Ost-Necluda {Region}


  • Es heißt, Ost-Necluda war einst eine große flache Ebene. Heute erinnert nichts mehr daran, denn gewaltige Kräfte hoben das Erdreich in die Höhe und Wind und Sand schliffen im Laufe der Zeit tiefe Furchen und Täler in den Boden. Die Region ist heute von gefährlichen tiefen Spalten im Gestein durchzogen und nur Ortskundige können sich hier einigermaßen sicher bewegen. Alle anderen sollten genau schauen, wo sie hintreten und am besten die eingetrampelten Pfade nicht verlassen.


    Als die Verheerung Hyrule heimsuchte, wurden überall Siedlungen und Völker davon in Mitleidenschaft gezogen, nur nicht dieses Land, denn hier lebte fast niemand. Erst als das Verderben über die Lebenden heimfiel, flüchteten einige bis zu den steilen Klippen am Meer und ließen sich dort nieder. Sie benannten die Siedlung Hateno. Und diesem Umstand ist es zu verdanken, dass sich heute relativ viele hier in der Region aufhalten und Handel oder Forschung betreiben, was für die neuen Bewohner auch sehr wichtig ist, denn es ist sehr schwer, dem felsigen Boden ein paar Nährstoffe für Tier und Pflanze abzuringen. Dafür ist das Wasser so klar und fischreich wie nirgends sonst in Hyrule und darauf ist man hier stolz.


    Für Wanderer, Abenteurer und Kletterbegeisterte bietet Ost-Necluda hervorrangende Bedingungen. Wer Glück hat, findet auch mal eine Truhe mit Edelsteinen und großen Rubinen!

  • Kamui und Muri kommen aus Hateno.


    Muri: "Ich habe Hateno schon ein Jahr lang nicht wirklich verlassen" - "Wirklich? Ich habe Hateno schon ein Jahr lang nicht wirklich betreten!" lacht Kamui.
    Kamui läuft ein wenig voraus... "He... Muri!" ...und winkt ihn an sich heran. "Siehst du..."
    Muri lächelt, kommt und guckt aufgeweckt. "Da, in dem Wald?" Kamui: "Da ist ein Moblin! Er schläft! Ist wohl ein verspäteter Mittagsschlaf!"


    Muri: "Ich soll einen schlafenden Moblin umbringen? Der mögliche Tod ist nicht immer so rücksichtsvoll..." Kamui: "Das ist gegen deine Prinzipien? Warte..."
    Kamui fängt an zu schreien und der Moblin wacht auf. "Meinst du, es geht jetzt?" Muri erschrickt: "Verdammt. Mir fällt ja das Ohr ab!" - "Aber er ist wach!" - "Ja, ja" -
    "Du schaffst das schon! Wenn du Hilfe brauchst... Ich bin quasi direkt hinter dir!" ...Kamui holt Notizbuch und Stift aus Rucksack... "Ich glaube an dich! Mach es für die Wissenschaft!"


    Der Moblin ist bereits herbeigelaufen und schwingt seine Keule dort lang wo eben noch Muris Kopf war, doch der duckt sich schnell und etwas linkisch. Kamui springt etwas zurück, während er anfängt zu schreiben.


    Seit wann sind denn die Moblins hier so schnell? dachte Kamui. Muri stürzt zwischen die Beine der Kreatur und schneidet in schneller Folge zweimal in die Beine und läuft etwas weiter.
    Der Moblin stürzt wie vom Donner gerührt in Muris Richtung, mit dem Kopf vor seiner Nase. Muri nimmt sein Messer und schneidet ihm die Kehle durch.
    "Nein... Seit wann sind denn die Menschen hier so schnell?" staunte Kamui und schreibt etwas schneller. "Das in den Beinen waren seine Sehnen, kannst du aufschreiben..." - "Ähm... Danke?"


    ...Kamui schreibt indessen weiter... "Ich hätte nur nicht erwartet, dass du so schnell bist... Normalerweise brauchen die Leute noch länger." Muri brummt etwas und der Orni klappt sein Notizbuch zu: "Von dir könnte ich noch viel lernen!"
    "Stärke kann jeder einschätzen und stark bin ich nicht, es ist besser wenn dein Gegner deine wahre Stärke nicht kennt." - "Faszinierend..." Kamui klappt das Notizbuch wieder auf und schreibt das Zitat von Muri rein.


    Kamui: "Hmm... Aber danke, dass du mir hierbei geholfen hast!" Muri: "Sag mal, warum willst du das unbedingt machen?" - "Eh... Ich will halt unbedingt, dass die Leute besser über die Monster bescheid wissen... Du musst wissen... Hätte... Hätte einer meiner Bekannten besser über Monster bescheid gewusst... Dann würde es ihm heute besser gehen! Und für ihn mache ich das ganze auch im Grunde! Damit keiner so enden muss wie er!"
    Muri: "Besser gehen? Ich verstehe..." - "Huh... Ja..." Kamui schnieft. "...Aber egal. Seitdem schreibe ich die Ergebnisse in Notizbücher und kläre die Leute auch über Monster auf. Manchmal verkaufe ich die Notizbücher auch, wenn ich neue brauche!" Der Forscher holt das ausgefüllte Notizbuch aus dem Rucksack.


    "Hier... Kannst es dir mal anschauen!" ...überreicht es Muri. - "Willst du das nicht aufbewahren?" - "Mach dir keine Sorgen... Es ist voll! Und ich weiß sowieso alles, was darin steht!" - "Ich weiß nicht ob ich es brauche" sagt Muri nachdenklich.


    "Okay..." sagt Kamui und nimmt das Notizbuch wieder an sich.

    Durch Schaden wird man klug - sagen die klugen Leute. Schaden litt ich genug, doch bin ich ein Thor noch heute.

  • "Also gut...", meinte Kamui, und sah Muri kurz verlegen an. Irgendwie hätte ich jetzt eine andere Reaktion erwartet, aber... Okay. Wenn er meint. "Meine Forschungen wären dann für heute abgeschlossen. Ich werde allerdings heute Abend wieder hier her kommen, um ein paar Monster zu erforschen. Wenn du mitkämpfen willst, komm kurz vor Sonnenuntergang wieder zu dem Teich, wo wir uns heute Morgen getroffen haben. Ich warte dann dort auf dich, bis die Sonne untergeht. Wenn du zu spät kommst... Dann findest du mich hier irgendwo in der Gegend."


    Da die beiden sowieso zufällig wieder nach Hateno mussten, liefen sie Seite an Seite in das Dorf. Dabei wechselten sie kein Wort mehr, die Stille um sie herum wurde nur von ihren Schritten und einigen kleinen Tieren, die in ihrer Nähe auftauchen, übertönt, oder mehr... Zerstört. Kamui erinnerte die Situation etwas an ein Lied, dass einige Reisende, die das Dorf der Orni vor Jahren mal besucht hatten, gesungen hatten. Das Lied trugen sie in einer fremdartigen Sprache vor, und laut ihnen bedeutete der Titel soviel wie "Zusammen allein in Gedanken versunken", allerdings konnte man den Titel nicht hundertprozentig richtig übersetzen, da er auf einem Wortspiel basierte, dass man so im Hylianischen nicht einfach so nachmachen konnte.


    Schließlich erreichten die beiden Hateno und trennten sich.


    >>Kamui und Muri gehen nach Hateno

    Welcome back to Trench

  • << Hateno (Siedlung)


    Death is just a feeling


    Im schnellen Galopp ließ Morgan die friedliche Siedlung hinter sich. Schnell wurde jene hinter ihm kleiner und kleiner; bis sie schließlich einer winzigen Silhouette glich. Und alsbald da nur einem entfernten Punkt in der weiten, weiten Ebene.

    Rhythmisch ertönte in seinen spitzen Ohren die stampfenden Hufe seines treuen Begleiters Blackwood. Der Gegenwind ließ Sals schwarzes, gewelltes Haar nach hinten fliegen, während sein Mantel noch immer wehte. Um ihn herum nichts, nichts außer die Freiheit und Natur selbst. Freiheit... oder war es nicht genau das Gegenteil davon`? Sein freies Gefängnis? Sein endloser Käfig, aus dem er doch nicht ausbrechen konnte? Eine Freiheit, zu der er immer wieder zu flüchten verdammt war! Welcher Freiheit war dies schon, die einen genauso einengte wie ein Gebäude? Er versteckte sich hier stets als Gefangener seiner selbst. Vor dem eigenen Bruder und seinen Häschern; vor seinem eigenen Schmerz, den er nicht überwinden konnte und vor allen anderen Menschen. Sein Ziel war die Ebene und das war auch schon alles. Es war immer dasselbe... die Flucht, das Verstecken in einer stillen Einsamkeit, die einen regelrecht anschrie; zurück in einer der Dörfer und Siedlungen, um seine Vorräte aufzustocken, saufen... und schon begann alles von vorne. Doch ein Ziel hatte Morgan nicht, dessen steinerner Blick auf dem Trampelweg vor ihm lag, bevor er schließlich in die freie Wildnis abbog, in der der Laie sich nicht begebe.


    Er hatte keine Ziele im Leben und lebte nur vor sich hin. Keine Ziele, keine Träume, keine Wünsche, die längst zerplatzt waren. Er trieb so sinnlos durch Hyrule wie ein Stück Holz im Wasser. Treibholz war er! Zweckentfremdens Holz, dass Müll gleich vor sich hintrieb und seinen Weg nicht kannte. Genauso wenig wie das morsche Holz im Wasser, hatte auch Sals Leben längst jeden Sinn verloren. War dies noch "leben"? Oder wartete er nur bis dieses Treibholz endgültig morsch brach und unterging? Der Tod war doch auch nichts weiter, als eine Empfindung, bevor man die eigenen Augen für immer schloss. Leben... Tod... so leer wie sich Morgan seit dem Tod seiner Familie fühlte, glaubte er nicht, dass es noch einen Unterschied machte. und doch - er trieb. Da, wo anderes Holz längst zersprang und unterging, da trieb er noch immer verloren auf der Welt herum. Sein Herz schlug noch immer voller leben und schlug bei Angst schneller. Nein, so nahe war er dem Tod wohl noch nicht, wie es sich oftmals anfühlte.

    Wie oft hatte er diese immer kreisenden Gedanken über Leben und Tod, wenn er sich seiner Sinnlosigkeit bewusst wurde? Tausende Male. Es machte Sal regelrecht krank, dass er sich nicht davon befreien konnte. Doch alleine wie er war, waren seine Gedanken oft das Einzige, was ihn hier draußen zusammen hielt und unterhielt. So philosophisch sie auch waren, trieben sie in ihrer Sinnlosigkeit genauso in seinem Kopf umher. Gedanken, die keiner kannte.


    Einige Stunden ritt Morgan schließlich, bevor der Durst ihn zur Pause zwang. Im Schutz einiger Bäume, stieg er von Blackwood ab und rastete bei einem der kleinen Flüsse. Er hatte noch nichts getrunken und gegessen. Zeit, um die Vorräte aufzufüllen, hatte Sal nicht gehabt, aber glücklicherweise besaß er noch genug, um sich einige Tage, vielleicht sogar eine Woche draußen verstecken zu können. Vor dem Flüsslein kniete er nun, tauchte seine Hände tief ins Wasser. Glitzernd spiegelte sich darin die Sonne wider, welche sich allmählich zum Zenit begab. Gierig hob er seine Hände und trank von dem Wasser in seinen Händen, welches an seinen Mundwinkeln hinab floss. Zweimal noch tauchte er die Hände ein und trank, ehe Morgan das frische Wasser der Gegend nutzte, um eine praktische Katzenwäsche zu absolvieren. Das Gesicht wusch er, ehe er seinen Kopf tief ins Wasser drückte und damit die Haare benetzte. den Mantel legte er ab udn die Ärmel seines weißen Hemdes zog er hoch, um seine Arme zu waschen. Die Füße tauchte er auch ins Wasser, nachdem er die Stiefel auszog. In einer seiner kleinen Taschen am Gürtel hatte er noch getrocknetes Fleisch und auch einige Möhren für Blackwood. "Da, mein Junge", brummte der Räuber und sein treueres Reittier fraß ihm aus der Hand, bevor Sal ebenfalls eine Möhre aß. Dabei besah er sein Spiegelbild im still werdenden Wasser. Das Gesicht eines Räubers,dem die Moral längst abgekommen war. Das Gesicht eines Vatermörders. Die Augen, die sich irgendwo zwischen einem dichten, schwarzen Baar und wuscheligen, schwarzen Haaren ausfindig machen ließen. Dieses erbärmliche Gesicht eines Versagers, ja, das hatte sein Vater Eldon stets gesagt. Wie ein Fluch klebte diese Einsicht an Sal, ganz so, als könnte er das bloße Wort Versager aus seinen müden, halb offenen Augen lesen. Ein Gesicht, das er selbst so lange satt hatte, aber immer wieder im Spiegeldreh erblickte. Mit einem genervten Seufzen schlug er mit der Faust ins Wasser und schüttelte den Kopf.


    Stattdessen lehnte Sal für seine kurze Pause lieber an einem der Bäume und sinnierte darüber, wie die Kriegerin wohl längst nach ihm suchen musste. Der Gedanke ließ ihn schmunzeln... sie konnte einem schon Leid tun. Fast. Schließlich hatte Sal sie zu nichts gezwungen und sich wissentlich in diese Situation gebracht. Wer anderen vertraute, der musste mit diesem Risiko eben rechnen. Da war keine Zeit für Mitgefühl. Aber egal. Er würde die hübsche Kämpferin kaum noch jemals wiedersehen. Sie würde schon darüber hinwegkommen und ihre Wunde an der Schulter verheilen. Sie war stark. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. So schnell fiel die nicht in einer Schlacht, da war sich Morgan sicher. Aber genauso wenig würde sie dem geübten Abenteurer hier auf die Spur kommen. Während seine Gedanken kreisten, rollte Sal sich seine erste Zigarette an diesem Tag. Ah, das wurde Zeit! Hastig verteilte er den Tabak im Papier und rollte es zusammen, bevor er mittels Streichholz den Glimmstängel anzündete. Mit einem entspannten Seufzer stieg der Rauch hinauf. Verträumt blickten seine klugen Augen ins Nichts vor sich. Dafür konzentrierte er sich auf das sanfte Plätschern des Flusses und streckte die Füße aus; wackelte mit den steifen Zähnen und rieb sich seine beiden Fingerstumpen. Phantomschmerzen... da half es nur, seine Reise bald fortzuführen, bevor er sich den alten Schmerzen zu sehr bewusst wurde. Und natürlich ein guter Schluck Alkohol. Deine Feldflasche am Gürtel war noch mit starkem hylianischen Whisky gefüllt. Ja, das würde die müden Knochen zur Weiterreise ins ewige nichts und wieder nichts motivieren.
    Nach einigen Minuten schlüpfte er wieder in die Stiefel und zog sich den Mantel über. Der Himmel verriet, dass es wohl nach Regen aussah. Hoffentlich nicht zu bald...


    Morgan erhob sich wieder und klopfte sich ein paar Blätter und Erde vom Hosenboden, ehe er mit einem Rülpser - dem starken Tropfen geschuldet, in den Steigbügel stieg und sich zugleich, geübt, im Sattel von Blackwood befand. Er wollte tiefer in die Ebene reiten und sich sein nächstes Ziel überlegen. Umso schneller er die Schriftrollen für gutes Geld los wurde, umso besser. Das Pergament sah wertvoll aus und als solches wollte er es nicht zu lange bei sich tragen.

  • << Hateno Stadt <<


    Der junge Abenteurer, der sich dazu entschlossen hatte Eve bei ihrem Anliegen zu helfen, konnte einfach nicht still sein. Selbst als sie mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit über die Felder rauschten, über Steine und kleinere Schluchten sprangen, der Wind, so ohrenbetäubend über die Ohren strich, Malkus hatte immer etwas zu erzählen. Es war, nun wie sollte die Frau sagen?, anstrengend. Es war anstrengend, nicht den Worten des Mannes zu lauschen, nein, es war anstrengend gewesen die Worte erst gar nicht zu hören.


    Man erkannte schnell wie geübt die Frau im Umgang mit dem Pferd war. Sie passte sich rhythmisch dem Körper des Pferdes an, schwebte mehr in der Luft als das sie im Sattel saß und so wippte ihr ganzer Körper jedes Mal auf und ab. Ihre Rüstung klapperte dabei angestrengt, ihre Sense schräg über den Rücken gespannt, sodass das Blatt allerdings über den Schultern hinausragte, sodass sich das Pferd nicht daran stoßen konnte. Malkus, der sich zuvor in Hateno aus einer Situation geredet hatte um auf dem Pferd der Kriegerin mitreiten zu dürfen, hörte man bei heftigeren Aufschlägen manchmal die Luft wegbleiben. Ihr war von Anfang an klar gewesen warum der aschblonde Mann darauf bestand das Ross zu teilen. Alles was er tat, oder wie er redete, Eve konnte nicht anders als einen gewissen Ekel zu verspüren. Sie konnte nicht anders als alles auf eine Waagschale bei ihm zu legen. Sie war sich sicher, der Typ hinter ihr, der gerade versuchte seine Hände weitaus über der Hüfte zu positionieren, tat Dinge stets mit einem Hintergedanken und das spielte er zu seinem Vorteil aus. Malkus. Sie wusste nicht ganz was sie von ihm halten sollte. Lange Zeit hatte sie unterm Reiten über ihn nachgedacht. Was verfolgte er wirklich für ein Ziel? Jedenfalls war er redegewandt, konnte sich allein mit Worten aus Situationen befreien, das war ihr klar gewesen denn so wie er sprach, musste man einfach vorsichtig sein. Doch Worte allein verhalfen niemandem in einer Schlacht zum Sieg, das wusste dieser adrette Kerl hoffentlich.


    Sie blickte kurz und knapp nach unten, sah, besser, spürte, wie seine Hände nun zu ihrer Oberweite wanderten. Mit einem Ruck zog sie an den Lederriemen der Zügel, das Pferd bremste mit Karacho auf einem Fleck und zog herausgerissene Wiesenstücke hinter sich her. Es drehte seinen gewaltigen Kopf, wieherte auf, ließ seine Nüstern tanzen indem es angestaute Luft daraus pustete. Evelyn tat es dem Pferd gleich, auch sie schnaubte breit. “Lasst Euch das eine Warnung sein. Einen Zentimeter weiter und ich hack Euch die Arme ab. …“ Mit einem giftigen Blick ersuchte sie seinen über ihre Schulter. “Ihr braucht für eine Wegbeschreibung allein Eure Zunge, Hände wären nicht weiter von Nöten. …“


    Es war seltsam gewesen. Nach binnen von wenigen Tagen 2 solch attraktive Männer im Schlepptau zu haben, das war selbst für die tödliche Schönheit eine Seltenheit. Meistens musste sie sich angewidert mit alten Greisen in Tavernen abgeben, die hier und dort ein schönes Wort fallen ließen, die nicht einmal versuchten ihre Lüsternheit zu verstecken, so wie es zumindest die beiden Männer zu Anfangs taten. Wobei … Sie überlegte weiter. Nein, das taten selbst Sal und Malkus nicht. Von Anfang an, an vorderster Front. Sal hatte einen kühlen Kopf, er war gerade aus und direkt, das mochte die Frau an ihm. Malkus? Meinte er wirklich sie würde ihn nicht durchschauen mit seiner schmierigen Art? Eigentlich war es ihr egal gewesen. Sollte er doch. Sie würde ihm eine Warnung aussprechen, das tat sie. Beim zweiten Mal würde sie handeln. Nachdem das alles hier vorbei war, musste sie keinen von beiden mehr sehen und das war ihr Ziel. Sollte sie also diesen vorerst steinigen Weg auf sich nehmen, dann konnte sie sich zuletzt wieder alleine zurückziehen.


    Sie räusperte sich kurz, griff zu ihrer Feldflasche, nahm ein zwei Schluck davon und reichte sie zu Malkus. “Wo hin?“ Das musste man ihm lassen. Seine Verwegenheit in allen Ehren, eher, seine Dreistigkeit in allen Ehren, doch er wusste wovon er sprach, oder tat er das? So überzeugt wie er von sich war, war es schwer einzuschätzen ob er auch wirklich selbst alles glaubte was er preisgab. Und doch war er so viel anders als Eve. Während Eve nie log und nur das erzählte was sie erzählen wollte, sie abwägte welche Information Gehalt hatte oder nicht, war Malkus der, der viel interpretierte und Aussagte und es an einem selbst überlassen war entweder seinen Worten glauben zu schenken, oder alles als Irrsinn abzutun. Wann log er und wann sagte er die Wahrheit? Deswegen mochte sie einfach keine Menschen die viel zu erzählen hatten. Es hatte etwas aufplusterndes, falsches. „Mylady“. Gab es wirklich Frauen die darauf ansprangen?


    Kurz und knapp hatte der Braunäugige die weitere Richtung angegeben. Man konnte die Zügel schnalzen hören und wieder ging das Fahrttempo da weiter, wo es vorhin aufgehört hatte. Ein-zweimal hatte die Frau ihre Stiefel in die Seiten des Pferdes gedrückt um an Fahrttempo aufzunehmen und schon bald war sie rings herum von einer malerischen Aussicht umzingelt. Es … war … atemberaubend. Hätte die Frau nicht gerade etwas zu tun, so würde sie tatsächlich hier einige Momente verweilen. Es war faszinierend, wie sehr sie das Land kennenlernte. Wie weit sie nun schon gereist war, mal in einem Trupp, mal alleine. Sie lernte immer wieder neue Orte kennen.


