Ocarina of Time

  • *blush* Danke. :)


    Freut mich, dass es dir gefällt und ich dir noch nicht die Lust dran verdorben hab. ^^


    Wuhu! Über 1000 Hits. Ich bin beeindruckt. 8o


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    Geistertrouble im Waldtempel


    Schweigend schritt Link über die Lichtung. Seine Gedanken kreisten immer wieder um dieselben Fragen: Warum waren die anderen Kokiri anscheinend nicht gealtert? Hieß das, dass etwas mit ihm nicht stimmte? Hatte er sich deswegen nie wirklich zugehörig gefühlt? Oder hatte sein Alterungsprozess mit Verlassen des Waldes eingesetzt? Oder durch das Master-Schwert?
    Langsam näherte er sich dem Eingang zum Waldtempel, als sein Blick auf den Baumstumpf fiel, auf dem Salia bei ihrer letzten Begegnung gesessen hatte. Gedankenversunken kniete er sich neben den moosbewachsenen Stumpf und ließ seine Hand über die raue Oberfläche streichen, während Navi ihn nachdenklich beobachtete.
    Ob Salia ihn überhaupt erkennen würde? Würde sie sich vielleicht von ihm im Stich gelassen fühlen, weil er sich Jahre lang nicht gemeldet hatte? Mit einem Stich in seinem Herzen dachte er an ihr letztes Gespräch, das so abrupt geendet hatte. Plötzlich wünschte er sich, er hätte damals doch gehört, was sie ihm hatte sagen wollen.
    Mit einem bitteren Geschmack im Mund richtete er sich auf, als Navi erschrocken aufkeuchte. Er wirbelte herum, in Erwartung einen Wolf oder ein Monster zu sehen, doch stattdessen sah er sich Shiek gegenüber, der langsam aus der Hocke wieder aufstand und auf ihn zu kam. „Der Fluss der Zeit ist grausam... Seine Geschwindigkeit scheint für jede Person vorbestimmt. Niemand hat die Möglichkeit, sie zu ändern. Doch etwas, das sich nie ändern wird, sind Erinnerungen an vergangene Tage.“
    Der junge Shiekah legte Link eine Hand auf die Schulter und sah ihn mit einem fast liebevollen Ausdruck in seinem unverhüllten Auge an. „Ich kann mir vorstellen, wie einsam du dich fühlen musst, weil dich keiner deiner ehemaligen Freunde wiedererkennt. Doch versuche, deinen Geist davon zu befreien. Auf dich warten schwierige Aufgaben, die deine volle Konzentration erfordern.“
    Mit einem seltsam leeren Gesichtsausdruck blickte Link zu dem anderen Mann herunter, der gute fünfzehn Zentimeter kleiner war. „Keine Angst. Ich werde mein Bestes geben. Es ist nicht so, dass ich besonders viele echte Freunde unter den Kokiri gehabt hätte. Eigentlich war Salia mein einziger Freund.“ „Sie und Prinzessin Zelda, nicht wahr?“ Sofort machte sich eine tiefrote Farbe auf Links Gesicht breit und er wandte verlegen den Blick ab.
    „Ja... Aber das ... äh... das tut eigentlich auch gar nichts zur Sache. Was wichtig ist, ist die Tatsache, dass meine beste Freundin da drin ist.“ Shieks Auge verengte sich kaum merklich, doch Link sprach weiter als hätte er es nicht bemerkt. „Ich werde sie retten. Ich werde nicht versagen.“ Der Shiekah nickte und wandte seinen Blick dann auf den Waldtempel. „Ich bin mir sicher, das wirst du, schließlich bist du der Herr der Zeiten. Vergiss das nie.“
    Mit diesen Worten wandte Shiek sich um und deutete auf die seltsame Felsplatte am anderen Ende der Lichtung. „Siehst du das dort hinten? Das ist eine Teleportierplatte.“ Link zog die Augenbraunen zusammen und betrachtete den sechseckigen, flachen Stein. „Was soll das sein, eine Teleportierplattform?“ „Ein magisches Artefakt, das vor Urzeiten von den sieben Weisen geschaffen worden ist. Es heißt, es gäbe insgesamt sechs davon. Doch leider sind die Lieder, die sie aktivieren, im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten und die Schriftrollen, auf denen sie aufgezeichnet sind, sind nur sehr schwer wiederzubeschaffen.“
    Gleichgültig zuckte Link mit den Schultern und wandte sich wieder dem Waldtempel zu. „Das ist bedauerlich, diese Dinger wären sicherlich praktisch gewesen. Aber ich hab keine Zeit, um hier rum zu stehen und mich deswegen zu bedauern.“ Navi balancierte auf dem abgebrochenen Treppenrest am Fuß des Waldtempels und blickte ungeduldig zu den beiden Männern herüber.
    Shiek lachte dunkel in sich hinein. „Ich sehe ein, die Sehnsucht nach Salia macht dich ungeduldig, doch höre mir noch fünf Minuten lang zu. Es ist zwar schwer, die Schriftrollen zu finden, doch nicht unmöglich. Ich bin in Besitz der Noten für das Menuett des Waldes, das diese Teleportierplattform aktiviert und dich augenblicklich hier her bringt – egal, wo du es spielst.“
    Mit einer geschmeidigen Bewegung holte der Shiekah eine Harfe hervor, die er wohl unter dem ledernden Brustschutz versteckt hatte. „Vielleicht wirst du eines Tages so schnell wie nur irgendwie möglich hier her zurück kommen müssen. Also lausche dem Menuett des Waldes und präge es dir gut ein.“ Geschwind begann er ein paar Saiten zu zupfen und die Töne sprangen auf und ab, während Link aufmerksam lauschte. Dann nahm er die Okarina zur Hand und spielte die Melodie nach.
    Nachdem sie geendet hatten, bedachte Shiek ihn mit einem zufriedenen Blick. „Du bist tatsächlich ein Mann mit vielen Talenten. Link, mein Lieber, wir werden uns wiedersehen.“ Mit diesen Worten warf der Shiekah wie erwartet eines seiner eigenartigen Säckchen und verschwand. Ohne sich noch weiter Gedanken darum zu machen, wie der andere so schnell verschwinden konnte, ging Link auf Navi zu, die genervt mit den Augen rollte. „Na endlich! Ich hab schon gedacht, das würde heute gar nichts mehr. Wenn er uns wirklich helfen will, sollte er uns nicht so lange aufhalten. Lass uns endlich sehen, was wir in diesem Tempel finden.“

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    Avatar-Artwork von mokke; Signatur-Artwork von Kamui Fujiwara (official artwork)

  • Nein ganz im Gegenteil, in letzter Zeit macht das Lesen immer mehr Spaß. Man merkt, dass du immer besser ins Schreiben dieser Geschichte kommst. Ich kenne zwar die Geschichte in- und auswendig, aber vieles ist ja "realisiert" und nicht genau wie im Spiel. Immer wieder spannend und intressant wie z.B. das Loch im Wasserfall der Zoras entsteht.
    Vll. solltest du mal bei Nintendo anfragen ob du die Geschichte veröffentlichen darfst wenn sie fertig ist ;)


    Schön, dass du gerade so viel Lust am Schreiben findest!

  • Ich bezweifle doch mal sehr stark, dass es dafür gut genug ist...


    So, heute nur ein ganz kurzes Stück, weil ich a) den halben Tag unterwegs war und ich mich b) für den Dungeons gerne drücke. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie fällt es mir schwerer, über die Stellen zu schreiben, als über den Rest.


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    Link legte den Kopf in den Nacken und blickte zum Tempeleingang hinauf, während Navi es sich wie so oft auf seiner Schulter gemütlich machte. „Ah, ich glaube, ich sehe, warum Shiek der Meinung war, dass ich ohne Fanghaken nicht in der Lage sein würde, den Tempel zu betreten.“ Er streckte sich und versuchte, den über ihm in der Luft schwebenden, abgebrochenen Treppenrest durch Springen zu erreichen.
    „Nicht mal annähernd, kleiner Mann.“, spottete Navi mit amüsiert funkelnden Augen. Link streckte ihr die Zunge heraus, wie er es schon als Kind so oft getan hatte. Zwar schien auch sein Geist rasend zu altern, bis er sich dem körperlichen Alter angepasst hatte, doch momentan steckte noch immer der kleine Junge in ihm. Und wer weiß? Vielleicht würde das immer so bleiben.
    Mit noch immer in den Nacken gelegtem Kopf ging Link ein paar Schritte rückwärts und hielt Ausschau nach einer Gelegenheit, seinen Fanghaken ins Spiel zu bringen. Ein in der Nähe stehender, toter Baum, dessen einziger verbliebener Ast über dem Tempeleingang hing, schien dafür wie geschaffen zu sein.
    Schnell suchte er sich einen festen Stand, denn er hatte Angst, vom Rückstoß von den Füßen gestoßen zu werden. Dann zielte er sorgfältig und schoss die scharfkantige Spitze ab, die sich tief in das trockene Holz bohrte. Er holte tief Luft und biss die Zähne aufeinander – so richtig überzeugt davon, dass dieses Unterfangen gelingen würde, war er nicht. „Din, Nayru, Farore... bitte lasst diesen Wahnsinn klappen, ohne dass ich mir irgendetwas breche.“
    Er presste ängstlich die Augen zusammen, tastete nach dem Haken für den Aufrollmechanismus und schob vorsichtig den Bolzen zur Seite. Sofort spürte er einen heftigen Ruck, der ihm beinah die Schulter aus dem Gelenk riss, und schon im nächsten Moment verloren seine Füße die Bodenhaftung. Mit einem erschrockenen Aufschrei sauste er durch die Luft, bis er am Ast baumelnd zum Stehen kam.
    Mit zitternden Fingern betätigte er den anderen Schalter, der die Kette zum abrollen brachte und ließ sich langsam auf den Boden nieder, bevor er so kräftig er konnte an dem Fanghaken zog, um die Spitze aus dem Holz zu ziehen.
    Navi ließ sich kichernd auf seiner Schulter wieder und neckte ihn liebevoll: „Na, das sah doch schon recht elegant aus. Bei nächsten Mal noch das Geschrei eingestellt und es ist perfekt.“ Link ließ die Kette sich wieder aufwickeln und verstaute den Haken in seinem Lederbeutel. „Alles klar. Memo an mich selbst: kein Geschrei und beim nächsten Mal BEIDE Hände benutzen...“ Mit säuerlichem Gesichtsausdruck rieb er sich über die schmerzende Schulter und wandte sich dem Tempeleingang zu. „Auf geht’s.“

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  • So, weil das popelige Etwas von heute Nachmittag doch ein bisschen ärmlich war, hier noch ein bisschen Verbalerbrochenes von mir. ^^


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    Das Innere des Tempels ließ Link staunen, denn es war so vollkommen anders als er es sich vorgestellt hatte. Anstatt in einem kühlen, feuchtklammen Raum zu stehen, dessen graue Wandverputzung an manchen Stellen schon aufplatzte, fand er sich in einer Art Garten wieder.
    Der steinerne Boden war so von Moos bewachsen, dass er wie eine Rasenfläche wirkte, die Decke war so hoch, dass selbst Bäume Platz in dieser seltsamen Halle fanden und der Putz der Wände war vor lauter Kletterpflanzen kaum zu sehen. Alles in allem wirkte es, als hätte sich der Wald den Platz, den die Baumeister dieses Tempels ihm abgetrotzt hatten, nach jahrelangen Kämpfen mühsam wieder zurück erobert.
    Doch der junge Mann hatte kaum Zeit, die morbide Schönheit um sich herum zu bewundern, denn kaum dass er den Raum betreten hatte, wurde er auch schon von zwei laut heulenden Wölfen angegriffen. Mit einer Drehung, auf die jeder Tänzer neidisch gewesen wäre, wand Link sich aus der Angriffslinie der Graupelze und beförderte sie durch leichtes Schubsen mit seinem Schild über die abgebrochene Treppenkante.
    Die Tiere quiekten kurz auf, als sie hart auf dem Boden aufschlugen, und humpelten so schnell sie konnten davon. Zwar wandte eines von ihnen nach wenigen Metern noch einmal den Kopf und warf einen feindseligen Blick zum Tempel herauf, doch ein paar Sekunden später machte auch es sich vom Acker. Navi sah Link ein wenig verwirrt an, doch der zuckte nur die Schultern. „Was? Ich mag nun mal Wölfe und möchte ihnen nicht weh tun.“
    Mit langen Schritten durchquerte er den Raum, als seine Fee plötzlich neben ihm schauderte. Besorgt warf er ihr einen Seitenblick zu. „Was hast du?“ Stumm deutete Navi auf eine der Pflanzen, die sich in Richtung Decke rankten, und brachte Link zum schmunzeln – Spinnen!
    Am anderen Ende des Raumes schien ein zweiter Eingang zu sein, als hätte diese Halle tatsächlich einmal als eine Art Vorraum oder Vorgarten gedient. Als Link an dem Türknauf drehte, quietschte dieser bedenklich und eine Prise Rost rieselte herab, doch die Tür ließ sich ohne weitere Anstrengungen öffnen.
    Der Korridor dahinter war lang und schlecht beleuchtet, doch Navi brachte auch in die dunkelste Hütte Glanz. Sie grinste Link triumphierend an und verkündete mit ihrer windspielgleichen Stimme: „Während du außer Gefecht warst, hab ich fleißig geübt. Mir war klar, dass wir das Feenlicht noch öfter würden gebrauchen können.“
    Vorsichtig strich Link ein paar trockene, von der Decke hängende Kletterpflanzen zur Seite, als er in der Ferne vier verschiedenfarbige Lichter entdeckte. Wie hypnotisiert eilte er darauf zu und wurde fast von einer unglaublich großen Spinne überrumpelt, die sich aus einer dunklen Ecke auf ihn stürzte. Navi stieß ein ersticktes Keuchen aus, doch Link schaffte es gerade noch rechtzeitig, das Master-Schwert nach oben zu reißen.
    Mit einem leicht angewiderten Gesichtsausdruck wischte er den gelblichen Lebenssaft der Angreiferin von seiner Klinge und trat in die vor ihm liegende Halle. In der Mitte des riesigen, runden Raumes befand sich eine Art hölzerner Fahrstuhl, der von den bunten Flammen, die in goldenen Fackeln brannten, gesäumt war.
    Während die beiden Abenteurer noch die Schönheit der bunten Lichter bewunderten, tauchten plötzlich vier Geister auf. Navi stieß einen knurrenden Laut aus und Link, der an seine Begegnung mit Boris’ Geist denken musste, begann merklich zu zittern. „Nicht schon wieder Geister...“
    Mit einem noch immer angespannt wirkenden Unterton in der Stimme flüsterte die Fee zurück: „Das sind keine Geister, sondern Irrlichter – die vier Irrlichtschwestern Etti, Betti, Netti und Hetti, um genau zu sein.“ „Macht das einen Unterschied?“
    Navi nickte grimmig. „Oh ja. Irrlichter mögen sich durch ihre Verbindungen mit Dämonen zwar gewisse Eigenschaften von Geistern erschlichen haben, doch ihr Körper ist und bleibt materiell. Das heißt, sie sind nicht nur verwundbar, sondern auch sterblich. Ich sage dir: Sei froh, dass die Vier da keine echten Geister sind. Sie sind so schon boshaft genug. Ich will gar nicht wissen, wie sie drauf wären, wären sie unsterblich.“
    „Ich würde mal sagen, dann räum ich da unten mal ganz geschwind auf.“ Link wollte gerade die Treppe herunter eilen, die zum Fahrstuhl führte, als die Irrlichtschwestern begannen, einen eigenartigen Tanz rund um die Fackeln aufzuführen. Irritiert blieb der junge Held stehen und beobachtete wie die Flammen zu flackern begannen, bis sie sich für einen kurzen Augenblick ganz auflösten, nur um dann in den Laternen der Schwestern wieder aufzutauchen.
    Die vier Irrlichter, deren Kleidung dieselbe Farbe hatten wie die gestohlenen Feuer – rot, blau, grün und violett – drehten sich in Links Richtung und grinsten diabolisch, bevor sie mit einem gruseligen Lachen in alle vier Himmelsrichtungen verschwanden. Entsetzt bemerkte Link wie sich der Fahrstuhl senkte und im Loch stecken blieb, sodass der Weg nach unten blockiert war. Navi gesellte sich mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck zu ihm und durchbohrte ihn mit wütenden Blicken. „Sauber aufgeräumt, Herr der Zeiten...“

