Die Relevanz von Qualität in den Medien

  • Setzt man sich näher mit den unterschiedlichen Medien und ihre Funktion auseinander, wird ein bei näherer Betrachtung ein Muster einer Qualitätsskala vorschweben. Wer von uns bewertet nicht ein Film, Videospiel, Manga, Buch, Anime, Comic oder gar andere Arten von lyrische Schriftstücke in Form von schriftlicher oder digitaler Form mit seiner eigenen (subjektiven) Skala. Doch worin unterscheidet sich die gegebene Qualität innerhalb der Medien und was genau definiert Qualität oder auch die Abwesenheit einer signifizierten Qualität? Es gibt in der Kulturwissenschaft ein Konzept das sich "Schismogenesis" nennt. In Übertragung auf die Qualität bezieht sich Schismogenesis darauf, dass die gegebene Qualität sich erst bewusst wird, wenn sie auf eine andere Qualität trifft. Erst dann wird den Konsumenten klar das es außerhalb auch andere Formen von Qualität gibt, die auch anders wahrgenommen wird und der Wert der gegebene Qualität versetzt sich in einer Formel wie wir die Dinge sehen.
    Ist also eine Objektivität innerhalb der diversen Medien überhaupt möglich? Ist Final Fantasy VII das beste Videospiel aller Zeiten? Ist 2001 A Space Odyssey der beste Film aller Zeiten? Oder sind sich Kritiker doch am Ende einig: The Wire ist die beste TV-Serie die es je gab?


    Was bedeutet eine erreichte Qualität für das Medium? Können gute Ideen und eine daraus entwickelte Haltung gegenüber der Qualität neue Ideen im Weg stehen? Letztendlich: Was ist Qualität überhaupt? Ist es eine gute Geschichte? Gut geschriebene Dialoge? Gutes Gameplay? Pure Unterhaltung? Grandioses Directing? Oder das erreichen eines erhöhten technisches Level?
    Wodurch definiert sich euch die Qualität in ein gegebenen Medium? Ich möchte die lose Grundgedanken hier als Base für eine Diskussionskultur bilden, damit ein breites Spektrum abgedeckt ist.

    OXW5zLS.png

    I’m just watching a bad dream I never wake up from.


    - Spike Spiegel from Cowboy Bebop

  • Objektivität kann immer nur einen Aspekt oder Teilaspekt betreffen. Wenn man einen lyrischen Text nach Kriterien der metrische Notation bewertet, kann er gut oder schlecht sein. Wenn ich einen Manga nach der Kontinuität des Zeichenstils bewerte, kann diese gut oder schlecht sein.
    Subjektive Wertungen sind natürlich viel uneingeschränkt möglicher, weil sie viele Faktoren aufeinmal berücksichten können. Sie verlieren dadurch aber auch ihren wissenschaftlichen Anspruch.
    Natürlich sollte jedes Medium für sich eine sehr hohe Qualität aufweisen, sprich es ist durchas relevant qualitativ hochwertige Medien zu haben.



    Doch worin unterscheidet sich die gegebene Qualität innerhalb der Medien und was genau definiert Qualität oder auch die Abwesenheit einer signifizierten Qualität

    Ich persönlich finde, dass Klarheit ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist. Worum geht es? Was passiert? Ein klassisches Beispiel im Film wäre die Shaky Cam oder die Schlacht am Ende der Hobitfilme. Alles ist verwackelt oder verwirrend geschnitten, weil man probert eine Actionreiche Szene zu zeigen. Vieles passiert gleichzeitig. Im Endefekt bekommt man als Zuschauer aber nichts mit und wartet nur ab, bis die Szenen endlich vorbeit sind. John Wick hingegen macht es sehr gut. Spannende und schnelle Kampfabläufe, aber man weiß ganz klar, immer was passiert. Dieser Aspekt funktioniert gut bei allem, was nichts mit Storytelling zu tun hat. Geschichten deren Ablauf anz klar sind, sind meistens langweilig.
    Daran erkennt man auch schon, dass Qualität für jeden Aspekt neu definiert werden muss. Es lässt sich nicht an jede Funktion die selbe Anforderung (in diesem Fall Klarheit) stellen.