    Nach einer Zeit nahm das Tempo des Pferdes ab. Es war ihm nicht zu verdenken, immerhin hatte es gute Meter zurückgelegt in einer wahnwitzigen Geschwindigkeit. Sie nahm diese Situation als Pause und lockerte die Zügel. Elegant schwang sie ein Bein vom Pferd und setzte unten auf. Sie blickte zu ihrer Begleitung. “Ich denke wir sollten hier kurz verweilen. Es bringt nichts die Situation jetzt zu überstürzen. Sonst sind wir alle müde und haben verloren.“ Sie blickte prüfend um die Klippen, erspähte die weiten grünen Felder und den glasklaren kühlen Fluss, an dem sie Halt gemacht hatten. Sie schöpfte sich etwas Wasser ins Gesicht, trank aus der Quelle, füllte ihre Flasche auf und kramte in ihrer Provianttasche nach zwei Stück Trockenfleisch, übergab eines davon Malkus, das andere fütterte sie damit das Pferd. Sie goss sich das kühle Wasser in ihre Kehle, die Flüssigkeit fühlte sich an wie kalter Tau, der sich über ihre Zunge legte. Sie lächelte für einen kurzen Augenblick zufrieden. Wieder blickte sie sich um, erspähte eine schöne Konstellation von Klippen, die auf einen kleinen Hügel führten, rings herum nichts bis auf grauen Stein und grünen Wiesen und darauf thronte ein einzelner, großer Baum der durch seine gigantische Krone einen wahnsinnigen Schatten schlug. Apropos. Es war gerade ungefähr früher Nachmittag gewesen, denn die Sonne stand nicht mehr am Höchsten im Zenit. Sie deutete auf den Baum. “Bringt dir das etwas, wenn wir da rauf gehen? Von dort aus solltest du bessere Chancen haben seine Fährte aufzunehmen, nehme ich an?“ Eigentlich wartete sie gar nicht seine Antwort ab, im Gegenteil. Es war gefährlich ihm Fragen zu stellen, allein aus mehreren Aspekten heraus. A: Er konnte nicht mehr aufhören zu reden. B: Es könnte nur 10% von dem was er sagt wirklich wertvoll sein und davon könnten in 5% Drachen und unbesiegbare Magier vorkommen die er einst niederstreckte. Also entschied sie sich, die Zügel in die Hand zu nehmen und das Pferd zu führen, langsam und behutsam. Malkus saß noch immer auf dem Pferd, also führte sie beide.


    Nach wenigen Metern durch das Grün, kam ihr etwas spanisch vor. Irgendwie, man konnte es Instinkt nennen, stimmte etwas nicht. Sie fühlte sich beobachtet. Kein Gefühl einer Beobachtung die sie kannte, nein, es war das Gefühl von Gefahr. Sie konnte tiefdurchbohrende Blicke in ihrem Nacken spüren, doch woher nur? Sie hielt kurz inne. Blickte unbemerkt über ihre Schulter, streifte sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. … Nichts. Hatte sie sich getäuscht? Sie setzte ihren Gang fort. Oben am Baum angekommen, ließ sie die Zügel los und band das Pferd an einen abstehenden Ast. Wow. Die Aussicht war atemberaubend, sie war malerisch. Es war fast so, als könnte man für einen Augenblick alles um sich herum ver- …. Was war das? Ihr Blick fiel auf den Fluss, der sich wohl um den Hügel schlängelte und wie es der Zufall wollte, war dort eine Person die sie gut kannte. Dieses Mal hatten die Götter ihr in die Karten gespielt und eigentlich war es schon fast ironisch gewesen. Sie hätte den Mann dort unten am Fluss nicht gefunden, wäre sie nicht den Hügel hinaufgestiegen um ihre Neugierde zu befriedigen diese malerische Landschaft zu erkunden, da sie sich genau auf der anderen Seite dazu entschlossen hatten kurz Pause zu machen. Aber, bedeutete das Schicksal dann nicht etwas weitaus mehr? Dass ausgerechnet Eve und Sal, beide an einer gleichen Stelle sich ausruhten, weil sie meinten, dass wäre der perfekte Ort dafür? Sie dachte nicht weiter darüber nach. Manchmal musste man doch einfach nur Mensch sein, weniger Maschine die funktionierte, seinen eigenen Trieben folgen, um ein bisschen Glück zu erhaschen.


    Die Kriegerin fletschte die Zähne. Sie deutete auf Sal, der sich gerade mit Wasser benetzte. Ihre Sense schwang mit einem lüsternen Vibrieren von ihren Schultern, das Blatt, es Schlug auf dem Boden auf und man konnte meinen, dass sich diese Welle auf dem Boden ausbreitete. Ihre Augen wurden schmäler, sie rannte den Hügel hinab und fing an dabei zu schreien. “DU DRECKSKERL ICH MACH DICH FERTIG! GIB MIR WIEDER DAS WAS MIR GEHÖRT“ Malkus unterdessen hatte den besten und perfekten Blick in dieser nun errichteten Arena. Er hatte ein schattiges Plätzchen auf einem Pferd, mit Proviant und etwas zu trinken und konnte dem Spektakel am besten beiwohnen.

  • Der Baum


    Jeder Ruck, den Eves Pferd macht, war es für Malkus eine neue Herausforderung, nicht in einem hohen Bogen vornüber zu fallen und unter die donnernden Hufe des strammen Hengstes zu kommen, der ihn mühelos zu Tode trampeln würde. Und selbst wenn er nicht sofort starb, würde er mit mehr gebrochenen Knochen liegen bleiben, seinem Schicksal überlassen und nur darauf warten, bis Wölfe oder irgendwleche Aasfresser sich seiner annahmen. Er versuchte sich von diesem Gedanken abzulenken und unterhielt Eve, aber mehr sich selbst, mit Geschichten, aus seiner Vergangenheit, die er manchmal erfand, manchmal ausschmückte, aber die manchmal auch tatsächlich so passiert waren. Zumindest war er davon überzeugt, dass sie so passiert waren. Würde man andere Wegbegleiter fragen, so dürften die das bezweifeln. Jedenfalls jene Teile, die mit Kämpfen zu tun hatten, denn Malkus war kein Kämpfer. Er hätte vielleicht einen guten Kämpfer abgegeben, wenn er irgendwann seine flinken Finger um den Griff einer Waffe geschlungen und seine Zunge damit beschäftigt hätte, die Lippen zu lecken, anstatt den Gegner totzureden, aber so war es nicht gewesen und so war Malkus auch kein Krieger geworden. Unbewusst wurden seine Hände am glatten Gewebe von Eves Rüstung nach oben geschoben. Sie fanden kaum halt am feinen Stoff und fein gegerbten Leder, so dass er seine Finger förmlich in sie hinein krallen musste. Hätte sie doch eine Stelle, die weniger von der Rüstung geschützt und etwas voller war. Etwas, das seine Hände gut umfassen und festhalten konnten. Gedankenversunken berührten seine Fingerspitzen unbewusst den Beginn ihrer Wölbung, dort, wo ihre Brust voll und fest wurde. Noch bevor er überhaupt daran denken konnte, oder hatte er bereits unbewusst daran gedacht, bremste der Gaul hart ab und Malkus wurde hart gegen den starken Rücken seiner Begleiterin gepresst, seine Finger rutschten ab und er schlug mit dem Kinn voll auf die rechte Schulter der Brünetten. Erst jetzt setzte ein Feuerwerk der Schmerzen ein, welches er wohl noch bis zum nächsten Abend spüren würde.


    Die Kriegerin schwang sich anschließend vom Pferd, nicht ohne ihm noch eine Warnung dazulassen, ihre Brust nicht noch einmal zu berühren. Er hatte diese Drohung schon oft gehört und noch öfter mit frechen Kommentaren beantwortet, aber hier war er nicht in der Position, Scherze zu treiben. Es hatte ihn ohnehin schon gewundert, dass sie ihn hinter sich sitzen ließ, mit dem Wissen, dass er seine Griffel um ihre Hüften legen würde und nicht wie ein Stück Treibgut quer über den Nacken des Pferdes war und er dort wie ein Sack Kartoffeln hing. Sie mochte Malkus, sie wusste es nur noch nicht. Sie hätte ihn genausogut hinter sich herschleifen können. Eve trank einen großen Schluck Wasser und überreichte ihm um dem Pferd ein Stück Trockenfleisch, das er gierig aß. Es war also Fütterzeit. Artig bedankte er sich, hatte er doch weder daran gedacht, Vorräte mitzunehmen, noch hätten sie groß dafür Zeit gehabt. Er war kein Abenteurer. Kein solcher Abenteurer, der eine ganze Großküche in seinem Inventar mitschleppte und nur ein Lagerfeuer brauchte, um alles nur erdenkliche auf den Tisch zu zaubern. Er war ein einfacher Rumtreiber. Er lebte davon, dass andere ihm was abgaben.


    Er beobachtete Eve, als sie langsam auf den großen Baum zuschritt. Malkus wusste, dass Sal nicht weit war. Dieser große Baum hatte etwas magisches an sich. Egal, wohin man in Necluda ritt, es schien einen immer an diesem einen Baum vorbei zu führen. Manchmal näher, manchmal ferner, aber egal, ob man Gedankenversunken oder mit scharfem Verstand sein Ziel verfolgte, die Aura dieses einen Baumes war immer stärker und deshalb führte Malkus die Vollbusige hierher. Egal, wie viel Vorsprung Sal hatte oder nicht hatte, er musste hier vorbeigekommen sein. Der Baum wirkte auf mystische Weise eine Anziehungskraft auf Reisende aus, dazu der klarblaue Fluss an seinem Fuß, die Felder dahinter. Es war fast so, als wäre vor langer Zeit hier etwas wichtiges passiert oder, als würde noch etwas sehr bedeutendes vonstatten gehen. In diesem Augenblick bemerkte Malkus etwas. Der Wind lag günstig und er konnte etwas vernehmen. Vielmehr konnte er etwas riechen, und es roch nach Problemen. Er blickte sich um, konnte aber in der weiten Steppe nichts sehen. Auf einmal setzte sich ein Schwarm wilder Cuccos in Bewegung und lief wild aufgescheucht quer durch die Gräser der Steppe. Das leicht bräunliche Fell, das diese Hühner von ihren zahmen Artgenossen unterschied, warf wilde Muster aus dem trockenen Gras zurück, einige der Viecher flogen auf niedriger Höhe hin und her, was sie normalerweise nur zur Selbstverteidigung taten, oder wenn man sie provozierte. Gerade, als er hinauf zu Eve ging, um ihr zu erzählen, dass ihm unwohl war und dass da irgendetwas sich in den Büschen versteckte, schrie sie auf der anderen Seite des Hügels hinab. Sie hatte Sal gefunden und zögerte nicht, ihn zu stellen. Malkus konnte gerade noch sehen, wie Eve ihre Sense von ihren fein gezeichneten Schultern schob um sie in Angriffsstellung zu bringen, bevor sie auf der anderen Seite nach unten stürmte. Es hatte keinen Zweck, sie würde ihm jetzt nicht zuhören. Sie hatte ihr Ziel vor Augen und jetzt konnte passieren, was wolle, sie würde nicht eher zur Vernunft kommen, bevor nicht sie oder Sal, einander blutend und dem Tode nahe vor dem jeweils anderen lagen. Er stützte sich gegen den großen Baum, der so oft Reisende auf ihren Abenteuern als Wegzeichen begleitet hatte, sein Ast war unheimlich dick, die Rinde fest und kühl und von großen, knorrigen Windungen übersäht. Er schaute sich noch einmal über die Schulter, dorthin, wo die wilden Cuccos den Angriffstanz vollführten, aber es war wieder still. Vielleicht nur ein wildes Tier. Er machte sich bereit, den Kampf von Sal und Eve zu beobachten. Er dachte garnicht daran, dass er Dunkelhaarige der Walküre gewachsen war und sie gar besiegen konnte. Das einzige, was er hoffte, war, dass Eve ihn wieder mit in die nächste Ortschaft nahm. Wie sonst sollte er ihr die Dokumente, die ihr so wichtig waren, wieder abluchsen? In diesem Moment begann etwas hinter ihm zu rascheln.

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


    me-and-the-boys-1.jpg me-and-the-boys-2.jpg me-and-the-boys-3.jpg me-and-the-boys-4.jpg


    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"

  • Sal und Eve im Kampf; Malkus beim Baum


    Gerade wollte sich Morgan auf die Weiterreise machen, als er plötzlich den Kopf zur Seite riss. Hatte er etwas gehört...? Nein, das konnte nicht sein. Und doch war es so. Mit Unglauben in seinen hellbraunen Augen beobachtete er dann schon, wie Eve, die Kämpferin, die er beraubt hatte, wie eine wild gewordene Furie vom Hügel hinab auf ihn zugerannt kam.

    Verdammt! Wie konnte sie so schnell sein? Wie hat sie mich gefunden...? Entweder war sie eine Meisterin im Spurenlesen oder sie hatte Glück gehabt. Ob sie vom Hügel aus nahm ihm Ausschau hielt? Sal schimpfte sich einen dummen Narren. Er hatte nahe des großen Baumes gerastet und es nicht bemerkt und sich damit anscheinend zu einem leichten Ziel gemacht. Aus der Peripherie bemerkte er kurz, dass eine weitere Person dort oben beim Baum stand, aber dieser konnte er gerade keine Bedeutung widmen, schließlich wollte man ihm gerade nach dem Leben trachten. Aber für diese Dummheit musste er nun bezahlen. Sicher hatte er die Konfrontation mit einer Sensenkriegerin nie gesucht. Aber all das spielte keine Rolle mehr. Wie sie es auch geschafft hatte: nun mussten sie um die Schriftrollen kämpfen. Nicht nur darum, sondern wohl auch ums nackte Überleben. Sie sah nicht so aus, als gäbe sie sich nur damit zufrieden, Morgan eine ordentliche Tracht Prügel zu geben. Die Art, wie sie wie vom Wahn befallen und zornig auf ihn zugerannt kam und ihre Waffe mordlüstern hielt, verriet, dass er hier entweder als Sieger hervorkäme oder als totes Stück Fleisch.


    In wenigen Millisekunden stand Morgan auf seinen Beinen und sein Herz schlug vor Aufregung. Das Blut pulsierte wild in seinen Adern und er konnte nicht anders, als auf ihre gebrüllten Worte hin spitz zu lächeln. Ein Lächeln, welches sich über seine ganze untere Gesichtshälfte zog. Nun, zumindest dort, wo es nicht vom dichten Bart verdrängt war.

    "Oh, hast du etwas verloren, Eve?" erwiderte er im Ruf und nahm zügig zwei Wurfdolche in seine Hände. Einen Teufel würde er tun, die direkte Konfrontation mit ihr zu suchen! Morgan wusste, dass er mit seiner verkrüppelten Hand schlechte Karten hatte. Außerdem konnte sie ihm mit ihrer langen Waffe auf Distanz halten und ihm den Kopf von den Schultern jagen, bevor er selbst mit seinem Langschwert überhaupt ansatzweise an sie käme.

    Aber er hatte die Frau gestern studiert... ihre Rüstung. Jene Rüstung, die schon fast provokant offen an ihrer Oberweite war und so einen verletzbaren Punkt zuließ. Genauso entsann er sich zugleich auf Evelyns Verletzung, die sie schwächte. Jene schmerzte gewiss noch und schränkte sie ein. Vielleicht mochte die Aufregung und das Adrenalin diesen Schmerz kurzweilig betäuben, aber mit einem anständigen Tritt gegen die Schulter - trotz des Panzers - dürfte er sich einen kurzzeitigen Vorteil verschaffen. Sie war eine gewiss erfahrene und starke Kriegerin, schon alleine, wenn man eine so lange Waffe mit einem solch großen Blatt führen konnte. Und sicher war sie dank ihrer weiblichen Vorzüge auch flinker und gelenkiger als ein männlicher Krieger. Daran musste Morgan denken, wenn er nicht sterben wollte. Dennoch: er wäre schneller und gelenkiger. Sein Körperbau war schlank aber kräftig und er trug keine Rüstung und keine schweren Waffen bei sich. Er würde ihren Angriffen ausweichen und sie damit hoffentlich ermüden; die Distanz suchen und... dann eines solcher Wurfmesser direkt in ihre hübsche Brust werfen. Wildes Gefuchtel mit schweren Waffen war schlicht nicht sein Stil und davon abgesehen wäre er darin hoffnungslos unterlegen. Aber einen kurzen, tödlichen Kampf - das war etwas, auf was sich Sal verstand.


    Sein Grinsen wich nicht. Ah, wirklich... Eve war persistent! Sie hatte sich wohl sofort an seinen Sohlen geklebt und einen eisernen Willen bewiesen, ihre Schriftrollen sofort zurückzubeschaffen. Das bestätigte auch Sals Vermutung, dass das alte Pergament wirklich wertvoll sein musste. Jetzt wollte er jene erstrecht nicht wieder loswerden. Nein, sie musste sich die Fetzen schon mit Gewalt holen! Morgan war es egal, ob er starb oder gewann. Das war Schicksal; so einfach. Sie starben alle wie die Ratten; früher oder später. Wichtig war nur, dass er es ihr nicht zu leicht damit machte. Und sie würde ihn einen guten Kampf liefern, da war sich Sal ganz sicher.

    Als sie schließlich bei ihm angekommen war, sah er sie mit aufgerissenen Augen an. Kein klarer Gedanke durchflutete seine Gedankenwelt; er ließ sich von nichts ablenken. Wie mit einem Tunnelblick gehörte dieser Augenblick nur ihnen. Wie in Zeitlupe nahm der Schwarzhaarige jeder ihrer Bewegungen; Regungen und Abläufe ab. Morgan studierte ihren Angriff, sodass er problemlos mit einem Satz nach hinten sprang. Gut so. Sie war auf ihn zugerannt und hatte ihren ersten Angriff getätigt. Das durfte ihr schon etwas Ausdauer für den Anfang kosten.

    Aber wahrlich: sie war stark und schnell. Sie war nicht nur schön, sondern auch stolz und gefährlich. Ja... eine gefährliche Schönheit war sie. Wie eine wunderschöne Rose, an deren Stacheln man sich schnell stach. Das gefiel dem Räuber insgeheim sehr. Er fand die Frau sehr charismatisch. Leider. Das machte sein Vorhaben doch ein klitzekleines bisschen schwieriger. Töten wollte er sie nicht, aber, jetzt blieb ihm leider keine Wahl mehr. Die Entschlossenheit über sein Tun spiegelte sich in den müden Augen, die nun so konzentriert und wach drein schauten und Eve wie Beute fixierten.

    Du oder ich!


    Immer wieder wich er ihren tödlichen Angriffen aus. Auch jetzt schien es, wie schon die Nacht zuvor, als ob sie gemeinsam einen Reigen tanzten. Es war ein gefährlicher und tödlicher Tanz und doch folgten sie dem gleichen, blutigen Takt. Dieser Tanz war nicht so schön wie das Scharmützel von gestern. Aber deshalb waren sie nicht weniger leidenschaftlich. Der Schweiß bildete sich schnell als Film auf seiner Stirn und Morgan atmete schwerer. Die Ausweichmanöver kosteten Kraft und Ausdauer. Doch er konnte auch Evelyns Atem vernehmen! Seine Sinne waren geschärft und jeder einzelne von ihnen wollte sagen: Eve. Er sah sie. Er roch sie. Er hörte sie. Ihre Bewegungen erzeugten einen Lufthauch, der ihn strich. Der Mantel war Sal längst von den Schultern gefallen. Sein Haar wippte mit seinen leichtfüßigen Bewegungen. Und das Grinsen... es blieb eisern bestehen. Wollte er Eve damit verhöhnen? Durchaus nicht. Im Gegenteil: so tödlich und gefährlich das Ganze hier war, genoss er es. Der Kampf alleine erlaubte ihn noch, das Leben in seinen müden Knochen spüren zu können. Das Blut wallte; der Schweiß tropfte und der Atem erging schnell und laut. Das Leben rauschte förmlich in seinem Körper, während er die Klinge des Sensenmannes über - oder eher vor - sich spüren konnte. So gefährlich zwischen Leben und Tod... jede Bewegung könnte seine Letzte sein. Jeder Schritt wäre möglicherweise verhängnisvoll. Aber Angst verspürte Sal deshalb nicht. Im Kreislauf des Lebens bliebe ihm nichts anderes, als zu vergehen oder zu leben. Aber freiwillig gab er ihr sein Leben nicht.

    Und auch Eve tanzte den Reigen um Leben und Tod so selbstbewusst wie Sal selbst. Keine Angst in ihren Augen... reine Entschlossenheit sich das zu nehmen, was er ihr geraubt hatte. Und so klatschten hier zwei Individuen aufeinander, die aufs Ganze gingen. Jeder wohl auf seine Art und Weise. Morgan, der geduldig wie ein Raubtier - ganz der Räuber eben - auf seine Chance wartete. Die Chance, bis ihre schöne Brust von der verteidigenden Waffe frei stand und er einen Dolch hinein warf, ohne, dass ihr Sensenblatt ihn erwischte. Noch musste er stets ausweichen und den Abstand suchen. Sie klebte auch jetzt wie der eigene Schatten an ihm. Ah, wirklich persistent, die gute Eve...

    Morgan leckte sich über die salzigen Lippen. Verdammt, das Weib war wirklich ausdauernd! Wer zermürbte hier wohl wen?

  • Im Blutrausch konnte man so manche Dinge komplett ausblenden. Nur die Wichtigsten waren präsent. Die schöne Landschaft? Sie formte sich in ein tiefes Grau in der die Zeit zu stehen begann. Der klare, blaue Fluss? Er musste dem eines blutigen Styx weichen. Fehlte nur der knochige Gondoliere, der nur eine Silbermünze als Wegzoll brauchte, um die Reise zu einem entfernten Land aufzubrechen, aus dem man nie wiederkam. Der Tanz, den beide nun tanzten, er war so viel mehr als nur ein Racheakt. Sie tanzten genau um jene Münze, die sie als Tribut anzubieten hatten, wenn sie die Gondel bestiegen.


    Eves Sinne waren eng zusammen, sie wuchtete ihre Waffe mit einem Hieb senkrecht auf Sal zu. Dieser Mann, er war flink. Das wusste Eve bereits. Seine Statur, seine Haltung, alles deutete daran, dass es nicht einfach werden würde. Aber von Einfach war nie die Rede gewesen. Das Sensenblatt grub sich mit steinernen Splittern in den Felsen unter ihr. Sie vollführte eine grazile Bewegung, nutzte den Impuls der Waffe um sich an der Stange wie ein Hochspringer abzustützen, um auf Sal zu springen, die Waffe nach oben zu ziehen um den Angriff nun umzudrehen. Wieder verfehlte das Rauschen des Blattes seinen Kopf. Sie machte keine halben Sachen, das hatte sie nicht vor. Viel zu viel hatte sie hierbei zu verlieren. Ihre Augen waren starr, das Tiefblaue in ihnen, es färbte sich schwarz. Sie knirschte mit den Zähnen. “DU HAST KEINE AHNUNG WAS DU MIT DER WELT ANRICHTEST DU ELENDIGER HUND!“, brüllte sie. Wieder raste ihr Instrument nur knapp an seinem Kopf vorbei.