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  • Ein wenig verlegen schob Link eine Hand unter den Saum seiner Mütze und kratzte sich am Hinterkopf, während er mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck zu seiner Fee hoch sah. „Woher hätte ich denn wissen sollen, dass sie es auf die Lichter abgesehen hatten?“ Navi rollte die Augen und schüttelte leicht mit dem Kopf. „Ungebildeter Dummkopf...“ „Ey!“ Verärgert schob Link die Augenbraunen zusammen und stupste seine Fee mit dem Zeigefinger an. „Sei nicht immer so frech.“
    Doch Navi wandte sich einfach mit einem noch immer wütenden Gesichtsausdruck ab und deutete auf eine der Türen, die aus dem Raum hinaus führten. „Wir sollten uns beeilen und diese Irrlichter einfangen.“ Ihre Stimme war vor lauter Gereiztheit rau wie Schmirgelpapier und Link hatte das Gefühl, gleich um mehrere Zentimeter zu schrumpfen.
    Mit trotzig vorgerecktem Kinn öffnete er die Tür, auf die Navi gedeutet hatte, und betrat einen riesigen Garten, der von so hohen Mauern gesäumt war, dass man den Himmel kaum sehen konnte. Obwohl es inzwischen später Nachmittag sein musste, schwebte ein sanfter Nebel über dem grasbewachsenen Boden und umspielte den steinernen Überbau eines sich in der Nähe befindlichen Brunnens. Auf der ihm gegenüber gelegenen Seite entdeckte Link hinter einem leise gurgelnden Fluss ein paar nackt dastehende Säulen, so als hätte dort einst eine Art Pavillon entstehen sollen, der nie beendet worden war.
    Langsam schlich Link um eine in der Nähe schlafende Deku-Pirania herum und ging auf eine mit Ranken bewachsene Wand zu, vor der Navi schon ungeduldig mit den Flügeln schlagend wartete. Als er an sie heran trat, deutete sie wortlos auf ein breites Loch über sich und sauste nach oben. Link seufzte und holte seine Schleuder aus dem Lederbeutel, um die in den Pflanzen krabbelnden Spinnen abzuschießen.
    Doch leider musste er feststellen, dass seine Hände für die zierliche Waffe viel zu groß und kräftig geworden waren. Umständlich fasste er um den Griff herum und begann wie gewohnt mit voller Kraft am Gummiband zu ziehen, als zwei Dinge fast gleichzeitig passierten. Das Holz der Schleuder brach laut krachend kurz über dem Griff und das Gummi löste sich auf einer Seite aus seiner Befestigung. Mit einem zischenden Laut sauste es durch die Luft und traf Link genau unter dem rechten Auge.
    Mit einem Schmerzensschrei ließ er die ruinierte Waffe fallen und hielt sich das Gesicht. Navi eilte mit einem panischen Gesichtsausdruck zu ihm, ihr Ärger schien schlagartig verflogen zu sein. „Alles okay?“ Link stöhnte noch immer, zog aber langsam die Hand weg, damit seine Fee das Ausmaß der Verletzung in Augenschein nehmen konnte. Mit einem besorgten Glänzen in den Augen studierte sie sein Gesicht, doch als sie die sich langsam von rot zu dunkelblau verfärbende Schwellung unter seinem Auge sah, stahl sich ein Grinsen auf ihre Lippen. „Held Null, Schleuder Eins.“
    „Vielen Dank fürs Mitleid.“ Mit einem knurrenden Geräusch holte Link seinen Bumerang aus dem Beutel, doch auch dieser war für seine erwachsenen Männerhände zu klein und ließ sich nicht mehr zielgenau werfen. Frustriert steckte Link ihn zurück und blickte zu den Spinnen hinauf. „Und nun?“
    Nachdem er mehrere Herzschläge lang auf den Knochenpanzer der am weitesten unten krabbelnden Spinne gestarrt hatte, kam ihm plötzlich die Erleuchtung. Geschwind zog er den Fanghaken aus dem Beutel und zielte. Der Haken sauste durch die Luft und durchschlug mit einem lauten, splitternden Geräusch den weißlichen Panzer.
    Schnell zog Link die Spitze aus der toten Spinne und holte auch die anderen auf die gleiche Weise hinab. Doch um die Letzte zu erreichen, war die Kette des Fanghakens zu kurz. Grübelnd kaute der junge Mann auf der Unterlippe, nur um wenige Sekunden später mit den Schultern zu zucken.
    „Wahrscheinlich erreich ich das Loch, bevor sie mich da oben bemerkt.“ Mit diesen Worten ergriff er die sich rau anfühlenden Pflanzen und kletterte an der Wand empor, während Navi vor der Spinne in der Luft schwebte und sie mit bösartig wirkenden Grimassen ablenkte.


    Langsam ging Link durch die schummerigen, lediglich von Navis silbernem Licht erhellten Räume, die von geisterhaften Wesen nur so wimmelten. Besonders die in ein blaues Feuer gehüllten Totenköpfe jagten dem jungen Helden immer wieder aufs Neue eiskalte Schauer über den Rücken.
    Als sie an einen Gang gelangten, dessen Decke und Boden in einer langen Spirale gegeneinander verdreht waren, schaute Navi sich mit besorgter Miene um. „Es fängt bereits an. Die Ordnung des Tempels gerät völlig aus den Fugen. Verfluchte Schwestern!“ Link blickte sie fragend an, in der Hoffnung, sie würde erklären wie Korridor und Irrlichter zusammenhingen, doch seine Fee ignorierte ihn. Resigniert zuckte er die Schultern und ging stumm neben ihr her, bis sie an einen Raum gelangten, dessen Treppen mehrere Stockwerke hinab führt.
    „Hey, sieh mal. Da hinten hängt ein Bild von einer der Schwestern.“ Mit einem ausgestreckten Arm deutete Link auf ein Gemälde vor ihnen, das mit Öl gemalt zu sein schien und die rot gewandete Irrlichtschwester zeigte. Ihr feuerrotes Kleid und die orangerot leuchtende Fackel in ihren Händen stachen vor dem schwarzen Hintergrund deutlich hervor, fast als kämen sie aus dem Bild heraus.
    Navi betrachtete das blonde Haar, den kleinen, grünen Hut aus Bast und das fiese Grinsen, das selbst die schmalen Augen erfasst hatte. „Das ist Hetti, eine der beiden Zwillinge. Ein fürchterliches Weib...“ Link ging näher an das Gemälde heran, um es genauer betrachten zu können, doch plötzlich löste sich das Irrlicht darauf mit einem gespenstischen Lachen auf.
    Erschrocken riss Link, der alle Farbe im Gesicht verloren hatte, weswegen das Hämatom unter seinem rechten Auge noch deutlicher hervortrat, den Kopf herum und starrte Navi an, die genauso verblüfft wirkte, ihre Fassung aber schneller wieder erlangte. „Offensichtlich war das kein BILD von Hetti. Das war sie höchstpersönlich.“
    Sie ließ ihren Blick schweifen und deutete plötzlich auf den rückwärtigen Absatz der ersten Treppe, wo ein weiteres identisches Gemälde hing. Doch auch dieses Mal verschwand Hetti, als einer der Beiden ihr zu nahe kam. Insgesamt waren im Raum drei Bilderrahmen verteilt zwischen denen das Irrlicht hin und her sprang.
    Eine Zeit lang hetzte Link wie ein Wahnsinniger umher und versuchte, schneller als Hetti zu sein, doch als ihm der Schweiß bereits in den Augen brannte, gab er auf. „Wie soll ich sie treffen, wenn ich nicht nah genug an sie heran komme? Selbst die Kette des Fanghakens ist zu kurz.“ Navi deutete auf eine Tür, die weiter in den Tempel herein führte. „Vielleicht finden wir ja noch etwas, das uns weiter helfen kann.“

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  • Ein wenig demotiviert öffnete Link die Tür und trat in einen großen, runden Raum mit einem riesigen Loch in der Mitte, um das wie es aussah sämtliche Einzelteile eines Skelettes verteilt lagen. Vorsichtig näherte sich der junge Held dem Abgrund, um hinab zu sehen, als die Knochen sich plötzlich rührten. Mit einem leisen Klappern rutschten sie über den Boden und fügten sich wieder zusammen, bis ein erschreckend großer Skelettkrieger vor Link stand.
    Mit einem schaurigen Lachen nahm er einen alten, verbeulten Rundschild und ein rostig aussehendes, gezacktes Schwert aus ihrer Wandhalterung und wandte sich dem jungen Herrn der Zeiten zu. Dieser wich schwer schluckend ein paar Schritte zurück und konnte gerade noch rechtzeitig sein Schwert ziehen, um eine Attacke zu parieren.
    Immer und immer wieder krachte die imposante Waffe des Skelettkriegers auf den jungen Mann nieder, während er sich zurückweichend verteidigte. Navi umkreiste den Angreifer und klopfte hier und da an ein paar Knochen, doch das schien er gar nicht zu bemerken. Link schwang unablässig seine heilige Klinge, doch sie rutschte an den glatten Knochen immer wieder ab.
    Hilfesuchend blickte er zu seiner Fee empor, die ein zufriedenes Gesicht machte. Als sie seinen flehenden Blick sah, grinste sie leicht und deutete auf das Skelett. „Der dritte Halswirbel von oben ist seine Schwachstelle.“ Reflexartig schaute Link zu dem genannten Knochen hinauf und peilte ihn an. Mit einer schwungvollen Wirbelattacke durchschlug er dem Krieger sein Genick, das mit einem lauten Knirschen brach.
    Der Körper des Angreifers fiel klappernd in sich zusammen, während der Schädel im hohen Bogen durch den Raum sauste, um anschließend an einer Wand zu zerschellen, wo er einen fast unsichtbaren Schalter hinein drückte. Sofort begann die Decke zu wackeln und eine an armdicken Ketten befestigte Plattform wurde herunter gelassen.
    Zwar passte sie genau in das klaffende Bodenloch, doch leider brachte sie neben einer verlockend aussehenden Holztruhe auch zwei weitere bewaffnete Skelettkrieger mit. Schnell stürzte Link sich in den Kampf, doch gegen zwei von dieser Sorte zu bestehen, gestaltete sich etwas schwieriger. Wann immer er einem von Beiden den Schädel von den Schultern schlagen wollte, schickte der andere sich an, ihn anzugreifen und er musste die eigene Attacke zu Gunsten seiner Abwehr abbrechen.
    Doch irgendwann gelang es ihm endlich auch diese zwei Skelettkrieger zu besiegen. Mit säuerlicher Miene rieb er sich den schmerzenden Schildarm und blickte zu Navi, die neugierig die Truhe fixiert hatte. „Für Wesen, denen sämtliche Muskelmasse fehlt, sind dieses Skelette ganz schön stark.“ Dann holte er tief Luft, versuchte, seinen rasenden Atem unter Kontrolle zu bekommen und ging langsam auf die Kiste zu.
    Vorsichtig hob Link den unverschlossenen Deckel an und grinste breit, als er den auf roter Seide liegenden Schatz sah. Im Inneren der Holztruhe lag ein mit Schafsfell ausgekleideter Lederköcher und ein polierter Eibenholzbogen mit einer daneben liegenden goldglänzenden Sehne aus echtem Byssus. Die dreißig Pfeile, die in dem Köcher steckten, waren ebenfalls aus glattem Eibenholz geschnitzt und hatten kunstvoll geschmiedete Silberspitzen und reinweiße Gänsefedern.
    Geradezu ehrfürchtig nahm Link den edlen Bogen in die Hand und bestaunte ihn genau wie die Pfeile von allen Seiten. Dann blickte er zu Navi hinauf, deren Gesicht ein fast furchteinflößendes Grinsen zierte, als sie mit einem grausam klingenden Unterton in der Stimme sagte: „Ich glaube, ich weiß, wie wir dieses Irrlichtmiststück in seinen Bildern festnageln.“


    „Argh!“ Schon seit mehreren Minuten bemühte Link sich vergebens, den Bogen zu bespannen, doch die schlüpfrige Sehne rutschte immer wieder ab. Navi beobachtete ihn amüsiert und fragte sich, ob sie ihm einen Tipp geben sollte oder ob er alleine auf des Rätsels Lösung kommen würde. Schließlich zuckte sie die Schultern und deutete auf seinen Lederbeutel.
    „Warum lässt du die Sehne nicht von Mächten aufziehen, die etwas davon verstehen?“ Irritiert blickte er sie unter einer dicken Haarsträhne hinweg an. „Was meinst du?“ „Steck ihn in deinen Beutel, stell ihn dir bespannt vor und staune.“ Link tat wie ihm geheißen und riss tatsächlich überrascht die Augen auf. Als er den Bogen wieder hinaus zog, saß die Sehne perfekt und schimmerte angrifflustig im Feenlicht. „Dieser Zauber verblüfft mich wirklich immer wieder. Ich bin schwer beeindruckt.“
    Leise, so als könnte er Hetti überraschen, schlich Link auf die Gemälde zu. Kaum dass das Irrlicht in Sichtweite kam, holte er einen Pfeil aus seinem Beutel und legte an. „Wohl bekommt’s.“ Mit einem schadenfreudigen Grinsen ließ der junge Mann die Sehne los und der Pfeil sauste zischend durch die Luft.
    Anders als erwartet hielt das Geschoss das geisterhafte Wesen jedoch nicht in dem Bilderrahmen fest. Stattdessen konnte man Hettis schauriges Lachen vernehmen und das Gemälde ging in Flammen auf. „Eins weg, bleiben zwei.“, knurrte Link, der sich von der kleinen Irritation nicht beeindrucken ließ.
    Unbeirrt schoss er weitere Pfeile in die beiden anderen Bilder und jubelte triumphierend, als Hetti nach der Zerstörung ihres dritten Verstecks mit einem wütenden Fauchen erschien. Sofort begann sie sich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit um die eigene Achse zu drehen und griff Link an.
    Das orangerote Feuer in ihrer Laterne flackerte gefährlich und drohte den jungen Helden zu verbrennen, doch er verteidigte sich geschickt mit dem metallenen Schild und schubste das Irrlicht von sich weg. Nach einiger Zeit kam Hetti ins Trudeln und musste ihre wahnwitzigen Drehungen für ein paar Momente aussetzen. Link reagierte sofort und durchbohrte ihren leicht kugelförmigen Körper mit dem Master-Schwert, sodass die Klinge auf der anderen Seite schon wieder heraus guckte.
    Das Irrlicht stieß einen spitzen Schrei aus und versuchte ihrem Mörder das Gesicht zu zerkratzen, doch sie löste sich bereits in dicke, schwarze Rauchschwaden auf. Ihre Laterne fiel klappernd zu Boden, wo ihr Glas klirrend zersplitterte. Navi schlug sich die Hände vor den Mund und beobachtete nervös, wie die rote Flamme kreiselnd durch die Luft tanzte, bis sie sich in einer in der Nähe stehenden, goldenen Fackel wieder vollständig entzündete.
    Link runzelte nachdenklich die Stirn und fragte sich, weshalb seine Fee sich so viele Gedanken um ein seltsam leuchtendes Feuer machte, als er hinter sich ein leises Wispern vernahm, das wie rauschende Blätter im Wind klang: „Ich danke dir, Herr der Zeiten, dass du mich befreit hast. Rette bitte auch die anderen.“
    Erschrocken riss der junge Mann die Augen auf und starrte die Fackel an. „W-W-Was IST das?“ „Nicht Was, du Depp, sondern Wer.“ Verwirrt blinzelte er Navi an, die genervt mit den Augen rollte. „Du hast echt keine Ahnung, oder?“ Zaghaft schüttelte er mit dem Kopf und betrachtete das seltsame Feuer. Das sollte ein Wer sein?
    „Diese Lichter aus der Haupthalle, welche die Irrlichtschwestern gestohlen haben, sind die Seelen der Schutzgeister dieser Wälder.“ „Was?!“ Navi atmete tief durch und rieb sich über die Stirn. „Wie lange hast du im Kokiri-Wald gelebt? Elf Jahre? Und die ganze Zeit hast du nicht gewusst, wer über diese Wälder wacht?“
    Betreten schaute Link auf seine Stiefelspitzen. „Ich hab halt gedacht, das macht der Deku-Baum...“ Theatralisch seufzend legte die Fee den Kopf schief. „Der Deku-Baum war doch nur der Wächter über das Kokiri-Dorf und Beschützer von Farores Kettenanhänger. Die eigentlichen Wälder rund um das Dorf beschützen diese vier Geister. Also beweg deinen Hintern und befrei sie alle!“

