Das war es also? Nach all den Strapazen in den vorherigen Räumen und Gängen trennte sie nur noch eine einfache Tür von ihrem Ziel? Das erregte doch sehr Zoltans Misstrauen. Türen wuchsen nicht auf natürliche Art in Wänden, sie wurden von Menschenhand geschaffen. Und in diesem speziellen Fall würde der, der sie in die Höhlenwand eingebaut hatte, sie doch sicher so installiert haben, dass ein Eindringling sie nicht einfach so würde öffnen können, oder?
Kotari näherte sich ihr als Erster, wandte sich dann aber mit ratlosem Blick an die Gruppe. Auch wenn er nicht sichtlich verletzt war, schien ihm nach der Detonation nicht ganz wohl zu sein. Zoltan konnte es ihm nicht verübeln. Was, wenn das Betätigen der Klinke eine weitere Falle auslöste? Aber es gab nur diese eine Möglichkeit, es herauszufinden.
Tretet zurück, forderte er die anderen auf. Sie leisteten seiner Anweisung Folge, und Zoltan drückte die Klinke hinunter, stieß die Tür auf und sprang blitzschnell zurück. Nichts. Kein Fallbeil kam herabgestürzt, keine Pfeile schossen aus den Wänden. Leise knarzend und beinahe einladend schwang die Tür nach innen. Nachdem er ein paar weitere Augenblicke abgewartet hatte, ob nicht doch noch ein tödlicher verborgener Mechanismus losging, trat er in die nun offene Kammer, die von einer unbestimmten Lichtquelle spärlich beleuchtet wurde, blickte sich um - und stieß einen Pfiff durch die Zähne aus.
Hier hatte nicht bloß jemand eilig seinen Hausrat herbeigeschafft, um sich ein Refugium zu errichten. Der Raum den er betreten hatte war riesig, und das Sammelsurium an Regalen, Kisten, Gegenständen und Schriften war überwältigend und kaum zu überblicken. Diese Anhäufung war die Arbeit von Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten. Überall in den Regalen lagen Dinge, auf denen sich so viel Staub und Spinnweben gesammelt hatten, dass sie selbst und ihr Verwendungszweck darunter nicht mehr zu erkennen waren.
Das Herzstück des ganzen Chaos bildete das Wrack eines Wächters. Überall um die Maschine herum lagen Holzsplitter, längst erloschene Energiekristalle und andere Trümmer. Vorsichtig trat Zoltan auf die Apparatur zu und ließ sich davor auf ein Knie nieder.
Wie hatte der Mann, nach dem sie suchten, dieses Ding hierhergeschafft? Ihm kam die schmale Passage in den Sinn, die sie vorhin gleich zu Anfang hatten durchqueren müssen und die der einzig sichtbare Weg in diese Höhlenkammer war. Unmöglich, dieses Monstrum auf diesem Wege hier hinein zu schaffen. Also womöglich doch ein weiterer Höhleneingang?
Das ließ die Frage offen, ob ihr Widersacher sich noch irgendwo zwischen all den chaotisch angeordneten Regalen verborgen hielt und sich seine Chancen gegen gleich fünf Eindringlinge ausrechnete, oder längst die Flucht ergriffen hatte. Spätestens mit der Tunnelexplosion hatten sie immerhin genug Lärm verursacht, um ihn vorzuwarnen.
Er stemmte sich wieder in die Höhe, ließ von der kaputten Maschine ab und ging langsamen Schrittes tiefer in den großen, lagerartigen Raum hinein. Auch seine Kameraden waren nun dabei, diese merkwürdige Ansammlung aus längst vergessenen Artefakten und Folianten zu bestaunen. Er ließ sich jedoch keine Zeit dafür, ihre Reaktionen zu beobachten oder ihren Kommentaren zu lauschen. Es galt, jemanden zu jagen, und dieser Jemand war - vielleicht - direkt irgendwo vor ihnen.
Komm raus, komm raus, wo immer du steckst, murmelte er in einem Singsang vor sich hin, ließ seine Blicke schweifen und drehte lauernd den Griff seines Schwertes in der Hand umher. Er erfreute sich an dem dumpfen, bedrohlichem Geräusch, dass seine schweren Stiefel bei jedem Schritt auf dem blanken Steinboden erzeugten.