    Baci
    Baci
    Baci

  • Medien können vermutlich nicht nach ein und demselben Muster bewertet werden, weil das Unfair wäre. Ein Nachfolger wird immer technisch besser und weiter entwickelter sein, als sein Vorgänger, darf aber meiner Meinung nach nur bessere Wertungen bekommen, wenn er eigenständiges Material mitbringt, weil der Vorgänger von 0 Anfangen musste und der Nachfolger schonmal den ersten Teil hatte, worauf er viele Aspekte aufbauen kann - hoffe das ist verständlich.
    So bewerte ich Medien für mich. Nicht nur im Kontext zu anderen, ähnlichen Medien sondern auch Machart, Originalität, Unterhaltungswert, natürlich spielt der eigene Geschmack auch eine Rolle, ich versuche trotz eigenen Geschmacks aber ein Medium trotzdem Objektiv zu bewerten, was unterm Strich heißt, dass ich die Qualität eines Mediums anerkenne, selbst, wenn es mir nicht gefällt oder eben anerkenne, wie schlecht etwas ist, das mir aber trotzdem gefällt. Etwas einheitlich zu bewerten ist schwer, weil jeder irgendwo eigene Erfahrungen einfließen lässt. Nehmen wir das kontextuelle Bewerten von mir - das geht nur, wenn ich schon viele andere Filme/Spiele/Bücher konsumiert habe. Je mehr, desto komplexer kann die Bewertung werden, je Unterschiedlicher die Medien sind, die jemand konsumiert hat, desto mehr wirkt sich das auf diesen Bewertungsstil aus. Jemand der z.B. nur Karatefilme schaut, wird einen Karatefilm im Kontext dieser Filme und seiner Erfahrungen ganz anders bewerten, als jemand, der nur westliche Kampffilme kennt etc. So könnte ich z.B. niemals ein Rennspiel derart komplex bewerten, weil mich a) die Materie null interessiert und ich b) kaum vergleichenswerte Spiele gezockt habe

    Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

    #75: Me and the Boys


    me-and-the-boys-1.jpg me-and-the-boys-2.jpg me-and-the-boys-3.jpg me-and-the-boys-4.jpg


    "Ich dachte, du hast das Quest Item mitgenommen?!"

  • Da schließ ich mich dem an. Einzig und allein Erfahrung lässt mich abschätzen, ob ein Spiel oder Film, bestenfalls innerhalb seines Genres oder mit Blick auf die breite Masse, was taugt oder eben nicht. Wenn ich schon diverse JRPGS wie Tales of Symphonia oder Final Fantasy 9 gespielt hab, kann ich Ni No Kuni damit vergleichen, welchen Level es in Sound, Grafik, Gameplay, Story und so weiter hält. Manche Maßstäbe muss ich innerhalb des Erscheinungsjahres/-jahrzehnts setzen, vor allem technische, oder im Falle eines Buchs die Zeit, auf die zum Beispiel eine Gesellschaftskritik fußt. Ein Gameplay oder einen gängigen Roman kann ich unabhängig bewerten.
    Gerade die objektive Seite seh ich in starker Relation zu Vergleiche ziehen. Die subjektive Meinung spiegelt einfach meine Vorlieben wider, ob ich nun Heath Ledger oder Jared Leto als Joker mehr mag, ob ich lieber Dark Souls oder Bloodborne spiele oder wie auch immer.


    Objektive und subjektive Bewertungen zu trennen ist die große Kunst. Ich schließe mich Olf an, dass ich objektiv nur mit breiter Vergleichspalette bewerten kann. Ich wäre also nicht in der Lage, Strategiespiele großartig zu bewerten oder Fußballmanager. Ich kann subjektiv sagen, dass ich die doof finde oder mir das Spiel liegt, für mehr reicht es aber auch nicht.


    Inwiefern ich Qualität festmache, liegt für mich vor allem am Inhalt. Ein 50 Shades of Grey lässt sich nicht messen mit Thomas Manns Buddenbrooks oder Dürrenmatts Besuch der alten Dame. Fairerweise muss ich sagen, dass man feine Bewertungsunterschiede innerhalb des (bestenfalls Sub-)Genres machen sollte und es einen zweiten Blick wert ist, inwiefern ein Werk bei der Masse ankommt oder eben nicht. Einem Mario Kart 8 kann ich nicht vorwerfen, dass ich keine Level Ups erlange und keine Statuspunkte verteile.

  • Freut mich, dass hier schon ein paar Beiträge geschrieben wurden und diese sehr interessant zu lesen waren (ich hatte zunächst die Befürchtung gehabt, dass meine doch spezifischen Themen nicht für die breite Masse zugänglich sind ;P).


