Der Dritte Krieg

  • Korgas, ein junger Hylianischer Offizier, findet sich im normalerweise so friedlichem Hyrule auf einmal inmitten eines verheerenden Krieges wieder, eines Weltkrieges, den man fortan den "Dritten Krieg" nannte...


    ~~~


    Der dritte Krieg



    Kapitel 1


    Mit nichts anderem als billigem Wein und weichen Weißbrot hielten sich Hyrules Torwächter nachts wach, während sie sich die Zeit mit Kartenspielen vertrieben. Jeder wusste, dass sowieso nichts Aufregendes passieren würde. Niemand bat um diese Uhrzeit noch um Einlass, die ersten Händler für den wöchentlichen Markt kamen erst bei Morgengrauen und die letzten Besucher waren schon aus der Stadt oder hatten sich ein Zimmer in einem der gut besuchten Gasthöfe der Königsstadt gesucht. Die Häuser und Gassen lagen still da. Ein paar Hunde streunten durch die Straßen. Nirgends brannte mehr Licht, nur in der kleinen Wachstube am Stadttor.
    Vier Soldaten saßen darin, im Schein der stinkenden, rußenden Pechfackel, und sahen zu, dass sie ihre Nachtwache herumbekamen. Zwei von ihnen waren über einer Holzkiste in ein Kartenspiel vertieft, einer saß schweigend beim Fenster, der Hauptmann unter der Fackel und arbeitete.
    „König und gewonnen!“ Lachend warf Gevin, der Jüngste von ihnen, seine abgewetzten Spielkarten auf den Tisch. „Das macht hundert Rubine, und zwar bar auf die Hand!“
    „Bei Nayru, was ist das für eine Abzocke?“, knurrte sein Kollege und fummelte einen kleinen Lederbeutel von seinem Gürtel los, um ihn aufzubinden und einen kleinen, silbernen Stein hervorzuholen. „Das war mein verdammtes letztes Geld, Gevin!“
    Der junge Hylianer fing grinsend den kleinen Edelstein auf und hielt ihn fachmännisch ins Licht der Fackel. „Wer kein Geld hat, sollte nicht darum spielen, mein Lieber“, sagte er und verstaute seine Beute sicher in seinem eigenen Geldbeutel.
    „Ausnahmsweise muss ich dem Jungen mal recht geben, Aphod“, mischte sich ihr Hauptmann ein, der, die Füße auf einen Tonkrug gelegt, in einer Ecke saß und einige Pergamentbögen durchblätterte und sich um den angefallenen Papierkram kümmerte. „Du wusstest, dass Gevin der beste Spieler des dritten Korps ist, da lässt man sich auch nicht auf ein Spiel ein.“ Er lächelte Gevin anerkennend zu und Gevin, der erst seit kurzem in der Königlichen Armee Hyrules diente, war sein Stolz an den Ohrspitzen anzuerkennen.
    „Pah“, machte Aphod grimmig und zückte den Dolch, den jeder Soldat am Gürtel trug. Er griff nach dem Weißbrot, das neben ihm auf der Kiste lag, die ihnen als Tisch diente, und schnitt ein Stück davon ab. „Bis du mal in meinem Alter bist, Kleiner“, sagte er und wedelte mahnend mit der Scheibe Brot vor Gevins Gesicht herum, „wird dir irgend so ein junger Spund wie du es nun bist das letzte Hemd abgezockt haben, da verwette ich-“
    „Wollten wir das mit dem Glücksspiel nicht sein lassen, Aphod?“
    Aphod drehte sich dem Letzten ihre Trupps zu, der bei einer kleinen Schießscharte saß und mit seinem Dolch ein Stück Holz bearbeitete, das den Anfängen nach zu urteilen einmal ein König für ein Schachspiel werden würde. Jetzt sah er mit einem Seitenblick zu ihnen hinüber.
    Gevin betrachtete den Soldaten, der dort seit Anfang der Schicht saß und noch kaum ein Wort gesprochen hatte. Er war noch lange nicht so alt wie der Veteran Aphod, aber er hatte einen strengen Zug um Augen und Mundwinkel, der ihn grimmig und unfreundlich erschienen ließ, obgleich er nicht danach aussah, als sei er ein schlechter Mensch oder jemand, der seine Kameraden im Stich ließe – wenn er denn welche hatte. Besonders gut zugänglich schien er nicht zu sein.
    „Korgas“, mahnte der Hauptmann, ohne aufzublicken. Schweigend widmete der Soldat sich wieder seiner Schnitzerei.
    Auch Gevin wandte sich wieder ab und goss sich und Aphod etwas Wein ein. „Ihr auch etwas, Hauptmann?“, fragte er höflich.
