SNES und dem Mega Drive standhalten konnte. Die Spiele erschienen in Form von scheckkartengroßen Hu-Cards.
1989 erfolgte das Debüt der TurboGrafx-16 in den USA, eine im Design dem amerikanischen Markt angepasste PC Engine. Leider konnte sich die TG-16 dort aufgrund schlechtem Marketing und eines kleinen Spieleangebots nie richtig etablieren. In Japan dagegen florierte das Geschäft, und dank einem CD-Addon konnten aufwendige Spiele auf CD produziert werden, die mit besserer Grafik & Sound sowie Videosequenzen glänzten. Besonders im Bereich der originalgetreuen Spielautomaten-Umsetzungen von Shoot 'em Ups war die PC Engine dank ihrer hervorstechenden Leistungsfähigkeit stets die erste Wahl.
Mit der Zeit erschien eine Unzahl verschiedener Konsolenvarianten - da bleibt es nicht leicht, den Überblick zu wahren. Am einfachsten ists, wenn wir uns die jeweiligen Japanischen Konsolen und ihre US-Pendants nebeneinander anschauen.
PC Engine (JAP) / TurboGrafx-16 (US)
Mit der Grundkonsole lassen sich Spiele im Hu-Card-Format spielen. Die Karten sind ländercodiert, wer also japanische Spiele auf einer US-Konsole zocken will, braucht zwingend einen Adapter oder einen Umbau. In Europa erschien die Konsole in kleiner Auflage als TurboGrafx (ohne "-16"), jedoch mit langsamerem Prozessor.
Kostenpunkt: Mit Preisen ab 50 € zwar noch erschwinglich, aber kein Preishit, weil man für CD-Spiele ein Zubehör braucht.
PC Engine CD-ROM² (JAP) / TurboGrafx-CD (US)
Mithilfe dieses Zubehörs lassen sich die Konsolen für CD-Spiele fit machen. Glücklicherweise sind die CDs ohne Ländercode, was Japan-Importe leicht macht. CDs sind in drei Formaten erschienen:
CD-ROM²: Benötigt System Card ab Version 1.0. Nur einige alte CD-Spiele haben dieses Format.
Super CD-ROM²: Benötigt Super System Card ab Version 3.0. Die meisten interssanten CD-Spiele haben dieses Format.
Arcade CD-ROM². Benötigt Arcade Card. Nur wenige CD-Spiele haben dieses Format.
Diese Karten enthalten die für CD-ROMs nötige BIOS- und Speichererweiterungen. Sie sind abwärtskompatibel, man kann also auch CD-ROM²-Spiele mit einer Arcade Card oder Super System Card 3.0 spielen.
Kostenpunkt: Die CD-Addons gehen für eine ganze Menge Heu weg. Ab 150 € aufwärts muss man einplanen, dazu kommen die Kosten für die Grundkonsole und System Cards. Nur für Sammler empfehlenswert.
PC Engine Duo (JAP) / Turbo Duo (US)
Kombigeräte aus der Grundkonsole mitsamt CD-Addon. Dank eingebauter Super System Card 3.0 braucht man für die meisten Spiele-CDs keine extra Karte einlegen. Nur Spiele im Arcade CD-ROM²-Format brauchen weiterhin eine Arcade Card (ab 15 €). In Japan erschienen weitere Farbvarianten mit leicht geändertem Design (Duo R und Duo RX).
Kostenpunkt: Die Duo-Konsolen sind ab 200 € zu haben und ein Rundum-Sorglos-Paket.
Genug von der Hardware gesehen? Dann lasst uns einen Blick auf die Spiele werfen!
Wie schon in der Einleitung angesprochen, war die PCE/TG-16 die Heimat der actionreichen Ballerspiele. Gradius, R-Type und Blazing Lazers sind nur einige der populärsten Titel aus diesem Genre, welches einen zweistelligen Prozentbereich des Spielekatalogs ausmachte. Daneben erschienen noch einige knuddelige Jump & Runs wie Bonk's Adventure, Adventure Island und The New Zealand Story. Bomberman ist mit 5-Spieler-Adapter ein Partyhit. Auch mit RPGs (Ys Book I & II) war die Konsole reich gesegnet - allerdings blieb davon der Löwenanteil in Japan, wie etwa das mit erotischen Szenen aufgepeppte Dragon Knight. Eine Sonderstellung nehmen die zahlreichen Anime-Spiele ein. Diese reichen von Kampfsport (Ranma 1/2) über interaktive Mangas (Galaxy Fraulein Yuna), Puzzle Games, Party-Spiele (Dragon Half) bis hin zu Dating Simulations.
Joe Redifer und Dave White von Game Sack sind große Fans der TurboGrafx-16. Auf ihrem Youtube-Kanal werden zusammen mit anderen Retro-Titeln regelmäßig TG-16-Spiele vorgestellt. Zwei Episoden sind sogar ganz allein dieser Konsole gewidmet - bewegte Bilder sagen mehr als tausend Worte!
Game Sack: TurboGrafx-16 / PC Engine Shoot 'em Ups (Video)
Einen großen Hardware- und Spiele-Guide findet ihr bei Racketboy.com, der keine Fragen offen lässt:
Racketboy: TurboGrafx-16 101: The Beginner’s Guide
Game Sack hatte auch mein Interesse geweckt, und seit Anfang Oktober darf ich mich stolzer Besitzer einer Turbo Duo nennen. Besonders begeistern mich Ballerspiele aller Art, sowie die ein oder andere japanische Kuriosität. Außerdem spiele ich gerne Bomberman, auch wenn Kokiri_Girl im Battle-Mode ständig gewinnt >_>.