    Ihre Schulter beeinträchtigte ihre Bewegung schon sehr. Längst konnte sie nur in wirklich zwei Richtungen angreifen, das waren die Horizontale und die Vertikale. Alles andere musste sie improvisieren, da sie ihren Arm nicht drehen konnte. Eve beherrschte dennoch ihren eigenen Tanz. Es war erstaunlich, wie das Schwingen der Sense solch einer Akrobatik glich und das war auch der Grund dafür, warum sie keine Vollplattenrüstung trug. Truge sie einen kompletten Harnisch, so wären Sprünge undenkbar und doch war das ihr größter Angriffspunkt.


    Das Adrenalin schoss durch ihre Venen. Ihre innerliche Stimme, sie war nicht zur Vernunft zu bringen. Selbst wenn Sal aufgeben würde, was sie vornerein wusste was er nie tun werde, so müsste sie ihn so und so töten da sie sich nicht sicher sein kann, was er gelesen hatte und was nicht. Sie verdammte ihren Job. Nie hatte sie ihre Ruhe. Sie war wie ein streunender Wolf der ständig von einem Gebiet zum Nächsten wanderte um zu überleben. Ausgesucht hatte sie sich das ganzen Anfangs nicht. Sie rutschte in diese Situation, in ihr Schicksal, einfach so hinein. Es gab Zeiten, da wollte sie einfach alles vergessen, doch sie war eine Kämpferin durch und durch. Es würde der Zeitpunkt kommen, an dem sie all das hier, das Salzige auf ihren Lippen von ihrem eigenen Schweiß, das Adrenalin in ihren Venen, das kochende Blut, das durch ihr Herz strömt, der bittere, eiserne Geschmack des Blutes ihrer Feinde auf ihrer Zunge, das schwarze Pech, dass sich wie der Tot über die seelenlosen Augen ihrer Opfer legte, vermissen würde.


    Sie hauchte ihren angestauten Atem aus ihrem Mund, vollführte wieder eine Drehung und raste mit dem Blatt nur Zentimeter an seinem Kopf vorbei. Ein zwei Härchen des Mannes hatte sie erwischt, da sie vom Wind davongetragen wurden. Sie atmete schwer, ihr Blick war noch immer konstant.


    Es war eine gewisse Ironie. Noch einen Tag zuvor tanzten sie einen Tanz der Leidenschaft, nun war es ein Tanz, der ebenfalls einer Leidenschaft glich, doch gänzlich im anderen Takt getanzt wurde. Leider Gottes beherrschten auch beide diesen Takt sehr gut, denn wenn es nicht so wäre, läge bereits einer von den beiden regungslos auf dem Boden.

    Sie musste umdenken.


    Sie hatte Anfangs beobachtet, dass Sal eine defensive Haltung einnehmen würde. Sie konnte sein Muster aus Erfahrung verschiedener Kämpfe lesen. Nicht umsonst, hatte sie einen Titel als Anführerin. Sie wusste im Kampf Situationen einzuschätzen und seine Gegenüber zu überraschen. Er wartete auf eine Gelegenheit, das verrieten seine Augen, seine Konzentration. Sie brauchte nur den Moment abwarten, in dem er müde wurde oder sich auf seine Chance zu sehen versteifte.


    Die Kriegerin hielt inne, das Blatt keuchend vor ihrer Brust geklemmt. Sie biss sich zynisch auf ihre Lippen. Verdammt. Wieso nur die Schulter. Wieso musste sie vor wenigen Nächten nur so unaufmerksam sein. Wieso musste sie die letzte Nacht nur so unaufmerksam sein? Bilder vergangener Nacht schossen ihr in den Kopf. Ihr Herz, es schlug in einem unregelmäßigen Takt. Einen Takt, den sie nie vermochte zu spüren. Es war Gnade, Leidenschaft, Seelenfrieden. Innerlich mischte sich ihr Blut mit Erinnerungen von gestern. Vor ihrem geistigen Auge blitzte es auf. Sie küsste Sal. Hatte seine Arme um ihn geschlungen. Ihn festgedrückt. Umschlungen lagen sie im Bett.


    Sie schüttelte den Kopf. Was sollte sie tun? Sollte sie nun aufhören? Einfach gehen? Denn Mann leben lassen? Sollte er einfach die Rollen nehmen und damit machen was er will? Wie schlimm konnte das Ende der Welt schon sein, wenn sie sich gerade mitten drin befanden? Eve hatte generell nicht lange zu leben in ihrem Berufsstand, also warum nicht die Sense ins Korn werfen und die restliche Zeit genießen? Jemanden suchen? Gemeinsam alt werden? In ihrem Geiste streckte sie ihre Hand nach Sal aus, ihre Augen waren voller Freude, ihre Lippen zu einem Lachen geformt. Im weißen Licht verhallte ihre Stimme. “Komm Wuschelbart. Lass uns alles vergessen und gemeinsam unsere Zukunft bestimmen. Scheiß auf alle. ….“ Wieder schüttelte sie ihren Kopf. Was war das? Hatte die Kriegerin Entzugserscheinungen vom Alkohol? Woher kam dieses Bild?

    Angestrengt fixierte sie ihre Sense nun fester vor ihrer Brust. Die Waffe klapperte. Sie biss sich vor Schmerzen auf ihre Zähne. Blut strömte ihr nun von ihrer Schulter aus über ihr Schlüsselbein hinweg zu ihren Brüsten, sammelte sich unter ihrem Arm und benetzte in einem tiefen, dunkeln Rot den Untergrund. Ihre Sicht wurde gläsern und trüb. Sie geriet kurz ins Wanken. “Scheiße … Hauchte sie.


    Mit ihren Zähnen biss sie auf die Lederriemen ihrer Handschuhe, löste diese im Sekundentakt. Sie fielen krachend zu Boden. Sie reduzierte das Gewicht. Sie wusste, dass sie nun Ausdauer brauchte, sie wusste, dass Sal in keinen Konfrontationskampf einsteigen würde also brauchte sie nach Waffenanalyse keine Panzerung an den Armen. So oder so, war es ein Kampf, der dann beendet wurde, wenn einer den ersten Schritt machte und traf. Groß Wunden zuziehen war also nicht. So konnte sie sich ihre Armschienen sparen. Ihre Beine rutschten auf dem Kies unter ihr. Der Kiesel knarzte auf dem Untergrund und sie ging in einen Ausfallschritt zur Seite. Sie keuchte schwer. Mittlerweile rannte ihr der Schweiß wie in einem Fiebertraum von der Stirn. Ihre Haare klebten ihr im Gesicht. Sie preschte wieder vor. Unerwartet hatte sie an Geschwindigkeit zugenommen. Es war enorm was Evelyn hier leistete, doch sie wusste, dass sie das nicht lange durchhalten konnte. Nicht mit der Verletzung. Aktuell fuhr sie auf 130%. Sie kochte, was man an dem strömenden Blut an ihrer Schulter sehen konnte. Mittlerweile war der Verband nur noch eine einzige, rote Suppe. Die Spitze des Blattes, es sang erneut vom Himmel sein Lied und das Schwingen rauschte an Sals Nasenspitze vorbei. Es waren nun nur noch Millimeter und dennoch, immer noch zu langsam. Er hatte wieder einen Satz nach hinten gemacht. … Entrüstet keuchte sie stärker. Mittlerweile fing sie an zu husten. Einige Blutspritzer keuchte sie auf den Boden und der rote Lebenssaft rannte ihr aus ihrem Mundwinkel. “WARUM WILLST DU NICHT VERRECKEN?!“ Sie setzte wieder an, verlor den Halt unter den Füßen und stolperte nach vorne über. Sie wollte sich retten, krachte auf ihre rechte Seite, verbiss sich den Schmerz der ihr den Atem und die Sicht nahm und stützte sich mit ihrer Waffe auf.


    Sie konnte nicht sagen wie lange nun dieser Tanz schon ging. Waren es Sekunden? Waren es Minuten? Waren es Stunden, Tage, Monate, Äonen? Sie ersuchte ihren mittlerweile leeren Blick zu Sal. Konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. “Warum mache ich es mir selbst so schwer? Warum zögere ich? Warum machen wir beide nicht ernst? Für was bestrafe ich mich selbst?“ Hauchte sie.

    Wieder blitzten Bilder vor ihr Auge. Sie saßen beide am Tisch. Sie genervt mit verschränkten Armen, Sal, ebenfalls in dergleichen Manier. Sie redeten nicht, sie taten nichts, waren genervt von Allem und Jeden und dennoch genossen sie eine stillschweigende Zeit miteinander. Tranken etwas. Wieder dieses Licht. Sie schüttelte erneut den Kopf. Mittlerweile war das Rauschen in ihren Ohren zu einem unerträglichen Wellensturm herangebrochen. Sie war der Leuchtturm gewesen, dessen schwaches Licht versuchte hilflos auf das Meer hinaus zu leuchten, während unter ihr sich das Meer mit seiner reißenden Gischt an dem Ufer brach. Das Rauschen wurde immer lauter und lauter, Eve war fast Taub vor Anstrengung. Doch sie konnte nicht aufgeben. Nein konnte sie nicht. Das Leben aller Stand auf dem Spiel. Nicht nur jetzt, sondern in ferner Zukunft, dann, wenn es keinen Sal, keinen Malkus, keine Eve mehr gab. Sie tat all das hier, für die Zukunft der Menschheit.


    Wieder setzte sie an, doch irgendwas oder besser, irgendjemand unterbrach den Tanz der Zweien zu ihren Ungunsten, denn sie fühlte es, das wäre der Sieg gewesen. Sie konnte es einfach spüren und doch war sie froh, dass sie es nicht beenden musste, denn sie mochte Sal. Sie mochte ihn mehr als sie sich eingestehen wollte. Eine Müdigkeit fing an sie zu Übermannen. Wieso konnte sie nicht einfach einschlafen und entfernt in einer anderen Welt aufwachen? Mit Sal aufwachen? Klang das nach einem guten Vorschlag? Sie riss sich zusammen, biss sich auf ihre Lippen. Das leise Tropfen des Blutes zerriss die nun vorherrschende Stille, denn Sal sowie Eve betrachteten eine fremde Person, die sich zwischen den Beiden gestellt hatte.


    Nun war die Situation eine andere. Ihr Herz schlug wieder in einem anderen Impuls. Für einen kurzen Augenblick war sie wieder wach und ersuchte die Augen des Fremden. Was sie nur ausmachen konnte war sein schiefes und siegessichere Lächeln. Was hatte er vor?

  • Sal und Eve im Kampf; Malkus beim Baum

    (ein Fremder nähert sich)


    that's gonna leave a scar


    Die Welt? Was soll mich die Welt kümmern?, dachte er sich nur, als sie ihm erneut entgegen schrie. Nein, Morgan hatte wirklich keinen blassen Schimmer und schüttelte nur kalt die Schultern.


    Sie tanzten ihren Tanz des Todes unaufhörlich. Nicht wissend, wie dieser endete, außer: dass er wohl tragisch zu enden hatte. Sal entging dabei nicht, dass Eve litt. Ihre Wunde musste aufgegangen sein und das Blut floss bald. Ein wirklich ärgerliches und leidiges Handicap für seine Kontrahentin und ein wirklich praktischer Vorteil für ihn, den Sal sonst zu jeder zeit begrüßte. Doch hier... fühlte es sich irgendwie falsch an. Ungerecht. Ihm machte der anstrengende, wie auch leidenschaftliche Kampf mit ihr Spaß, doch dadurch verloren sie an Chancengleichheit. Er hatte einen Vorteil, aber nicht, weil er sich jenen erkämpfte. Zu schade... für ihre heldenhafte Rache für ihre Kameraden musste sie jetzt büßen; vielleicht sogar sterben. Tragisch, wirklich, aber berührte Sal nicht im geringsten.

    Oder? Ja verdammt nochmal, empfand er gerade Mitgefühl für eine kriegerische Furie, die seinen Kopf wollte? War er denn noch zu retten? Oder lag es an seinen Instinkten? Die letzte Nacht war fantastisch gewesen und von einer Leidenschaft geprägt, die man mit den hiesigen Huren nicht teilte. Es war... ehrlich gewesen. Es hatte ihn an Alice erinnert. Und ihre Augen! Diese verfluchten, blauen Augen! Er konnte sehen, wie sich sein toter Engel darin spiegelte.

    In Ordnung, er hatte etwas für sie übrig. Warum auch immer. Aber es änderte nichts und Sal hatte längst die Regel in seinem Leben aufgestellt, niemanden mehr nah an sich kommen zu lassen. Nie mehr! Lieber tötete er alles und jeden; lieber wurde er selbst getötet bevor er einen weiteren Menschen verlor, der ihm ans Herz wuchs. Deshalb hatte er sein eigenes Herz erfrieren lassen und doch schlug es tief unterm Eis. Und ihre weichen Hände hatten sein eiskaltes Herz erst gestern noch berührt. Er hatte ihre Wärme spüren können und erinnerte sich jetzt auch daran.


    Auch sein geistiges Auge spiegelte in einzelnen Bildern die gestrige Nacht dar, allerdings waren seine Sinne so geschärft und auf Alarmbereitschaft, dass er sie zur Seite schob. Eve aber... sie wirkte gelegentlich nicht ganz bei sich. Schüttelte den Kopf. Verdammt nochmal, er wollte das hier genießen! Sie war eine fähige, gute Kämpferin und nun das...? Sal fletschte mit den Schultern. Fast... fast schon weckte sie seine Beschützerinstinkte und nicht sein Kampfeswillen! Verletzt und die Konzentration geschwächt... das machte es fast zu leicht. Als Mann fühlte er sich dadurch regelrecht kastriert, wenn er diesen Kampf zu leicht gewann. Aber gut, dass er ja einen rationalen verstand besaß. Es war egal. Wenn Gefühle sie einnahmen, bitte. Das machte es ihm nur leichter, richtig?

    Das redete sich der Bärtige ein und doch fühlte es sich so falsch an. Nur ließ er diese Gefühle nicht an sich kommen.


    Auch Morgan hatte das ewige Kämpfen und fliehen von A nach B satt. Doch Rettung, gar kein friedliches Leben... nein, daran dachte er nicht einmal. Er hatte einst die ganze Welt in seinen Händen gehalten. Und dann war sie zersprungen wie Glas. Und jene Splitter steckten noch immer tief in seinen Fingern. Schmerzen, die nicht besser wurden und Wunden, die nicht verheilten. Wie wollte man etwas in den Händen halten, wenn man es noch immer nicht geschafft hatte, die Splitter an ihnen rauszuziehen?

    Eve befreite sich von allerhand Rüstung und zusätzlichem Gewicht, welches sie schneller und beweglicher machte. Und gefährlicher. Klug wie sie war, erkannte sie, dass Morgan keinen offenen Kampf suchte, um ihren Körper zu zerschlagen. Wobei sie ihm damit natürlich auch mehr Angriffsfläche für seine tödlichen Dolche bot. Aber sein Ziel war stets das, welches die größte Wirkung erzielte: der Hals; die Brust oder die Sehnen an den Händen. Tatsächlich zog Evelyn den Schwierigkeitsgrad damit noch einmal an. Sal zischte und atmete schwerer. Sein Gesicht färbte sich allmählich rot und die gerissene Kämpferin erwischte zwei Haarsträhnen. Und für ihn wurde die Chance geringer, sie nun durch ihre Angriffe und mit einer ordentlichen Distanz hindurch doch zu erwischen.

    Verdammt! Sie war ja soooo persistent! Und Sal war nicht besser. Wie lange sollten sie diesen ewigen Reigen noch tanzen...?


    "DANN TÖTE MICH DOCH, VERDAMMT!", schrie Sal ihr mit aufgerissenen Augen entgegen, als sie ihn lauthals danach fragte, warum er nicht verrecken wollte. Warum...? Keine Ahnung. Es war ihm egal, wirklich. Instinkte waren es, die Sal leiteten. Wobei... nein, nicht ganz. Es gab eine Sache auf Erden, die musste er noch erledigen. Eine Sache, die nichts mit Eve oder sonst wem zu tun hatte. Eine Sache zwischen seinem Bruder und ihm. Es war erst vorbei, wenn nur noch einer der Sullivan-Brüder stand.


    Verwundert sog Sal die Luft scharf ein, als sie vor ihm zu Boden fiel. Verdammt... sorgte er sich um sie? Um eine bloße Feindin, die praktischerweise verletzt vor ihm im Dreck landete! das war seine Chance! Jetzt musste er ihr den Dolch nur noch tief bis zum Anschlag in die Brust jagen und es wäre vorbei! Jetzt, wo sie vor Schmerz die Augen zusammenkniff und sich nicht konzentrieren konnte. Nur wenige Sekunden. Doch Sal, der diese kurze Zeitspanne locker hätte nutzen können, ließ die Sekunden verstreichen. Fest hatte er das Wurfmesser in der rechten Hand gehalten; so fest, dass seine weißen Knöchel hervorstachen. Nur eine schnelle Bewegung und es wäre vorbei gewesen. Und doch... sein Arm war plötzlich schwer wie Blei gewesen. Wie versteinert blieb er stehen, als sich Evelyn an ihrer imposanten Waffe festhielt und schließlich wieder stand. Ihr Blick war leer und Sal zog seine eigenen Augen fester zusammen, während er sich auf die Lippen biss.

    "Red' nicht... töte mich doch einfach...", brummte er auf ihre Fragen hin nur. Rhetorische Fragen vielleicht, wie auch immer, Morgan hatte selbst dafür sicher keine Antworten über. Er wusste sich ja seine eigenen nicht zu beantworten. War er eigentlich total bescheuert, dass er nicht seine einzige Chance genutzt hatte? Und doch... tief in sich vergraben wusste Morgan, dass er bereits gegen ihren Charme verloren hatte. Gegen Eve hatte er nur verlieren können und das stand schon lange vor diesem Morgen fest.


    Ihr Tanz wäre in die nächste Phase geglitten, wären die beiden Kontrahenten nicht jäh unterbrochen worden. Schritte... leise Schritte im Kies und ruckartig drehte sich Sal um. Wen er da erblickte, ließ seinen Körper komplett erfrieren und seinen Mund offen stehen. Morgan fing an zu zittern. Nicht vor Angst - sondern vor Wut!

    Er stand vor ihm. Mordred. Mit seinem siegessicheren Grinsen, als wäre Morgan schon tot. Dieser Bastard hatte ihn wieder aufgesucht! "MORDRED!", schrie Sal plötzlich und jegliches Leben war wieder in seine Glieder zurückgekehrt. Er holte schon mit seinem Messer aus und nun war er es, dem der Wahn aus den Augen blitzte. Nicht einmal hatte er Eve so angesehen. Doch diesen Mann schon. Ein Mann, der ihm gewissermaßen vom Gesicht her nicht unähnlich sah, außer, dass er helle, blaue Augen besaß, das rabenschwarze Haar kürzer war und bereits leichte Geheimratsecken aufwies. Ein Mann Ende dreißig. Im Gegensatz zu Morgan war er nicht nur ähnlich groß, sondern doppelt so breit gebaut. Ein Krieger durch und durch, das sah man seiner Erscheinung und seiner Ausrüstung an. Und auf dem Rücken thronte ein Zweihänder.

    Doch Sals Angriff ging daneben. Er hätte es wissen sollen, dass sein gottverdammter Bruder nicht alleine war, als ein Pfeil ihn in den Rücken traf und Morgan mit einem tiefen, schmerzlichen Brummen auf die Knie ging.

    "Los. Tötet seine Verbündeten. Aber überlasst mir Morgan", brummte die tiefe Stimme von Mordred, der nun seinen Zweihänder zog.

    Verbündete? Er hielt Evelyn und die fremde Person auf den Hügel für Freunde?

    "EVE! HAU AB!", schrie Sal zu ihr. Verdammt, sie hatte verletzt und müde von ihrem gemeinsamen Kampf kaum eine Chance. Und der Fremde wohl auch nicht, wenn Mordred hier mit seiner Bande war.


    Und jetzt zog Morgan, der mit gepeinigter Haltung durch dne tief sitzenden Pfeil in seinem Rücken, sein Langschwert. Das hier... war anders. Mordred wollte er zerfleischen! Nicht einfach nur aus praktischen Gründen töteten, weil er keine Zeugin brauchte. Nein... er wollte ihn wie ein Tier auffressen! Der Hass spiegelte sich deutlich in Morgans hellbraunen Augen, während die blauen Augen des Bruders nur eiskalt wirkten.

  • Cuccos


    Der Spieler drehte sich um und sah nur mehr Sterne. Etwas hatte ihn voll im Gesicht erwischt. Tränen füllten seine Augen, als er zurückwich und sich an den schmerzenden Nasenrücken fasste. Feine Blutstropfen nieselten beim Ausatmen aus seinen Nasenlöchern und verfingen sich im leichten Bart, färbten ihn rostrot. Malkus öffnete die Augen halb, die Tränen störten ihm die Sicht, er sah alles nur verschwommen vor sich. Der Baum, er konnte ihn gut erkennen, daneben ein Schatten. Er hörte wieder ein Rascheln, dann ein Schlag gegen die Magengrube, er zuckte zusammen und ließ sich zurück fallen. Ihm wurde übel und er wollte sich übergeben. Malkus wischte sich mit dem Handrücken über die tränenden Augen und zog das Blut mit einem Schniefen hoch, ließ es sich in der Nasenhöhle sammeln, zog es über den Hals rotzig in den Mund und spuckte ein Gemisch aus hellrotem Schleim auf den Boden. Er erwartete den nächsten Schlag, als er sich umsah. Da war niemand. Der Schatten war nur ein deformierter Ast, welcher der Schwerkraft zum Opfer fiel und nach unten wuchs. Aber wer hatte ihn dann angegriffen. Gerade, als er wieder zu den Kämpfenden hinabblicken wollte, sah er aus dem Augenwinkel etwas graues, wie eine Kanonenkugel auf ihn zufliegen. Malkus konnte seinen Kopf einziehen und hechtete zur Seite, wo er ungeschickt am Boden landete. Ein lautes "Bogoog" folgte der Kanonenkugel, die er jetzt genauer sehen konnte. Es waren die wilden Cuccos, die ihn attackiert hatten und mit voller Wucht gegen seinen Kopf und Magen gedonnert waren. Irgendetwas musste die armen Dinger erschreckt haben und wenn sie erst einmal in Rage sind, tat man gut daran, in Deckung zu gehen. Wieder flog eines der Hühner blitzschnell auf Hüfthöhe über den am Boden liegenden hinweg. Er tauchte nach hinten ab und konnte um ein Haar ausweichen, Federn sausten durch die Luft und glitten zu Boden. Er verschrenkte die Hände über dem Kopf, schützend und versuchte ruhig am Boden liegen zu bleiben.