    Ihr Hauptmann winkte ab. „Eigentlich ist der Verzehr von Alkohol während des Dienstes verboten“, grinste er und rieb sich über das schlecht rasierte Kinn, „aber da in der Nachtschicht sowieso nichts passiert, lasse ich es euch mal durchgehen. An eurer Stelle würde ich es damit aber auch nicht übertreiben, und wehe, ihr plaudert herum, dass ich es erlaubt habe.“
    Gevin grinste, stutzte dann und fragte nach einer kurzen Pause: „Willst du etwas Wein haben, Korgas?“
    Ein stummer Blick aus distanzierten, grasgrünen Augen traf ihn, ehe Korgas sich wieder seiner Schnitzerei zuwandte. „Das war wohl ein nein“, murmelte Gevin, hob seinen Kelch und prostete Aphod zu. „Was auch immer. Prost Aphod.“
    „Prost Kleiner.“
    Es wurde still in der kleinen Hütte, nur das Knacken des Feuers in der Pechfackel war zu hören. Ab und zu klirrte eins der Kettenhemden der Soldaten und die Pergamente des Hauptmannes raschelten, wenn er sich bewegte.
    „Aaaah, ist das langweilig!“, beklagte sich Gevin irgendwann und knallte seinen leeren Zinnkelch auf die Holzkiste. „Ist es in der Armee immer so?!“
    Der Hauptmann lachte und strich sich mit seinem Federkiel über das Kinn. „Sei mal froh, dass du so einen leichten Einstieg erwischt hast, Gevin“, sagte er. „Stell dir vor, es wär Krieg!“
    „Krieg, in Hyrule?“ Aphod musste lachen. „Na klar. Hauptmann, wir hatten seit fast fünf Jahrhunderten keinen Krieg mehr. Wer sollte uns denn auch schon angreifen?“
    „Wär langsam wiedermal zeit, oder?“, fragte Gevin grinsend und schüttete sich Wein nach.
    „Wollen wir’s nicht drauf anlegen, Gevin“, sagte der Hauptmann. „Ich war eine Weile außerhalb von hyrule stationiert, weil man die Bürgerkriege nicht unter Kontrolle bekam. Und ich sage dir, das ist keine schöne Sache, wirklich nicht.“
    „Hm“, machte Gevin nachdenklich und betrachtete den billigen Wein, den er in seinem Kelch etwas hin- und herschwenkte.
    „Na ja, ich kann mir vorstellen, dass man sich die Armee aufregender vorstellt, wenn man gerade neu ist... und dann im Nachtdienst zu landen ist sicherlich nicht unbedingt das Wahre.“ Der Hauptmann streute etwas Sand auf seine Dokumente, um die Tinte zu trocknen. „Na, vielleicht wirst du ja versetzt.“
    „Hauptmann.“ Korgas’ ernster, strenger Tonfall ließ alle zusammenzucken.
    „Was denn, Korgas?“, fragte der Hauptmann nach einer kurzen Sekunde Stille, in der sie zu dem schwarzhaarigen Soldaten rübergesehen hatten, der aufgerichtet vor der Schießscharte stand.
    „Hauptmann, Ihr wisst, meine Augen sind nicht die Besten, aber...“ Korgas kniff das linke Auge zu und stierte in die Dunkelheit vor der Stadtmauer, „ich glaube, Ihr solltet Euch das mal ansehen.“
    Der Hauptmann erhob sich stirnrunzelnd und trat zu Korgas, der mit versteinerter Miene nach draußen in die Steppe deutete.
    In der Ferne sah man über den Hügeln den Schein von Fackeln, hunderten, wenn nicht tausenden. Und ihr Schein kam schnell näher.
    „Das... sieht nicht besonders freundlich aus“, murmelte der Hauptmann. „Ein Angriff?“
    „Was? Lasst mich sehen!“ Gevin stolperte nach vorne, schob seinen Hauptmann dreist beiseite und lugte selbst nach draußen. „Bei allen guten Göttinnen!“, entfuhr es ihm. „Das müssen Tausende sein!“
    „Aphod, lösch die Fackeln!“, rief der Hauptmann. „Bewaffnet euch! Korgas!“
    „Ja, Herr!“ Korgas salutierte.
    „Du wirst zum Schloss reiten und den König Bescheid geben!“
    „Was? Aber...“ Korgas Hand sank unsicher zurück nach unten.
    „Nichts aber!“ Der Hauptmann zog die Plakette um seinen Hals ab, und hing sie Korgas um. „Ich ernenne dich hiermit zum Offizier! Nun schnell! Nimm mein Pferd; den weißen Schimmel! Nun mach schon!“
    „Ja, Herr!“ Korgas salutierte, und dann verließ er eilig die kleine Stube und verschwand in Richtung der kleine Stallung in der Nacht.