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  • Zitat

    „W-W-Was IST das?“ „Nicht Was, du Depp, sondern Wer.“ Verwirrt blinzelte er Navi an, die genervt mit den Augen rollte. „Du hast echt keine Ahnung, oder?“


    Da war die Navi aber ganz schön aggressiv XD


    Ansonsten wieder mal ein schön erzählter Tempelanfang ;)

  • Meine Navi ist doch gerne mal etwas aggro. ^^
    Ich weiß auch nicht, aber sie hat sich irgendwie verselbstständigt und wollte einfach nicht die nervige, aber nette Fee aus dem OoT-Game sein...


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    Eiligen Schrittes hastete Link durch den runden Raum, in dem er den Bogen gefunden hatte. Auf der anderen Seite hatte er noch eine Tür gesehen, die aus der Halle heraus führte, und da er weiter vorne schon alles untersucht hatte, wollte er seinen Weg tiefer in den Tempel dort fortsetzen. Die aufwändig gearbeitete Holztür führte in ein weiteres Treppenhaus, ähnlich dem, wo Hetti ihr Unwesen getrieben hatte.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend stieg Link die Treppen hinauf, als er an der Wand gegenüber ein Ölgemälde entdeckte, das die blaugewandete Irrlichtschwester zeigte. Navi betrachtete es schaudernd und bleckte mit einem stechenden Blick die Zähne. „Das ist Netti, der zweite Zwilling. Aber lass dich von dem Namen nicht täuschen. NETT ist sie bestimmt nicht.“
    Link grinste ob der intensiven, offenen Feindseligkeit seiner Fee ein wenig in sich hinein und legte einen Pfeil an. Der linke Arm zitterte leicht, als er den Bogen spannte, doch das Geschoss fand dennoch treffsicher sein Ziel und brachte das Gemälde dazu, in blauen Flammen aufzugehen. Schnell waren auch die anderen zwei Bilderrahmen entdeckt und Netti, die der junge Mann in einem nur kurzen Kampf niederstreckte, aus ihrem Versteck gelockt.
    „Irgendwie hätte mir klar sein müssen, dass sie dieselbe Strategie anwendet wie ihre Zwillingsschwester.“, murmelte Navi, während sie Link beobachtete, der hustend in den blauschwarzen Rauchschwaden stand und sein Schwert zurück in die Scheide steckte.
    Die wasserblaue Flamme, die in Nettis Laterne gefangen gewesen war, wirbelte durch die Luft und fand eine weitere goldenverkleidete Fackel. Unsicher verneigte Link sich vor dem Feuer, so wie er es bei Navi sah, und beeilte sich dann, weiter voranzuschreiten. Der Gedanke, dass diese Lichter in Wirklichkeit Schutzgeister sein sollten, war ihm nicht geheuer. Ob sie ihn verzaubern könnten, wenn er sie versehentlich beleidigen würde?


    Einige Zeit wanderte er stumm neben Navi her, die in Gedanken versunken zu sein schien, und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Irgendwie wirkte sie angespannt und gereizt, seit die Irrlichtschwestern aufgetaucht waren. Ob alles in Ordnung mit ihr war? Zögerlich befeuchtete er seine trockenen Lippen mit der Zunge und holte tief Luft. „Was ist eigentlich mit dir los?“
    Die Fee warf ihm einen schnellen Seitenblick zu und blinzelte irritiert. „Nichts, alles bestens.“ Mit einem schnaubenden Geräusch stieß Link Luft aus der Nase aus. „Das kannst du mir nicht erzählen. Denk dran, ich kenn dich jetzt schon eine Weile. Und ich sehe dir an deinem zierlichen Stupsnäschen an, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Etwas, das mit den Irrlichtschwestern zusammen hängt, nicht wahr?“
    Ein paar Minuten lang sagte Navi kein Wort und kaute stattdessen mit in Falten gelegter Stirn auf ihrer Unterlippe herum. Als sie wieder zu sprechen begann, war ihre Stimme rau und belegt. „Vor einigen Jahren – noch bevor du und ich uns getroffen haben – gab es einen heftigen Streit zwischen dem Irrlichterclan und uns Feen. Es schaukelte sich immer mehr hoch und irgendwann kam es zu tätlichen Übergriffen. Aber dass wir Feen keine Kämpfer sind, weißt du selbst. Ich war an dem Tag unterwegs, etwas für den Deku-Baum erledigen, doch als ich zurückkam, merkte ich gleich, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich rief nach meinen Eltern, aber ich bekam keine Antwort... nie mehr...“
    Links Augen wurden groß, während er ihr zuhörte, und ein trauriger Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. „Oh, Navi, das tut mir so leid.“ Die Fee wehrte seine Beileidsbekundungen mit einer unwirschen Handbewegung ab. „Nicht! Es ist... Ich... Davon, dass ich mich selbst bemitleide wird es nicht besser. Außerdem ist es lange her. Ich bin drüber weg... glaub ich. Aber wenn ich daran denke, dass diese vermaledeiten Miststücke jetzt auch noch gewagt haben, die Waldgeister zu entführen... Ich will sie einfach nur noch sterben sehen.“
    Mit hart aufeinander gepressten Lippen starrte Navi in die Ferne und Link zuckte angesichts ihres Hasses ein wenig zusammen. Zwar konnte er ihr Gefühl nachvollziehen, doch die Intensität ihrer Zerstörungswut, die sie wie eine unsichtbare Wolke umwehte, erschreckte ihn.


    Gerade als er zu der Frage ansetzen wollte, ob sie nicht der Meinung sei, ein wenig überzureagieren, drang ein dumpfes Krachen an seine Ohren. Schnell wechselte er einen Blick mit Navi und hastete los, auf der Suche nach dem Ursprung des Geräusches.
    In dem fraglichen Raum angekommen, staunten die Beiden nicht schlecht. Das Krachen stammte von der Decke des länglichen Ganges, die immer wieder herunter fiel und von einem offensichtlich defekten Mechanismus wieder hoch gezogen wurde, bevor sie wieder hinab sauste, anstatt oben einzuhaken. Grübelnd stand Link in der Eingangstür und fragte, wie er den Raum durchqueren sollte. Der Ausgang war zu weit weg, selbst wenn er rannte als wäre ihm Ganondorf persönlich auf den Fersen, würde er ihn nicht rechtzeitig erreichen, bevor er von der Decke zerquetscht würde.
    Gerade als er überlegte, ob er einen anderen Weg suchen sollte, stieß Navi ihn leicht an. „Sieh mal, da sind Löcher in der Decke. Wenn du von Loch zu Loch flitzt, solltest du die Tür dort hinten erreichen können. Ich flieg vor und zeig dir, wo sich die Löcher befinden.“ Bevor Link protestieren konnte, das sei viel zu gefährlich, schoss sie schon davon. Mit ihrer Hilfe schaffte er es, den eigenartigen Raum zu durchqueren. Dennoch war er froh, als er ihn hinter sich lassen konnte.
    Erleichtert drehte er den Türknauf herum und trat in einen großen, viereckigen Raum, der bis auf ein Gemälde an der Wand vollkommen leer zu sein schien. Navi deutete auf das grüne Irrlicht, das auf dem Bild zu sehen war. „Das ist Etti, die Jüngste und wahrscheinlich Harmloseste der Vier.“
    Etti hatte genau wie Netti die Kapuze ihres Gewands bis in die Stirn gezogen, nur dass ihres nicht blau, sondern grasgrün war. Der Ausdruck in ihren runden, gelben Augen hatte etwas unschuldiges, doch Link zückte dennoch Pfeil und Bogen, denn die Schutzgeister des Kokiri-Waldes brauchten ihn. Außerdem wollte er Navi bei ihrer Rache helfen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob dies tatsächlich der richtige Weg war.
    Anders als erwartet, ging das Gemälde jedoch nicht in Flammen auf, als der Pfeil es durchbohrte. Stattdessen fielen fünf große, bemalte Blöcke von der Decke. Link blickte fragend zu Navi, die sich das Ganze von einem höheren Standpunkt aus ansah. „Das ist ein Puzzle. Ich schätze mal, du musst das Bild von Etti zusammensetzen. Der Klotz rechts neben dir gehört allerdings zu einem Bild von Netti, den kannst du vernachlässigen.“ Der junge Mann nickte und machte sich an die anstrengende Arbeit.
    „Nein, noch ein Stückchen nach links... LINKS sagte ich, links! .... Das andere Links! ... Und jetzt noch ein Stück nach vorne und du hast es.“ Mit Navis Hilfe schaffte Link es, alle Blöcke richtig zusammen zu schieben. Kaum dass die letzte Kante richtig angelegt war, lösten sich die Klötze mit einem leisen „Puff!“ auf und Etti erschien.
    Zunächst schien sie ein wenig zögerlich, doch dann stürzte sie sich genau wie ihre Schwestern auf Link, der mit einem beherzten Sprung zur Seite sprang und seinerseits zu einer Attacke ansetzte, die das junge Irrlicht sein Leben kostete. Für einen Moment sah Navi ein wenig bedrückt aus, doch dann deutete sie mit grimmiger Entschlossenheit auf eine Tür neben der goldenen Fackel, in der nun das apfelgrüne Feuer aus Ettis Laterne brannte. „Da drüben geht’s weiter.“


    Link trat durch die Tür und stellte fest, dass er sich erneut in der großen Haupthalle befand, in der drei der Fackeln wieder brannten – die Blaue, die Grüne und die Rote. Auf der Stelle, wo der Fahrstuhl in den Boden versunken war, saß ein kleines, lila gekleidetes Häufchen Elend und weinte bitterlich. Navi stieß einen verächtlichen Laut aus. „Ja, heul ruhig, Betti. Jetzt weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man diejenigen verliert, die man liebt...“
    Ihre Stimme war ein scharfes Zischen und Link warf ihr einen erschrockenen Seitenblick zu, doch er hatte keine Zeit irgendetwas zu sagen, denn die älteste der Irrlichtschwestern hatte ihn entdeckt und durchbohrte ihn mit Augen, die vor lauter Feindseligkeit geradezu Funken versprühten. Link rechnete damit, dass sie ihn jeden Augenblick angreifen würde, und zog sein Schwert.
    Doch anstatt sich Hals über Kopf in einen Kampf zu stürzen, stieß Betti einen langgezogenen Schrei aus und vervierfachte sich plötzlich. Überrascht riss Link die Augen auf und beobachte mit sich langsam ausbreitender Gänsehaut auf Armen und Beinen wie die vier Bettis ihn einkreisten.
    Schnell machte er einen Ausfallschritt nach vorn und ließ das Master-Schwert, dessen Klinge in dem dreifarbigen Licht, das die Halle erhellte, bunt schillerte, auf eines der Wesen hinab sausen, jedoch ohne Erfolg. Die scharfe Schneide schnitt durch die Illusion wie durch Luft.
    Panisch ließ Link seinen Blick zwischen den Bettis hin und her huschen. Welche war bloß die Echte? Alle Vier sahen absolut identisch aus. Plötzlich sah er Navi, die sich mit einem Pfeil in ihren kleinen Händen und einer hassverzerrten Fratze einer Bettis von hinten näherte. Sofort holte er aus und schlug dem Irrlicht den Kopf von den Schultern.
    Während der dicke, schwarze Rauch sie einhüllte und die violette Flamme zurück zu ihrer Fackel tanzte, blickte Link seine Fee wütend an. „Was zum Henker glaubst du da zu tun?“ „Ich... ich...“ „Hast du wirklich geglaubt, dir ginge es besser, wenn du sie selbst umbrächtest?“ Betreten sah Navi zu Boden. „Ich weiß es nicht.“ Der Fahrstuhl fuhr quietschend wieder nach oben, sodass Link ihn hätte besteigen können, doch der junge Mann ignorierte ihn einfach.
    „Dann lass es mich für dich beantworten: Nein, hättest du nicht. Du hast keine Ahnung, wie es sich anfühlt, eine andere Kreatur mit eigenen Händen zu töten – und das ist gut so. Mach so einen Scheiß nie wieder, hörst du? Ich kann deinen Hass ja verstehen, aber...“ Er schüttelte den Kopf und setzte neu an: „Bring dich einfach nie wieder so in Gefahr und lass mich die Drecksarbeit machen. Okay? Dafür sind Helden schließlich da. Und jetzt lass uns sehen, was uns dort unten erwartet.“

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    Avatar-Artwork von mokke; Signatur-Artwork von Kamui Fujiwara (official artwork)

  • Dann diesmal etwas ausführlicher ;)
    Die kleine Geschichte mit Navis Eltern war ja richtig traurig und tiefgründig. Allerdings fand ich den Tempel insgesamt ein bisschen kurz. Hätten ruhig mehr verzwickte Rätsel sein können auf die Link nicht so einfach drauf kommt ;)


    Aber ansonsten wie immer schön geschrieben.