    Am Fuß des Hügels war Kampflärm zu hören, Schreie des Zorns und der Schmerzen, knirschender Kies und blanker Stahl. Malkus führte hier heroben, neben dem alten Baum, der so oft schon als Leuchtfeuer für Reisende gedient hat, seinen eigenen, kleinen Kampf, den er aber schon aufgegeben hatte. Mit Cuccos war nicht zu spaßen. Er überlegte, ob er nicht besser dran war, einfach den Hügel hinab zu rollen. In diesem Moment sauste eine Klinge durch die Luft und spaltete eine weitere der federnen Kanonenkugeln entzwei. Blut regnete auf Malkus herab und die beiden Hälften des Tiers fielen leblos zu Boden. "Was zur..." Malkus' Worte wurden jäh unterbrochen von einem schweren Tritt in die Magengegend, genau dorthin, wo ihn das Federvieh zuvor getroffen hatte. Er winselte vor Schmerzen. "Was du doch für eine jämmerliche Figur bist" zischte eine unbekannte Stimme, doch er sprach es wie "Jemmah Licke Figu" aus. Noch ein Tritt, der Malkus ein Stück weit zur Seite rollen ließ, vor Schmerzen krümmte er sich und hielt sich die getroffene Stelle. Er blickte auf und sah in das Gesicht eines Zora, er hatte graue Haut, die von tiefen Furchen übersäht war, um seine Hüfte hatte er einen Schurz, der schmutzig wie ein Putzlappen herabhing. Sein entblößter Oberkörper war voller Narben und dort, wo die Haut nicht zerstört war, räkelten sich Tättowierungen, seine Brustwarzen waren mit schweren metallenen Nägeln durchbohrt und auch im Gesicht hatte er reichlich Metall. Seine dunklen Augen, welche Tief in den Höhlen lagen wurde von einer hohen Stirn überragt, die auf beide Seiten spitz zulief und bedrohlich aussah. Seine dürren Hände, von den Schwimmflossen war nicht viel mehr als gezackte Hautfetzen übrig, hielten jeweils ein Kurzschwert, das er gegen den am Boden liegenden richtete. Er spuckte beim Reden, Speichel regnete, als er Malkus aufforderte, aufzustehen. "Aufstehn Kaulquappe" fauchte er, was sich mehr wie "Aufsteh Ka Ul Ku Wapp Ehhhh" klang. Malkus konnte nicht klar denken. Eher er einen Gedanken fassen konnte, trat der Zora zu und stieß ihn über den Rand des Hügels. Er polterte und rollte die grasige Erhebung nach unten, bis der Kies seinen Fall jäh bremste. Als er nach oben blickte, fielen ihm kleine Steinchen von den Wangen. Vor ihm Stand Sal. Und daneben stand jemand, der aussah wie Sal, wenn er den Alkohol, die Huren und das fette Essen mit Kampftraining, Disziplin und frischen Schwert-Bananen getauscht hätte. Ein älterer Sal, nicht weniger zornig und doppelt so imposant. Malkus hörte nur noch, wie der imposante Sal-Doppelgänger etwas sagte und spürte ein Stechen im Rücken. Danach wurde alles schwarz.

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


    me-and-the-boys-1.jpg me-and-the-boys-2.jpg me-and-the-boys-3.jpg me-and-the-boys-4.jpg


    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"

  • Eves Atmung war schwer. Ihre Sicht wurde von einem kurzen Atemzug nach dem Anderen immer verschwommener. Die Sekunde, in der nicht gekämpft wurde, man würde glauben sie würde reichen um an Kraft zu sammeln, doch dem war so nicht. Schmerzen überfluteten den gesamten Körper der Kriegerin. Sie hatte Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und dennoch stand sie da wie eine eiserne Säule mit ihrer Waffe voll kampfbereit. Was sich vor ihren Augen abspielte war ein weiteres Theaterstück. Es war eigentlich schon dreist, ihren Kampf einfach so zu unterbrechen. Sie schluckte heftig.


    Sal, der nun seine Bewegungen anpasste, zur Seite sprang und den Fremden drohte, warf mehrere Wurfmesser nach ihm, die ihn allerdings verfehlten. Das Grinsen, dieses elendige Grinsen, es wich einfach nicht aus dem Gesicht des Fremden. Wer war er? Als die Kriegerin kurz die Augen schloss und sich sammelte, erblickte sie die Statur des Fremden. Ohnehin konnte sie bemerken, dass er eine ähnliche Statur aufwies wie Sal, das gleiche schwarze Haar hatte und auch einige Gesichtszüge waren dieselben. Sie musste Lachen. War es sein Bruder gewesen? Ein Familienmitglied? Freunde waren sie augenscheinlich nicht. Wie hatte Sal ihn genannt? Sie zischte laut. “Was fällt dir ein unseren Kampf zu unterbrechen.“ Ihre Worte, so kraftlos und angestrengt, waren nichts als ein Hauch im aufkeimenden Wind. Sie setzte einen Schritt nach vorne. Sie erhob ihre Waffe, dann hörte sie an der Seite einen dumpfen Schlag. Kieselsteine folgten einem leisen Rieseln. Ihr Blick wandte sich zur Seite. “Malkus?“ Erwiderte sie ungläubig. Ihre Blicke trafen den Spieler mit Sorge. Was war geschehen? Seine Nase, blutüberströmt, seine Klamotten zerschlissen von dem Fall. Sie wollte helfen, doch hatte sie noch immer ihre Kampfeshaltung eingenommen. Ihr suchender Blick wanderte zum Baum hinauf, in der sie eine undefinierbare Gestalt ausmachte, die sich gerade in den Schatten zog. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. Noch ehe sie die Worte „Hinterhalt“ in Gedanken fassen konnte, zuckte sie vor Schreck zusammen, da Sal sie anschrie, sie solle verschwinden. Doch an eine Flucht war nicht zu denken. “Ich kann nicht“! hauchte sie entkräftet.


    Der etwas ältere, Fremde, Mordred, baute sich auf. Sal, der nach seinem Schwert griff, bearbeitete seinen Bruder unaufhörlich. Dieser schien allerdings sehr unbeeindruckt. Mit seinem großen Zweihänder holte das Kurzhaar aus und ließ es mit einem tobenden Gewicht vom Himmel regnen. Eve, die sah wie ein Pfeil im Rücken des Langhaars steckte und seine flinken Bewegungen einschränkte, preschte mit ihren Stiefeln nach vorne, erhob ihre Sense in der Horizontalen und hielt ihre Waffe mit beiden Händen schützend nach oben. Metall prasste auf Metall. Die Funken flogen und das Blatt des Todesbringers fing an zu vibrieren. Sie hatte sich schützend vor Sal aufgebaut, hatte den Angriff pariert, der zielsicher seinesgleichen auf Sal hereinbrach. Sie fletschte die Zähne. Der Mann, gegen den sie stand, war ein anderes Kaliber. Lange würde sie es nicht durchhalten. Seine Kraft war in ihren Augen grenzenlos. Sie bemerkte, wie der Druck stetig stieg, wie die Stange der Waffe immer weiter nach unten gedrückt wurde. Sie verbiss sich auf ihren Lippen, ihre Schulter antwortete mit einem unaufhörlichen Stechen auf diese Situation. Ihre Sicht wurde erneut trüb. Sie blickte scharf über ihre Schulter zu Sal. “Lauf, er darf SIE nicht bekommen! Niemand darf SIE bekommen!“ Es war eine simple Rechnung. Es war, als würde man das geringere Übel aussuchen. Vielleicht war sie auch voreingenommen durch die Nacht zuvor, durch den Kampf, durch diese komische Verbindung der Zwei, diese komischen Gefühle, aber Eve vertraute Sal irgendwie. Sie hatte bereits schon einmal kurz den Gedanken gefasst alles liegen und stehen zu lassen, Sal die Bürde zu Teil werden lassen die Dokumente an sich zu nehmen, doch ihr Instinkt sagte ihr, dass DER, der mit seinen Leuten aus einem Hinterhalt angreift, diesen mordlüsternen Blick im Gesicht hatte, dass der definitiv nicht das haben sollte, was Sal gerade besaß. Wieder schluckte sie heftig. Ihre Beine rutschten durch den Druck nach hinten. “Wuschelbart, bitte, verschwinde!“ Mordreds Mimik änderte sich etwas. Er schien, genervt? Mit Leichtigkeit hatte er das Schwert wieder weiter nach unten gedrückt und Eve musste weichen, doch das war nicht die Sackgasse. Die Kriegerin versuchte durch den Rückschlag die Sekunde auszunutzen um nach vorne zu schlagen. Das Blatt, es raste mit voller Kraft auf den Fremden zu. Wieder war der laute Klang von Metallschlägen zu hören. Mordred hatte den Angriff mit Leichtigkeit pariert, grinste nun wieder breit, sagte allerdings nicht viel. Das nächste was kam war unverhofft. Der Söldner duckte sich und nutzte seine große Klinge dafür, um sich schlitternd unter der Sense hindurchzubewegen. Eve konnte nicht reagieren, dafür war sie zu erschöpft. Ein schmerzhafter Schlag in ihrer Magengrube sollte die Antwort dafür sein, dass sie die Heldin spielen wollte. Warum tat sie das? Warum bewegte sich ihr Körper von allein als sie bemerkte, dass Sal in Gefahr war wo sie ihn doch gerade eben noch enthaupten wollte. Wollte sie das überhaupt? Es war schließlich nicht ihr Kampf. Sie hätte abwarten, alles aussitzen können, vielleicht? Ihr Verstand funktionierte nicht mehr rational, sie wusste nicht mehr was sie denken sollte, dafür waren die Schmerzen und der Blutverlust zu enorm.


    Ihre Sense flog mit einem tobenden Donnern auf die Steine am Flussbett. Sie ging zu knie und hielt sich ihren Magen, Kopf über nach vorn gebeugt, fing sie an Blut zu husten. Sie musste sich kurz sammeln. Sie hörte verzerrte Worte. Sie konnte nicht ausmachen was für Worte es waren, oder von wem sie kamen, doch das spielte keine Rolle. Eve setzte sich auf, noch immer die Hände am Magen stützend. Ihr Stolz war an ihrer Nasenspitze abzulesen, ihre Augen, sie brannten wie schwarzes Feuer umgeben eines tiefdunklen Sees. Ihre Zähne waren vor Wut gefletscht. Wieder ging sie in Angriffshaltung, doch das weilte nicht lange. Ohne zu zögern, in einem Moment eines Wimpernschlags, wurde ihr plötzlich heiß, dann schlagartig kalt. Ihr Körper versteifte. Ihr Kopf explodierte vor Schmerzen, ihr Herzschlag, er wurde auf allemal leichter und leichter. Sie wusste nicht was passiert war. Ihre Augen, plötzlich so klar. Ein Taubheitsgefühl machte sich in ihrer rechten Seite breit, sie konnte nicht fallen, sie konnte nicht stehen, sie konnte nichts. Wie angewurzelt war sie gezwungen in diese Visage ihres Gegenübers zu blicken. Langsam und stockend, drehte sie ihren Kopf auf die rechte Seite. Das riesige Schwert ihres Feindes, durchbohrt in ihrer Schulter, kam es durch ihr Fleisch hinten an ihrem Rücken wieder zum Vorschein. Ihr Mund stand vor Schock weit offen. Das Blut, welches aus ihren Mundwinkeln lief, vermengte sich mit ihrem Schweiß im Gesicht. Wieder sah sie wie seine Lippen sich bewegten, doch außer Leere konnte sie nichts hören. Ihr Herz, es schlug einmal mehr, dann weniger, dann weniger, bis die Schläge auf nur ein paar Sekunden zu reduzieren war. Das Taubheitsgefühl breitete sich nun über ihre Beine aus. Sie konnte nicht mehr stehen, hing wie ein nasser Sack an dieser Klinge, die mit ihrem Blut getränkt war und nach mehr verlangte. Sie merkte, wie das Taubheitsgefühl nun ihren Hals überkam. Ihre Augen, sie wurden größer und größer. Ihr Blick, nun auf Sal gerichtet. Schon fast telepathisch versuchte sie ihm flehend mitzuteilen, er solle rennen, so weit er konnte, doch selbst dafür reichte ihre Kraft nicht aus. Ihre Lider wurden schwerer. Die Müdigkeit mischte sich nun mit dem Taubheitsgefühl, welches ihre Nasenspitze erreichte. Sie wusste, dass hinter den großen Toren, vor denen sie stand, eine undefinierbare Dunkelheit lauerte.


    Ihre schwarzen Pupillen wurden heller, noch einmal blitzte das tiefe Blau aus ihren Augen. Dann begann sie plötzlich zu schweben. Mordred wuchtete die Kriegerin in die Luft und warf sie in Richtung Fluss. Nicht einmal auf den Tod konnte sie sich vorbereiten, denn sie wusste nicht an was sie denken sollte. Der Tod, so rational wie er wohl war, so gab es keine rationalen Gedanken für ihn. Was sollte sie empfinden? Reue? Schuld versagt zu haben? Trauer? Glück? An was sollte sie denken? Machte das einen Unterschied, jetzt, noch in dieser Situation? Sie blinzelte einmal mehr. Ihre Lider waren nur noch halb geöffnet, die Dunkelheit, sie zischte durch den Spalt der Tore, die geöffnet wurden. Sie wusste nicht an was sie denken sollte, doch eines war klar, ihr Blick war stets auf Sal gerichtet. Ihre Augen, sie verfolgten ihn. Er war der letzte Moment, den sie sehen wollte. Mit einem Mal schlugen die Tore aus den Angeln, eine dunkle Wolke zog aus den Mauern des Schlosses und war im Begriff alles und jenes zu verschlingen. Auch die junge Maid, die mit einem dumpfen Knall mit ihrer Rüstung auf das Wasser aufschlug und unterging, war davon betroffen.


    Es wurde dunkler und dunkler. Luftblasen stiegen an die Oberfläche doch sehen konnte sie nur Sals Silhouette, wie sie immer mehr verschwamm. Ihr Blut färbte den einst so klaren Fluss in ein helles Rot und das letzte was sie merkte war wie ihre Rüstung an den Beinen sie nach unten zog, als hätte man ihr Steine angebunden. Ihre Kraft war gänzlich aufgebraucht. Dann wurde es gänzlich still.

  • Sal, Eve, Malkus und Mordred (+ Bande)


    Die Ereignisse überschlugen sich. Erst der Fremde, der verletzt den Hügel hinab purzelte. Dann sein eigener, verdammter Bruder, der ihn hier mit seiner Bande aufgespürt hatte! Die brennende, schmerzende Wunde im Rücken und dieses Weib, welches sich in seinen Rachekampf einmischte!

    Morgan war ganz auf Mordred konzentriert gewesen. Genau, wie Mordred auf ihn fixiert gewesen war. Ihre Augen starrten einander mit dem gleichen Zorn und Hass an! Der Kampf erinnerte an eine Auseinandersetzung zwischen einem Bären und einem Wolf. Es war ein ungleicher Kampf und Sal war nicht nur wegen seiner Verletzung, sondern auch wegen seiner geringeren Kraft und seiner verkrüppelten hand im Nachteil. Und doch... er schlug mit einer so grenzenlosen Wut auf Mordred ein, die fast unmenschlich wirkte! Es provozierte Morgan zusätzlich, dass sich sein großer Bruder; ein Söldner und Krieger durch und durch, so unbeeindruckt gab. Mordred starrte ihn immer noch mit seinen blauen Augen an und wehrte Morgans Angriffe problemlos ab, während der kleine Bruder immer schwerer atmete und schrie. Die Verzweiflung bahnte sich mit lauten Schreien aus seiner Kehle. Warum? Warum nur hatte er nie gegen Mordred bestehen können? Dieser Bastard...! Schon immer war der ältere Bruder ihm stets überlegen gewesen in allem. Und auch jetzt hatte er ihm nicht viel entgegenzusetzen. Aber Morgan versuchte es und blieb eisern, auch, wenn er die Luft schon voller Anstrengung in seine Lunge zwängte. Seine Augen glänzten vor Wahn. Nur einer würde heute noch von ihnen stehen! Und Morgan tat alles in seiner Macht stehende, damit er es wäre!


    Unter der Stärkte seines Bruders wäre Morgan durch die harten Schläge fast zusammengebrochen. Sein ganzer Körper zitterte vor Anstrengung, wenn er die Angriffe des Zweihänders abwehrte. Ob ihm die imposante Waffe seines Bruders in zwei Hälften schnitt? Vielleicht. Wenn es passierte, würde es Sal sicher nicht mehr mitkriegen. Doch sein Durst nach dem Blut des Bruders war riesig! Egal, ob sein Körper vor Schmerz bebte: er ließ sich nicht unterbuttern.

    Erschrocken blickte Sal auf, als der nächste Angriff nicht von ihm abgewehrt wurde, sondern von diesem Weib, das er bestohlen hatte! Eve...! Sie mischte sich ungefragt in den Kampf ein und Morgan, der schwer atmete, musste erst einmal wieder Luft bekommen.

    "EVE!", schrie der Bärtige wütend und seine fast rötlich wirkenden Augen vor Zorn galten nun der Kriegerin. "Misch' dich nicht ein, du blödes Weib!", brüllte er voller Erregung. Dies war ein Zweikampf! Ein Kampf der Ehre und Rache, den sie nun so viele Jahre führten! Und sie...? Sie mishcte sich einfach ein und beherzigte nicht Morgans vorherige Worte, das Weite zu suchen. Als ob sie hier etwas verloren hätte! Wenn sie unbedingt sterben wollte, bitte. Aber Mordred gehörte ihm; ihm ganz alleine! Er blickte Evelyn entrüstet an und wollte sie bereits zur Seite schubsen, doch Mordred ging den nächsten Tanz automatisch ein.

    "Na schön. Dann töte ich dich zuerst und danach Morgan", erwiderte er nur völlig gleichgültig. Sal fletschte die Zähne, während er noch immer sein Langschwert in den Händen hielt, mit welchem er jetzt einige von Mordreds Bandenmitgliedern niederschlug. Wenn er diesen elenden Schweinehund schon nicht töten konnte, dann erst einmal seine Söldner! Auge um Auge... Zahn um Zahn! Es schien, dass Mordred diesen Verlust durchaus mitbekam und tief knurrte, während er sich um die verletzte Eve kümmern musste. Tja, das kam davon. Die Genugtuung ließ Morgan einen Moment bitter grinsen.


    Und eine Teufel würde er tun und verschwinden. Die Papiere? Waren ihm gerade scheiß egal. Nur sein verhasster Bruder und dessen Ableben zählte! Warum war dieses dumme Weib noch immer hier? Sie war verletzt und ging einen Kampf ein, den sie unmöglich gewinnen konnte! Für was...? Sie konnte die Papiere locker selbst wieder stehlen, sich aus dem Staub machen und weiter leben. Anscheinend wollte sie dummerweise den Tod wählen? Sal verstand es nicht. Und es sollte ihn doch egal sein? Gerade ejtzt, wo er seinem Ziel so nahe kam. Das einzige, was ihn wirklich am leben hielt, war neben der ewigen Schuld die Rache! Und diese stahl sie ihm gerade.

    "VERPISS DICH DOCH SELBST! DIES IST MEIN KAMPF, HÖRTST DU!? MEIN KAMPF!", man konnte Morgan die aufrichtige Wut auf Eve anhören. Wie konnte sie es wagen sich einzumischen? Nun, sie bekam die Quittung dafür bald, als Mordred ihr mit der gewaltigen Waffe ein Loch in die Schulter bohrte. Autsch. Sal zischte leise und zog die Augen fester zusammen.

    Das muss wehtun, dachte er trocken. Geschah ihr Recht. Mitleid? Warum sollte er jenes verspüren? Sie hatte ja unbedingt meinen müssen, sich für irgendwelche Papiere, Ideale oder was auch immer auf diesen ungleichen Kampf einzulassen. Ihre eigene Dummheit hatte ihr das eingebrockt. Wer sich nicht auf einen rationalen Verstand in dieser brutalen Welt verlassen konnte, der war dazu verdammt früh zu sterben. Davon war der jüngere Sullivan überzeugt, aber... ganz so einfach war es nicht, wie er sich vorlog. Wäre es nicht für ihn und die alte Fehde, so wäre weder der Fremde, der verletzt dalag, noch Eve so ergangen. Unfreiwillig hatte Morgan sie beide in diese Sache gezogen und trotz allem war dies nicht seine Absicht gewesen. Er hätte Evelyn getötet, wenn sie ihm nach dem Leben trachtete. Aber jemanden dem Tod wünschen, nun, das galt alleine Mordred.


    Es war wirklich kein hübscher Anblick und für einen Moment gefror Sal, als er Eves flehenden Blick auffing. Verstand sie nicht...? Er konnte nicht rennen. Er wollte nicht. ganz gleich, was ihr oder irgendjemanden diese verfluchten Papiere bedeuteten. Mordred würde dieses Fleckchen hier nicht lebend verlassen. Schon alleine, weil er nun weitere Unschuldige in dieses Fiasko hinein zog.

    "Warum....?", murmelte Morgan noch, bevor er erschrocken beobachtete, wie Mordred sie via Zweihänder wie ein Tier in den Fluss warf. Wie ein totes Stück Fleisch, dass nichts zu gebrauchen war. Hatte er jeden Respekt vor anderen verloren? oder galt die reine Provokation ihm?

    Morgan hob sein Langschwert wieder an und schluckte fest. Mit schwitzigen Händen hielt er seine Waffe in den Händen! Dies war seine Chance! Aber dann... verflucht...


    Nicht ein rationaler, kluger Verstand hatte hier noch die Oberhand. Oh, wie er dieses Weib doch verfluchte, die sich in alles einmischte und meinte, den Mytärertod sterben zu müssen! Oh nein, oh nein... nein. So leicht käme sie ihm sicher nicht davon! Zuerst musste sie dafür bezahlen, sich in diesen Kampf einzumischen. Er erlaubte ihr nicht, jetzt einfach zu verrecken, nur weil sie sich mit seinem großen Bruder anlegte. Oder war das nur ein Vorwand, um ihr das Leben zu retten...?

    Sal ließ das Schwert fallen, sodass es mit der Spitze in der Erde stecken blieb. Er nahm seine flinken Beine in die Hand, stolperte zum Fluss hinab, wo er noch ein paar Luftbläschen sah und griff mit beiden Händen panisch ins Wasser. Glücklicherweise konnte er die Frau an ihren Haaren und an ihrem Arm packen und zog sie fest ans Ufer, schleppte sie mit dem Oberkörper aus dem Wasser.