    Wird fortgesetzt.


    ~~~



    Dies hier ist keine wirkliche Zelda-Fanfiction,... ich nenne es "Zelda based fanstory". Spielt in Hyrule, aber ihr werdet kein bekanntes Gesicht zu sehen bekommen.
    Über Meinungen freue ich mich natürlich wie immer.


    Leute, die mich besser kennen, wissen, dass ich eine wundervolle Illustratorin gefunden habe, und deswegen gibt es ein schönes Artwork dazu:
    Korgas & Gevin


    PS.: Ja, es handelt sich auch um den Korgas, den ich im RP angemeldet habe -- das hier ist seine Geschichte, für die ich ihn erfunden habe.


    The Legend of Zelda:
    ..:: Portals of Light ::..
    Führ deine Liebe ins Licht zurück!

    Næhmaschinery
    Kunsthandwerk meets DIY

    2 Mal editiert, zuletzt von FoWo ()

  • Gefällt mir sehr gut die Szene. Der Schreibstil ist auch super. Alles schön und verständlich beschrieben. Und der Schluss lässt auf eine spannende Fortsetzung hoffen.


    Werde die Geschichte auf alle Fälle weiterverfolgen. :)

  • Ich schließe mich Deku an ist wirklich schön geschrieben. Und das Bild gefällt mir auch sehr gut. :D

  • Ja, ich lebe noch. xD; Das ist jetzt 'ne ganze menge, und damit wäre das erste Kapitel auch beendet. :3



    [...]