  • Naja, aber im Waldtempel gibt's aber auch relativ wenig Rätsel, find ich. Aber ich versuch's im Feuertempel zu berücksichtigen und da nicht so durch zu rauschen. ^^


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    Phantom Ganons Bildergalerie


    Der Aufzug ratterte und quietschte, während er langsam nach unten fuhr. Link starrte stur geradeaus und zählte geistesabwesend die Risse in dem immer dunkler werdenden Stein vor ihm. Navis hasserfüllte Augen, als sie hinter Betti schwebte und dem Irrlicht einen Pfeil zwischen die Schulterblätter rammen wollte, gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf.
    War es das, was Liebe aus einem machte? Wie würde er reagieren, wenn jemand Salia oder gar Zelda etwas tun würde? Er stellte sich vor, Ganondorf hätte vor sieben Jahren Impas Schimmel eingeholt und Zelda in seine Fänge bekommen. Vor seinem geistigen Auge sah er die junge Prinzessin panisch um Hilfe rufen, während der teuflische Gerudo dämonisch lachend über ihrem geschundenen Körper stand.
    Eine unbändige Wut wallte in ihm auf und er schlug mit voller Kraft gegen den hölzernen Rahmen des Fahrstuhls, wodurch ein knirschendes Geräusch entstand und Navi, die bisher stumm und traurig auf dem Boden gesessen hatte, erschreckt aufblickte. Doch der junge Mann beachtete sie gar nicht. Er sah auf seine zitternde Faust und schwor sich, Ganondorf bitter dafür bezahlen zu lassen, wenn er Zelda etwas angetan haben sollte.
    Navi legte ihm plötzlich besorgt guckend eine Hand an die Wange, an der sich eine einzige Träne der Verzweiflung ihren Weg bahnte, und sah ihm tief in seine königsblauen Augen. „Was ist los? Wenn es meinetwegen ist... Es tut mir wirklich leid. Ich... Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich schwöre dir, dass ich so etwas Dummes nie wieder tun werde. Großes Ehrenwort!“ Mit einem traurigen Seufzen wandte Link seinen Blick ab. „Dafür weiß ich genau, was mit dir los war. Glaub mir, ich kann es nur zu gut verstehen...“
    Der Fahrstuhl verlangsamte seine Fahrt merklich und kam mit einem nach Husten klingenden Ächzen zum Stehen. Mit einem verloren wirkenden Blick strich Link über das glatte Holz des Fahrstuhlrahmens, während seine Gedanken noch immer um die hylianische Prinzessin kreisten. „Zelda... wo bist du nur?“


    Der Kellerraum war ein riesiges, fast rundes Gewölbe mit zwei hervorstehenden Steinquadern, die in der Wand befestigt zu sein schienen, und zwei quadratischen Durchgängen. Während der eine ins Nichts führte und man in der Ferne den gleichen grauen Stein sah, aus dem auch die anderen Wände bestanden, entdeckte Navi am hinteren Ende des anderen Gangs eine prunkvolle Holztür.
    „Link, sieh mal. Findest du nicht auch, dass diese Tür wichtig aussieht? Vielleicht finden wir dahinter endlich den Weisen des Waldes!“ Der junge Mann trat neben seine Fee und betrachtete die sorgsam gearbeiteten Goldapplikationen und die kunstvolle Malerei auf dem edel aussehenden Holz.
    „In der Tat...“, murmelte Link und tat mit nachdenklichem Gesicht einen Schritt zurück. „Schade nur, dass sie außer Reichweite ist.“ Er klopfte mit dem Fingerknöchel gegen das Eisengitter, welches weiteres Vordringen unmöglich machte, und blickte sich fragen im Raum um, auf der Suche nach einem Schalter, der das Gitter würde verschwinden lassen.
    Nachdem er mehrere Male erfolglos den Raum umrundet hatte, trat er frustriert gegen die breiten Gitterstäbe und fluchte leise vor sich hin. Navi kam von ihrem siebten Rundflug zurück und balancierte über einen der großen, vorstehenden Steinquader. „Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Wir werden die Lösung schon noch finden. Das haben wir doch immer.“ Sie versuchte zuversichtlich zu klingen, doch als sie Links bohrenden Blick sah, wurde ihre Stimme immer dünner.
    „Vielleicht haben wir aber nicht die Zeit, hier ewig und drei Tage rum zu suchen! Hast du das Kokiri-Dorf etwa schon vergessen? Und was ist mit Salia? Mido hat gesagt, sie sei hier, aber wir haben schon so ziemlich jeden Stein in diesem verdammten Tempel umgedreht. Hast du sie etwa gesehen? Ich nicht. Was, wenn sie hinter dieser Tür da ist und ihr die Zeit davon läuft, während wir hier reden? Ich hab grad keinen Bock auf gute Laune!“
    Wütend griff er unter eine Querstrebe des Gitters und versuchte mit aller Kraft, es hoch zu stemmen. Er hatte das Gefühl, seine Füße müssten durch die Bodenplatten brechen, so sehr wie er sich bemühte, doch das Eisengeflecht in seinen Händen bewegte sich keinen Millimeter.
    Navi ließ sich am Rand des Steinquaders nieder und überschlug die Beine, während sie Link bei seinem unmöglichen Unterfangen beobachtete. Unter seinen Achseln bildeten sich große, dunkle Flecken und der Schweiß tropfte ihm von Stirn, Kinn und Nase, doch er dachte nicht ans Aufgeben. Mit grimmig aufeinander gepressten Lippen und angespannten Kiefermuskeln zog und zerrte er an dem Gitter, bis seine schwitzigen Hände abrutschten und er schwungvoll nach hinten stolperte.
    Mit einem lauten Knurren trat er erneut gegen die Eisenstäbe. „Verfluchtes Scheißteil!“ Navi kratzte sich nachdenklich mit einem Zeigefinger an der rechten Schläfe. „Irgendwie wirkst du ziemlich gestresst und aggressiv, seit du in der Halle der Weisen wieder aufgewacht bist.“ Link warf ihr einen warnenden Seitenblick zu und die junge Fee fürchtete bereits, sie sei dieses Mal mit ihren Stichelein zu weit gegangen, als er resigniert aufseufzte und sich über die müden Augen rieb.
    „Ich weiß. Es ist einfach, dass ich das Gefühl hab, an allem Schuld zu sein. ICH hab das Master-Schwert aus dem Zeitfels gezogen, ICH hab Ganondorf ins Heilige Reich gelassen... An all dem Leid, das du da draußen siehst, trage ich Mitschuld.“ Navi wollte protestieren, dass er ja nicht hatte ahnen können, dass das Master-Schwert ihn bannen würde, doch als sie die Tränen in seinen Augen sah, blieb sie stumm. Vielleicht war es ja ganz gut, wenn er sich alles von der Seele reden konnte.
    Langsam und mit gesenktem Blick kam er auf sie zu, bis er vor dem Steinquader stand. „Ohne mich hätte Ganondorf niemals das Triforce in seine Hände bekommen und wäre nie der Großmeister des Bösen geworden. Und jetzt ist auch noch Salia in Gefahr, doch ich schaff es nicht einmal so ein popeliges Gitter zu bewegen. Es ist alles meine Schuld! Meine Schuld! Meine Schuld!“
    Schluchzend schlug er immer wieder auf den Steinquader ein, der ihn um mehrere Meter überragte, aber dennoch die hohe Decke nicht berührte. Dicke Tränen der Wut und der Verzweifelung kullerten über seine Wangen und tropften von seinem Kinn auf die grüne Tunika, wo sie dunkle Flecken hinterließen, während er sich mit schmerzenden Händen an dem harten Stein abreagierte.
    Navi sah mit gequältem Blick zu ihm hinunter. Sie konnte gut nachvollziehen, wie er sich fühlte. Auch sie hatte sich damals schreckliche Selbstvorwürfe gemacht und sich gefragt, ob ihre Eltern noch leben könnten, wäre sie an jenem dunklen Tag zu Hause gewesen. Sie richtete sich gerade auf und wollte sich in Links volles Haar kuscheln, um ihn ein wenig zu beruhigen, als der Quader unter den kräftigen Schlägen nachgab und ein Stück verrutschte.
    Erschrocken riss Link den Kopf hoch und blickte verwirrt aus vom Weinen geröteten Augen zu Navi herauf, die durch die plötzliche Bewegung ins Straucheln geraten und auf dem Hintern gelandet war. Sein Gesicht war blass, was seine Haut in dem silbrigen Feenlicht fast grau und das Hämatom unter dem rechten Auge tiefschwarz wirken ließ, und tränennass.
    Unstet schwirrte sein noch immer leicht verschleierter Blick durch den Raum, als ihm plötzlich etwas auffiel. Überrascht schnappte er nach Luft und deutete auf den Gang, der durch das Eisengitter versperrt war. „Navi, sieh mal!“ Neugierig folgte die Fee seinem Blick und klatschte freudig in die Hände. „Das ist es! Offensichtlich ist das hier...“, sie klopfte an die Steinwand hinter ihr, „... nicht die äußerste Wand dieses Raumes. Scheinbar ist das alles, was wir hier sehen eine Art steinerner Gürtel. Vielleicht entdecken wir den Schalter für das Gitter, wenn wir den Gürtel drehen.“


    Sofort stürzte Link sich mit neuer Kraft und neuem Elan an die kraftaufwändige Arbeit, den schweren Steinkreis zu verschieben. Er stemmte sich mit seinem gesamten Körpergewicht gegen den Steinquader, während Navi in der Mitte der Halle schwebte und die beiden Durchgänge im Auge behielt.
    „Stop! In dem Durchgang links von dir ist ein Bodenschalter.“ Schnell rannte der junge Mann auf den viereckigen, bronzeschimmernden Schalter zu und sprang mit einem kurzen Hopser auf die flache Oberfläche. Kaum dass der Schalter zu Boden gedrückt war, hörte man, wie ein Gitter rappelnd hoch gezogen wurde, doch Navi schüttelte den Kopf. „Das kam aus der falschen Richtung. Das heißt wohl, wir müssen weitersuchen.“
    Insgesamt fanden sie noch zwei weitere Druckschalter und erst beim Betätigen des Letzten kam das Geräusch endlich aus der richtigen Richtung. Schnell schmiss Link sich wieder gegen den Steinquader und schob mit voller Kraft, bis die kunstvoll verzierte Tür wieder in Sicht kam – dieses Mal ohne störendes Eisengitter.
    Er atmete keuchend und das Haar, das ihm ins Gesicht hing, war schweißverklebt, doch der junge Held gönnte sich keine Pause. Stattdessen winkte er Navi zu sich heran und trabte eiligen Schrittes auf die geheimnisvolle Tür zu. Würde er dahinter endlich Salia oder den Weisen der Wälder finden?


    Der Raum hinter der breiten Tür war ebenfalls kreisrund und wurde von geheimnisvoll wirkendem, blauem Licht erhellt. Eine kurze Treppe führte hinauf zu einem niedrigen Steinpodest, das fast den gesamten Raum ausfüllte und von einem aus goldener Kordel und Messingstäben bestehenden Zaun umgrenzt war. Lediglich am Treppenabsatz befand sich ein schmaler Durchgang.
    Entschlossen stieg Link die wenigen Stufen hinauf, obwohl irgendetwas in diesem Raum die Haare in seinem Nacken und auf seinen Unterarmen zum stehen brachte. Auch Navi blickte unruhig hin und her und fragte mit piepsiger Stimme: „Findest du es nicht auch unglaublich kalt hier drin?“
    Link zuckte die Schultern und trat durch den Durchgang. Er wollte Navi nicht zusätzlich beängstigen und verschwieg ihr deshalb, das auch ihm ein Schauer nach dem anderen über den Rücken lief.
    Das Podest war mit dickem blaugrauem Teppich ausgelegt, der die Schritte des jungen Mannes schluckte, während er sich langsam um die eigene Achse drehend im Raum umsah. Die Wände waren in einem immer gleich bleibenden Abstand mit mehreren Gemälden geschmückt, die alle dasselbe Motiv zeigten: Ein verloren wirkender Landweg bei Nacht, der sich durch eine trostlose Gegend mit mehreren kahlen Bäumen schlängelte.
    Link schauderte und schaute weg. Diese Bilder hatten etwas gruseliges, doch sie waren das Einzige, das sich neben den beiden Abenteurern, dem Kordelzaun und dem ausgetreten wirkenden Teppich mit aufgestickten, goldenen Triforce-Symbolen im Raum befand. Resigniert schaute Link zu Navi auf, die ihn mit ähnlich müdem Gesichtsausdruck ansah. „All die Mühe für nichts...“ Er spürte einen dicken Klos im Hals und neue Tränen brannten in seinen Augen, doch er versuchte, die Ruhe zu bewahren.
    „Lass uns woanders suchen. Vielleicht haben wir irgendwo etwas übersehen.“ Mit schnellen Schritten näherte er sich der Treppe, als plötzlich mehrere Messingstangen aus dem Boden nach oben sausten und den Durchgang versperrten. „Was zum–“, setzte Link überrascht an, als er hinter sich plötzlich ein bedrohliches Schnauben vernahm.
    Erschrocken wirbelte er herum und erstarrte augenblicklich. Navi, die sich in demselben Moment umschaute, schnappte hörbar nach Luft und begann heftig zu zittern. Vor den Beiden stand ein imposanter Rappe mit rotglühenden Augen und einem hünenhaften, dunkel gekleideten Reiter mit rotem Haar und stechendem Blick. Unsicher machte Link einen Schritt zurück, wobei er gegen die Messingstäbe stieß, und zog sein Schwert.
    „Ganondorf...“ Die Stimme des jungen Helden zitterte ein wenig, doch er versuchte seine Angst hinunter zu schlucken, während sein Gegenüber herzhaft lachte. Navi presste sich flach an die Wand, um in dem plötzlich zu eng wirkenden Raum so weit weg von Pferd und Reiter zu kommen wie nur irgendwie möglich.
    Der rothaarige Mann lachte noch immer diabolisch und Link standen sämtliche Haare zu Berge, als Ganondorf sich mit einer Hand übers Gesicht fuhr, wobei ein dunkelwirkendes Licht von seiner Handfläche auszugehen schien. Als er den Arm wieder senkte, hatte sich sein Kopf in einen fratzenhaften Knochenschädel verwandelt.
    Vor Überraschung sog Link scharf Luft ein und fasste mit schwitzigen Händen den Griff seines Schwertes fester. Navi jedoch entspannte sich bei diesem Anblick wieder ein wenig und schoss in Windeseile auf den jungen Mann zu. Sie kroch ihm fast in die längliche Ohrmuschel, so nah rückte sie an ihn heran, als sie ihm ins Ohr flüsterte: „Das ist nicht Ganondorf. Das ist Phantom Ganon, nichts weiter als Ganondorfs Schatten, der mit Dämonenmagie zum Leben erweckt wurde.“