    "Eve, du verdammtes Rindvieh, ich schwör's dir, stirb' nicht!", knurrte er und legte zwei seiner Finger an ihren Hals. Ihr Puls ging noch und es überraschte Sal selbst, dass er erleichtert aufatmete. Bis er einen bedrohlichen Schatten über sich sah. Mordred...

    Vor lauter Sorge um das blauäugige Weib hatte er sein Schwert fallen lassen, um sie aus dem Wasser ziehen zu können. Grimmig grinste er Mordred an. Ja, das war nun sein Ende für diese elende Dummheit. Und doch... Mordred erhob seine Waffe nicht, sondern blickte Morgan abschätzend an. Was nur hatte sein verhasster Bruder wieder vor...?

    "Wir verschieben das, Morgan. Wie ich sehe, hast du eine neue Schwäche. Du kannst sie vielleicht heute retten, aber du weißt was das nächste Mal passiert", erwiderte Mordred, der seinen Bruder mit einem kräftigen tritt gegen den Magen auf die Knie brachte, sodass sich der jüngere Bruder ins Wasser übergab, bevor Mordred ihn seinen Beutle entriss. Dort war nicht nur ein Großteil seines Proviants und seines Hab und Guts - sondern auch die Papiere, welches Eve so zu schützen versuchte!

    Morgan erhob zitternd eine Hand und murmelte ein kleines nein, als ob er seinen viel kräftigeren und mächtigeren Bruder so abhalten könnte und er ihn den Sack erneut abnahm. Ein wahrlich kläglicher Versuch, auf den ein verächtliches Lachen zu hören war. Dieser Bastard lachte ihn auch noch aus! Doch nicht nur Wut sammelte sich in Morgans Magen, sondern auch Scham. Scham, weil er nicht stark genug war, ihn zu hindern. Und doch... doch versuchte es Morgan, der aufsprang, um auf Mordred einzuschlagen. Doch dieser gab seinem kleinen Bruderherz dafür eine gewaltige Faust ins Gesicht mit, sodass er ihm die Nase blutig schlug und das Auge schnell anschwoll. Ein erneuter Tritt in die Magengrube. Und noch weitere Tritte folgten, bis Morgan, eingerollt wie ein Igel, neben Eve zuckte und aus eigener Kraft nicht aufstehen konnte.


    "Wir haben was wir brauchen... für heute. Los, Jungs. Nimmt die Verletzten und Toten mit", wies er seinen Trupp an. "Das nächste Mal, Morgan. Und dann nehme ich mir auch diene Kameraden. Alles, was dir lieb ist", eiskalt blickte er seinen kleinen Bruder an. "Bis dahin kannst du Vatermörder dein beschissenes Leben noch fristen...". Sal wollte schreien! Vor Wut! Doch außer einem Schwall Blut brachte er nichts hervor. Verdammt, er war wieder zu schwach gewesen und verachtete sich selbst dafür!


    So zog Mordred mit seinen Söldnern fürs erste von dannen. Alles, was Sal noch mitbekam war, wie dieser interessiert die Pergament aus seinem Beutel holte und studierte. Sein Körper war zu schwer, um Mordred einzuholen udn ihm ein Messer in den Hals zu jagen. Bald schon waren sie hier nur noch zu dritt und nur langsam schaffte es Morgan, aufrecht zu sitzen. Er saß in Eves Blut, welche ihr Bewusstsein, aber nicht ihr Leben verlor. Noch nicht.

    "He... du. Kannst du aufstehen?", hauchte er so laut es ging dem Fremden zu, der mit Evelyn hier angekommen war, "gehörst du zu ihr?... Komm'... wir müssen die Blutung stoppen. Ich schaff's nicht alleine", Sal hasste es, das zugeben zu müssen.

    Nun, immerhin hatte er noch seine kleinen Gürteltaschen, welche mit Verbandszeug, Kräutern und Hilfsmitteln gefüllt waren. Sie mussten nur die Wunden ausspülen, sie verarzten und einbinden. Aber der Blutverlust war hoch und sie durften keine Zeit verlieren.

  • Das wird eine Narbe hinterlassen


    Explosionsartig kam Malkus wieder zur Besinnung. Das Stechen im Rücken gesellte sich wie ein Gast in einer Taverne an einen langen Tisch voller Schmerzen, der reichlich gedeckt war. Auf dem Menü standen eine blutige Nase, vermutlich gebrochen, ein ordentlicher Hieb in den Magen, ein Schlag auf den Hinterkopf und das Brennen im Rücken, das sich so anfühlte, als würden zig Nadeln, die vorher erhitzt wurden, auf seinen ganzen Rücken verteilt ihm ins Fleisch gestochen worden sein. Er rührte sich nicht, ließ die Augen geschlossen. Er konnte neben sich Kampflärm und Schreie wahrnehmen, jemand sagte etwas, jemand mit einer anderen Stimme schrie etwas, Malkus hörte das Blut in seinen Ohren rauschen und sein Schädel pochte, er war nicht in der Lage, zu verstehen, was die Stimmen sprachen. Noch ein Tritt gegen seine Seite. Er versuchte keine Miene zu verziehen um das Schauspiel der Bewusstlosigkeit aufrecht zu erhalten. Jemand tastete seinen Körper ab, nahm ihm wohl die lausigen paar Rubine ab, die er noch in seinem Beutel hatte, ließ von ihm ab. Wieder Stimmen. Danach wurde es ruhiger und die Bande schien ihn für Tod zurückzulassen. Oder sie hatten, was sie brauchten und es war ihnen egal, was mit dem Spieler passieren würde. Er war keine Bedrohung für sie. Es war die Mühe nicht wert, ihn zu töten und dafür die Schwertschneide mit seinem Blut zu besudeln. Jäh wurde er aus den Gedanken gerissen, als eine Stimme, die er zuvor schreien gehört hatte, in seine Richtung sprach.


    Er drehte sich zur Seite. Die Schmerzen, die sich alle, wie die Gläubigen in einer Kirche, gesetzt hatten, standen plötzlich wieder auf und sangen im Choral aus vollem Halse. Malkus stöhnte, als er die Augen aufschlug. Verschwommen sah er dort den weniger imposanten Krieger, Sal, und in seinen Armen Eve, vermutlich bewusstlos und verletzt. Sal wiederholte seine Worte. Malkus Blick wurde klarer. Er robbte in Richtung der Beiden. Innerhalb eines kurzen Tages hatte sich alles verändert. Hatte er die Beiden noch letzte Nacht turtelnd vor der Taverne beobachtet, so lag sie jetzt sterben in seinen Armen, die weiße Bluse blutdurchtränkt dort, wo sie getroffen worden sein musste. Es sah so aus, als hätte sie jemand an der Schulter erwischt, nichts lebensbedrohliches, das wusste selbst Malkus, aber wenn genug von dem roten Lebenselixir aus dir rausfließt, kann egal sein, wo die Verletzung ist. Sie können dir sogar den kleinen Zeh abschneiden. Wenn du ausblutest, kannst du dich von deiner weltlichen Hülle verabschieden. Und so wie es aussah, war Eve bereits so weit, die Koffer zu packen und ihrem Dasein Lebewohl zu sagen.


    Malkus machte schneller, er folgte den Anweisungen des Fremden, der nun garnicht mehr so fremd war. Er war geschickt, wusste was er tat, verband die Wunde der Kriegerin mühelos. Malkus wurde angewiesen die Rüstung an einigen Stellen zu entfernen, da sie hinderlich war. Er schob ihre karmesinrote Bluse von der Schulter und entblößte eine tiefe Schnittwunde. Der Schwarzhaarige zögerte nicht, die Wunde auszuwaschen und träufelte etwas von einer scharf riechenden Flüssigkeit darauf. Eve stöhne dabei leise und hob eine ihrer Hände abwehrend, aber sie war zu schwach und kaum bei Bewusstsein um wirklich etwas ausrichten zu können. Malkus schob ihre Bluse weiter nach unten, um Platz zu machen, dass Sal die Wunde vernähen konnte. Fachmännisch setzte er Stich um Stich, zog, stach wieder zu, Zentimeter für Zentimeter wurde der kurze aber offenbar tiefe Schnitt vernäht, bis schließlich das Blut aufhörte, daraus hervorzuquellen. Malkus versuchte die Wunde abzutupfen mit einem Fetzen, den er in der scharf riechenden Flüssigkeit getränkt hatte, wie es Sal ihm auftrug. Eves Faden, der sie noch am Leben hielt, war nun um einiges dicker gewoben worden. Malkus strich ihr beinahe geistesabwesend über die blutverschmierte Wange, versuchte das Blut etwas abzutupfen. Er bemerkte fast garnicht, dass er die Bluse soweit hinabgeschoben hatte, um ihre Brust zu entblößen. Schon vielen Frauen war er behilflich, sie aus ihren Kleidern zu schälen, aber noch nie hatte er dies bei einer Schwerverletzten gemacht. Er versuchte den Stoff etwas nach oben zu schieben, klebrig klatschte er auf ihrer Haut, die Brustwarzen gerade so bedeckend. Sal werkelte noch etwas herum, er schien vertieft in das, was er tat. Malkus war dem Tod schon oft entkommen, aber noch nie war es so knapp gewesen, wie gerade eben. Er war derart von der Situation ergriffen, dass er nicht einmal bemerkte, wie sich sein linker Ärmel allmählich mit Blut vollsog, das in schweren Perlen auf den Boden tropfte. Erst, als die Tropen durch eine Handbewegung auf der Kleidung der Frau landeten, wurde Malkus bewusst, dass es hier sein Blut war. Er stülpte den Ärmel hoch und sah eine tiefe Schnittwunde im Oberarm. "Verflucht..." zischte der Spieler. Sal schien zu bemerken, dass etwas nicht in Ordnung war. Erst jetzt merkte Malkus, wie sein Geist langsam leichter wurde. Wie viel Blut mochte er schon verloren haben? Malkus schaute wortlos in die klugen, hellbraunen Augen des Dunkelhaarigen und dann auf seine Wunde. Sal verstand.

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


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    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"

  • Großes Wellenrauschen drang an die Ohren der Kriegerin. Das Brechen der Gischt an den großen Klippen der weiten, unbekannten See, ließ die Kriegerin blinzeln. Ein sanfter, warmer Wind stich ihr über ihr makelloses Gesicht und brachte einige Haarsträhnen durcheinander. Ihre tiefblauen Augen, sie starrten an einen sternenbedeckten Himmel, dessen Mond taghell leuchtete. Der Untergrund war weich gewesen, die vereinzelten Grasbüschel legten sich wie weiche Federn an ihren Körper. Sie trug keine Rüstung, keine ihrer Klamotten, sie war gekleidet in ein rosa, mit roten Blumen verziertes Sommerkleid. Ihr Körper fühlte sich unnatürlich leicht an, ihr Kopf, keine Gedanken, keine Erinnerungen, keine Sorgen, die ihr in die Quere kamen. Sie lächelte sanft, verfolgte eine einzelne Wolke am Himmel. „Nur noch ein bisschen“ war ihr Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss. „Nur noch ein bisschen liegen bleiben“ Entfernt konnte sie spielende Kinder vernehmen, das Wellenrauschen, es hallte wie ein Echo durch ihre Ohren. Nach einem kurzen Moment, setzte sie sich auf, saß in der Wiese mit seinem hohen Gras und versank damit komplett in der Natur. Ihr Blick wanderte auf zwei Kinder, die einem Ball hinterherjagten, ehe ihre Gestalten immer mehr durchsichtig wurden und verschwanden.


    Ein großer Lichtstrahl traf ihre Augen, dann verschwand er. Wieder kam er zurück, bis er wieder in der Dunkelheit verblasste. Neugierig blickte sie sich um, sah einen großen Leuchtturm von ihrer Linken entfernt auf einer großen Klippe stehen. Sie setzte sich auf. Irgendetwas zog sie zu diesem Leuchtturm, sie konnte es sich nicht erklären. Ihre nackten Füße streiften durch die Felder, das Gras, es kitzelte an ihren Sohlen und sie bewegte sich fast schwerelos fort. Sie konnte nicht sagen wo sie war, sie konnte nicht sagen wann sie war. Nichts kam ihr hier bekannt vor, weit und breit war nur das blaue Meer gewesen, egal wo sie auch hinsah. Die Insel auf der sie sich befand, nackt, ohne Bäume, ohne Häuser, nur dieser eine, weiße Leuchtturm, der immer wieder in einem gewissen Zeitraum sein Licht in die Ferne streute.


    Sie stand vor der Holztür, sie legte ihre Hand auf den Türknauf, drehte ihn. Wieso dieser Leuchtturm? Noch nie hatte sie einen aus der Nähe gesehen. Noch nie war sie in einem drin gewesen. Wieso sah sie also immer und immer wieder dieses abstrakte Gebäude? Die Tür öffnete sich knarrend. Sternschnuppen fielen wie ein Meteorenhagel vom Himmel und tauchten das dunkle Abendrot in ein Meer aus Licht, welches verpuffte. Zwischen Tür und Angel durchflutete ein helles und grelles Licht die Atmosphäre. Es war nicht unangenehm gewesen. Es schien direkt in das Gesicht der Blauäugigen, doch sie hatte keine Probleme dabei. Fokussiert und gespannt, drückte sie die Tür weit auf und schritt in das Licht, dass sie komplett verschluckte.


    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und sie blinzelte einmal, musste nun ihren Handrücken auf ihre Stirn legen, da eine andere, intensive Lichtquelle sie nun blendete. Der Geräuschpegel hatte sich vom Wellenrauschen geändert und sie hörte Kutschen, fahrende Händler, viele Menschen um sich herum, die sich unterhalten hatten. Schwer blinzelte die Kriegerin, sie öffnete die Augen, sah ein kleines Dorf vor sich. Kinder spielten auf den Straßen. Nicht weit von ihr, konnte sie einen Hammer auf einen Amboss schlagen hören. Wieder etwas weiter entfernt sägte jemand an einem Baum, dessen Späne sich auf dem Boden verteilten. Ihr Blick wanderte herum, betrachtete ein junges Mädchen, welches sich um ein Pferd kümmerte. Das Mädchen mit ihren tiefblauen, jungen Augen blickte in die der Kriegerin. Es war der gleiche Blick gewesen, dieselbe Tiefe des unüberwindbaren Wassers in ihren Pupillen, doch war dieser Blick viel unerfahrener, viel unschuldiger. Das Pferdemädchen lächelte und verschwand.


    Wie in einem Zeitraffer verflog die Zeit wie in einer defekten Sanduhr, dessen Bodenglas ein dickes Loch hatte. Die Sonne wich am Horizont, der Mond, hoch präsent, thronte am Firmament, wich erneut der Sonne. Das Spektakel wurde so oft vollführt, bis Gefühlt eine Ewigkeit ins Land zog. Das kleine Mädchen war älter, das Dorf, größer, die Menschen, nicht voller Besorgnis und zufrieden. Als der blutrote Mond am Himmel am Horizont verschwand und der Sonne weichen musste, brach tiefer Lärm herein.


    Feindliche Truppen, Maschinen und andere Gestalten, überrannten das kleine Dorf, töten Alles und Jeden, zerstörten alles was nicht Niet und Nagelfest war. Die Kriegerin konnte nichts tun. Ihr rosa Ballkleid, welches an ihren Hüften herabhing, hinderte sie daran auch nur eine Bewegung zu tun. Es war, als wäre sie an Blei gekettet. Sie wusste wo sie sich befand. Sie erkannte den Geruch der Bäume, die Hitze des Schmiedeofens und auch das Mädchen, dass sich um die Pferde kümmerte. Sie war gezwungen die Einblicke ihrer Vergangenheit noch einmal zu durchleben, ohne auch etwas daran ändern zu können. Ihr Kleid alterte. Der Stoff, er wurde dunkler und dunkler, bis es einem dunklen Rot glich. Die Blumen auf dem Kleid unterdessen wurden schwarz. Wieder erblickte sie das Pferdemädchen, welches von ihrem Peiniger verunstaltet wurde. Gerade als der Feind mit einer gewaltigen Klinge durch das Gesicht der jungen Frau in der Ferne zog, musste Eve sich nach vorne über beugen. Ihr Gesicht schmerzte und sie hatte blutverschmierte Handflächen. Eves Narbe im Gesicht schmerzte. Sie brannte. Sie drückte erneut ihre beiden Hände auf ihr Gesicht um den Schmerz zu überflügeln. Sie beugte sich nach vorne über, presste ihre Augen fest zusammen und schrie. Schrie so laut sie konnte, doch aus ihrem Mund kam kein Ton. Ein lauter Tinnitus fetzte durch ihre Ohren und sie kippte nach vorne über. Jeden Moment wartete sie auf den Aufprall des freien Falls, doch dieser kam nicht.


    Wellenrauschen. Das Brechen der Gischt an den großen Klippen der weiten, unbekannten See, ließ die Kriegerin blinzeln. Sie starte auf einen wolkenbedeckten Himmel und zuckte kurz. Evelyn richtete sich auf, das rote Ballkleid um ihren Körper, legte sich wie eine Decke auf die langen Grashalme um sie herum. Die Kriegerin, sie stützte sich ab, blickte zu ihrer Linken. Das Licht des Leuchtturmes, es blinkte wild. Es war kein konstanter Strahl, der seine altbekannten Rundungen verfolgte, nein, immer wieder ging das Licht an und aus, stockte zwischendrin. Der Putz des Gemäuers war zum großen Teil gebröckelt. Die Fenster, sie waren verstaubt, sie waren bleich. Ein kalter Wind zog auf, doch der Frau war nicht kalt gewesen. Die einst kleinen, spielenden Kinder in der Ferne, sie waren älter gewesen. Es waren ein Junge und ein Mädchen, sie saßen fernab an einer Klippe, redeten miteinander. Das Mädchen hatte ihren Kopf auf die Schulter des Jungen gelegt, ehe sie verblassten und erneut verschwanden.


    Wieder ging sie zu diesem seltsamen, magischen Gemäuer, öffnete die Tür, schritt hindurch und öffnete ihre Augen.


    Es regnete, der Wind peitschte unaufhörlich in einer dunklen Nacht. Die Kriegerin befand sich zwischen halb zerstörten Burgmauern in einem Hof. Das Feuer der brennenden Fackeln loderte, die glühende Asche, sie wurde durch den auftreibenden Wind in allen Richtungen geschleudert. Im Hof standen Soldaten in Reih und Glied. Eine durch den Krieg gealterte Frau mit einer gewaltigen Sense. Neben ihr ein genauso großer, aber viel zu muskulöser Mann, der eine gewaltige Axt in den Händen hielt. Dem folgte ein kleiner Mann, einen schlanken, der kaum eine Rüstung trug, dafür einen imposanten Bogen über den Schultern gespannt hatte. Die weiteren Leute waren Standard gekleidete Männer mit Schwert und Schild. Einer der Kommandanten übergab der Frau wichtige Dokumente, die sie nickend entgegennahm und aus einem großen Tor schritt. Die Soldaten folgten ihr.

    Wieder änderte sich ihre Umgebung in einem Zeitraffer. Wie von einer undefinierbaren Macht wurde sie gepackt und in eine Richtung gezogen. Ihre Sicht verschwamm, ihre Ohren surrten.


    Als sie wieder blinzelte, stand sie auf einem Hügel, fernab eines Waldes. Sie sah die Soldaten Kämpfen, wie sie von Banditen, Räubern und Monstern angegriffen wurden. Einer nach dem anderen wurde abgeschlachtet. Das Blut, das so schwer wie Metall auf die Erde fiel, hatte dieselbe Farbe wie der hoch thronende Mond am Firmament. Das rote Kleid der Kriegerin färbe sich in ein tiefes Schwarz. Die Blumen, sie wurden dunkelrot und fingen an zu leuchten. Löcher bildeten sich, der Stoff wurde älter und klaffte nur so von ihren Armen. Wieder überkam ihr ein lautes Dröhnen in den Ohren. Sie hielt sich ihre Schulter, beugte sich nach vorne über und verlor das Bewusstsein.


    Das Brechen der Gischt an den großen Klippen der weiten, unbekannten See, ließ die Kriegerin blinzeln. Sie starrte in den pechschwarzen Himmel. Es regnete und einzelne Regentropfen ergossen sich über ihr schwarzes Kleid. Es war kein normaler Regen gewesen, denn die Tropen, die auf ihr Gesicht schlugen, waren tiefrot. Ein leichtes, rotes Glühen der Blumen an ihrem Stoff, das von ihr ausging, tränkte die verdorrte Wiese auf dieser kleinen Insel in ein verbranntes Braun. Sie setzte sich auf. Ihre Haare wurden durch den peitschenden Regenwind durchnässt. Sie blickte wieder zu ihrer Linken. Dort, wo einst der prachtvolle, weiße Leuchtturm stand, war eine zerstörte Ruine. Der Turm war umgekippt. Holzbalken standen in Flammen, Ziegel waren auf der verbannten Wiese verteilt. Das Leuchtfeuer des Turmes war erloschen, lodernde Flammen ragten über die zerstörte Leuchtturmspitze. Das weite, raue Meer, es war blutrot. Die Felsen der Klippen, schwarz. Die Frau hatte ihre beiden Arme verschränkt und rieb sich an ihren Oberarmen. Ihr war kalt gewesen. Jeden Schritt den sie in dieser Ödnis tat, schmerzte. Es war, als würde sie über Scherben laufen, die ihre nackten Füße nach jedem Gang zerfetzten. In unmittelbarer Ferne konnte sie zwei Gestalten ausmachen. Sie waren durch die Dunkelheit und durch den Blutregen nur sehr schwer zu erkennen, doch sie schienen zu streiten. Ein erwachsener Mann rüttelte an den Schultern der Frau. Diese hatte ihre Hände in ihr Gesicht vergraben. Sie schien zu weinen. Wieder schüttelte der Mann die Frau. Sie wurde wütend, holte mit ihrer flachen Hand aus und gab ihrem Gegenüber eine Ohrfeige. Wutentbrannt ballte der Mann seine Fäuste, es schien, als würde er die Zähne fletschen. Er stieß sie von der schwarzen Klippe und ihr schwerer Körper stürzte hinab in die blutige Tiefe des Wassers. Ein dunkel lila Blitz brach vom Himmel und zerriss das Geräusch des peitschenden Windes mit einem lauten Donnern. Das Paar, das soeben an der Klippe noch stand, war verschwunden.