    Stadt Hyrule galt als uneinnehmbar und das seit Dekaden. Zum Schützengraben kam eine Stadtmauer hinzu aus den härtesten Gesteinen des Todesberges, wie zwei Mann breit. Die Königliche Armee war gut ausgebildet und groß, bestand aus Reiterei und Fußtrupps, aus Schwert-, Lanzen- und Speerkämpfern, aus Bogenschützen und einigen magiekundigen Gelehrten. Hyrules größte Gefahr wäre ein Aufstand innerhalb der Mauern, doch Hyrules Herrscher wussten Aufstände zu verhindern.
    Nachts patrouillierten Nachtwächter durch Stadt Hyrule, damit die Straßen sicher waren, und das waren sie zweifelsohne.
    Doch Hyrules Sicherheit war gleichzeitig seine Schwäche: Wer erwartete schon einen Angriff?
    Korgas’ Schimmel stob durch die Nacht, die Hufe klapperten auf dem groben Kopfsteinpflaster laut durch die menschenleeren Straßen und Gassen; auf kürzestem Weg zum Schloss.
    Korgas’ Stirn war noch mehr gerunzelt als sowieso schon. So wenig er Aphod noch den Hauptmann auch mochte, sie hatten Recht. Niemand brauchte Krieg. Niemand erwartete Krieg! Hyrules Streitmacht mochte noch so groß sein; man würde bis zum Morgengrauen brauchen, um die Armee vorzubereiten. So viel Zeit hatten sie womöglich nicht mehr.
    Das Pferd galoppierte über den Marktplatz und Korgas jagte seinen Hengst mitten durch eine Schar von weißgekleideten Priesterinnen, die ihm im Weg war. Erschrocken aufschreiend stoben die jungen Frauen in den wehenden Gewändern auseinander. Für Korgas sahen sie alle gleich aus; schöne junge Geschöpfe mit langem Haar und Goldschmuck um Stirn und Schultern. Es war nichts ungewöhnliches, nachts noch Priesterinnen auf den Straßen zu sehen; ihre Messen begannen schon bei Morgengrauen.
    Korgas zögerte kurz, zog dann die Zügel an und ließ sein Pferd in mäßigerem Tempo zu den Mädchen zurücktraben. Sie sahen ihm skeptisch entgegen. Als sie seine Offiziersplakette sahen, verkniff sich manch eines die entrüstete Bemerkung, die es auf der Zunge gehabt hatte.
    Nur eine von ihnen trat noch vor. „Was fällt Euch ein, so mitten in uns hinein zu reiten! Wollt Ihr, dass euer Schimmel uns niedertrampelt?!“
    Korgas sah sie an. Sie hatte wilde und aufsässige, ungezähmte graublaue Augen. Das war das einzige an ihr, das Korgas sah. Nicht ihren rosigen Mund, ihr goldblondes Haar oder ihr teures, seidiges Gewand. Nur die Augen, die kämpferisch und, zugegeben, sehr undamenhaft zu ihm starrten. Obwohl Korgas auf seinem Pferd saß, war es, als sei er es, der zu ihr aufsehen müsste.
    „Euer Gnaden“, sagte er und neigte den Kopf ein wenig. „Verzeiht meine Dreistigkeit. Bitte begebt euch so schnell wie möglich in den sicheren Tempel. Wir erwarten einen Angriff.“
    Die Priesterinnen schraken zusammen. Nur ihre Rednerin blickte mit stolzem Blick zu Korgas. „Niemand würde Stadt Hyrule angreifen“, sagte sie.
    „Das dachte ich bis eben auch. Mögen die Göttinnen bei uns sein. Ich muss zum Schloss. Sucht Obdach!“ Und damit schlug Korgas dem Pferd die Hacken in die Flanken und stob wieder davon, in Richtung des Schlosses.