    Ich stimme mit euch überein, dass mit wachsenden Konsum auch die Anforderung an der Qualität dadurch steigt, das man selbst eben subjektiv viele Dinge differenzieren kann. Dazu wurde von Olf das gute Beispiel mit den Rennspielen genannt. Wenn jemand wenig mit einer Materie zu tun hat oder sich damit gar nicht auskennt, würde er zum Beispiel nie nachvollziehen können warum gewisse Dinge nie den Kultstatus verlieren werden, weil eine Qualität erreicht wurde, die so in der Form zuvor nicht da war und (ganz wichtig!) auch mit neuster Technik nicht so leicht nachzuahmen ist.
    Nehmen wir hierfür den Klassiker die sieben Samurai von Akira Kurosawa aus dem Jahre 1954. Denn obwohl der Film über 60 Jahre alt ist und die eigentliche Handlung des Film lose in wenige Sätze zusammen gefasst werden kann, wird der Film durch seine meisterhafte Inszenierung nie alt werden. Jedes einzelne Detail, sei es die Szenerie, das Schauspiel oder die berüchtigte Kameraeinstellung, die es nicht nur ermöglicht die Choreografie für die Kampfszenen zu planen und umzusetzen, sondern auch die Emotion zu transportieren. Durch die Nuancen dieser Feinheiten wirkt erst die Dramaturgie und dies ist zurecht bis heute eine anerkannte Qualität.
    Jemand der also nicht so bewandert ist mit älteren Filme (müssen nicht mal 50er-Jahre Filme sein) oder allg. mit den Samurai Epos, wird nie gänzlich diese Qualität begreifen können. Dieses Beispiel kann man auf jedes Medium übertragen. Wie richtig anerkannt wurde, wächst die Beobachtungsgabe mit dem steigenden Konsum und man stellt für sich eine Qualität fest. Dies ist aber auch eine subjektive Wahrnehmung, da man das gesehene/gelesene nur dem vergleicht was man gewohnt ist und welchen Anspruch man an das Werk legt. Eine gänzliche objektive Betrachtung ist nicht möglich, aber eine Mischung aus Objektiv & Subjektiv ist in mein Augen wichtig für eine nüchterne Bewertung.


    Hierfür nehme ich das jüngste Beispiel aus dem Film Beispiel: La La Land hat mir zwar vom Film her gut gefallen, da er außerordentlich gut produziert war, viele Szenen durch die passende Untermalung und Szenerien ein bleibenden Eindruck hinterlassen. Er geht zudem ein recht kontroversen Weg (für ein Musical!) und das Ende offenbart ein großen Twist. Würde ich den Film nur technisch betrachten, wäre er so eine 9 von 10. Aus meiner eigenen Sicht, als jemand der eben nichts mit Musicals anfangen kann, war der Film an einigen Stellen doch etwas langatmig, aber auch ich musste zugeben, dass er eben durch seinen eigenen Weg und durch das saubere technische Handwerk auch unterhalten kann. Somit ist also ein Genre oder eben auch Genre-Feindlichkeit ein Granat für eine positive/negative Resonanz.


    Wir haben also zur Kenntnis genommen, dass Qualität sehr wohl zur Unterhaltung beiträgt, eine Weiterentwicklung für das Medium mit sich bringen kann und nicht immer nur subjektiv betrachtet werden muss. Ich halte es aber auch immer für wichtig, wie auch bereits angemerkt, in welchen Zeitraum es entstanden ist.
    Hierfür bediene ich mich mal mehr aus dem Anime & Manga Bereich, einfach weil ich mich in dieser Materie sehr gut auskenne. Nehmen wir mal den Manga Kozure Ookami (Zu Deutsch: Lone Wolf & Cub) aus dem Jahre 1970 bis 1976. Der Manga gilt bis heute in Japan und in Amerika als der Manga Klassiker überhaupt. Der auf seiner Art doch recht schlicht gehaltene Zeichenstil beeindruckt aber in den wichtigsten Momenten mit einer Fülle an Details und stellt meisterhaft die unterschiedlichen Szenerien der Länder Japans dar.
    Diese Qualität wird bis heute in vielen Werken "kopiert", aber dadurch das viele Manga heutzutage über Computer nach gezeichnet werden, also nicht mehr regulär am Schreibtisch auf dem Blatt Papier gezeichnet werden, sondern das Bild wird eingescannt und menschliche Fehler werden mit Computertechnisch nachgebessert. Oft tendiert man hier sogar noch zu einer "Verschönerung". Das kann man gut am Beispiel vom Berserk Manga sehen, der ebenso viele zeichnerische Tricks von LWC übernimmt, aber durch die versuchte "Verschönerung" eben optisch nicht mehr toll anzusehen ist, da dass Auge mit einer opulenten Detailierung überschwemmt wird.
    Es gibt für dieses Medium noch viele andere negative Beispiele, aber ich will es mal nur bei diesen belassen. Ein positives Beispiel für die Verwendung von moderner Technik wäre aber die Manga von Inio Asano (Gute Nacht, Punpun, Solanin oder Das Feld des Regenbogens), in welcher der Mangaka reale Fotos auf sein Computer überträgt und diese nach skizziert. So sind also seine gezeichneten Landschaften oder Panoramen basierend auf die Wirklichkeit und per Stift nach gezeichnet worden.