    Eve wusste nicht was zu tun war. Ihr Kopf, er schmerzte. Ihre Augen, sie konnte sie kaum offenhalten. Ihr schwarzes Kleid verblasste und löste sich im Regen auf, als stünde sie in einer Säuredusche. Fetzen sogen sich voll, formten sich zu einer dickflüssigen, schwarzen Masse und tropfte ihr von der Haut. Wieder ein Blitzschlag. Dieser erhellte die Finsternis für einen kurzen Augenblick. Vor ihr stand Sal, der sie mit einem wutentbrannten Blick musterte. Sein Mund stand offen, er schrie. Er verblasste. Wieder ein Echo von zerreißender Luft. Sals Bruder, er hatte seine Klinge durch Eves Schulter gerammt. Er verblasste. Ein letztes aufflammen der heftigsten Naturgewalt, brachte den regungslosen Spieler neben sich zum Vorschein, der ebenfalls verblasste.


    Eve ging kraftlos zu Knie. Mittlerweile tropfte ihr eigenes Blut von ihrer Schulter auf den verbrannten und verdorrten Boden. Sie schluchzte. Schlug mit ihrer Faust auf den Boden, dessen abgeknickte Grashalme wie Scherben waren. Wieso brachte sie alles und jedem den Tot? Wieso konnte sie niemandem helfen? Warum konnte sie sich selbst nicht helfen?


    Um sie herum wurde es still, der Wind hörte plötzlich auf, die blutigen Regentropfen, sie schwebten in der Luft. Sie hörte Schritte, knochige, knackende Schritte. Schwarzer Rauch baute sich vor ihr auf und waberte in Form einer kleinen Wolke um eine Gestalt, dessen schwere und schwarze Rüstung alles von ihm verdeckte, nur seine Knochenfinger nicht. Der Fremde erhob sein Haupt, unter seinem Helm, konnte man um seinen weißen Schädel und seinem immerwährenden Grinsen, schwarze Löcher sehen die eine undefinierbare Tiefe zeigten. Eve, sie war kraftlos. “Ist meine Zeit nun gekommen?“Sie spürte, wie seine kalten Knochenfinger sich um ihren Hals gruben, wie sie nach oben gehoben wurde und sie gezwungen war, in diese endlose Leere zu starren. Sein Grinsen. Als würde er jede Sekunde argwöhnisch sich über die Kriegerin lustig machen, drückte fester zu. >>“Zeit ist überhaupt nicht kostbar, denn sie ist eine Illusion. Was dir so kostbar erscheint ist nicht die Zeit, sondern der einzige Punkt, der außerhalb der Zeit liegt: das Jetzt. Das allerdings ist kostbar. Je mehr du dich auf die Zeit konzentrierst, auf Vergangenheit und Zukunft, desto mehr verpasst du das Jetzt, das Kostbarste, was es gibt. Ersuche nicht das was war oder sein wird, sondern forme deinen eigenen Weg. Vergiss nicht, was in deiner Macht liegt! Nur du kannst diese Welt vor dem Untergang retten.“<< Der Kiefer des Knochenmannes klapperte unaufhörlich auf und nieder. Das Klappern, es brach durch die Stille. Obwohl das Skelett nicht sprach, formten sich Worte in ihrem Kopf und überflügelten nur leise das Knochengeklapper.

    Wieder durchzuckte ein Blitz den Nachthimmel und fuhr mit einem tosenden Donnern auf die Insel, die plötzlich in sich zusammenbrach. Eves Kehle wurde frei denn der Knochenmann zerbrach in seiner eigenen Rüstung und stürzte zusammen mit der Frau in die Tiefe. Ihr Körper, er schlug auf das plötzlich stille Meer auf, ehe sie von einer Macht nach unten gezogen wurde. Ihre Sicht war in das blutige Rot getränkt, sie konnte an der Oberfläche nichts erkennen. Sie versuchte reflexartig zu atmen, doch ihre Lungen füllten sich mit Flüssigkeit. Ihre Augen wurden schwerer und schwerer, in ihren Ohren hörte sie ein leichtes plätschern eines Flusses. Ihre Kräfte verließen sie und sie schloss die Augen.


    Das Brechen der kleinen Wellen des Flusses in Ost-Necluda schwappte über die kleinen Kieselsteine, die einer Klippe glichen, wenn man ganz nah mit seinem Kopf an sie herangingen. Das Geräusch des kleinen mini Sees, ließ die Kriegerin blinzeln. Sie blickte in den Himmel. Keine Wolke am Himmel. Das tiefe blau färbte sich bereits in den Farben des Abendrots. Sie konnte sich nicht bewegen. Ihr kompletter Körper schmerzte. Ein Schweißtropfen rannte ihr von ihrer Stirn und sie versuchte ihren Kopf zu drehen. Sie konnte ganz verschwommen eine Person erkennen, die eine andere behandelte. Sie wollte etwas sagen, doch sie hatte nicht einmal Kraft einen klaren Gedanken zu fassen. Ihre Augen fielen wieder zurück in ihre Ausgangsstellung. Ein leises Hauchen gefolgt von einem schweren Schlucken überkam ihren Lippen. “Sal …

  • Somtimes all you have left is life itself


    Das Atmen fiel dem Räuber schwer, als er Eve aus dem Wasser auf eine von Moos und Gras bewachsene Stelle unter dem Schatten eines Baumes ablegte. Es kostete dem Bärtigen so viel Kraft, dass er neben der Kriegerin hart auf seine Knie aufkam. Aber immerhin lebte der fremde Mann, der mit Eve hierher gekommen war, noch. Er robbte sich zu Sal und der Bewusstlosen, die alsbald um ihr Leben kämpfte, wenn sie nichts unternahmen!


    "Gut", hauchte Morgan mit ausgezerrter Stimme. Auch sein Körper glich einer Welt voller Schmerzen. Doch er war zäh; Schmerzen gewohnt und seine Verletzungen hielten sich in Grenzen. Der Andere sah auch übel zugerichtet aus, aber stabil und war bereit, ihn zu unterstützen. Sals Augenlicht war aufgrund des Kämpfens etwas verschwommen, doch er wusste, dass er damit klar käme. Das Leben von fahrenden Händlervolk war gefährlich gewesen und nicht immer kamen sie einen Tag ohne Auseinandersetzungen und Überfälle aus. So hatte Morgan, wie auch sein Bruder Mordred früh von den Eltern gelernt, einander zu versorgen, Schnitte zu nähen und Salben aufzutragen. Ein Wissen, welches Sal im Laufe seines kriminellen und einsamen Lebens vertiefen musste, um sich selbst zu helfen. Wissen, welches Eve vielleicht retten konnte. Der Gedanke ließ den grimmigen Mann aufschnauben. Natürlich hatte es auch praktische Gründe, wenn sie einander nun zu dritt versorgten und halfen, um zu überleben. Nicht nur waren sie verletzt in der weiten Wildnis des Landes, sondern Mordred hatte sich auch den Habseligkeiten ihrer angenommen. Nur, wenn sie nun zusammenlegten, wie zusammenhielten, konnten sie überleben. Aber der Vatermörder müsste sich schon selbst belügen, wenn das der einzige Grund wäre, warum er ausgerechnet der Frau half, die bis vor kurzem selbst noch mit tiefer Entschlossenheit seinen Kopf wollte! Ironisch... sie hatten einander töten wollen und nun ließ Sal alles stehen und liegen, um sie zu verarzten. Aus gutem Willen? Mitnichten. Moral war einem wie ihm ja abgekommen und das schon vor Jahren. Waren es ihre blauen Augen, die ihm das Gefühl gaben, Alice wäre unter den Lebenden zurückgekehrt? Oder hatte er doch, wenn es auch nur eine Nacht war, angefangen sie ein klitzekleines bisschen zu mögen? Von ihrer Erzählung her bis zu dem guten Beischlaf? War er denn wirklich so schwach, obwohl sich Sal schwörte, keinen Narren mehr an irgendwen zu fressen? Warum sollte er dieses verdammte Weib überhaupt mögen!? SIE hatte sich in seinen Kampf eingemischt! Damit nicht nur seiner Ehre einen Tritt in die Weichteile verliehen, sondern ihm damit auch seinem einzigen Ziel; seiner Bestimmung beraubt! Es war nicht leicht für den Braunäugigen, dies zu vergessen, gar zu vergeben. Für einen Moment blickte er mit Zorn auf die schlafende Evelyn. Und doch... verflucht.

    Aber das war nicht die Zeit für innere Konflikte und Wut. Wenn sich sein Verstand vielleicht auch uneins war; seine Hände und sein Herz, dass nicht so rabenschwarz war, wie er es sich selbst doch wünschte, wussten genau, was sie wollten.

    "Hast du Wasser bei dir?", fragte er Malkus, damit er die Wunde auswaschen konnte. Schnell war Eve von der restlichen Rüstung befreit und ihr Oberkörper soweit, dass Sal problemlos an die tiefe Stichwunde käme. "Bist kein Kämpfer", bemerkte der Schwarzhaarige, dessen müde, aber kluge Augen alleine auf Eve gerichtet waren. Beherzt riss er sich einen Teil des eigenen Hemdärmels ab, um diesen mit Wasser zu tränken, ehe er die Wunde vorsichtig auswusch und abtupfte. Eves schlafende Miene zog sich leicht in Schmerz zusammen und ihre Hände versuchten schlaftrunken, die Ursache neuer Schmerzen abzuwehren. Erfolglos. Ihr leichtes Stöhnen trat an seine Ohren und der Stoff färbte sich schnell dunkelrot, ehe er ihn achtlos zur Seite warf. Die Verletzung war fürs Erste ausreichend sauber und sichtbar, sodass er sie mit einem eigenen, zusammen gemischten Mittelchen desinfizieren konnte. Dabei leistete die Bewusstlose unbewusst schon mehr Widerstand, aber Malkus half Morgan dabei, sie ruhig zu halten, während er die Flüssigkeit auf die Wunde tröpfelte. Er musste sich beeilen, bevor das neue Blut die Sicht erneut erschwerte.

    "Hast du sie hierher geführt, damit sie mich töten kann?", fragte er mit trockener Stimmlage. Nicht, dass es gerade wichtig wäre, aber zum Kämpfen hatte Eve den Kerl sicher nicht mitgenommen. "Wie heißt du?", fragte er den verletzten Kerl, der Morgan gut unterstützte. Nur ein kurzer Seitenblick verriet, dass die Sorge des Mannes um Eve aufrichtig war und er strich ihr sogar einige Haarsträhnen aus dem schlafenden Gesicht.


    Auch wenn sich Morgan unterhielt, so war er voll bei der Sache. Mit konzentriertem Blick und zusammengezogenen Augen vernähte er die Verletzung anschließend. Kein Ekel, kein Würden... nicht einmal ein Zucken mit den Augenlidern! Morgan machte das eindeutig nicht zum ersten Mal und kannte das Leid. Außerdem war für solche Sentimentalität überhaupt keine Zeit! Wenn es ihr besser ginge, oh das arme Weib, er würde ihr gehörig den Marsch blasen, dass sie ihn derart beschämte und beleidigte! Wie konnte sie es wagen sich gegen seinen verhassten Bruder zu stellen und ihm das eigene, verschissene Leben zu retten? Hatte er danach gefragt? Hatte er ihr erlaubt, in diese Familienfehnde einzugreifen? Nein. Geschah ihr durchaus Recht und doch... tauschen wollte er mit Eve nicht. Quitt waren sie deshalb nicht und das würde sie früh genug merken, wenn sie versorgt und wach wäre und Morgan seiner Wut auf sie freien Lauf ließ.

    Gut, dass sich Faden und Nadel noch in seiner Gürteltasche befand. Genau wie das Verbandszeug, welches er anschließend um ihren Oberkörper und ihre Schulter behutsam und akribisch umlegte. Dabei half Malkus dem Räuber, sie in einer aufrechten Position zu halten. Mit einem Seufzen fuhr sich Sal mit der blutigen Hand über die nasse Stirn. Das Werk war vollbracht. Glück für sie, dass er sich so oft selbst hatte versorgen müssen, dass ihr nun alle Erfahrung zugute kam.

    "Die kommt schon durch", murmelte er in Malkus' Richtung. Schließlich hatte er durchaus bemerkt, wie der Typ sie ansah. Dass er sich selbst einen Moment um dieses verfluchte Weib sorgte, zeigte Morgan nicht offenherzig aber ja, die Sorge war in ihm vergraben.

    Vorsichtig senkte er Eves Oberkörper wieder und legte seinen Mantel über Eve. Ihr Körper würde in der anbrechenden Nacht sonst abkühlen.

    "Wir werden ein Feuer b-", ehe Sal seine neue Bekanntschaft eines Lagerfeuers wegen anweisen konnte, bemerkte er, wie auch diesem das Blut nun vom Arm lief. Ihm traf Malkus' Blick und Sal, zynisch wie er war, verdrehte die Augen. "Wer hat noch nicht; wer will nochmal? Na, wenn wir schon dabei sind... dreh' dich zu mir", brummte er mürrisch. Mürrisch war Sal, aber auch hilfsbereit tatkräftig, wenn es darauf ankam. Auf den Knien rutschte er nun zu Malkus, um ihn aus dem Hemd zu helfen. "Werd' du mir jetzt bloß nicht auch noch bewusstlos, sonst schlag' ich dir ins Gesicht bis du wieder wach bist", warnte er Malkus, ehe er auch seine Wunden auswusch und versorgte. Und das, obwohl Morgans eigene Verletzung am Rücken fürchterlich brannte und er Pfeil noch immer tief saß. Aber der würde sich dort wohl noch länger bequemen müssen. Er würde Malkus darum bitten, so dieser bei Bewusstsein bliebe. Der Kerl sah nicht aus, als hätte er mit der Versorgung oder das Herausziehen eines Pfeils Erfahrung, aber es half ja nichts.


    Kaum hatte er sich Malkus zugedreht und angefangen, ihn zu versorgen, vernahm Morgan ein leises Hauchen. Das Hauchen einer weiblichen Stimme - Eve. Nur kurz hielt er inne und blickte sie mit einem wissenden Lächeln an. Ah, die Lebensgeister kehrten also bereits zurück? Na, die würde Spaß mit ihren Schmerzen haben.

    "Ich habe noch die Mischung eines starken Schlafmittels bei mir. Könnt' ihr dann was von haben. Verletzungen heilen im Schlaf am besten", sprach er sowohl zu Malkus, als auch zu Eve. Ob sie wieder bewusstlos war und ihn überhaupt hörte? Mit Malkus beschäftigt konnte sich Sal gerade nicht darum kümmern.

  • Abenddämmerung


    Nachdem die Wunden der Schönen versorgt waren, war Malkus an der Reihe. Seine Wunde war weder an einer wichtigen Stelle, noch lebensgefährlich, aber er hatte viel Blut verloren und selbst er wusste, dass man daran auch sterben konnte. Erst würde man sich leicht fühlen wie eine Feder, dann sanft einschlafen und nie wieder aufwachen. Malkus wusste, was passiert, wenn zu viel seines eigenen Blutes den Körper verließ.


    "Ich heiße Malkus" sagte er beinahe im Flüsterton, als wollte er die Valkyre nicht aufwecken. "Und ihr müsst Sal sein" setzte er fort. Für eine Sekunde konnte er das Funkeln in den braunen Augen des Kriegers sehen, das war Antwort genug. "Das schöne Mädchen, das ihr gerade von der Schwelle des Todes gerettet habt hat mich... wie soll ich es am besten sagen... ja, sie hat mich gebeten, euch zu finden. Dachte sie doch, wir würden unter einer Decke stecken. Muss wohl gedacht haben, weil wir zwei gutaussehende Kerle sind, dass wir vom selben Schlag wären." Malkus musste dabei sogar etwas lachen. "Und kämpfen kann ich nicht, nein. Ich versuche Kämpfe stets zu vermeiden. Es ist mir kein Herzenswunsch, dass meine Kleidung sich rot von meinem Blut färbt. Aber manchmal lässt sich das nicht verhindern" sagt er, als er sich am Arm hinab schaut, auf dem das Blut dunkelrot hinabfließ. Sal nähte auch diese Wunde, aber er tat es nicht mit der Eleganz, die er beim Versorgen von Eve's Wunde an den Tag legte, er wirkte eher ein wenig grob, fast schon, als wollte er Malkus dafür strafen, dass er Evelyn zu ihm geführt hatte. Malkus versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Das scharfe Mittel brannte, als Sal es ihm auf die Wunde gab und er biss sich auf die Zähne. "Ihr mögt sie, nicht wahr." Malkus schaute auf Eve, deren Augen noch geschlossen waren. Sie atmete gleichmäßig, ihre Bluse glich einem Tulpenmeer. "Ich habs in euren Augen gesehen. 'S war nicht nur ne Geschichte für eine Nacht" sagte er, bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte, was Sal mit ihm machen würde, falls ihm seine Worte nicht gefielen. Er sah nicht aus wie ein Romantiker, der gerne über Gefühle sprach oder sein Herz ausschüttete. Malkus merkte, wie sich die Hand des Kriegers zur Faust ballten. Er machte sich darauf gefasst, einen Schlag mit dem Gesicht abzufedren. Schlimmer als die Attacke der Cuccos konnte es ohnehin nicht sein.


    Eve atmete etwas unruhig, sie hustete kurz und murmelte etwas. Das war wohl Ablenkung genug, um Sal davon abzuhalten, Malkus Gesicht eine neue Form zu verpassen. Er wandte sich der Schönen zu, während er den Faden mit einer geschickten Handbewegung abschnitt. Er klatschte zweimal heftig auf die Wunde des Spielers, als ob er ihn daran erinnern wollte, dass hier nicht der Ort und nicht die Zeit waren, für Spielchen und ließ sich etwas zurück sinken. Der Pfeil, der im Schulterblatt des Schwarzhaarigen steckte, ragte wie ein Rufezeichen hervor, als würde er ihm etwas sagen wollen. Erst jetzt bemerkte Malkus, dass Sal schwerer verletzt war, als er sich anmerken ließ. "Ich schätze, das sollten wir auch behandeln" schlug er vor, während sein Blick auf dem Pfeilschaft lag. "Kenn mich mit solchen Verletzungen nicht aus. Ihr könnt mir sagen, was zu tun ist" schlug er vor, während er um Sal herum ging und die Verletzung genauer begutachtete. Der Pfeil war nicht allzu tief eingedrungen, aber die Wunde blutete stark. "Gebt mir euer Messer. Die Kleidung muss weg. Ich hoffe, ihr hängt nicht besonders an diesem Stoff." sagte er, als er beginnen wollte, das Leinenhemd, das der Schwarzhaarige trug, aufzuschneiden, um so den Pfeil freizulegen.


    Malkus befolgte die klaren Anweisungen des Kriegers. Als er den Pfeil ruckartig, wie Sal es befahl, herauszog, entkam diesem nicht einmal ein kleiner Seufzer. Es war, als würde er den Pfeil aus einem Toten ziehen. Malkus presste fest einen mit scharfer Flüssigkeit getränkten Lumpen auf die Verletzung. Die Haut am Rücken des Verletzten war bleich und von einzelnen Narben übersäht. Er saß nur da, die schwarzen Haare hingen an seinem Kopf hinab, die Schultern leicht gesenkt und sein Rücken hob sich leicht, als er ein und wieder ausatmete. Obwohl er sich die Schmerzen, die er wohl haben musste, nicht anmerken ließ, konnte Malkus spüren, wie Sal langsam schwächer wurde. Seine Worte wurden unklarer und er säuselte etwas beim Reden. Malkus hände zitterten, als er die dünne Nadel in das Fleisch nahe der Verletzung jadge. Es ist, wie einen Lederwamms zu nähen, hörte er die Stimme seines Vaters. Ganz einfach, Nadel rein, umdrehen, herausziehen, den Faden im Auge haben und immer auf Spannung halten. Er gab sein Bestes. Wieder und immer wieder bohrte sich das spitze Metall durch die Haut des Schwarzhaarigen, der keine Miene verzog. Als die Wunde vernäht war, schnitt er den Faden ab und tupfte die Wunde noch etwas mit einem Tuch ab, ehe er dem Krieger vorsichtig auf die gegenüberliegende Schulter klopfte. "Hast es überstanden. Bist sehr tapfer gewesen, mein Junge" versuchte er zu scherzen. Erschöpft ließ er sich auf seinen Hintern fallen, die beiden Verletzten vor sich, das Wasser plätscherte, als wäre an diesem schönen Tag kein Tröpfchen Blut vergossen worden und die Sonne ging langsam unter und warf einen langen Schatten, als sie hinter dem Gebirge im Westen verschwand. Der alte Baum thronte friedlich auf dem nahen Hügel und Vögel zwitscherten noch aufgeregt. Doch vom Norden her kamen schwarze Wolken, die nichts gutes verhießen. Solche Wolken vermochten allzu oft Regen mit sich zu bringen und hier gab es weit und breit nichts, wo sie Schutz suchen konnte. Noch war es heiter und trocken, das angenehme Ende eines wundervollen Tages, der viel zu schöne zum Sterben gewesen war, aber die Nacht versprach düster und nass zu werden. Eves Zustand schien sich noch nicht gebesser zu haben und es schien eine Nacht zu werden, in der die Geister sehr nah herankamen und die Seelen der Lebenden zu holen vermochten, deren Leben nur mehr an einem seidernen Faden hingen. War Eves Faden, an dem ihr Leben hing, dick genug, um diese Nacht überstehen zu können?

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


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    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"

  • In einer schweren Trance gefangen zu sein, halb wach, halb schlafend, der Geist mal klar, der Körper wie in einer Paralyse gefangen, das war wie einen Alptraum immer und immer wieder zu durchleben, den man einfach mit eigener Kraft nicht durchbrechen konnte. Die Kriegerin konnte zumindest die grauenhaften Bilder ihres Traumes überdecken, doch den Preis den sie dafür zahlte waren Schmerzen, mit denen sie zu kämpfen hatte und ihr den kostbaren Schlaf raubten. Ihre Lider zuckten wie wild, stechende Schmerzen breiteten sich über die Schulter hinweg zu ihrer Brust aus und immer wieder murmelte sie unverständliche Worte die kaum über ihre Lippen wanderten. Das Gefühl war unbeschreiblich, als hätte sich tonnen schweres Eisen auf ihrer Brust niedergelassen um sie am Atmen zu hindern. Mal war ihr Puls schnell, mal war ihr Puls unregelmäßig und dann wieder ruhig. Es war immer wieder ein schmaler Grat gewesen nicht den Verstand zu verlieren, doch dagegen wehren konnte sie sich nicht. Sie hatte kein Zeitgefühl. Ihr Körper war gefühlt betäubt wie ein nasser Sack, den man im Regen stehen hat lassen. Sie fühlte sich von allen Kräften verlassen.