    Die Alarmglocken Hyrules waren über die ganze Steppe zu hören. In der Stadt war seit Korgas’ Mitteilung über eine noch unbekannten Armee vor den Toren der Stadt alle Ordnung wie vom Erdboden verschluckt. Menschen rannten herum, die Armee wurde so schnell wie möglich aufgestellt, man sicherte die fünf Verteidigungsringe der Stadt ab. In den ersten paar Augenblicken war eine heillose Panik ausgebrochen, weil niemand wirklich mit dieser Situation umzugehen wusste. Nur schwer hatte die Armee die Bürger beruhigen können.
    Der König selbst ritt auf seinem schwarzen Hengst, flankiert von seinem General, die Stadtmauern ab. Er regierte das Land erst seit einigen Monaten, seit sein Vater das Zeitliche gesegnet hatte. Er war seinem Volk zugetan, streng, aber gerecht und ein guter Stratege. Das Volk vertraute auf ihn, zumal es hieß, er könne die Stimme Nayrus hören. Außerdem hatte er neben seinem Volk auch seine Frau und seine zwei Söhne zu verteidigen. Solange der König auf dem Thron saß, befand das Volk, würden alle sicher sein.
    Seine Majestät, König Nemon, war zuversichtlich, als er auf den Wällen stand und in die dunkle Nacht starrte. Sein Blick war zielgerichtet und das Schwert hing ihm an der Seite. Er würde Seite an Seite mit seinem Volk kämpfen, das wusste er. Heute würde die Prüfung beginnen, die die Göttinnen für ihn auserwählt hatten. Wenn er sie bestand, war er wirklich würdig, Hyrule zu regieren.
    Nemon sah sich um. Hyrules Angreifer hatten die meisten ihrer Fackeln gelöscht, aber man sah sie unerbittlich näher rücken. Man rechnete in den ersten Morgenstunden mit der ersten Angriffswelle – sofern keine Brandpfeile gezündet wurden. Stadt Hyrule war östlich und westlich von Gebirge eingerahmt, nach Norden hin gab es ebenfalls nichts außer Berge. Zum Süden hin gab es das Stadttor und die Wälle. Diese Festung war zum Verteidigen erbaut und galt nicht umsonst als uneinnehmbar.
    „Was ist mit dem Fluss?“, fragte Nemon, ohne den Blick vom Horizont abzuwenden.
    „Die Gitter werden bewacht, aber ich denke, die Abflusskanäle sind für unsere Gegner keine Option, Sire“, sagte General Arsan, der mit verschränkten Armen neben dem König auf seinem Pferd saß und seiner Armee zusah. Noch immer war es schwer für die amtierenden Offiziere, Ruhe und System in das Chaos zu bringen, das so plötzlich ausgebrochen war, als man die Glocken geläutet hatte. Dennoch schien der König selbst seltsam unberührt von der Tatsache, dass die Stadt angegriffen wurde. Nachdem die Meldung eingegangen war, dass Hyrule vor einem unmittelbaren Angriff stand, hatte er schnell den jungen, wortkargen Offizier vernommen, der der Nachtwache zugeteilt gewesen war und die feindliche Armee als erster gesehen hatte. Danach hatte der König ruhig und routiniert Befehle gegeben, als hätte er nie etwas anderes getan.
    „Man weiß nie, General“, sagte Nemon und strich sich mit einer Hand das glatte, pechschwarze Haar aus der Stirn. Er war noch jung, kaum dreißig Sommer hatte er erlebt.
    General Arsan hatte schon in der Armee gedient, als Nemon geboren worden war, und runzelte ein wenig die Stirn. „Natürlich, Sire“, sagte er nur. „Die einzigen Schwachstellen der Wälle sind die Abflussrohre und die Holztore...“
    „Wir sollten dagegen etwas unternehmen, sobald das hier durchgestanden ist“, beschloss Nemon, griff wieder nach den Zügeln und drückte seinem Hengst die Hacken in die Seiten. Arsan tat es ihm gleich und folgte ihm. „Was ist mit den Zivilisten?“, fragte Nemon, als sie zusammen durch das Durcheinander ritten. Die Soldaten sahen besorgt und etwas planlos aus, als sie an ihnen vorbeiritten. Nur wenige von ihnen trauten sich, zu ihrem König aufzusehen, und auch unter ihnen sah man wenig Hoffnung. Nemon nahm sich vor, eine Rede zu halten um den Männern Mut zu machen. Hyrule war Krieg nicht gewöhnt... und alle fürchteten sich vor dem, was kommen mochte.
    „Werden just in diesen Augenblicken in die Kirchen und Tempel geführt“, antwortete der General und riss Nemon aus seinen Gedankengängen.
    „Wie lange reichen die Vorräte?“, fragte Nemon. „Wie lange können wir einer etwaigen Belagerung standhalten?“
    „Oh... Es war eine gute Ernte die letzten Jahre...“ Arsan rieb sich über seinen ergrauten Vollbart. „Zwei, drei Monate sicherlich. Aber Sire?“
    „Hmm“, machte der König wieder und sah hinauf in den Himmel. Feine Regentropfen trafen sein Gesicht. Auch das noch.
    „Sire, mit Verlaub. Wer greift uns an?“ Arsan ritt vor, sodass er mit dem König auf gleicher Höhe war. „Dass die Zora und Goronen einen nicht enden wollenden Kleinkrieg gegeneinander führen, weiß jedes Kind. Aber wer will Krieg mit uns?“
    Nemon zog sich etwas missmutig die Kapuze seines Überwurfs über. „General, wisst Ihr denn nicht, dass die Gerudo seit zehn Jahren einen neuen König haben?“, fragte er und starrte zurück zum Südtor der Stadt.
    Arsan schauderte unwillkürlich. „Ich hatte Gerüchte gehört... aber Herr. Euer Vater hat einen Waffenstillstand mit der letzten Anführerin der Gerudo ausgehandelt!“
    „Unter dem Sand der Wüste wird jedes Versprechen begraben, General. So sagt man unter den Gerudo... Es ist und bleibt ein verlogenes Diebespack. Und ich werde nicht zögern, ihrem König meine Klinge persönlich in die Brust zu rammen, wenn ich so Hyrules Frieden wiederherstellen kann.“ Nemon warf Arsan einen Blick zu, der jeden Zweifel an seinen Worten vernichtete. Dann gab er seinem Pferd die Sporen und ritt eilig durch den aufkommenden Regen zurück zum Schloss.