    Mit großen Augen sah Link zu dem Reiter hinüber, dessen Pferd sich von seinem schaurigen Lachen begleitet in die Luft erhob und geradewegs in eines der Gemälde galoppierte. Mit vor Überraschung offen stehendem Mund starrte der junge Held noch lange auf den gemalten Landweg, auf dem das dämonische Gespann verschwunden war.
    Plötzlich stieß Navi ihn an und brüllte: „Vorsicht, hinter dir!“ Reflexartig vollführte er eine halbe Drehung zur Seite und entging knapp einer Attacke Phantom Ganons, der wieder in einem anderen Gemälde verschwand. „Du übernimmst die Hälfte der Bilder und ich diese hier.“, dirigierte die Fee und ließ ihren Blick umherhuschen.
    „Hab ihn!“ Irritiert blickten die beiden Abenteurer sich über die Schulter hinweg an, als sie Beide gleichzeitig den Angreifer entdeckt zu haben glaubten. Verwirrt behielten Mann und Fee ihren jeweiligen Reiter im Auge, bis Navi ärgerlich knurrte. „Ein Illusionsdoppelgänger. Mein Phantom Ganon hat gerade gewendet, deiner ist der echte.“
    Konzentriert wich Link einer weiteren Attacke aus, als der Angreifer sich aus dem Bild stürzte, und schlug mit dem Schwert nach ihm, doch er durchschnitt lediglich die Luft. „Verdammt! Er ist zu weit weg. Ich komm nicht an ihn ran!“ „Wozu hast du denn einen Bogen, wenn du ihn nicht benutzt, du Held?“, schimpfte Navi, während sie verzweifelt herauszufinden versuchte, welcher der beiden Reiter, die durch zwei nebeneinander hängende Gemälde ritten, der echte war.
    Schnell zückte Link seine edle Schusswaffe und zielte auf gut Glück auf den linken der beiden Angreifer. „Bingo!“, murmelte er jubelnd, als Phantom Ganon aus dem Bild brach, und ließ die Sehne los. Der Pfeil sauste durch die Luft und bohrte sich tief in die Schulter des Reiters, was ihn zu Fall brachte. Kaum dass er aus dem Sattel gekippt war, löste sein Ross sich auch schon in dünne, schwarze Rauchfäden auf und verschwand.
    Dennoch war dem noch immer in der Luft schwebenden Phantom das Lachen noch nicht vergangen, was Link grimmig knurren ließ. „Ich werd dir deine gute Laune schon noch austreiben. Mach dich auf was gefasst!“ Erneut spannte er den Bogen mit voller Kraft und schoss einen Pfeil auf die amüsiert lachende Gestalt los.
    Doch anstatt getroffen zu Boden zu gehen, zückte diese ihren langen, silbernen Stab, mit der sie zuvor Link angegriffen hatte, und wehrte den Pfeil ab, indem sie eine kopfgroße Energiekugel auf Link schleuderte, welche die Flugbahn des Pfeils ablenkte. Die scharfe Spitze bohrte sich tief in die steinerne Wand, gleich neben Navis Kopf, die erschrocken zusammen zuckte und grummelte: „Pass doch auf, du Idiot!“
    Ein Energieball nach dem anderen prasselte auf den jungen Mann nieder, der gehetzt hin und her sprang, um ihnen zu entgehen. Navi beobachtete nervös, wie er immer mehr außer Atem geriet und langsamer wurde, als ihr eine Idee kam. „Benutz das Master-Schwert!“ „Wie denn?“, keuchte Link, der nur knapp einer grell leuchtenden Kugel ausweichen konnte. „Ich erwisch ihn da oben niemals.“ „Schleuder damit die Energiebälle zurück. Seine Klinge wurde gesegnet, damit sie Böses abwehren kann – das gilt bestimmt auch für Dämonenenergie.“
    Schnell zückte der junge Herr der Zeiten seine heilige Waffe und schlug kräftig auf eine der heranfliegenden Bälle. Die Kugel glitt über das kühle Eisen, änderte plötzlich ihre Flugrichtung und sauste mit atemberaubender Geschwindigkeit auf Phantom Ganon zu, der gar nicht in der Lage war, so schnell zu reagieren.
    Der Energieball explodierte auf seinem Körper und riss ihn zu Boden, wo Link bereits mit dem Master-Schwert in der Hand wartete und ihm die Klinge tief in die Brust rammte. Das Phantom wand sich wie unter Schmerzen, röchelte und spuckte eine dunkle Flüssigkeit aus, als Link sein Schwert aus seinem Körper zog.
    Die Messingstäbe sanken langsam wieder in den Boden und gaben den Ausgang endlich wieder frei. Navi setzte sich auf die Schulter des jungen Mannes und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Gut gemacht.“ Die Beiden warfen einen letzten Blick auf den toten Angreifer und wollten gerade den Raum verlassen, als sich das Phantom noch einmal in die Lüfte erhob.
    Schnell zog Link sein Schwert, das er bereits weg gesteckt hatte, wieder aus der Scheide und betrachtete den sich auflösenden Körper argwöhnisch. Als Ganondorfs Stimme durch den Raum hallte, lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter. „Du magst meinen Schatten besiegt haben, Herr der Zeiten, aber wenn du mir persönlich gegenüber stehst, wirst du keine Chance haben. Komm zu meinem Schloss und fordere mich heraus, falls du dich traust.“ Ein letztes Lachen hallte von den Wänden wider und dann war es still.

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  • Den letzten Raum hast du ja richtig schön in die Länge gezogen. Hat mir gefallen.
    Besonders die genaue Beschreibung aller Handlungen und Gegenstände, das hatte ich vorher etwas vermisst. Schön fand ich auch wie du Link etwas menschlicher darstellst als im Spiel, einfach durch die Beschreibung seiner Gedanken und Gefühle zu Salia und Zelda.
    Hat jedenfalls wieder mal Spaß gemacht zu lesen, ich freu mich auf mehr :)

  • Hylianisches Blut


    Die letzten Reste des Phantomkörpers lösten sich in feinen, grauschwarzen Rauch auf und Link wollte gerade über den Treppenansatz treten, als ein seltsames, moosgrünes Licht in der Mitte des Raumes erstrahlte. Überrascht wandte der junge Mann sich um, während Navi mit großen Augen auf seiner Schulter saß und sich an einer Haarsträhne festhielt.
    Das dunkelgrüne Licht war trotz seiner gedeckten Farbe so intensiv, dass Link blinzeln musste und versuchte die Augen mit einer Hand zu schützen. Als der helle Schein plötzlich die Konturen eines jungen Mädchens annahm, dachte der junge Held zunächst, er würde sich täuschen, bis eine allzu bekannte Stimme an seine Ohren drang.
    „Lange nicht gesehen, Link.“ Der Angesprochene verengte die Augen und konzentrierte sich auf das intensiv leuchtende Mädchen vor sich. Wenn er genau hin sah, konnte er sogar ihre vertrauten Gesichtszüge ausmachen. „Salia!“ Er stürzte auf sie zu und wollte sie in die Arme schließen, doch er fasste durch sie hindurch, als wäre sie nicht mehr als Luft.
    „Du... Was... Was ist mit dir passiert?!“ Sein Magen verhärtete sich zu einem kleinen Knoten und sein Herz schmerzte bei jedem Schlag. Navi strich ihm zärtlich über die Wange. Salia dämmte ihr grelles Licht ein wenig, sodass Link ihren eigenartig durchsichtigen Körper besser erkennen konnte. Er schluckte an einem Klos im Hals und streckte eine Hand nach ihr aus, obwohl er es nicht fühlte, als seine beste Freundin sie ergriff.
    „Mach dir keine Vorwürfe, Link. Das hier ist nicht deine Schuld – im Gegenteil. Dank deines mutigen Einsatzes ist der Bann, der mich hier festgehalten hat, endlich gebrochen und ich kann meinen Platz in der Halle der Weisen einnehmen.“ Dem jungen Mann kippte die Kinnlade herunter und Navi schnappte überrascht nach Luft. Wie aus einem Mund stießen sie hervor: „Du bist die Weise des Waldes?!“
    Salia kicherte leicht und nickte. „Ja, das bin ich – und ich bin froh darüber. Zwar kann ich nicht mehr in derselben Welt leben wie du, aber ich kann dich in deinem Kampf unterstützen. Ich werde immer an deiner Seite sein.“ Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und verwandelte sich wieder in einen grellen Lichtball. „Ich bin stolz auf dich, Link. Ich hab immer gewusst, dass du zu Höherem bestimmt bist.“
    Mit diesen Worten erhob sich die grüne Salia-Lichtkugel in die Höhe und verschwand durch die steinerne Decke, während Link versuchte, nach ihr zu greifen. „Warte! Ich hab noch eine Frage: Was wolltest du mir vor sieben Jahren eigentlich noch sagen?“ Doch die Weise des Waldes war bereits verschwunden und hatte die beiden Abenteurer allein gelassen.
    Navi strich ihrem Schützling, der sie aus großen, traurigen Augen ansah, ein paar Haare aus dem Gesicht und lächelte ihn aufmunternd an. „Wer wird hier denn so ein Gesicht machen? Du hast sie befreit. Du hast sie nicht enttäuscht. Es war schon immer ihr Schicksal als Weise des Waldes an deiner Seite zu stehen. Nicht nur du trägst eine uralte Seele in deiner Brust. Alle Weisen sind Reinkarnationen der legendären ersten Weisen.“
    Etwas durchzuckte Link und ließ sein Herz rasen. Während er die Stimme des sterbenden, schwarzhaarigen Helden hörte, der seiner Zelda versprach, sie würden sich wiedersehen, stieg ihm aus unerfindlichen Gründen die Schamesröte ins Gesicht und er wandte sich schnell ab. Er ging so schnell auf den Fahrstuhl zu, dass Navi Schwierigkeiten hatte, wieder zu ihm aufzuschließen.
    Als sie die roten Flecken auf seinen Wangen sah, musste sie grinsen und fragte süffisant: „Dir brennt doch eine Frage unter den Nägeln, nicht wahr?“ Link starrte stur auf den vorbeisausenden Stein, während der Fahrstuhl quietschend nach oben fuhr.
    Navi, die seine Gedanken erriet, entfernte ein wenig Dreck unter ihren Fingernägeln und sagte, als würde sie lediglich über das Wetter reden: „Prinzessin Zelda, die Verlobte des eigentlich Herrn der Zeiten, war die siebte Weise, die Weise der Harmonie. Folglich wird auch sie immer wieder geboren und es heißt, die Seelen von Held und Prinzessin lieben sich noch immer. Aber ich kann dir nicht sagen, ob ihre Wiedergeburt die Zelda ist, die du kennst. In der Hoffnung, eine der Königstöchter würde in die Fußstapfen der ersten Zelda treten, wurden fast alle Mädchen nach ihr benannt.“
    „Hm-mh.“, Link tat als hätte es ihn überhaupt nicht interessiert und trat aus dem Fahrstuhl, während er Navis breites Grinsen in seinem Rücken spürte. Doch anders als er erwartete, blieb sie stumm und ersparte sich weitere Sticheleien.


    Mido stand noch immer vor dem schmalen Durchgang und sah aus großen Augen zu Link auf. „Schön, dass Sie wieder wohlbehalten zurück sind, Sir, aber erlauben Sie mir eine Frage: Wo ist Salia?“ Unwohl trat der junge Mann von einem Bein aufs andere und biss sich auf die Unterlippe.
    Dann atmete er tief durch und blickte dem Jungen vor sich fest in die Augen: „Salia wird nicht mehr kommen.“ Midos Augen wurden groß, doch er blieb stumm, während Link weitersprach: „Sie ist die Weise des Waldes. Ich habe selbst mit ihr gesprochen. Sie hat ihre Bestimmung akzeptiert und ist ins Heilige Reich aufgebrochen.“
    Für mehrere Minuten starrte Mido ihn wortlos an, doch dann stürzte er sich plötzlich auf ihn und prügelte mit seinen schmalen Fäusten gegen Links muskulöse Brust. „Das ist doch nur eine Ausrede, weil Sie versagt haben. Sie haben Salia im Stich gelassen! Und ich hab Ihnen vertraut! Mir hätte klar sein müssen, dass dem Urteil dieses feenlosen Losers nicht zu trauen ist!“
    Link wich ein paar Schritte zurück, mehr durch die Worte als durch die Schläge getroffen. Navi warf ihm einen besorgten Blick zu, als plötzlich mehrere Kokiri durch das Unterholz brachen. „Mido! Du musst schnell zurück ins Dorf kommen. Es ist etwas passiert. Los, du musst zum Deku-Baum kommen.“
    Mit einem letzten bitterbösen Blick ließ der Anführer der Kokiri Links Tunika los und rannte davon, während Navi ein bestürztes Gesicht machte. Was konnte nur beim Deku-Baum passiert sein?

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  • Als sie durch das dichte Blätterwerk der Verlorenen Wälder brachen, stand Epona noch immer an derselben Stelle, an der sie zurückgelassen worden war, doch Link beachtete das treue Tier kaum. Stattdessen hetzte er mit keuchendem Atem hinter Navi her, die geradezu panisch auf den Deku-Baum zuhielt. Epona schnaubte missbilligend und trabte wie ein Hund hinter ihrem Herrn her.
    Völlig außer Atem kam Link schließlich auf der Lichtung des Deku-Baums an, wo die Kokiri mit bunten Blütenkränzen geschmückt umher tanzten oder vor einem knollenartigen Gewächs knieten, das zwischen zwei gewaltigen Wurzeln des Deku-Baumes aus der Erde ragte. Freudig lachend wirbelten die Waldkinder um ihren Besuch herum und schmückten Eponas Sattel und Zaumzeug mit kleinen Blüten, die in Rosa, Hellblau, Weiß und einem zarten Orangerot leuchteten.
    Vorsichtig kämpfte Link sich durch die feiernde Masse und ging langsam auf das Knollengewächs zu, wo er neben Mido auch Navi entdeckt hatte. Mit einem eigenartigen Gefühl tief in seinem Herzen schob er ein Kokiri-Mädchen sanft aus dem Weg. All seine früheren Bekannten wirken plötzlich so klein, zart und verletzlich. Selbst die Größten unter ihnen reichten ihm kaum bis zur Brust. Er hatte sich noch nie in seinem Leben so fehl am Platz gefühlt.
    Als er sich neben Mido kniete und einen Blick zu Navi herauf warf, die über dem eigenartigen Gewächs in der Luft schwebte und sich beide Hände flach an die Nasenwurzel presste, so als würde sie weinen, warf der Anführer der Kokiri ihm einen hasserfüllten Blick zu und wollte gerade etwas sagen, das vermutlich ziemlich gemein war, doch das Knollengewächs kam ihm zuvor.
    Mit bereits offen stehendem Mund wandte Mido sich an das seltsame Pflanzending, als es seine vertraut klingende Stimme erhob. „Herr der Zeiten, ich bin froh, dass du endlich eingetroffen bist.“ Alle umstehenden Kokiri musterten Link neugierig, der unwohl an dem Kragen seines Hemdes zupfte, als wäre ihm unter all den Blicken plötzlich zu warm.
    „Und ich bin froh, euch zu sehen, meine Kinder.“, fuhr das Gewächs fort und Link erkannte endlich, warum ihm die Stimme so bekannt vorkam. Überrascht streckte er eine Hand nach dem kugelrunden Bäumchen aus, doch er ließ sie einfach in der Luft hängen. „Ehrwürdiger Deku-Baum! Ihr seid es!“, murmelte er leise und ließ langsam die ausgestreckte Hand wieder auf seinen Schoß sinken.
    Der Wächterbaum klang amüsiert, als er wieder sprach: „Ja, edler Held, der bin ich. Noch bin ich zwar nur ein Spross, doch da du den Bann, der auf dem Waldtempel lag, gebrochen und die Weise des Waldes befreit hast, kann ich nun wieder wachsen und meine schützende Aura über dem Dorf ausbreiten. Bereits jetzt sind alle Monster verschwunden und das alles dank dir.“
    Mido musterte Link mit feindseligen Blicken von der Seite, doch der glühende Hass war aus seinen Augen verschwunden. Dennoch fühlte der junge Mann sich unbehaglich und in seine Kindheit versetzt, wo der Anführer der Kokiri ihm mit diesem Blick Albträume hatte bescheren können.
    Der Deku-Baum lachte und tadelte den Kokiri-Anführer leicht. „Mido, Mido... Du solltest diesem Mann etwas mehr Respekt entgegenbringen, schließlich hat er uns alle gerettet?“ „Und was ist mit Salia?“ Die Stimme des Jungen klang gepresst und Link blickte mit leicht vorgezogenen Schultern auf das lange Gras neben seinen Knien. Noch immer konnte er die nagenden Schuldgefühle und den Gedanken, er hätte Salia wohlbehalten ins Dorf zurückbringen können, wenn er nur schneller gewesen wäre, nicht abschütteln.
    „Salia wird ihre Aufgaben als Weise des Waldes hervorragend meistern.“ Mido riss überrascht die Augen auf und starrte gerade zu entsetzt auf den jungen Mann neben ihm, der gedankenverloren an einem Grashalm fummelte. „Dann ist es also wahr? Salia ist tatsächlich die Weise des Waldes?“ „Ja, das war ihr immer schon vorherbestimmt und dieser mutige Held hat sein Leben riskiert, um sie ihrer Bestimmung zuzuführen. Wir sind ihm alle zu großem Dank verpflichtet.“ Sämtliche Kokiri begannen herzhaft zu applaudieren, nur Mido blickte starr auf Links Gesicht und musterte mit gerunzelter Stirn seine Gesichtszüge.
    Doch dann schickte der Deku-Baum seine Schützlinge zurück in ihr Dorf. „Geht, meine Kinder. Ich will mit dem Herrn der Zeiten sprechen, ungestört.“ Navi, die inzwischen ihre Fassung wiedererlangt hatte, schwebte auf Links Oberschenkel herab. „Gilt das auch für mich, weiser Deku-Baum?“ „Nein, meine liebe Fee. Du kannst bleiben. Aber den Rest bitte ich, zu gehen.“
    Sofort verließen die Kokiri die Lichtung und ließen Epona mit einer halb in die Mähne geflochtenen Blumengirlande zurück. Nur Mido schien einen Moment zu zögern. Als die anderen Waldkinder außer Hörweite waren, legte er Link eine Hand auf die Schulter und drückte sacht zu, bevor er ihm zu zwinkerte. „Danke für alles... Link.“ Bevor der völlig überrumpelte Mann einen Ton raus bringen konnte, rannte der Anführer der Kokiri auch schon davon.