    Nach und nach merkte sie, wie ihr dünner Faden des Lebens allmählich zu einem dickeren Faden verzwirbelt wurde und sich am anderen Ende zu einem roten Knäul aufwickelte. Bald schon hätte sie genug Kraft gesammelt, um dieses Knäul wieder zurück in das Nähkästchen zu stecken.


    Regentropfen fielen vom dunklen Nachthimmel, denn schwarze Wolken hatten sich über das kleine Paradies der Drei gelegt. Sie blinzelte schwer und wiegte ihren Kopf von einer Seite zur anderen. Es war unangenehm, wie sich der Regen mit ihrem Schweiß auf der Stirn vermischte und doch angenehm, wie das kühle Nass ihr Fieber etwas senkte. Leicht blinzelnd öffnete sie ihre Augen. Ihre seetief blauen Augen hatten den altbekannten Glanz noch nicht wieder erlang und so konnte man sehen, dass selbst dann, wenn sie ihre Augen offen hatte, sie ins Leere starrte. Und doch, sie erkannte etwas. Oder jemanden? Sie schluckte schwer und bewegte sich dabei nicht. Ihre Augen versuchten diese eine Person zu fokussieren, die sich gerade näherte. Im Hintergrund brannte ein kleines Lagerfeuer und der Silhouette nach war es ein Mann gewesen. In ihrem Kopf ratterte es wie in einem defekten Uhrwerk. Kurz hatte sie vergessen wo sie war. Sie hatte vergessen was passierte, konnte sich nicht daran erinnern überhaupt die Taverne verlassen zu haben und wenn ja, mit wem? Die männliche Gestalt kam näher, hatte etwas in der Hand. Wollte er die Frau überfallen? Sie konnte gar nichts dagegen tun? Ihr linker Zeigefinger zuckte. Die Person kam näher.


    Nachdem der gutaussehende Spieler sich genähert hatte, einen riesen Palmwedel in der Hand hielt, kniete er sich vor die Frau, platzierte das gigantische Blatt so, dass der Regen davon abtropfte und neben der Frau herunterrieselte. Er sagte etwas, sie konnte es allerdings nicht verstehen, da ihre Ohren rauschten wie ein Wasserfall. Sie blickte ihn mit halbleerem Blick an, wollte etwas sagen. Sie erinnerte sich wieder. Vereinzelte Bilder schossen ihr wie ein Blitz ins Gedächtnis. Ihr Hals schluckte, ihr Mund stand trocken offen, doch keine Worte der Dankbarkeit konnten über diese Lippen kommen so sehr sie es wollte. Ihre Kräfte verließen sie wieder und sie schloss ihre Augen. Ein weiterer Kurzschlaf holte sie ein.


    Irgendwann, es musste wohl sehr tief in der Nacht gewesen sein oder gar früh am Morgen, jedenfalls waren noch immer Regenwolken über den Halbmond geschoben, riss die Kriegerin ihre Augen erneut auf. Ihr Puls schlug hoch. Adrenalin brannte durch ihren Körper und das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit schreckte sie hoch und konnte sich tatsächlich bewegen. Diese elendige Paralyse, sie hatte aufgehört und dieser Triumph zeigte sich in Form eines Schmerzes, der einmal komplett durch ihren Körper fuhr. Sie sah für einen kurzen Augenblick Sterne und stützte sich mit ihrer Linken am Boden ab. Der Spieler wich nicht von Eves Seite. Er war eingeschlafen, war mit seinem Kopf halb unter dem Blatt und schlief auf dem Oberschenkel der Frau, während sein Hinterteil und Rücken dem noch immerwährenden Regen schutzlos ausgeliefert war. Sie musste kurz lächeln, verbiss sich dennoch erneut auf ihren Lippen, da wieder eines dieser Schmerzimpulse sie zusammenzucken lies. Nach und nach schaltete sich ihr Verstand ein. Wie ein altes Uhrwerk, das man erst wieder aufziehen musste, arbeitete es langsam vor sich hin. Ihr Blick wanderte vom Spieler zu ihrem rechten Arm, der komplett einbandagiert und unbeweglich war. Sie rutschte ein wenig mit ihrem Gesäß nach hinten, sodass sie aufrecht sitzen konnte, legte ihre linke Hand kurz auf den Kopf des Mannes der bei ihr schlief. Ihr Blick galt nun das klein lodernde Feuer am Baum, das vom Regen schutzlos ausgeliefert war. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es mit einem dampfenden Zischen gänzlich erlosch. Sie sah wie eine Person mit einem Buckel dort versuchte zu verweilen. Immer wieder kippte der Mann von einer Seite zur anderen, neigte sich nach vorne und wieder zurück. Er war dem Einschlafen nahe gewesen, doch scheinbar wolle er keine Pause machen.


    Das Uhrwerk in ihrem Kopf tickte nun schneller. Wie Schuppen von den Augen, riss sie ihre Lider weiter auf. “Sal!“ Schoss es ihr durch den Kopf. Sie schüttelte ihren Kopf, sodass ihre nassen Haare herumflogen. “Nein, nein, nein, nein, …“ Sie stemmte sich hoch, biss dabei zähneknirschend auf ihre Lippen, versuchte sich zu erheben und sich von Malkus zu befreien, ohne ihn dabei zu wecken oder gar seinen Kopf auf den Boden donnern zu lassen. Sie schaffte es irgendwie, erhob sich wie ein gefallener Krieger vom Boden und hatte sofort wieder eine aufrechte Haltung. Ihre Atmung war schwer und wieder mischte sich der Regen mit ihrem Schweiß, der ihr auf der Stirn stand. Im Hintergrund ging ein Blitz nieder dessen Licht die Gestalt der Frau zuerst weiß, dann in ein dunkles Schwarz färbte. Sal, der am Feuer saß, blickte müde in ihre Richtung. Sie hatte ihre linke Faust geballt und setzte vorsichtig einen Schritt vor dem anderen. Es war ein Balanceakt gewesen. Es war, als würde man über einem morschen Holzbrett über einer Grube voll Lava balancieren. Oder Kobras. Oder Lavakobras. Sie knickte zur Seite weg, fing sich allerdings wieder und richtete sich auf. Ihr Blick war erzürnt. Ihre Linke noch immer zu einer Faust geballt. “Was hast du getan du Mistkerl?!“ Flüsterte sie auf dem Weg zu ihm erst leise. Die Worte waren unmissverständlich und klar zu vernehmen, trotzdem dass sie so leise waren. Ihr zynischer Ton zerschnitt die Luft um sie herum wie nichts. Dann wurde ihr Schritt schneller und schnell. Langsam wurde Sals Silhouette größer. “WAS HAST DU GETAN DU VERDAMMTER MISTKERL?! WO SIND SIE?“ Sie wartete erst gar nicht auf eine Antwort. Trotz ihrer Schwäche, trotz des unbändigen Schmerzes der ihr die Sterne in die Augen trieb, war Hass, Wut, ihr Sinn ihres Handelns stärker gewesen um vorerst alles andere auszublenden. So lange, bis ihr Körper eben wieder herunterfuhr. Doch das konnte etwas dauern.


    Sie wuchtete mit ihren klappernden Stiefeln zu Sal, packte mit ihrer linken Hand den Mann am Hals. Das Adrenalin kochte über, das konnte man durchaus an ihrem Griff bemerken. Jeder andere hätte nicht vermutet, dass ein Mensch noch Kraftreserven in sich hatte nach solch einem Balanceakt mit dem Sensenmann, doch die Kriegerin war aus einem harten Holz geschnitzt und schon weitaus in schlimmeren Situationen geraten. Sie fletschte die Zähne. “SAG MIR DU HAST SIE VERSTECKT! SAG MIR SIE SIND BEI DIR!“ Ihre wütenden Augen brannten. Ihr lauter Ton durchhallte die tiefe Nacht. Sie knirschte. Ein weiterer Herzschlag vermochte ihr die Kräfte zu rauben, denn es war kein Adrenalin mehr vorhanden, was sie auf den Beinen hielt. Sie lies von ihrem Gegenüber ab und ging leicht in die Knie. Um ihre Nase herum zeichnete sich eine gewisse Bleiche ab. Sal, der nun anfing argwöhnisch zu Grinsen, provozierte die Frau nun umso mehr. Sie blickte ihm vom Boden aus mit einem verachtenden, hasserfüllten Blick an, den selbst Ganon wohl in die Knie zwang. Ihre Stirn legte sich in Falten. “Du hast sie nicht, oder?“ Die Wahrheit war ihr bereits bekannt. Wieso sie also diese Szene machte, war wohl eine Art Verdrängung gewesen. Vielleicht auch ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass all das hier ein Scherz war, dass Sal oder Malkus, egal wer, wie ein Magier diese scheiß Ledertasche hinter dem Rücken hervorzaubern würde. Doch der Trick, das Grande Finale, es blieb aus. Sie lachte. Sie lachte erst leise, dann lauter und lauter, bis das schrillende Lachen apathisch wurde und einer mordlüsternden Verrückten glich, die gerade ein halbes Dorf abgeschlachtet hatte. Sie lachte finster aus tiefem Herzen. Wieder strafte sie ihr Gegenüber mit diesem einen Blick. Mordlust stand ihr in den Augen geschrieben. Sie stützte sich mit ihrem linken Arm an ihrem linken Oberschenkel, der zusammen mit ihrem Knie zu Boden ging, ab. “Du verdammter Bastard hast keine Ahnung was du angerichtet hast. Du hast keinen blassen Schimmer in was du uns alle geritten hast. Du bist hier, also ist das, was mir gehört, weg. So einfach ist das. So einfach ist das. … “ Ihre Worte, sie waren so kalt wie kein Element auf diesem Planeten. Die letzten Worte, flüsternd und enttäuschend. Was sollte sie tun? Ihre Waffe schnappen und verschwinden. Alles liegen und stehen lassen und darauf warten bis ihre Zeit gekommen war? Sie erinnerte sich an das Wesen in ihrem Traum. Nein, sie konnte so einfach nicht aufgeben. Sie stand nun aufrecht Angesicht zu Angesicht gegenüber Morgan. Mittlerweile vom Regen durchnässt, klafften ihre Haare im Gesicht. Jetzt war es ihr Stolz, der sie auf den Beinen hielt. Ihr Gesicht, es formte sich mit einem breiten Grinsen über ihre Wange hinweg und erinnerte an einen psychisch gestörten Mörderclown mit grünen Haaren. Ihre Narbe im Gesicht hätte fast dazu gepasst. Ihre Augen verloren das bisschen Glanz was sie noch inne trugen und ihre Augenringe zeichneten sich mittlerweile mit einem tiefen Schwarz ab. Die Frau ballte ihre linke Faust, holte mit aller Kraft die sie noch auf den Beinen hielt aus und donnerte diese dem Gauner volle Kanne ins Gesicht an seinen Kiefer. “ICH MACH DICH FERTIG! ICH BRING DICH UM! NEIN, ICH ZWINGE DICH ZUZUSEHEN WIE ALLES VOR DEINEN AUGEN VOR DIE HUNDE GEHT! WIE ALLES UND JEDER DER DIR LIEB IST VERRECKT UND KOMPLETT AUSGELÖSCHT IST VON DIESEM ANTLITZ! WENN DU ÜBERHAUPT SOETWAS BESITZT! DU HAST KEINE AHNUNG WAS DU ANGERICHTET HAST!“ Ihr hallendes, tiefes Lachen dominierte ihre Worte. Erneut war sie bereit den Kampf mit ihm aufzunehmen.

  • SAY A PRAYER FOR THE DAMNED


    Ob es ein Fehler war, Eves Begleiter nach seinem Namen und Vorhaben zu fragen? Gefahr schien von dem Verletzten zwar nicht auszugehen. Aber dafür sprudelten die Worte nur aus ihm heraus. Kurz nur blickte Morgan den Mann mit dem dunkelblonden Haar an, als er seinen Namen richtig zuordnete. Oder eher: seinen Spitznamen, der ihn nicht an sein wahres Ich erinnern sollte. Ohnehin hätte der Räuber gar nichts erwidern können, denn anstatt einer knappen Erwiderung holte Malkus weiter aus. Seinen Schmerz quittierte der Schwarzhaarige nur mit einem Brummen. So, so, unter einer Decke... dem war nicht so. Und dennoch hatte Malkus der Kämpferin geholfen. Er selbst schien keine Absicht gehabt zu haben, Sal etwas zu tun und davon abgesehen hatte der Braunäugige nicht das Gefühl, dass der Typ ihn überhaupt hätte gefährlich werden können. Auch wenn er den meisten Worten des Schönlings nichts abgewinnen konnte, so musste Morgan doch auf die Aussage hin bestätigend nicken, dass man, was das Kämpfen anging, manchmal keine Wahl hätte.

    „So ist es“. Mehr sagte Morgan dazu nicht, zumal er auch mit der Versorgung des Verletzten beschäftigt war. Vielleicht sprach er auch so viel, um sich von den Schmerzen ablenken zu können? Morgan entging dabei nicht das Zucken des Anderen, als er ihn vorsichtig von den Stoffen befreite. Die Haut des Mannes wirkte unverbraucht und weich; frei von Narben. Nein, der wusste wohl wirklich nichts von der harten Realität. Ob er vielleicht sogar zur Oberschicht gehörte und deshalb keine Not sah, um zum Schwert greifen zu müssen? Der Glückliche. Das wäre wohl die erste Narbe, welche Malkus erdulden musste. Aber da die Wunde nicht so schlimm war schätzte Sal, dass sie irgendwann verblasste.

    Kurz hielt der Vatermörder inne, als er die ungefragten Worte des Frauenhelden vernahm. „Erstmal... duz' mich einfach“, brummte der Griesgram, „und zweitens... geht dich nichts an.“ Seine harte Miene wurde ein wenig sanfter, als er kurz zu Eve sah. „Die... wieso soll man die mögen? Ist ein unmögliches Weib. Stolziert 'rum wie ein Mannsbild. Mischt sich in Dinge ein, die sie nichts angehen, aber...“, aber was? Nun, das war Malkus überlassen, diesen Satz zu vervollständigen und sich seinen Teil zu denken. „Du magst sie wohl, schätz' ich. Wenn du schon als ungeübter Kämpfer das Risiko eingehst, für sie einen anderen Kerl aufzusuchen, den sie tot sehen will.“ Oder der Kerl war so naiv und hatte keine Ahnung, wie gefährlich es werden konnte. Nein... so naiv kam Malkus ihn gar nicht vor. Nur sehr unerfahren. Dumm wirkte er wirklich nicht.


    Er war immerhin stark genug, um nach der Behandlung nicht umzukippen. Trotz der Schmerzen, die Malkus haben musste und doppelt wirken mussten. Schließlich schien das Kerlchen Schmerzen in diesem Ausmaß nicht zu kennen. Sal rechnete es ihm also hoch an, dass er sich nicht wie ein verweichlichter Knabe gab. Der Typ war zäher, als man annahm.

    Trotz der komischen Situation waren sie keine Feinde und ohne zu zögern wandte sich Malkus Sals Verletzung zu. Jetzt war es an dem einsamen Wolf, sich Malkus zuzudrehen, damit er ihn verarzten konnte. Es gefiel ihm nicht, aber Sal war ein Vernunftsmensch. Was sein musste, musste eben sein. Ohne eine Miene zu verziehen ließ er sich behandeln. Die Schmerzen spürte er wie jeder Mensch, jedoch war Morgan sie seit so vielen Jahren gewohnt, dass er eine sehr hohe Schmerzgrenze besaß. Dennoch... danach brauchte er erst einmal einen Schluck. So wies er Malkus knapp an, der seinen Worten gut folgte. Sofern er es beurteilen konnte, schließlich hatte er keine Augen im Rücken.

    „Danke“, brummte Morgan danach etwas kraftlos und matt. Für Malkus' Spruch erntete er einen entsprechenden Blick. Glücklicherweise war Sal zu schwach dafür, sich aufzuregen. Ohnehin war dafür keine Zeit: das Wetter drehte sich...



    Stunden waren vergangen. Über Eve lag noch immer schützend Sals Mantel und zusätzlich bot Malkus ihr mit einer klugen Idee Schutz vor dem Regen, sodass sie trocken blieb. Schon komisch, dass sie sich derart für die Kriegerin einsetzten, die sie kaum kannten. Und doch, so waren sie eben menschlich: und mit diesem Kern setzte man sich füreinander ein. Gerade, weil sie einander brauchten. Selbst die offene Rechnung mit Eve änderte nichts daran. Obwohl Malkus Sal richtig durchschaut hatte: es war auch Empathie für das Fräulein, die Sal so handeln ließen. Denn er hätte weder für ihre Wunde seinen eigenen Hemdärmel abreißen müssen, um die Blutung zu stoppen, noch hätte er ihr seinen warmen, schweren Mantel überlegen müssen, während er nun im kalten Nachtregen versuchte vergeblich ein Feuer zu zünden und zu halten. „Verschissenes Wetter“ brummte er und nieste. Gewiss würde er sich nun auch noch den Tod holen. Morgan war zäh, aber sein Immunsystem war schwach. Zitternd saß er im Schneidesitz gebeugt vor der kleinen Flamme, die er mit aller Kraft und jeder Gewitztheit zu vergrößern versuchte. Ein so sinnloses Unterfangen und doch konnte er nichts anderes tun. Sonst würden sie in dieser kalten Nacht noch erfrieren...

    Mit klappernden Zähnen schmiss Sal immer wieder gesammeltes Holz in die selbstgemachte Feuerstelle und pustete. Ein Kampf wie David gegen Goliath und doch gab er nicht auf. Das Wasser tropfte ihn von den Haarspitzen hinab; er war bis auf die Knochen durchnässt. Nur kurz blickte er nach hinten und konnte nicht anders, als sacht zu lächeln. Malkus wirkte ein wenig wie ein Hündchen, das bei seiner Herrin schlief. Das Ganze wirkte fast schon friedlich. Aber die Ruhe würde beiden gut tun, während Sal versuchte der kalten und nassen Nacht zu trotzen. Ohnehin musste ja einer Wache halten und da er sowieso nie richtig schlafen konnte, übernahm er es selbstverständlich. Leise rollte er sich eine Zigarette und den Glimmstängel zündete er an der kleinen Feuerstelle.


    Ausgelaugt, hungrig und müde war er. In der Nacht schmerzten Verletzungen gerne besonders, doch Morgan ignorierte den Schmerz und gab sich seinen immer wieder kehrenden, sinnlosen Gedanken hin. Sein Zorn auf sich selbst wich jenen auf Eve, bevor er immer und immer wieder den verlorenen Kampf vor seinem geistigen Auge sah und die Zähne fletschte. Er hatte versagt! Wie so oft im Leben... in seiner Ohnmacht darüber formte Sal seine Hände zu Fäusten, bevor er sie doch wieder lockerte. Sinnlose Wut kostete nur Kraft, aber es fiel ihm schwer, sich im Zaun zu halten. Immerhin graste sein Blackwood in Ruhe unter dem Schutz eines Baumes vor sich hin.

    Die Zeit verging und als Sal zum Himmel sah, erkannte er, dass die Nacht bald vorüber wäre. Immerhin brannte das Feuer nun und wärmte ihn neben seinem Schnaps etwas. Wie ein nasser Sack saß er kraftlos da, als er hinter sich Geräusche vernahm. Was dann folgte war reines Chaos.

    Er erblickte Evelyn, die mit wackeligen Schritten auf ihn zukam. Gerade wollte Sal schon zynisch fragen, ob Dornröschen erwacht war. Sie kam ihn jedoch zuvor, beschimpfte ihn als Mistkerl und fragte, was er getan hatte.

    „Ich hab' dir dein Leben gerettet, du hysterisches Weib“, brummte er und fletschte dabei die Zähne. Achja, diese Papiere... was auch immer. Es gab nun sicher wichtigeres als das! Aber nein, Prinzessin führte sich hier auf die eine Wahnsinnige und allmählich erhob sich die schlanke, zähe Gestalt, sodass er sich Eve zudrehte und sie mit ernster, wie zorniger Miene ansah. Und doch... da war auch ein verächtliches, zynisches Lächeln auf seinem bärtigen Gesicht.

    Es wäre durchaus beachtlich gewesen, dass die Kriegerin trotz ihrer Verletzung und der Kraft, die sie verlor, Sal noch so am Hals packen konnte, wenn sie eben nicht genau das täte. Die Augen des Mannes formten sich zu schmalen Schlitzen. „Lass. Los. Sofort.“, zischte er ihr so gehalten wie nur möglich ins Gesicht. Was fiel der eigentlich ein, so mit ihm umzuspringen? Nachdem er ihr das Leben rettete, sie mit seinem Mantel zudeckte und er hier im Regen saß und mit dem Feuer kämpfte, damit sie diese Stunden überstanden!? Und dann schrie sie ihn auch noch an!

    “GEFRESSEN HAB ICH SIE!“, brüllte er mit ordentlich Wut im Bauch zurück. Oh, er hatte nicht vor gehabt, sich jetzt mit ihr zu streiten. Persönliche Differenzen hin oder her: sie brauchten ihre Kräfte und mussten zusammenarbeiten, wenn sie in ihrem schlechten Zustand überleben wollten. Doch so ließ sich der jähzornige Räuber nicht behandeln! Seine Wut war geweckt worden wie ein schlafender Hund und nun zitterte er nicht mehr ob der Kälte – sondern der Wut wegen! Der Hass und Zorn, den man ihr an den blauen Augen ansah, spiegelte sich ebenfalls in Morgans hellbraunen Augen wieder. Seine Atmung erging schneller und er knurrte wie ein Köter, der jeden Moment zubiss!

    Jedoch war es fürs Erste Genugtuung zu sehen, wie die Frau leicht in die Knie ging und mit sich kämpfte. Daraufhin grinste Sal. Tja, das tat weh. Geschah ihr nur Recht dafür, dass sie sich in seinen Kampf einmischte und ihn nun anging wie einen Sklaven. Endlich schien auch sie zu raffen, dass er ihre dämlichen Papiere, die er verkaufen wollte, nicht hatte.

    Dann jedoch lachte sie. Wie eine Wahnsinnige gar! Für einen Moment sorgte sich Sal aufrichtig, der Eve verwirrt ansah. Ob sie etwas gegen den Kopf bekommen hatte und nun ihren Verstand verlor? Aber nein. Nun schimpfte sie ihm einen Bastard gar und gab ihm die Schuld an allem.

