Mit Anno 1800 ging 2019 der momentan aktuellste Serienableger der Echzeit-Strategie von Blue Byte (Ubisoft) wieder zurück in die Vergangenheit. Zuvor erschienen mit Anno 2070 und Anno 2205 zwei futuristische Settings, welche große Unterschiede zu den ersten vier Teilen aufwiesen. Aus diesem Grund dürften sich frühere Anno-Veteranen hier plötzlich wieder ganz heimisch fühlen. Noch im gleichen Jahr sowie 2020 folgten mehrere Erweiterungen, die zu zwei Season Pässen zusammengefasst wurden. Die Königsedition vereint das Grundspiel mit beiden Pässen und ist aufgrund ihres gigantischen Umfangs sowie des relativ jungen Alters immer noch im Vollpreis (derzeit 50€ im sehr regelmäßigen Ubisoft Connect Sale) angesiedelt.
Ziel des Spiels ist der Aufbau und die Evolution einer Siedlung. Die Bewohner starten einfach gestrickt und steigen unter zunehmenden Lebensstandards in höhere Klassen auf. Je höher der Rang, desto mehr Bedürfnisse gilt es zu erfüllen. Nicht alle Rohstoffe lassen sich auf einer einzigen Insel finden, weshalb man auf Expansion angewiesen ist und andere Inseln zum Anbau neuer Waren einnehmen sollte. Mit anderen Fraktionen lässt sich selbstverständlich Handel betreiben oder Krieg führen, doch langfristig gesehen sollte man die benötigten Rohstoffe selbst anbauen, um Geld zu sparen. Letztendlich erschafft man einen Wirtschaftskreislauf und versucht die Führungsposition einzunehmen.
In Anno 1800 wurde die von vielen heiß ersehnte Industrialisierung eingebaut, obwohl es historisch gesehen noch nicht ganz korrekt war. Die Serie wollte sicherlich nicht mit der Tradition brechen, dass die Quersumme der Jahreszahl im Titel 9 beträgt. Nach diesem Motto dürfte es nämlich keine Ableger von 1801-1999 geben. Öl ist zur wichtigsten Ressource geworden und mit Hilfe von Autos und Dampflokomotiven gibt es zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten. Die Schienen dürfen bei der Verlegung allerdings nie wie simple Feldwege gekreuzt werden, während 90° Winkel dagegen völlig unproblematisch sind, haha. Nach der Erzeugung von Strom kann dieser mittels Strommasten durch die Stadt verteilt werden. Schwere Fabriken halten durch ihre Umweltverschmutzung allerdings Touristen fern, welche erheblich mehr Geld als Bewohner bringen. Daher ist eine gute Klimabilanz für die Hauptstadt nicht zu verachten. Das sprach mich bereits bei Anno 2070 an und wurde hier schönerweise auch ein wenig berücksichtigt. Darüber hinaus möchte das Spiel, dass nicht alle Bewohner in höhere Stufen aufsteigen, sondern auch im späteren Spielverlauf die Arbeiter auf beispielsweise Getreidefeldern Bauern bleiben. Vergleichbar mit dem Orient aus Anno 1404 gibt es hier zudem eine zweite Welt, die mit völlig eigenen Rohstoffen daherkommt und selbstverständlich haben beide Welten Bedürfnisse für Waren aus der jeweiligen anderen.
Eine separate Kampagne gibt es wieder nicht, auch hier werden wie im Vorgänger Anno 2205 stattdessen die Endlosspiele immer wieder mit ein paar Nebengeschichten und kurzen Sequenzen versehen. Zu den wichtigsten und größten Erweiterungen zählen Die Passage, Reiche Ernte und Land der Löwen. In die Passage darf man tatsächlich wieder auf der Arktis siedeln und Luftschiffe bauen. Die Bewohner sehnen sich selbstverständlich nach Wärme, wobei dies hier durch andere Methoden als Nähe zu Produktionsstätten wie in 2205 gelöst wurde. In Reiche Ernte wird die Industrialisierung ebenfalls auf die simple Landwirtschaft übertragen, sodass u.a. durch Traktoren die Produktivität auf den Feldern erhöht werden kann. Das Land der Löwen führt die Spieler wiederum nach Afrika und sorgt genau wie Die Passage für eine zusätzliche Region mit ihren Eigenheiten und neuen Kampagnen. Letztendlich gibt es noch kleinere DLCs, die das Spiel etwas verlängern oder das Endgame erweitern, beispielsweise Paläste der Macht. Damit darf man für extrem viel Gold und Ressourcen einen Palast in der Stadt errichten und erlangt dadurch eine noch höhere Prestigestufe. Ob es bald noch eine dritte Season geben wird? Lassen wir uns überraschen.
Alles in allem ist das Game besonders mit den Erweiterungen extrem vielseitig und gilt als eines der besten Aufbau-Spiele der letzten Jahre. Mich spricht es definitiv mehr als das hochgelobte Anno 1404 an, wobei mir der Preis noch etwas zu hoch ist. Dazu bin ich nicht Strategie-Nerd genug, als dass ich da so viel Zeit und Geld hineinstecken würde, wie es grundsätzlich möglich ist und viele Fans machen. Doch falls ich mir irgendwann noch ein weiteres Anno zulegen würde, dann nach aktuellem Stand dieses hier.
Seid ihr der Meinung, dass Anno 1800 der neue Spitzenreiter der Serie geworden ist oder bleibt ihr lieber bei den mittelalterlichen bzw. futuristischen Teilen?