    Die Zeit bis zum ersten Angriff verstrich.
    Korgas und seine zwei Kollegen von der Nachtwache waren eingeteilt worden, die Zivilisten in Sicherheit zu bringen und zu beruhigen. Kein einfaches Unterfangen, und die drei hatten alle Hände voll zu tun. Niemand wollte ihren Worten so recht Glauben schenken, und immer wieder brachen Menschen schreiend zusammen oder versuchten, Revolten anzuzetteln.
    „Aphod!“, schrie Korgas, der wieder auf dem Pferd seines Hauptmannes saß, hinüber zu seinem Kollegen, der ein paar Schritt entfernt eine Familie in die Zitadelle der Zeit verschaffte. Es war unglaublich laut auf dem Platz; Babys schrieen, Menschen redeten durcheinander, Hufgetrappel tönte vom Marktplatz her, das Klirren von Waffen war allgegenwärtig und über allem hing die bedrückende Allgegenwärtigkeit der Angst. Auf Korgas’ Rufen hin wandte der Veteran sich um. „Geh zum Schloss und fordere Verstärkung an!“, rief Korgas im Befehlston über die Menge hinweg. „Ich befürchte, die Situation könnte eskalieren! Ein paar Bauern sollen angeblich schon einen Soldaten niedergeschlagen haben und ich habe keine Lust, mir so was bieten zu lassen!“
    Aphod stemmte die Hände in die Seiten. „So, und wer gibt dir die Erlaubnis, mir Befehle zu erteilen, Korgas?“, spuckte er aus.
    Korgas wendete sein Pferd und stob durch die Menschenmenge, die erschrocken auseinander schnellte, auf Aphod zu, sprang ab und packte Aphod am Kragen und rammte ihn gegen die weiße Marmormauer der Zitadelle. „Siehst du das hier?“, zischte er und hob mit der freien Hand seine Offiziersplakette dicht vor Aphods Augen. „Für dich ist es jetzt Offizier Korgas! Und sei es nur temporär, aber du unterstehst meinem Befehl so lange, bis der Hauptmann zurück ist! Und jetzt mach, dass du wegkommst!“ Korgas schleuderte den sichtlich geschockt aussehenden Nachtwächter von sich und ignorierte, dass er von den anwesenden Zivilisten angestarrt wurde. „Los, ab in die Zitadelle, da seid ihr sicher!“, rief er ungeduldig und deutete den Menschen an, sich gefälligst zu beeilen. Erschrocken zuckten die Menschen zusammen, und es kam wieder Bewegung in sie. „Wo ist der Neue?!“
    „Hier, äh...“ Gevin, der sich seinen Weg durch die Menge bahnte, sah etwas planlos aus, als er vor Korgas zu stehen kam. „Wie genau muss ich Euch jetzt nennen, Herr?“
    „Für dich reicht Korgas vollkommen“, sagte Korgas mit einem Schnauben.
    „Ja, Korgas“, sagte Gevin und nickte vorsichtig. „Was befehlt Ihr?“
    „Du. Bitte, du. Bis vor ein paar Stunden war ich nicht ranghöher als du.“
    „Aber habt Ihr... hast du nicht gerade noch...“ Gevin deutete vage in die Richtung, in die Aphod verschwunden war.
    „Aphod hat mich noch nie besonders gut leiden können und keinen Respekt, aber ich hoffe, da bist du ihm voraus“, meinte Korgas. „Ich würde es dir zumindest raten.“
    Gevin nickte mit großen, blauen Augen. Er sah unglaublich hilflos aus, und er tat Korgas Leid. „Wir müssen zum Tempel der Farore“, sagte er schließlich und stieg wieder auf sein Pferd. „Ich habe Meldung bekommen, dass er überfüllt ist, und wenn eine Panik ausbricht, wird es Leichen geben. Wir müssen einen Teil der Zivilisten von dort nach hier verschaffen, und du wirst mir dabei helfen.“
    „Zu zweit?“, fragte Gevin, als Korgas ihm die Hand reichte und ihn hinter sich auf den Schimmel hob.
    „Keine Sorge, der Tempel ist nicht besonders groß â€“ aber natürlich wollen alle Gläubigen jetzt zu Farore beten, und was bietet sich da besser an als ihr Tempel?“ Korgas gab dem Pferd die Sporen und ließ es durch die verregneten Gassen preschen.
    „Und du, Korgas?“, fragte Gevin irgendwann. „Zu wem betest du?“
    Korgas antwortete nicht. Aber als sie vor dem Tempel der Farore, vor dem sich eine beträchtliche Menschentraube angesammelt hatte, ankamen und absaßen, meinte er, als er Gevin die Hand auflegte: „Ich weiß nicht, mit welchen Idealen du in die Armee gekommen bist. Wenn dir Ruhm und Ehre fürs Vaterland versprochen wurde, hat man dich ganz schön verarscht. Du bist die Nachtwache, Kleiner. Die Nachtwache besteht aus einem fahrlässigen Hauptmann, einem fast abgedankten Veteranen und einem halbblinden Soldaten. Und dir – einem Neuling. Unterste Ebene des Soldatenniveaus. Wo, glaubst du denn, sollte das hinführen? Bis an den Thron des Königs als seine Leibwache?“
    Gevin sah nur in Korgas’ grasgrüne Augen und vermochte keine Antwort zu finden. Er senkte entmutigt den Blick. Korgas nahm seine Hand von Gevins Schulter und zog sein Schwert.
    „Jetzt“, sagte er, „ist es eh zu spät. Jetzt ist Krieg. Jetzt ist es egal, ob du nun Nachtwache bist oder General. Versuche, am Leben zu bleiben – egal um welchen Preis.“
    Er drehte sich um und ging mit entschlossenem Blick, das typische Soldatenschwert in der Rechten, auf die Menge zu und trieb sie auseinander. Er wies die leute an, sich auf die Tempel zu verteilen, und wenn sie beten wollten, konnten sie das schließlich überall tun.
    Ganz im Alleingang regelte er den Aufruhr. Die Menschen gehorchten ihm.
    Gevin stand ein paar Schritt entfernt, neben dem weißen Schimmel. Er hatte den Schwertheft mit beiden Händen umschlossen, Regen tropfte von seinem strohblonden Haar und rann seinen Hals herunter, um unter dem bronzenen Kettenhemd zu verschwinden. Wasser sammelte sich in seinem weichen, robusten Lederstiefeln; er fror.
    Und während er Korgas beobachtete, fühlte er sich klein, unbedeutend und ängstlich.