    Irritiert starrte Link dem kleinen, grünen Blitz hinterher, der Richtung Kokiri-Dorf davon schoss, als der Deku-Baum seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. „Du scheinst überrascht, dass dich einer von ihnen erkannt hat.“ „Ist das ein Wunder? Für sie selbst scheint kein Tag vergangen zu sein. Wahrscheinlich erwarten sie, dass ich noch immer der Junge von damals bin.“
    „Ja, das ist bei den Meisten von ihnen vermutlich tatsächlich der Fall. Die Kokiri sind eine Rasse, die niemals erwachsen wird. Sie bleiben für alle Ewigkeit Kinder und da wegen des Fluchs nur selten jemand von außerhalb des Waldes hier her kommt, ist vielen von ihnen nicht klar, dass andere Wesen sehr wohl älter werden.“
    „Kokiri bleiben für alle Ewigkeit Kinder...“, murmelte Link leise vor sich hin, während Navi stumm mit einem beinah mütterlichen Blick zu ihm hinauf sah. Der junge Mann schluckte hart und richtete dann seinen Blick entschlossen auf den Deku-Baum-Spross vor ihm. „Das bedeutet, ich bin kein Kokiri. Ich bin keiner von ihnen und war es nie.“
    „Das stimmt. Du bist...“ Doch bevor der Deku-Baum seinen Satz beenden konnte, sprang Link auf die Füße. Navi rollte von seinem Oberschenkel und knallte unsanft gegen das harte Holz des Baumsprösslings. Mit energischen Schritten ging Link auf und ab und ballte die Hände immer wieder zu Fäusten.
    „Link, hör mir zu.“, setzt der Deku-Baum an, doch der junge Mann wirbelte herum und brüllte wütend: „Mein ganzes Leben war eine Lüge, die DU mir aufgetischt hast! Alle im Dorf haben es gewusst, nicht wahr? Deswegen haben sie mir auch immer so deutlich gezeigt, dass ich nicht dazu gehöre, dass ich keiner von ihnen bin. Alle haben es gewusst – nur ich nicht! Und warum nicht? Weil ich dir vertraut und geglaubt hab, wenn du mir gesagt hast, ich sei ein Kokiri. Mein Gefühl hat mir immer etwas anderes gesagt. Immer!“
    Er begann wieder mit geschlossenen Augen auf und ab zu laufen, während Navi ihn besorgt betrachtete und er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand seine Nasenwurzel massierte, um sich zu beruhigen und dem zornigen Gefühlssturm in seinem Innern Herr zu werden. Schließlich blieb er ein paar Meter vom Deku-Baum entfernt stehen und presste zwischen den Zähnen hervor: „Also gut. Sag mir, was du zu sagen hast. Aber beantworte mir zuerst ein paar Fragen: Wenn ich kein Kokiri bin, was bin ich dann? Und warum bin ich hier aufgewachsen und nicht bei meinen Eltern?“
    „Das wollte ich dir gerade alles erklären, bevor du zu schreien begonnen hast. Also, komm, setzt dich und hör zu.“ Langsamen Schrittes ging der junge Mann wieder auf den Deku-Baum zu und ließ sich ins weiche Gras fallen. Navi kletterte flink wieder auf seinen Schoß und kuschelte sich in seine leblos auf seinen Oberschenkeln liegenden Hände.


    „Vor inzwischen fast achtzehn Jahren tobte in Hyrule ein schrecklicher Bürgerkrieg, der unzählige Opfer forderte. Schon damals hieß es, Ganondorf habe seine Hände im Spiel, doch nachzuweisen ist ihm nichts. Jedenfalls standen sich in besagtem Krieg die Befürworter und Gegner eines Handelsabkommens mit den Gerudos gegenüber. Viele von denen, die gegen das Abkommen waren, nahmen besonders an dem skrupellosen Verhalten Ganondorfs Anstoß, weniger an den Gerudo selbst.
    Na ja, jedenfalls wurden die Auseinandersetzungen immer heftiger, bis eine Gruppe der Befürworter so weit ging, dass sie den König, der durch die Nachdrücklichkeit der Abkommensgegner verunsichert war, stürzen wollten. Eines Nachts drangen sie schwer bewaffnet bis ins Schloss vor, doch ihr Angriff konnte abgewehrt werden. Jedoch wurden in jener Nacht viele, viel zu viele Leben beendet.
    Unter den Gefallenen war ein junger, sehr talentierter Hauptmann der königlichen Garde, kaum älter als fünfundzwanzig Jahre. Als seine Gattin von seinem viel zu frühen Tod erfuhr, fasste sie einen Entschluss. Sie wollte nicht, dass ihr Sohn, der zu diesem Zeitpunkt nur wenige Monate alt war, mitten in einem Krieg aufwuchs.
    Deshalb floh sie eines Nachts mit ihrem Baby auf dem Arm, immer auf der Suche nach einem sicheren Ort, der so weit weg von Hyrule war wie nur irgend möglich. Sie muss eine lange Zeit unterwegs gewesen sein. Als sie hier ankam, waren ihre Kleider zerlumpt und ihr Körper schwach und ausgemergelt, doch ihr Sohn war kerngesund.
    Mit letzter Kraft übergab sie das kleine Bündel, in das sie ihr Kind eingeschlagen hatte, ein paar Kokiri-Mädchen, die zufällig ihren Weg kreuzten, sagte, der Junge heiße Link, und bat sie, gut für den Kleinen zu sorgen. Dann übermannte sie der Fluch und sie wurde zu einem wunderschönen Strauch mit süß duftenden, weißen Blüten. Der Strauch steht noch heute am Rand des Dorfes, du kennst ihn.
    Die Kokiri-Mädchen, eines von ihnen war Salia, nahmen das Baby mit zu mir und fragten mich, was mit ihm geschehen solle. In diesem Moment erschien die Eule des Rauru, die mir erzählte, in dem jungen Körper schlummere die Seele des Herrn der Zeiten, und mir im Namen der Weisen auftrug, über den Jungen zu wachen.
    Und den Rest kennst du. Du wuchst als ein Kokiri auf, doch in Wirklichkeit entstammst du einem alten, hylianischen Fürstenhaus. Du bist Hylianer, Link.“


    Besorgt musterte Navi den jungen Mann, der mit ausdruckslosen Augen ins Nichts starrte und versuchte, die Geschichte seiner Familie zu verdauen. Plötzlich erinnerte er sich an ein Gespräch, dass er mit seiner Fee geführt hatte, als sie unterwegs zum Schloss gewesen waren. Er sah wieder ihren eigentümlichen Blick vor sich, dem sie ihm zugeworfen hatte, als sie erzählt hatte „normale Hylianer“ würden von einem Fluch befallen, wenn sie den Kokiri-Wald betreten. Sie hatte versucht, ihm die Wahrheit zu sagen.
    Mit der Zungenspitze befeuchtete er seine trockenen Lippen, die sich ein wenig rissig anfühlten, und lächelte Navi zaghaft an, bevor er sich an den Deku-Baum wandte. „Danke, dass du mir das alles erzählt hast. Es tut gut, zu wissen wer man ist. Ich werde jetzt ein wenig schlafen und mich dann wieder auf den Weg machen. Leb wohl, Deku-Baum.“
    Mit diesen Worten hob er Navi auf seine Schulter, sprang auf die Füße und trabte zu Epona, die in der Nähe graste. Das leise „Pass auf dich auf, Link.“ des Deku-Baums überhörte er fast. Liebevoll tätschelte er seiner Stute, deren Schweif und Mähne voller kleiner Sternblüten waren, den Hals und führte sie am Zügel zurück ins Dorf, wo er lange Zeit gedankenversunken vor dem weiß blühenden Busch stand.
    Navi musterte seine angespannten Gesichtszüge, doch sie konnte sich nicht vorstellen, was in ihm vorging. Was mochte jemand denken, der zum ersten Mal im Leben bewusst seiner Mutter gegenüberstand, die auch noch ein Busch war?
    Die Abendsonne war schon beinah vollständig hinter den Baumwipfeln im Westen verschwunden, als Link sich endlich abwandte und tief durchatmete. Sogar zu einem kleinen Lächeln konnte er sich durchringen. „Ich bin hundemüde. Lasst uns schlafen gehen.“
    Fasziniert beobachtete Navi, wie Link sich in sein viel zu kleines Kinderbett zwängte und sofort in Tiefschlaf verfiel. Als sie ihn das letzte Mal in diesem Bett gesehen hatte, hatte er es kaum ausgefüllt und nun hätten seine langen Beine über den Rand hinausgeragt, hätte er sich nicht zu einem Ball zusammengerollt. Die Fee warf einen letzten Blick aus dem Fenster und sah Epona, deren helle Mähne im Mondlicht wie Silber schimmerte, im Gras liegen. Zufrieden kuschelte sie sich in Links Mütze, die auf dem kleinen Tisch lag, und schlief ein.

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  • Feuer der Freundschaft


    „Ich frage mich, warum ich von dem Fluch verschont geblieben bin.“ Link saß gemütlich mit leicht hängenden Schultern in Eponas Sattel und ließ sich in gemächlichem Tempo aus dem Wald tragen. Die Morgensonne fiel in silbriggoldenen Strahlen durch die Blätter der umstehenden Bäume und malte dunkle Muster auf den mit altem Herbstlaub übersäten Boden.
    „Hm?“ Navi, die auf der Kruppe der Stute saß und ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatte, wandte sich dem jungen Mann zu, der über die Schulter mit ihr sprach. „Tut mir leid, ich hab dir nicht zugehört. Was hast du gesagt?“ „Ich hab überlegt, warum ich nicht von dem Fluch befallen bin. Ich kann in den Kokiri-Wald kommen und gehen, wie es mir passt. Dabei bin ich kein Waldwesen so wie du oder ein Tier wie Epona. Der Fluch bezieht sich nur auf die humanuiden Rassen, nicht wahr? Hylianer, Gerudo und auch die Kokiri – nur dass bei ihnen der Fluch andersrum wirkt, sie können den Wald nicht verlassen.“
    Epona riss im Laufen einen Büschel saftig aussehenden Waldgrases hinaus und schnaubte zufrieden. Navi legte den Kopf schief und überlegte. „Ich glaube, er bezieht sich auf alle Rassen, die sich aus den Urhylianern entwickelt haben. Wusstest du, dass du dieselben Vorfahren hast wie ein Gorone?“ Die Fee kicherte, als sie an einem leichten Muskelzucken in Links Wange erkannte, dass er das Gesicht verzog. „Nein, das wusste ich nicht.“
    Navi nickte eifrig, obwohl Link es nicht sehen konnte, und strich ein paar lose Haare aus Eponas Fell. „Ist aber so. Als die drei Göttinnen die Welt schufen, kreierten sie auch ihre Bewohner: die Tiere, fast genau so wie du sie heute noch kennst, uns Feen und eine Gattung, die euch heutigen Hylianern nicht unähnlich war. Doch eine Gruppe Jugendlicher geriet in erbitterten Streit miteinander, worunter ganz besonders ihr jüngstes Mitglied schwer zu leiden hatte.“
    Gedankenverloren knetete Navi den Saum von Eponas Satteldecke zwischen ihren Fingern, während sie weitererzählte: „Irgendwann wurde es so schlimm, dass die Göttinnen sie und ihre inzwischen ebenfalls heftig zerstrittenen Familien getrennt haben. Eine sollte von nun an in der Wüste leben, eine im Wasser, die dritte im Gebirge, eine andere im Wald und die letzte in der Steppe.“
    Link nickte nachdenklich. „Gerudos, Zoras, Goronen, Kokiri und Hylianer.“ „Richtig. Diese Rassen haben sich im Laufe der Jahrtausende aus den verschiedenen Familien entwickelt.“ „Aber das erklärt noch nicht den Fluch.“ Vor ihnen schimmerte das leicht gelbliche Gras der hylianischen Steppe durch die letzten Baumreihen. „Farore hatte den Kleinsten der Gruppe sehr ins Herz geschlossen und kochte vor Wut, weil die anderen ihn so schikaniert hatten. Also sprach sie einen Fluch über die anderen Familien aus, sodass sie nie wieder den Wald betreten konnten. Sie nicht und ihre Nachkommen auch nicht.“
    „Und warum hat sie ihre Lieblingsfamilie ebenfalls mit einem Fluch belegt?“ Navi zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht genau. Vielleicht ist der Fluch der Kokiri nur die Kehrseite des Fluchs, die Farore nicht bedacht hat oder, was ich für wahrscheinlicher halte, sie hat ihn absichtlich ausgesprochen, um ihren Liebling doppelt zu schützen. So konnten die anderen nicht zu ihm zurück und er konnte sich nicht aus Sehnsucht wieder in ihre Fänge begeben. Oder Farore wollte ihn einfach immer in ihrem Bereich halten. Der Wald ist Farores Hoheitsgebiet, musst du wissen.“
    „Meinst du, die Kokiri bleiben deswegen immer Kinder, damit sie Farore an den Jungen von damals erinnern?“ Navi kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Kann gut sein.“ Plötzlich schoss Link bei einem Gedanken die Schamesröte ins Gesicht und er starrte stur geradeaus, als er fragte: „Wie pflanzen sich die Kokiri eigentlich fort, wenn sie immer alle Kinder bleiben?“ „Sie schlüpfen aus Eiern.“, kam die trockene und vollkommen ernstgemeint klingende Entgegnung von hinten. Überrascht riss Link die Augen auf. „Jetzt echt?!“ Navi kicherte mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen vor sich hin, blieb aber eine Antwort schuldig.
    Epona und ihre Reiter brachen aus dem Wald hervor und trotteten gemütlich über die Steppe, während die gelbgoldene Vormittagssonne langsam Richtung Süden wanderte. Link streckte seinen langen Rücken und genoss die Freiheit eines unbedeckten Himmels über ihm. Das dichte Blätterdach des Waldes hatte er schon immer als seltsam erdrückend empfunden. „Was meinst du, weshalb ich nicht von dem Fluch betroffen bin? Warum bin ich nicht genauso zu einer Pflanze geworden wie... wie meine Mutter?“
    Navi stieß geräuschvoll Luft aus der Nase aus. „Ich hab keine Ahnung. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass du der Herr der Zeiten bist. Oder der Deku-Baum war in der Lage einen Schutzzauber über dich auszubreiten. Oder... Ich hab keine Ahnung.“


    Für einige Zeit ritten sie stumm dahin, wobei Eponas gewaltigen Hufe dicke Staub- und Dreckwolken aufwirbelten, wann immer die Stute auftrat. Doch nach etwa einer Stunde krabbelte Navi über Links Rücken auf seine Schulter und blickte ihn von der Seite an. „Wohin reiten wir eigentlich?“
    Der junge Mann drückte ein wenig den Rücken durch, um seine vom langen Ritt leicht steifen Muskeln zu dehnen. „Wir besuchen die Goronen. Nach dem, was ich im Kokiri-Dorf gesehen hab, mach ich mir ein wenig Sorgen um meine anderen Freunde. Ich will sehen, wie es Darunia und Hector geht.“
    Navi nickte verständnisvoll, als er mit grimmiger Miene hinzufügte: „Außerdem macht mir das da Gedanken.“ Er streckte den Arm aus und deutete hoch zum Gipfel des Todesberges. Die Fee blickte auf und schnappte hörbar nach Luft. „Das... das ist grauenvoll!“ Die einstmals schneeweiße Ringwolke, die sich um den Gipfel des Vulkans wand, hatte sich in ein bedrohlich wirkendes Lilarotschwarz verfärbt und grellgelbe Blitze zuckten in unregelmäßigen Abständen durch die dunkle Wolkenmasse.
    Navi biss sich auf die Unterlippe. „In den Geschichten des Deku-Baums hieß es immer, wenn der Ring des Todesberges sich verdunkelt, stünde die Welt am Rande der Apokalypse...“ Link presste die Lippen aufeinander und nickte mit einem finstren Gesichtsausdruck. „Ich weiß. Und das da sieht irgendwie aus, als wäre der Weltuntergang schon da gewesen. Wir sollten uns beeilen. Halt dich gut fest.“ Mit diesen Wort drückte er Epona seine Hacken in die Flanken, was die Stute in einen wilden Galopp verfallen ließ.