    Ähnliches kann man auf Anime übertragen. Im Laufe der späten 80er / frühen 90er Jahre tendiere man zu vermehrt zur Computertechnik und seit neueren auch zu CGI, zum Glück aber noch recht selten. Das animierte Bild wird also nicht mehr Frame für Frame am Papier gezeichnet, sondern man beschränkt sich auf die geringst notwendige Bewegung und mit der Zeit sank die Qualität der Animation, dafür bekam immer mehr generische Handlungen, Charakterdesign und beschränkte Bewegungen. Qualität kann also auch durch den Wandel der Technik rapide sinken.


    (Werde morgen mein Beitrag bezüglich Anime erweitern. Bin jetzt zu müde dafür)

    OXW5zLS.png

    I’m just watching a bad dream I never wake up from.


    - Spike Spiegel from Cowboy Bebop

  • Qualitätsmerkmale sind wichtig um einen fundierten Diskurs mit anderen Menschen haben zu können.


    Denn am Ende des Tages ist wichtig, was mir als Konsument gefällt oder nicht. Wenn ich dann noch meine Meinung transparent und klar formulieren kann, so kann ich andere Menschen auch für dieses oder jenes Medium begeistern - was mich zwar freut, aber viel mehr den Kunstschaffenden zugute kommt.


    Mein Anspruch wächst mit der Zeit, weil meine konsumierten Werke zunehmen. Ich habe also zunehmend mehr "Vergleichswerte", die in meinem Kopf zu einer Bewertung führen. Das ist Gut, weil ich so meine Welt differenzierter wahrnehmen kann.


    Aber. Dahingehend tue ich mich dann auch schwer alte Filme oder Spiele nochmal anzufassen.

    In meinem Kopf bewahren sich diese Werke nämlich wie eine Art konservierte Erinnerung, die ich persönlich als "überragend", "grandios" oder Ähnliches gewertet habe. Wenn ich diese heutzutage konsumiere, mache ich mir diese Erinnerung an das Spiel womöglich zunichte - was ich aber vielleicht gar nicht will (spontan fällt mir dazu FF Tactical Adcance oder FF Crystal Chronicles ein)


    Ich mache das bei Werken bei denen ich mir sehr sicher bin, dass sie auch "objektiv" weiterhin überragend sind - beispielsweise ein Ocarina of Time 3D oder Kingdom Hearts II erneut durchspielen oder Die Verurteilten oder Schindler´s Liste nochmal anschauen.




    In Übertragung auf die Qualität bezieht sich Schismogenesis darauf, dass die gegebene Qualität sich erst bewusst wird, wenn sie auf eine andere Qualität trifft.

    Sehe ich ebenfalls so und ich als Laie nenne es "Vergleich".

    Ich kann etwas nur bewerten oder einordnen, wenn es etwas anderes vergleichbares gibt. Ist auch logisch, weil ich beispielsweise Ranking nicht mit einem Element durchführen kann, sondern mindestens zwei Elemente benötige.



    Medien können vermutlich nicht nach ein und demselben Muster bewertet werden, weil das Unfair wäre

    Ich betrachte Werke immer im Kontext des Veröffentlichungsdatums, oder versuche zumindest mich da hineinzuversetzen. Zumal es in aus diesem Jahr immer andere Filme, Spiele oder Bücher als Vergleichswert gibt.

    Darüber hinaus gibt es Kunstwerke, die zeitlos sind und beinahe immer funktionieren oder funktionieren werden. Weil die angesprochenen Themen zeitlos sind, wie Freiheit, Diskriminierung oder Liebe.


    bestenfalls innerhalb seines Genres oder mit Blick auf die breite Masse, was taugt oder eben nicht.

    Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, meiner Meinung nach.

    Ein deutscher Filmkritiker führt für sich zwei Skalen - einmal gesamt und einmal Genrewertung.


    Der hat den neuesten Godzilla vs Kong-Film im Genre 7 oder 8 Punkte gegeben, aber Gesamt "nur" 5 Punkte. Und sowas finde ich viel aussagekräftiger. Weil es nämlich Menschen gibt, die solche Filme feiern und sich bei sowas viel besser orientieren können.


    Ich kann subjektiv sagen, dass ich die doof finde oder mir das Spiel liegt, für mehr reicht es aber auch nicht.

    Diese Selbstreflektion zu besitzen und so schlicht und bescheiden zu kommunizieren - stark von dir.

    Ich mag Signaturen nicht, weil sie die Scroll-Leiste ohne Kontext verlängern.

  • Nefiji

    Hat das Label Sonstiges hinzugefügt.