    Vor den Toren der Stadt hatte sich die Armee des Gerudokönigs gesammelt. Fast tausend magisch begabte Bogenschützen in der ersten Reihe, zweitausend Reiter und noch einmal fünftausend Fußsoldaten. Es war Zeit, dass Hyrule fiel.
    Ganz an der Spitze stand eine große, braune Stute, die geduldig ertrug, ihren Herrn so lange in voller Rüstung zu tragen. Eine Öllampe an ihrem Sattel verlosch, als der erste Regentropfen vom Himmel fiel.
    „Regen?“ Der Gerudokönig sah hinauf in den Himmel. Ein weiterer Regentropfen fiel herab, traf ihn auf der Wange. „Wie viele Jahre ist es her, dass ich Regen gespürt habe...“
    „Hier im Norden kommt das häufig vor, Sire“, sagte eine Frau in roter Seide, die neben dem König auf einem schwarzen Pferd saß und sich gerade den Schleier vom Gesicht zog. „Die Hylianer sind Kämpfe im Regen eher gewöhnt als meine Frauen, Sire. Wir haben einen deutlichen Nachteil, Majestät.“
    Der Gerudokönig lachte leise. „Hylianer sind verweichlicht. Die Armee hat doch seit Dekaden nicht mehr gekämpft. Die Soldaten lernen den Schwertkampf an Strohpuppen. Kein Vergleich zu unserem Kampftraining.“
    „Selbstverständlich, Sire“, sagte die Gerudo, neigte den Kopf vor ihrem König und zog sich den Mundschutz wieder über. Sie betrachtete den König, wie er stumm und stolz, mit einem Lächeln auf den Lippen, auf dem Pferd saß und sich kaum regte. Er betrachtete nur die Stadtmauern, die in der Ferne wegen des Regens immer schwerer zu erkennen waren. Wenn die Pferde ganz still waren und kein Waffengeklirr von den Kriegerinnen kam, konnte man Schreie aus der Festung hören. Es hatte schon längst begonnen.
    „Wann greifen wir an, Hoheit?“, fragte die Gerudo neben ihm.
    „Hmm.“ Der König strich sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen ordentlich geschnittenen, weinroten Kinnbart. Mittlerweile troff der Regen von seinen schulterlangen, glatten Haaren. „Ich denke, jetzt.“
    „Die Bogenschützen nach vorne!“, brüllte der General in die Reihen der Frauen.
    „Den ersten Verteidigungsring werden wir bis zum Mittag einnehmen“, sagte er, während sich links und rechts von ihm die Bogenschützen aufstellten und Feuerpfeile anspannten. Das Feuer prasselte trotz des Regens, denn kein Wasser vermochte magisches Feuer zu löschen. Er hob die Hand hoch über den Kopf, für alle sichtbar. Er wartete und für einen Augenblick war alles ganz still. Der Schauer prasselte auf den Rasen. Ein paar Pferde scharrten im lehmigen Boden.
    Der König ließ die Hand wieder sinken.
    „Feuer!!“
    Die Pfeile zischten über seinen Kopf hinweg, durch die regnerische Nacht und zielstrebig auf die Stadtmauer zu.
    Die ersten Pfeile bohrten sich fest in die hochgezogene Zugbrücke, die anderen schafften es über die Zinnen und schlugen in die Dachstuben der Häuser. Die ersten Funken stoben, und schnell hatte sich das Feuer ausgebreitet.
    Der Gerudokönig blieb lächelnd zurück, als er seine Armee mit einem Wink angreifen ließ.