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  • Mein Fazit wie immer:


    Das Rockt! Weitermachen!

    Durch Schaden wird man klug - sagen die klugen Leute. Schaden litt ich genug, doch bin ich ein Thor noch heute.

  • Wenige Stunden später kamen Link und Navi müde und mit schmerzenden Füßen an den Stadttoren Goronias an. Epona hatte der junge Mann absichtlich zurückgelassen, da er befürchtet hatte, die vielen Stufen der steilen Treppe Kakarikos hätten ihrem Rücken schaden können.
    „Hier stimmt etwas nicht.“ Link war sich sicher, dass früher etwas anders gewesen war, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was. Er zog die Augenbraunen zusammen, so dass zwischen ihnen zwei tiefe Falten entstanden, und ließ seinen Blick durch die Goronenstadt schweifen. Unter ihm erstreckten sich die vier tiefergelegenen Stockwerke, die noch immer genauso aussahen wie vor sieben Jahren.
    Langsam schritt der junge Held durch die kühlen, steinernen Gänge, vorbei an bunt bemalten Wegweisern und vereinzelten Donnerblumen, während er sich weiter suchend umsah. „Eigenartig, dass ein so friedlicher und stiller Ort so beklemmend wirken kann. Nicht wahr?“ Er warf seiner Fee, die grimmig nickte und den Mund verzog, einen schnellen Seitenblick zu. „Es ist ein wenig ZU still. Alles wirkt total ausgestorben.“
    Link trat einen kleinen Stein vor sich her, während er auf ein tieferes Stockwerk wechselte, und nickte. „Ich frage mich, wo die Goronen sind. Ob sie Goronia freiwillig verlassen haben? Es sieht nicht aus, als hätte es Kämpfe gegeben.“ „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie gegangen sind. Das würde einfach nicht zu ihnen passen.“ „Vermutlich nicht, stimmt. Ich nehme mal an, Darunia wäre zu stolz, um seine Heimatstadt kampflos aufzugeben.“
    Gedankenverloren blickte Link zu der verschlossenen Tür zum Thronsaal des Goronenregenten hinab, als Navi ihm plötzlich mit erschrocken klingender Stimme etwas zurief. Überrascht warf Link seiner Fee, die warnend mit den Armen durch die Luft fuchtelte und nach oben deutete, einen Blick zu. Doch bevor es in sein Bewusstsein drang, was sie meinte, spürte er einen harten Schlag ins Kreuz, der ihm weißleuchtende Sterne vor den Augen tanzen ließ.
    Sofort stürzte er wie ein gefällter Baum zu Boden und schrie vor Schmerzen laut auf. Sein Schrei hallte durch die gespenstische Stille der verlassenen Stadt und brach sich an den kahlen Steinwänden, während ein tonnenschweres Gewicht auf seinem Rücken ruhte und ihn flach auf den Boden drückte.
    Der bittere Geschmack von Panik breitete sich in seinem Mund aus und Link versuchte, sich auf alle Viere zu stemmen, doch er bekam wegen der Last auf seinem Oberkörper nicht einmal Luft. Er hatte das Gefühl, seine Rippen müssten jeden Augenblick brechen, so fest wurde er auf den Stein gepresst.
    Navi brüllte und schimpfte wie eine Furie: „Geh von ihm runter, du verblödeter Steinfresser! Was fällt dir überhaupt ein, uns von da oben einfach anzuspringen? Geröll im Hirn, oder was?!“ Ein Gorone? Auf seinem Rücken war ein GORONE gelandet?! Link gab vor Überraschung einen erstickten Laut von sich, während die sich die Stimme seiner Fee immer mehr in die Höhe schraubte. „Beweg deinen fetten Felsenhintern! Link läuft schon blau an!“
    Einen Herzschlag später fühlte der junge Mann, wie das erdrückende Gewicht von seinen Knochen genommen wurde, und er holte reflexartig tief Luft, wobei er staubigen Dreck schluckte und husten musste. Mit einem besorgten Ausdruck in dem fein geschnittenen Gesicht landete Navi vor ihm und musterte ihn eingehend. „Wie fühlst du dich?“ „Als wäre das komplette Hylia-Massiv über mir zusammengebrochen...“


    Doch bevor die Beiden tiefgreifendere Gespräche über den Zusammenhang zwischen zusammenbrechenden Gebirgsketten und Knochenbrüchen führen konnten, ergriff der plötzlich aufgetauchte Gorone das Wort. „Du bist Link, der Dodongo-Töter?“ „Na, jedenfalls bin ich nicht Link, die Marktplatztänzerin...“ Navi warf einen Blick auf seine kurze Tunika, die ihm seit seinem plötzlichen Eintritt ins Erwachsenenalter nur noch bis knapp über den Po reichte, und grinste fies: „Bist du dir da sicher? Also, dass du keine Tänzerin bist.“ Giftig funkelte der junge Held sie an. „Sehr witzig...“
    Der Gorone gab einen genervten Laut von sich und verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein, während Link sich mit schmerzenden Gliedern langsam aufrappelte. Missmutig guckend klopfte der junge Mann Staub aus seinen Kleidern und musterte den Goronen aus den Augenwinkeln.
    Das Felswesen war wesentlich kleiner als erwartet und reichte Link kaum bis zu den Schultern. Außerdem wirkte es zierlicher und irgendwie zerbrechlicher als der Held die Goronen in Erinnerung hatte. „Ein Kind...“, murmelte er, während sein Blick über die großen, schwarzen Knopfaugen schweifen ließ.
    Trotzig schob das Goronenkind das Kinn vor und beäugte den hochgeschossenen Mann vor sich mit skeptischer Miene. „Ich bin vielleicht noch jung, doch ich bin schon jetzt mehr Krieger als es braucht, um mit euch Witzfiguren fertig zu werden!“ Link blickte fragend zu Navi, die ihre Unterlippe vorschob und mit den Schultern zuckte, als wollte sie sagen: „Frag nicht mich.“
    Der Gorone drückte den Rücken durch und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, während Link sein Gewicht auf das linke Bein verlagerte und sich leicht nach hinten lehnte. Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen legte das junge Felsenwesen all die Autorität, die es aufbringen konnte, in seine dunkle Stimme: „Hört meinen Namen und erzittert, Eindringlinge. Ich bin Link, der Goronenkrieger!“
    Der Herr der Zeiten biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu lachen, und auch aus Navis Richtung kam ein seltsam prustendes Geräusch, das nach unterdrücktem Lachen klang. Langsam ballte der Goronen-Link seine flächige Hand zu einer Faust, während ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. „Ihr werdet mich schon noch ernst nehmen!“
    Ohne jede weitere Vorwarnung ließ der Gorone seine felsenharte Faust auf Links Nase zu sausen, doch der junge Mann wand sich spielendleicht aus der Schlaglinie, ließ sich blitzschnell in die Knie fallen und holte das angriffslustige Steinwesen mit einem einzigen gezielten Tritt von den Füßen.
    Laut krachend landete das Goronenkind auf seinem gepanzerten Rücken und blinzelte überrascht. „Wie konntest du so schnell ausweichen?“ Breit grinsend streckte Link ihm seine Hand entgegen und half ihm auf. „Viel Übung und gute Gene.“ Nachdenklich wiegte der junge Gorone den Kopf hin und her. „Die habe ich auch, also werde ich wohl mehr üben müssen.“
    Mit einem aufmunternden Lächeln tätschelte Link seinem felsigen Gegenüber die Schulter, deren Haut sich kühl und glatt unter seinen Fingerkuppen anfühlte. „Das wirst du schon hin kriegen. Frag doch mal Darunia oder Hector, ob sie mit dir trainieren.“ Plötzlich füllten sich die großen Knopfaugen des Kindes mit schimmernden Tränen. „Falls Papa, Hector und all die anderen je wieder kommen...“
    Mit weit aufgerissenen Augen wirbelte Navi zu dem Goronen herum. „Du bist Darunias Sohn?!“ Vernehmlich schniefend nickte der junge Goronenprinz und strich sich mit einer zitternden Hand die ersten Tränen von der Wange. „Ja. Ich bin Link I., Kronprinz der Goronen.“
    Navi warf ihrem Begleiter, der grübelnd auf der Unterlippe kaute, einen nachdenklichen Blick zu, bevor sie sich wieder an den Prinzen wandte. „Das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Name für Goronen, nicht wahr?“ Dieser nickte langsam und holte tief Luft. „Ich glaube, ich bin der Erste von uns, der je diesen Namen getragen hat. Normalerweise ist es ja ein hylianischer Name. Aber Papa hat mich nach einem guten Freund benannt, der viel für unser Volk getan hat. Link, der Dodongo-Töter und Retter der Goronen – ein echter Held!“
    Link zog die rechte Augenbraune in die Höhe und kratzte sich mit einem Finger am Hinterkopf. „Ich wusste gar nicht, dass ich Patenonkel bin.“ Sofort schnellte der Kopf des Prinzen in die Höhe und er blickte aus großen Augen zu Link auf. „Also bist du DOCH der Dodongo-Töter! Ich wusste es! Papa hat immer gesagt, dass du kommen würdest, wenn unser Volk in Gefahr wäre.“ Unwillkürlich wanderte Links rechter Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen in die Höhe. „Stets zu Diensten. Womit kann ich dienen?“

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    Einmal editiert, zuletzt von Labrynna ()

  • Die Arme des Goronenprinzes begannen unkontrolliert zu zittern, als er mit gebrochener Stimme zu erzählen begann: „Ganondorf fordert von allen Völkern Hyrules bedingungslosen Gehorsam, doch Papa hat ihm diesen immer verweigert. Er sagt, Ganondorf sei größenwahnsinnig und gehöre gestoppt – womit er wahrscheinlich Recht hat. Aber seine Sturheit hat uns nur Ärger gebracht und Schwierigkeiten gemacht. Und vor ein paar Tagen...“
    Inzwischen schluchzte der junge Gorone so sehr, dass Link sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. Beruhigend legte er ihm eine Hand auf die Schulter und ließ den Daumen in kleinen Bewegungen über seine steinharte, glatte Haut kreisen. „Was ist vor ein paar Tagen passiert?“ Seine Stimme war ein sanftes, streichelndes Flüstern und er fürchtete fast, seine Worte seien in dem lauten Schluchzen untergegangen.
    Doch nach endlos erscheinenden Minuten holte der Kleine tief Luft und fuhr fort: „Vor ein paar Tagen fielen Ganondorf und seine Schergen hier ein und haben alle Goronen verschleppt. Ich konnte mich gerade eben noch verstecken.“ Mit einem kurzen Kopfnicken deutete der Prinz in Richtung einer riesigen Vase mit aufgemalten Goronenköpfen und Link dachte schaudernd an die Ängste, die das Goronenkind in den Tiefen des Steingefäßes ausgestanden haben musste.
    Mit einem tiefen Seufzen sprach das junge Felsenwesen weiter: „Wir Goronen sind ein friedliches Volk. Wir sind vielleicht stark und können uns einigermaßen gut verteidigen, doch wir sind keine Krieger und die anderen hatten gegen Ganondorfs Kämpfer keine Chance – zumal Papa gerade nicht da war.“ Wütend ballte Link die Hände zu Fäusten zusammen und stieß schnaubend Luft aus der Nase aus. „Was hat er mit den Goronen gemacht?“
    „Sie sind in den Feuertempel verschleppt worden und sollen dem heiligen Drachen Volvagia geopfert werden.“ Ein heftiger Schluchzer drückte sich seinen Hals hinauf und neue Tränen strömten heiß über seine Wangen. „Als Papa davon erfahren hat, ist er sofort aufgebrochen, um die anderen zu retten. Aber... Link? Ich... Ich hab Angst, dass er nicht wiederkommt. Versprich mir, dass du mir zumindest Papa zurück bringst. Versprich es mir!“
    Der junge Held legte dem Goronenprinzen beide Hände auf die Schultern und blickte ihm fest in die Augen. „Keine Angst. Ich werde deinen Vater und die anderen Goronen retten – so wahr ich hier stehe!“ Navi lächelte zu ihm herunter und strich sich eine ihrer langen Strähnen aus dem Gesicht. „Wie kommen wir denn am schnellsten zum Feuertempel?“
    Das zierliche Steinwesen deutete mit einem lang ausgestreckten Arm auf die Tür zu Darunias Thronsaal. „Hinter Papas Thron gibt es einen Durchgang. Aber ich fürchte fast, du wirst den Tempel nicht betreten können.“ Niedergeschlagen blickte der Prinz auf seine Füße und zog geräuschvoll die Nase hoch. „Aber die Tür wird doch zu öffnen sein.“ „Ja, das ist kein Problem, aber der Eingang zum Feuertempel liegt im Inneren des Todesberges. Uns Goronen macht die Hitze nichts aus, aber Hylianer wie du würden augenblicklich dehydrieren.“
    Plötzlich meldete sich eine tiefe Stimme aus den Schatten hinter den beiden Links: „Vielleicht kann ich in diesem Fall weiterhelfen.“ Erschrocken wirbelten Hylianer und Gorone herum, nur um in die schwarzblauen Augen des Shopbesitzers zu blicken. Der junge Prinz schnappte hörbar nach Luft und streckte einen Arm nach dem unerwarteten Besuch aus. „Du bist noch hier?!“ Der Verkäufer nickte langsam und lächelte zaghaft. „Ich konnte mich schnell genug in meinem Laden verschanzen.“
    Navi setzte sich auf Links Schulter und musterte den erwachsenen Goronen mit neugierigen Blicken. „Es freut mich, dass zumindest einer von euch noch hier ist. Aber wie glaubst du uns helfen zu können?“ „Hiermit.“ Erst jetzt bemerkte Link, dass der Shopbesitzer etwas in der Hand hielt – ein rotes Stück Stoff, das er ihm nun entgegen hielt.
    Irritiert zog die Fee ihre goldenen Augenbraunen in die Höhe und blinzelte verwirrt. „Äh... und was ist das?“ Ein wenig zögernd nahm Link dem Goronen das Tuch ab, das sich kühl und geschmeidig auf seiner Haut anfühlte, und ließ es sich entfalten. Staunend musste er feststellen, dass es sich dabei um eine fein gewebte Tunika handelte.
    „Das ist eine Goronen-Rüstung, sie wird dich vor der Hitze des Vulkans schützen.“ Langsam ließ der junge Mann seine Fingerkuppen über den leicht steifen Stoff gleiten. Die Tunika schien nahezu identisch zu sein zu derjenigen, die Link am Leib trug, doch der verwendete Faden fühlte sich vollkommen anders an. Während die Kokiri-Tunika aus weichem Leinen gewebt war, das die Körperwärme absorbierte und sogar ein wenig speicherte, erwärmte der rote Stoff sich auch nach mehreren Minuten zwischen Links warmen Händen kein Stück. Tatsächlich wirkte sie sogar noch ein wenig kälter als noch vor mehreren Momenten.
    Der Shopbesitzer fing Links verwirrten Blick auf und deutete auf das rote Tuch. „Sie ist aus den Fasern von Donnerblumenblüten gewebt und wandelt Wärme in eine angenehme Kühle um. Ich kann dir leider nicht erklären, warum dem so ist, aber das ist auch unwichtig. Bedeutend ist nur, dass du so die Möglichkeit hast, den Todesberg zu durchqueren.“ Link verzog skeptisch das Gesicht und tauschte zweifelnde Blicke mit Navi, doch der Goronenprinz nickte begeistert. „Ich habe von den besonderen Kräften der Goronen-Rüstung gehört. Dass mir das nicht selbst eingefallen ist!“
    „Halt mal, bitte.“ Seufzend drückte Link Navi den roten Stoff in die Hand, zog sich sein vertrautes, grünes Gewand über den Kopf und ließ es zu Boden fallen. Ein wenig unsicher trat er von einem Bein aufs andere, während er die Blicke der anderen zentnerschwer auf sich fühlte. Zwar verdeckte die Kokiri-Tunika nicht viel von seinem schlanken, muskulösen Körper, doch er fühlte sich dennoch nur in seiner silbernen Kettenkleidung merkwürdig nackt. Dankbar nahm er das Goronen-Gewand wieder entgegen und zog es schnell über den Kopf.
    „Das passt nicht.“ Irritiert blinzelte der junge Mann zu Navi herauf, während sie ihn mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck musterte. Langsam ließ Link seinen Blick an sich herunter wandern, doch die Tunika saß perfekt, so als wäre sie extra für ihn geschneidert worden. „Was hast du denn daran auszusetzen?“
    „Deine Mütze. Du kannst keine grüne Mütze dazu tragen. Das sieht lächerlich aus.“ Stöhnend verdrehte Link die tiefblauen Augen. „Ist das nicht völlig egal? Ich will doch keinen Schönheitswettbewerb gewinnen!“ Die zierliche Fee rümpfte ihre schmale Nase und verschränkte die Arme vor der flachen Brust. „Mag sein, aber mich stört’s. Nimm sie ab.“ Link schüttelte seufzend den Kopf und zog sich seufzend die lange Mütze ab, sodass seine zum Zopf gebunden Haare frei lagen, was Navi ein breites Grinsen entlockte. „Viel besser!“
    Doch der junge Mann stopfte einfach seine abgelegte Kleidung in seinen Lederbeutel und wandte sich dem Goronenprinzen zu, ohne seine Fee weiter zu beachten. „Wie komm ich in den Thronsaal deines Vaters?“ Mit einem dankbaren Glänzen in den Augen nahm der Gorone Links Hände in seine und drückte sie sacht. „Geh schon mal runter. Um den Türöffnermechanismus kümmere ich mich.“