    „Halt's Maul“, knurrte er. Er war ein Mistkerl, richtig. Ein Arschloch, Abschaum, ein lebenslanger Versager, der andere nur ins Verderben zog. Aber er war kein Bastard! Diese Worte schmerzten ihn seiner geliebten Mutter wegen. Eine selten warmherzige, gutmütige Frau, die viel zu früh entrissen wurde und nicht nur in Sals Herzen eine große Wunde hinterließ, die sich nicht so leicht näheren ließ. Erneut zitterte er vor Zorn. Das Fass war fast voll. Noch aber hielt ihm seine Vernunft zurück, um auch wie sie auszuticken. Nein... sie mussten verdammt nochmal überleben und nun zusammen helfen! „... hättest meinen Beutel nehmen können und weglaufen. Das alles ging dich nichts an! Du selten dämliche Schlampe bist selbst Schuld. Hättest besser aufgepasst und vertraust nicht blind, dann würdest du jetzt nicht in diesem Schlamassel stecken. Gib' mir nicht die Schuld an deinen eigenen Verfehlungen“, antwortete er leise durch einen zusammengepressten Kiefer. Ja, er hatte sie wohl für klüger als vernünftiger gehalten, als sie sich jetzt gab. Stattdessen brach sie nun einen sinnlosen Streit vom Zaun und wurde mehr als nur anmaßend.

    Und da lief das Fass über: Eve schlug Sal mitten ins Gesicht, sodass dieser mit einem Schritt nach hinten taumelte und sich kurz die Nase hielt. Ein Blutstropfen floss aus dem rechten Nasenloch und er schmeckte es auch im Mund. Ohne Vorwarnung schnellte Sal nach vorne, holte mit seiner gesunden Rechten aus und verpasste Eve eine schallende Ohrfeige! Wenn sie sich schon wie ein Mann aufführte und ihn behandelte wie einen Narren, dann musste sie mit einer solchen Reaktion rechnen. Morgan ließ sich das von niemanden gefallen! Die Ohrfeige war derart kräftig, dass seine Hand danach einige Sekunden kribbelte.


    Und nun schien es, als ob ihr alter Kampf erneut entflammen würde wie das kleine Feuerchen, das so tapfer gegen den Regen ankämpfte. Kurz hielt Morgan die Luft aufgrund ihrer geschrienen Worte an. Man mochte nun erwarten, dass er sich voller Jähzorn auf sie stürzte und dafür erwürgte. Aber... es geschah nicht. Stattdessen starrte er sie nur an. Der Zorn in seinen braunen Augen brannte regelrecht; sie glitzerten gefährlich rot, als ein naher Blitz sein Antlitz erhellte. Und auch das wahnsinnige von Eve. Kurz schien es, als ob er sie erwürgen wollte. Aber... es geschah nicht. Stattdessen schlug er ihr, weitaus schwächer als zuvor, mit der Linken auf die Wunde.

    „Ja, ich habe niemanden mehr zu verlieren, Eve. Dann töte mich eben, wenn du meinst. Es ist mir egal“, sprach er leise und kraftlos, während sich seine Augen zusammenzogen. Er wirkte plötzlich nicht mehr so wütend, sondern verletzt; getroffen wie ein wildes Reh, dass nun versuchte sich stolpernd in Sichere zu bringen. “Entweder bist du nicht besonders helle oder hast Wundfieber. Aber wenn's dir noch nicht aufgefallen ist: wir wurden alle beraubt. Sind verletzt. Haben kaum Proviant. Wenn es Rache ist, die dich am Leben hält, dann solltest du jetzt deine Kräfte schonen und mit uns an einem Strang ziehen. Hass' mich ruhig. Und wenn's dir leichter fällt deine Schwäche damit zu überdecken, anderen die alleinige Schuld zu geben, dann bitte. Dann bin ich's. Mir egal. Wenn's deinen märtyrerischen Stolz schmeichelt, dann bring' mich halt um.“, das waren bereits viel zu Worte für einen, der so ungern redete.


    Sal löste eines seiner Wurfmesser vom Gürtel und hielt es Eve entgegen. Wenn sie schon so große Worte spuckte und ihn töten wollte, bitte, dann wollte er hoffen, dass aus ihr mehr als heiße Luft kam. Mit einem resignierenden Lächeln wartete er ab. Seine Haltung verriet, dass er sich nicht wehrte. Na dann los. Tu's doch! dachte er mit schnell schlagendem Herzen. Sie hatte seinen Stolz sowieso schon zerschlagen und er hätte nie eine Chance gegen Mordred. Vielleicht war es so am besten, als Tag für Tag ein sinnloses, leeres Leben ohne Alice und Scarlett zu führen?

  • Da standen sie Angesicht zu Angesicht. Schimpftiraden und gegenseitige Beleidigungen flogen wild umher und ließen kein Deckel auf dem Fass. Es war eines, einen Mann, eine Kreatur, mit einem Messer die Kehle aufzuschlitzen, doch es war etwas anderes, ihn mit Worten zu verletzten. Irgendwie fühlte sich diese Schlacht falsch an. Sal hatte lange Zeit nicht darauf reagiert was die Frau sagte, hatte es geschluckt. Doch sie kam an einen Punkt, den sie überschritten hatte. Es war, als hätte sie mit Kanonenkugeln auf Spatzen gefeuert. Selbst diese Art von Klinge, die ihr Gegenüber Seelenheil zerschnitt, war für die Frau fremd gewesen weswegen sie selbst, schuldig und ertappt, kurz zuckte.


    Das nächste als Antwort auf Evelyns Faustschlag war eine Ohrfeige, die für eine kurze Zeit den Nachthimmel im Vollen erhellte. Sie taumelte zurück und ließ ihren Kopf sinken. Die Sterne die sie zuvor schon sah, wurden heller und heller und ihr Kopf drehte sich wie ein alter Spielzeugkreisel in einem Hurrikan. Sie schluckte schwer und hielt sich mit ihrer linken Hand die Wange. Sal hatte denselben Blick wie Eve ihn hatte. Er war allerdings gelassener. Mit einem leichten Schlag auf ihre verletzte Schulter, zuckte sie zusammen. Sie blickte zu Sal. “Und du meinst, du hast mit deiner Rettung meinesgleichen alles richtig gemacht? Hast Karma für deine verpatzten Missetaten gesammelt? Du bist genau gleich wie jeder andere Heuchler auch. Du stehst auf Beinen wie ein Streuner, der sich als Dieb von Tag zu Tag durchschlägt und nichts in seinem Leben dabei verändern will. Du beraubst andere Leute ohne einen Funken von Anstand und glaubst keine Konsequenz davontragen zu müssen? Du zerstörst weitaus tiefer das Leben anderer als dir bewusst ist. Du stielst nicht nur das Hab und Gut von Menschen, sondern beraubst ihnen ihre Integrität. Du bestielst ihre harte Arbeit, ihren Stolz, ihren Erfolg aus ihrem Leben etwas gemacht zu haben. Du bestielst ihr Vertrauen. …“ Sie schluckte erneut schwer, hielt aber ihren Atemzug in ihren Lungen. Sie hatte so vieles was sie sagen wollte. Hatte so vieles, um ihrer Wut ein Gesicht zu verleihen, doch auf wen war sie eigentlich wütend? War es Sal gewesen, der sie ausnutzte? War es ihre eigene Dummheit gewesen geglaubt zu haben, einmal im Leben Freude oder Glück gefunden zu haben? Sie senkte ihre Linke.


    “Ja, ich hätte dir nicht vertrauen sollen und ich tue es auch weiterhin nicht. Der offensichtliche Schmerz ist nicht nur der Verlust was mir wichtig ist, es ist die Tatsache geglaubt zu haben, dass in dieser beschissenen Welt vielleicht doch jemand zu finden sei, bei dem man zumindest für wenige Stunden sein Leid vergessen kann. Jeder hier hat ein beschissenes Leben. Der Krieg verändert einen. Das nackte Überleben ist das, was den Menschen an die Grenzen treibt. So wollte ich einfach glauben, einmal, ein beschissenes Mal, an einem Abend eine Unterhaltung mit jemanden zu führen, mit ihm Spaß zu haben, ohne dass es Konsequenzen für einen hat. Nicht für dich, nicht für mich, wo doch Falschheit das Schlimmste an unserem Leben um uns herum ist.“ Sie wandte sich kurz ab, streifte sich durch ihr kaltes und nasses Haar.“Wenn du jeden Tag den Tod vor Augen hast, jeden Tag das Elend betrachtest, hoffst du dir einfach, dass es irgendwo etwas gibt, was dich vom Ufer wegzieht. Du fängst an Wünsche zu stellen. Und plötzlich ist der minimalistische Wunsch der Größte, einmal alles vergessen zu können, einmal dieses beschissene Leben mit jemandem hinter sich zu lassen bevor es in den nächsten Tiefschlag geht. An diesem Abend gewünscht und du standst vor meiner Nase, hast dich aufgedrängt.“ Sie zeigte nun auf Sal. “Doch du bist nur ein weiterer, geschissener Anker der nur erschaffen wurde um es anderen Schwer zu machen. Du hast mir nicht nur etwas unglaublich Teures gestohlen, du hast mich meiner Person und meinem Vertrauen beraubt. Lenke nicht davon ab was du bist indem du mir die Schuld gibst ich hätte dir einfach nicht vertrauen sollen, das ist Kindergarten!“ Sie ging einen kleinen Schritt auf ihn zu, betrachtete ihn scharf. “Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Ich hatte dir keine Sekunde vertraut. Warum ich trotzdem mit dir auf dein Zimmer ging? Weil ich dir vertrauen WOLLTE. Weil ich dachte du wärst etwas Besonderes. Weil ich dachte, du wärst tatsächlich mal jemand Aufrechtes. Jeder hat hier sein Kreuz zu tragen und mir ist scheiß egal wieso. Niemand ist deswegen besser oder schlechter. Wir hätten einfach in dieser Nacht zwei normale Menschen sein können, ohne Kreuz, ich wollte es, ich wollte es so sehr. Ich habe es satt diese beschissene Rolle zu spielen die ich spielen muss in diesem gottverdammten Spiel. Einmal die Regeln brechen und mit jemandem frühzeitig abbiegen um über Los zu gehen. Einfach wie zwei ganz normale Menschen, stattdessen zieht man die Karte die einem direkt in den Kerker wirft.“ Sie schloss enttäuscht ihre Lider. “Du Beraubst, tötest womöglich, um an dein Ziel zu kommen. … Ja, es ist meine Schuld, dass ich dir vertraut habe und glaube mir, dass wird kein weiteres Mal vorkommen.“ Sie wandte sich kurz ab und erblickte Sals Mantel der neben ihr auf dem Boden lag. Sie hob ihn zitternd auf. Sie hatte keine Kraft mehr auch nur zu stehen, doch sie biss sich durch.


    Ihre Augen im dunklen Schein wandelten sich. Ihre Stimme war ruhig aber nicht so gewohnt monoton. Es war dieses Mal wirklich, als stünde eine wahrhaftige Frau vor Sal. Eine Frau, die Gefühle hatte, die Gedanken hatte und nicht wie eine Maschine handelte. Der Mann, der nun vor ihr stand, hatte eines seiner Messer gelöst. Es war eine Geste hiermit abzuschließen. Allein diese Geste verriet mehr über ihn, als er vielleicht zugeben wollte. Evelyn hatte den Mantel noch immer in der Hand, hielt ihn vor ihrer Brust über den Arm. Sie blickte zu ihrem gebrochenen Gegenüber, der hier und jetzt bereit war zu sterben. Sie warf den Mantel über das Gesicht des Mannes. “Lass gut sein Wuschelbart.“ Erwiderte sie. Ihre Stimme klang ruhig, einsichtig. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und blickte gegen den Himmel und schloss dabei die Augen. Sie fühlte den Regen und war in dieser Nacht, in diesem Moment nun Eins mit ihm. Sobald erst einmal diese unangenehme Strenge aus ihrer Stimme verschwand, hörten sich ihre Worte wahrhaftig weiblich und schön vom Klang an. “Ich werde keine Last mehr für dich sein. Vergiss einfach unsere Begegnung. Hake mich wie jeden anderen deiner Begegnungen auch, als Opfer ab, das du erfolgreich bestohlen hast. Herzlichen Glückwunsch. Macht mir nichts aus, ich kann damit leben. Ich bin in vielerlei Hinsicht sehr stolz, doch das, ist nur Kleinkram im Gegensatz zu dem, was jetzt deswegen auf mich zukommt und ändern kann ich es nicht mehr. Es macht keinen Sinn dich damit zu bestrafen, dich damit zu belehren. Es ist passiert, ich kann es nicht rückgängig machen, ich muss damit jetzt leben und gucken wie ich die Situation wieder drehe. Wenn du eines Tages, oder nachts, auf einem Felsen sitzt und gespannt in den Himmel blickst, vielleicht wieder neue Opfer beraubt hast und du dich dabei erfüllt fühlst, du vielleicht die Sterne oder am Tage die Sonne siehst, dann hast du glück und ich hatte mit dem was ich tun muss Erfolg. Sollte der Himmel egal ob Tag oder Nacht erfüllt sein mit Dunkelheit und das Regenwasser sich blutig färbt und vom Himmel fällt, dann weißt du, dass ich gescheitert bin und irgendwo im Graben liege.“ Sie hielt kurz inne. Ihre Entspanntheit war noch immer nicht von ihrem Antlitz verflogen. Ihre Stimme. Eines Engels gleich und sanft. “Ist mein Problem, wie du richtig sagst, nicht deins. Du hast recht.“ Sie drehte ihren Kopf, blickte mit einem Auge zu Sal, der gerade seinen Mantel vom Kopf grub. Sie lächelte ihn an. Das erste Mal, das sie wirklich jemanden anlächelte. Kein zynisches, sarkastisches Lächeln, kein, ich ramm dir gleich einen Dolch in die Brust Lächeln. Es kam tatsächlich tief aus ihrem Inneren. Ihre Augen leuchteten. Jetzt, so wie sie dort stand, den Kopf im Nacken, eine Hand komplett mit der Schulter am Körper fixiert und der Linken durch die Haare streifend, sie war in dieser Situation das erste Mal seit langem wieder eine Frau in einem Gesamtbild. “Ich werde heute noch verschwinden und du siehst mich nie wieder. Vergiss einfach was passiert ist, ich hacke all das… Nein. … Ich hacke besonders dich, als weiteren Fehler in meinem Kapitel ab, das ich fortwährend schreibe und hoffe mit dieser Konsequenz leben zu können. Ein Kompromiss wird sich finden lassen.“ Sie zuckte mit ihrer linken Schulter Ihr Lächlen wurde noch wärmender. “ Au Revoir, Wuschelbart Sullivan. Pass auf unseren Frauenhelden auf oder bring ihn zumindest in die nächste Stadt und sag danke von mir.“ Sie hatte sich umgedreht und hinkte schweren Schritten zu ihrem restlichen Zeug, dass feinsäuberlich von einen der Jungs zusammengetragen und auf einen Haufen gelegt wurde. Ihre Weiblichkeit verblasste nun wieder aus ihrem Gesicht, ehe sie die Augen schloss und auf dem Weg zu ihrer Rüstung nach links umkippte und zusammensackte.

  • Gewittersturm


    Die ersten Regentropfen fielen schwer vom Himmel und in der Ferne war Donner zu hören, Blitze zuckten wild am Himmel. Das Gewitter schien noch einige Kilometer entfernt zu sein. Es zog scheinbar aus der Richtung von Angelstedt herüber. Jene Sommergewitter nach heißen, schwülen Tagen, waren die schlimmsten, behaupteten die alten Leute stets und sie mochten wohl einmal mehr recht behalten, denn heute war einer der schwülsten Tage gewesen, seit Malkus nach Hateno gekommen war. Die dunklen Wolken färbten den Himmel schwarz und raubtem den letzten Sonnenstrahl. Eve wälzte sich leicht hin und her, er tupfte ihr sorgsam den Schweiß von der Stirn und merkte, dass die Regentropfen nun zu einem leichten Schauer anwuchsen. Sal saß wenig entfernt und versuchte, ein Lagerfeuer zu entfachen, an dem sie sich wärmen konnten. Die Nacht würde kühl und nass werden.


    Malkus stand auf und sah sich um, er konnte unweit von ihrem behelfsmäßigen Lagerplatz eine alte Palme erspähen, deren Stamm unter seiner eigenen Last umgeknickt war, die Blätter hingen vertrocknet herunter, nur drei der Blätter waren noch grün, vermutlich, da ihre Spitzen etwas in den nahen Fluss hingen. Sie waren satt und groß, Malkus schätzte, dass sie gute Dienste verrichten würden, um Eve etwas vor dem Regenschauer zu schützen. Er schlurfte zum Fluss, und entfernte die Blätter behutsam vom Wipfel, damit sie nicht beschädigt werden. Es war auch ein seltsamer Ort für eine so südländische Pflanze, wie sie normalerweise in den Gegenden der Gerudo Wüste wachsen. Als Malkus an die Wüste dachte, die er einmal während seiner Reisen besucht hatte. Eine Stadt voller bildhübscher Frauen, braungebrannt, erhaben und weit und breit keine Männer. Sie hatten ihn beinahe aufgespießt, als er sich an den Wachen vorbei hineinschleichen wollte. Hatte seinen ganzen Charme aufbringen müssen, dass sie ihn nicht einfach zerstückeln und den Moldora, die weit draußen in den Dünen ihr Unwesen trieben, zum Fraß vorwarfen. Hatte er doch nur der Kriegerprinzessin schöne Augen machen wollen. Man hatte ihm kein Fetzen Stoff am Körper gelassen und er konnte sich nur notdürftig mit Palmblättern bedecken, als er sich in die nächste Siedlung rettete, halb verdurstet und mit einem Sonnenbrand, der seiner Haut die Farbe eines Hinox verpasste. Als er die Palmblätter zu einem Wedel zusammennahm, erinnerte ihn die faserig raue Oberfläche an jenen Tag, als diese Oberfläche über seine Haut kratzte, dort, wo er damit seine Blöße bedeckte. Malkus musste lächeln.


    Er setzte sich neben Eve und hielt die Palmblätter wie einen Schirm über sie. Die Regentropfen perlten an der Oberfläche ab und liefen das Blatt entlang, ehe sie an der Spitze zu Boden tropften. So würde zumindest der Kopf und Oberkörper der Verletzten trocken bleiben. Der Regen wurde immer schlimmer und während Malkus darüber nachdachte, wie er auf dem besten Weg zurück nach Hateno kam, übermannte ihn die Erschöpfung und er döste weg, ehe er seine Gedanken zu Ende bringen konnte.


    Malkus schreckte hoch, als Geschrei die Luft zerriss. Die Palmblätter hingen geknickt herab und der Regen prasselte ihm gegen den Rücken, seine Kleidung klebte ihm klatschnass an der Haut, er war bis auf die Knochen durchtränkt. Er zitterte etwas und blickte sich verwirrt um, er befürchtete, dass es sich die Räuber anders überlegt hatten und nun doch keine Zeugen zurücklassen wollten. Als er sich umdrehte und schon mit dem Schlimmsten rechnete, konnte er sehen, wie Eve und Sal sich gegenüberstanden, Sal hatte seine Hand ausgestreckt, in der er ein Messer hielt. Aber er hatte es nicht gegen Eve gerichtet, er schien es ihr hinzuhalten, ganz so, als sollte es ein Geschenk werden. Malkus begriff in Sekundenschnelle, dass es kein Geschenk sein sollte, sondern Sals Tod bedeuten konnte. Eve verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln. Ihre Zähne blitzten weiß hervor, während ihr die Haare in nassen Strähnen vom Kopf hingen. Wie Eve so dastand, lächelnd, ihre Kleidung durchnässt, ihre Augen plötzlich von einer Güte und Weiblichkeit erfüllt, konnte sich Malkus für einen Moment keine schönere Frau auf der Welt vorstellen. Gerade, als er aufstehen wollte, verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und Eves Worte schnitten die Luft entzwei. Sie drehte sich um, bereit das Lager zu verlassen. Malkus richtete sich auf, die Verletzung an seinem Arm versetzte ihm einen Stich, als er sich mit jener Hand aufstützen wollte, die in Mitleidenschaft gezogen worden war. Er stieß ein Stöhnen aus.


    "Warte!" rief er. Die Worte formten sich auf seinen Lippen und übertönten den prasselnden Regen nur knapp. "Du kannst doch nicht einfach so abhauen." Er wusste, dass es ihren Tod bedeuten würde, wenn sie des Nachts alleine, ohne Proviant und Pferde losziehen würde. Er wusste aber auch, dass sie ihn vor noch nicht einmal einem Tag in der Taverne mit dem Tod bedroht hatte und ihre Sense nur Zentimeter vor seinem Gesicht baumelte. Er wusste auch, dass er sie einfach ziehen lassen konnte, diese schöne Frau mit dem gefährlichen Blick. Er wusste aber auch, dass er immer noch etwas menschliches in sich trug und niemanden einfach so sterben lassen würde, selbst dann nicht, wenn sein eigenes Leben dadurch in Gefahr war. "Wenn du jetzt gehst, wird dies das letzte sein, was du tust. Du bist verletzt und in den östlichen Feldern lauern nachts viele gefahren, diese Räuber könnten immer noch in der Nähe sein und du hast keinen Proviant, dein treues Pferd ist weg und ..." Malkus zögerte und blickte zu Sal, der immer noch wie angewurzelt dastand und dann zu seinem Verletzten Arm "und ich schätze, es kann nicht schaden, einer mehr zu sein. Wir sind alle verletzt, die nächste Stadt ist einen halben Tagesritt entfernt und unsere Vorräte sind nicht mehr, als das, was wir in unseren Manteltaschen tragen." Malkus wusste, dass seine nächsten Worte entscheidend sein konnten und auch darüber entscheiden konnten, ob sein Kopf auf seinem Körper blieb. "Und selbst wenn du die Nacht überlebst, wirst du alleine gegen die Räuber keine Chance haben in deinem Zustand. Du willst dir das zurückholen, was dir gestohlen wurde, nicht wahr? Muss ein ziemlich wertvolles Stück Papier sein." selbst in dieser Situation vergaß Malkus nicht auf das Wesentliche "Ich kann dir helfen es zurückzubekommen. Über meinen Anteil können wir ja später reden. Sagen wir, als Vorschuss bleibst du erstmal hier, setzt dich ans Feuer und wärmst dich auf." Wie auf stichwort knisterte das kleine Feuerchen, das den Kampf gegen die Regentropfen gerade so gewann.

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


    me-and-the-boys-1.jpg me-and-the-boys-2.jpg me-and-the-boys-3.jpg me-and-the-boys-4.jpg


    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"