    Wird fortgesetzt.

  • Dein Schreibstil hat was. Ich denke rein erzählerisch macht dir niemand mehr was vor ;)
    Ich liebe eure Geschichten von Hyrule (niemand sagt jemals dazu dass es das OoT Hyrule ist...) zwar nicht sonderlich aber wenn's euch gefällt... . Ich finde das Problem dabei ist: Die Einschränkung durch die fiktive Welt, die ich, unter uns gesagt, ziemlich platt finde, lässt das Geschehen oft unglaubwürdig erscheinen...eine 1000 Mann oder mehr umfassende Armee...die Gerudo sind ein kleines Wüstenstämmlein. Wenn ich für Hyrule eine Bevölkerungsdichte wie bei uns im Mittelalter annehme - dann halte ich das für aus der Luft gegriffen.
    Dann noch die Sache mit Hyrules Armee...man erfährt im ganzen Spiel nichts über Nachbarländer oder dergleichen von Hyrule - abgesehen von der Gespensterwüste...dennoch halte ich das für übertrieben.
    Ich finde deine Geschichte gut, aber es hätte ihr besser getan wenn du sie in eier eigenen fiktiven Welt angesiedeltt hättest. Sonst geht die Story in der Flut der Zelda-FFs unter...

    Nach alter japanischer Legende
    bekommt derjenige,
    der 1000 Origami-Kraniche faltet,
    Arthritis und von der Göttin der Bäume
    einen Tritt in den Hintern.