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  • Wenig später standen die beiden Abenteurer vor der massiven Steintür, die zu Darunias Thronsaal führte. Mit einem ein wenig wehmütigen Stich im Herzen dachte Link daran, wie er das letzte Mal hier gestanden hatte. Damals war ihm alles irgendwie fröhlicher und leichter erschienen.
    Zwar hatte schon damals Ganondorf im Hintergrund gelauert, doch er hatte immer das Gefühl, dass bald alles vorbei sein würde und dass er auf ein glückliches Ende zuarbeiten würde. Doch jetzt nagte die permanente Angst an ihm, zu spät zu kommen. Er fühlte sich, als würde er einem großen Käse hinterher jagen, den Ganondorf an eine Schnur gebunden hatte und immer wieder weg zog, wenn Link in dessen Nähe kam.
    Gerne hätte er mit Navi über seine Empfindungen gesprochen, doch zu seiner eigenen Überraschung kamen ganz andere Worte über seine Lippen: „Ich hab Hunger.“ Irritiert blinzelnd wandte Navi ihm ihr Gesicht zu. „Äh...In deinem Beutel sind einige Speisen aus dem Heiligen Reich. Rauru meinte, schon ein Bissen davon wäre sehr sättigend und nahrhaft. Außerdem sollen Lebensmittel aus dem Heiligen Reich sehr lange frisch und genießbar bleiben.“ Sie zuckte kurz mit den Schultern. „Ich konnte es leider nicht für dich testen, also wirst du dem Weisen des Lichts wohl einfach vertrauen müssen.“
    Gerade als Link seine Hand in sein Ledersäckchen gleiten ließ und „Essen.“ dachte, wurde die große Steintür, die mit roten Goronenemblemen und Zeichnungen von Feuer verziert war, mit einem lauten, schleifenden Geräusch zur Seite gezogen. Der junge Held atmete tief durch und rief dem Goronenprinzen Dankesbekundungen zu, bevor er sich eine handvoll säuerlich schmeckender Beeren aus dem Heiligen Reich in den Mund steckte.
    Mit langen Schritten durchmaß er den kleinen Saal und stellte zu seiner Überraschung fest, dass die Beeren zwar ein wenig widerlich schmeckten, aber sein Hungergefühl tatsächlich einem wohligen Sättigungsgefühl Platz machte. Mit nachdenklich zur Seite gelegtem Kopf schwebte Navi vor dem großen Steinthron in der Luft und ließ ihren Blick mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck zwischen Mann und Thron hin und her huschen.
    Auch Link wurde bei dem Gedanken daran, diesen gewaltigen Stein zur Seite zu schieben, ein wenig anders, doch er dehnte seine Finger, so als ob er keinen Zweifel daran hatte, den Thron bewegen zu können. Langsam brachte er sich neben dem schweren Sitz, der die Form eines kubistischen Goronen hatte, in Position und stützte seine Hände, sowie den linken Oberarm gegen den kühlen Stein, bevor er sich mit seinem vollen Gewicht dagegen lehnte.
    Mehrere Herzschläge lang hatte er eher das Gefühl, sich lediglich den Arm zu zerquetschen, doch gerade als er schon aufgeben wollte, bewegte der Thron sich ein winziges Stückchen zur Seite. Erfreut atmete Link tief durch und warf sich mit neuem Elan gegen die glatte Seite des Steins. Sogar Navi, die bisher stumm zugesehen hatte, versuchte, beim Schieben zu helfen.
    Dicke Schweißtropfen kullerten über Links Stirn und fielen von seinem Kinn klatschend zu Boden, doch schlussendlich hatte er es geschafft und einen Spalt freigelegt, der breit genug war, damit er hindurch schlüpfen konnte.


    Kaum dass er durch den Durchgang gekrochen war, schlug ihm eine unglaubliche Hitze entgegen, die ihm die Luft aus den Lungen presste und augenblicklich seinen Mund austrocknete. Seine Augen schmerzten und tränten, während er versuchte, durch die schwirrende Luft etwas zu erkennen. Jetzt verstand er, was der Goronenprinz gemeint hatte, als er davon gesprochen hatte, Hylianer würden im Todesberg sofort dehydrieren. Besorgt warf er Navi einen Seitenblick zu, doch die Fee schien völlig unbeeinträchtigt. Lediglich ihr silberner Glanz hätte eine rotfunkelnde Note angenommen.
    Als Link versuchte, etwas zu sagen, spürte er wie seine trockenen Lippen sofort aufplatzten und schmerzende Risse bekamen. Die Goronen-Rüstung an seinem Leib schien für einen Moment zu schimmern und entfaltete dann endlich ihre volle Wirkung. Von seinem Rücken ausgehend schoss eine Eiseskälte durch Links Körper, die ihn unter normalen Umständen hätte zittern lassen, doch mit der unwirklichen Hitze um ihn herum entstand ein angenehmer Kontrast und Links angespannte Muskeln lockerten sich zusehends.
    „Wie fühlst du dich?“ Navi schwebte neben ihrem Schützling in der Luft, während er eine wackelig aussehende Hängebrücke, unter der kochendheißes Magma brodelte, eingehend inspizierte. Auf jedem freien Quadratzentimeter seiner Haut standen dicke Schweißtropfen und seine Haare klebten ihm an Stirn und Nacken, doch seine Fingernägel schimmerten bläulich. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und wagte sich dann auf die Brücke. „Als ob mich jemand in einen mit Eis gefüllten Sack gesteckt hätte, während drum herum ein heftiges Feuer wüten wütet.“
    Die junge Fee wollte gerade einen spitzen Spruch in seine Richtung schleudern, um ihn ein wenig zu necken, als Link wie angewurzelt stehen blieb und vor sich starrte, als ob er einen Geist gesehen hätte. Irritiert drehte Navi ihren Kopf und musste ungläubig und mit offen stehendem Mund blinzeln. Am unteren Ende der Brücke, nur wenige Zentimeter von dem brodelnden Magma entfernt, stand Shiek und wirkte seelenruhig, so als stünde er auf einer weiten Grasfläche und nicht in der schier unermesslichen Hitze eines Vulkans.
    Langsam kam der geheimnisvolle Mann auf Link zu, wobei er ihn mit seinem rotbraunen Auge fixierte, als könnte er ihm direkt in die Seele blicken. Unwillkürlich machte der Hylianer einen Schritt zurück, doch der Shiekah war ihm inzwischen so nah, dass Link dessen gesenkte Stimme trotz des Gebrodels um sie herum verstehen konnte. „Wahre Freundschaft wächst, je länger sie besteht. Sie wächst im Herzen und wird mit jeder Minute stärker... Die leidenschaftliche Blüte der Freundschaft, die jetzt schon in dir reift, wird dir den richtigen Weg weisen.“
    Link zog zweifelnd die rechte Augenbraune in die Höhe und stützte sein Gewicht auf sein linkes Bein. Was zum Henker glaubte Shiek über seine Freundschaft zu den Goronen zu wissen? Und wie schaffte er es, sich trotz der Hitze ohne Goronen-Rüstung scheinbar ohne Mühe durch den Vulkan zu bewegen? Für einen kurzen Moment spielte Link mit dem Gedanken, Shiek von der Brücke zu schubsen, nur um zu testen, ob er sogar im Magma schwimmen konnte.
    Doch der Shiekah tat als würde er den skeptischen Blick seines Gegenübers gar nicht sehen und deutete auf eine flache, helle Steinplatte schräg hinter ihm. „Diese Teleportierplattformen kennst du ja bereits. Diese hier wird durch den Bolero des Feuers aktiviert. Man sagt, der Komponist habe dieses Lied dem Feuer der Freundschaft gewidmet. Passend, findest du nicht?“
    In dem Auge des vermummten Mannes blitzte kurz etwas auf, doch bevor Link das seltsame Funkeln deuten konnte, war es auch schon wieder verschwunden. Mit einer fließenden Bewegung zog Shiek seine goldene Harfe hervor und stimmte die wild wirbelnde Melodie des Boleros an.
    Nachdem Link das Lied fehlerfrei nachgespielt hatte, nickte Shiek ihm zu und machte ein paar Schritte zurück. Gerade als er den Kopf abwandte, hatte der junge Held plötzlich ein starkes Gefühl des Wiedererkennens, auch wenn er nicht sagen konnte, an wen Shiek ihn erinnerte. Schnell versuchte er, den Shiekah am Ärmel zu erwischen, doch dieser funkelte ihn aus seinem rotbraunen Auge entzürnt an und warf etwas ins Magma, das eine hohe Feuerwand entstehen ließ. Überrascht riss Link die Arme hoch und Navi, die sich fast einen ihrer Flügel versenkt hätte, wich mit einem erschrockenen Quietschen zurück. Als das Feuer langsam abflaute, wirbelte sie mit einem wütenden Funkeln in den Augen um, doch Shiek war verschwunden. Vor ihnen lag nur der dunkle, gähnende Eingang zum Feuertempel.

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  • Ich finde deine Ideen echt gut umgesetzt und du lässt dir wirklich was einfallen. Es macht auch Spaß zu lesen und du schreibst in einem sehr angenehm lesbaren Stil.


    Allerdings habe ich so meine Schwierigkeiten mit ein paar Begriffen, wie "Primaballerina" oder "Stylingwettbewerb".
    Überhaupt finde ich die Art und Weise, in welcher du Navi auftreten lässt ein wenig zu "modern"(bezogen auf ihren Sprachstil). Ich finde es zwar lustig, dass sie so einen kecken Charakter hat, aber dan manchen Stellen stört es mein Bild von einer doch ein wenig "altertümlichen" Hyrule-Welt, in der eine Fee, welche vom Dekubaum auserkoren wurde Link zu begleiten und führen, sich vielleicht ein wenig gewählter ausdrücken könnte.


    Ich finde Navis Auftreten würde eher zu Taya aus MM passen. Sie hat sich die Reise mit ihm schließlich nicht ausgesucht und wird nur ungewollt zu seiner Begleiterin. Wenn man sich die Kommentare aus den Spielen mal genau durchließt, dann wird jedem aufgefallen sein, wie frech Taya ist und wie gehorsam und gewählt Navi im Vergleich. Auch diese teilweise "modernen" Aspekte würden meiner Meinung nach eher in MM passen, weil die ganze Atmosphäre da nicht so "nobel" ist wie in Oot.
    Das ist zumindest meine Meinung darüber und das ist auch mein einziger Kritikpunkt. ;)


    Ansonsten ist das was du aus dem Spiel machst aber super und du hast eindeutig ein Talent fürs Schreiben.
    Weiter so! :)

  • Ja, das ist mir auch aufgefallen, dass meine Navi sehr viel mehr von Taya als von der originalen Navi hat. Ich hab auch schon dran gedacht, es zu ändern, aber irgendwie gefällt mir die Idee auch nicht wirklich, weil ich finde, dass die OoT-Navi ein ziemlich langweiliger Charakter ist. Vermutlich hab ich mich deswegen unbewusst immer mehr an Taya orientiert.
    Und jetzt kann ich den Charakter nicht mehr ändern, das wäre irgendwie unglaubwürdig, wenn aus meiner doch recht biestigen Fee plötzlich so ein Lämmchen würde wie sie es eigentlich im Spiel ist.


    Also lange Rede, kurzer Sinn: Ich stimm dir voll und ganz zu, werd's aber um der Stringenz willen wohl trotzdem nicht ändern.
    Aber die zwei Ausdrücke, die du angesprochen hast, hab ich geändert. :)


    Ah, ich Depp. Jetzt hätte ich beinah vergessen, mich für die lieben Worte zu bedanken. :) Also: Danke. ;)

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