Dieses etwas holprig klingende Videospiel entstammt der Feder des ehemaligen id-Software und Doom-Co Entwickler American McGee, der sich als Leveldesigner von Doom, Doom II und Quake bzw. Quake II neben John Romero und John Carmack einen Namen machte. Nachdem American McGee jedoch bei id Software entlassen wurde, fand er mit Electronic Arts einen neuen Arbeitgeber, unter deren Schirmherrschaft er mit dem Studio Rogue Entertainement (das sonst nur hauptsächlich für einen Quake II Port für den Nintendo 64 und Map Packs bekannt war) das Titelgebende Spiel entwickelte.
American McGee's Alice (ab jetzt nenne ich es einfach nur Alice) besticht etwa durch einen sehr düsteren und erwachsenen Stil. Bizarre Kreaturen bevölkern die obskuren Welten, die direkt aus einem Tim Burton Film stammen könnten und die nicht mehr viel mit den Inszenierungen von Lewis Carolls Kinderbuchgeschichte haben. Auch, wenn man seinem Werk einen etwas düsteren Unterton verpassen könnte (Stichwort pädophile Neigung, jedoch nie erwiesen) haben die meisten wohl den 1951er Disney Film im Kopf, wenn sie an Alice denken, der zwar ebenso schräg und skurril aber bei weitem Kinderfreundlicher und Leichtherzig daherkam.
Anders geht es im Videospiel zu.
Alice wird jäh aus einem ihrer Träume gerissen, als das Haus ihrer Familie in Flammen steht. Sie kann der Feuersbrunst entkommen, aber der Verlust ihrer Familie hinterlässt tiefe Narben in ihrer Psyche. Als sich Alice wieder in ihr geliebtes Wunderland zurückziehen möchte, findet sie dieses als Ebenbild ihrer zerschmetterten Psyche vor. Ihre Freunde aus dem Wunderland, das weiße Kaninchen und die Grinsekatze, bitten Alice verzweifelt, der bösen Herzkönigin einhalt zu bieten, die das Wunderland in einen heruntergekommenen Ort verwandelt hat. Nur das weiße Kaninchen glaubt noch daran, dass Alice das Wunderland wieder in den schönen Ort ihrer Erinnerung verwandeln kann. Und so macht sich Alice auf, gegen die neuen Gefahren, die ein Produkt aus Wahnsinn und Verzweiflung sind, zu bestehen.
Alice erschien im Jahr 2000 für den PC, wurde aber später im Rahmen der Veröffentlichung des zweiten Teils (2011), Alice: Madness Returns, als Originalversion der jeweiligen Konsole als Download beigegeben und ist somit auch auf der Playstation 3, Xbox 360 und Xbox One (mittels Abwärtskompatibilität) erhältlich.
Das Spiel kenne ich schon sehr lange, genau genommen habe ich schon vor dem Release davon gehört. Es war nämlich auf irgendeiner Demo CD, die ich damals in die Hände bekam und dort habe ich zum ersten Mal einen Trailer davon gesehen (eine Demo des Spiels war nicht vorhanden). Ich hatte es immer wieder im Hinterkopf als außergewöhnliches Game, wusste aber nicht so recht, was ich damit anfangen sollte. Erst Jahre später, zum Release von Madness Returns, habe ich das Spiel, welches gratis als Bonus dabei war, erstmals gespielt und mich direkt in den kranken Stil verliebt.
Zugegeben, es hat seine Macken und man merkt dem Spiel seinen early-3D-PC Game Style an. Das heißt, Hitboxen sind manchmal janky, die Sprungpassagen sind nicht für das Spiel gemacht und mehr als nur einmal bin ich unverschuldet in den Tod gestürzt. Normalerweise würde ich so alte Spiele, wenn ich dazu keinen Bezug habe, nicht mehr zocken, aber der irre Style und die schräge Atmosphäre hatten mich völlig gepackt und so habe ich mich durch die manchmal etwas frustigen Gameplay Mechaniken gekämpft und wurde mit einem außergewöhnlichen Spielerlebnis belohnt. Ich kann aber verstehen, wenn man heute das Spiel wegen seiner frustigen Jump and Run Passagen und der nicht mehr ganz zeitgemäßen Steuerung nicht mehr spielen möchte, aus technischer Sicht ist es nämlich nicht gut gealtert. Wer sich aber reinfuchst und nicht zu sehr frustrieren lässt, wird hier auf eine wahre Videospielperle stoßen, die, zusammen mit Madness Returns, zu meinen Lieblingsspielen zählt, was die Art Direction, Atmosphäre und das Design der Levels betrifft.
Heute ist das Spiel leider garnicht so leicht erhältlich. Zumindest auf gängigen Seiten wird es nicht angeboten und ein anderer Weg, als die CD als Retail zu kaufen (wird so um 10 Euro gehandelt, kann aber erwartungsgemäß Schwierigkeiten mit der Kompatibilität haben) wäre höchstens, die Xbox 360 oder Playstation 3 Version.