Hier möchte ich mich mal austauschen über explizite Inhalte, die immer populärer in der Literatur werden.
Die derzeitigen Kassenschlager sind Bücher aus dem Young Adult-, New Adult- und Dark Romance-Genre. In diesen Genres eskalieren entsprechende Themen immer mehr und es scheint keine Grenzen mehr zu geben. Inzwischen füllen Triggerwarnungen zu den Büchern eine volle Seite und nicht selten liest man dort: "Hier geht es um psychische und physische Gewalt, sexuelle Gewalt, schwere Folter, Trauma, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, emotionalen Missbrauch..."
Und tatsächlich passiert dann genau das. Und diese Szenen werden immer schlimmer. Für Wirbel sorgt gerade die Dilogie "Haunting Adeline", in der die titelgebende Protagonistin gestalkt und gegen ihren Willen mit dem Lauf einer Pistole... ihr wisst schon. Das Buch wurde ursprünglich deswegen auf den Index gesetzt, jetzt allerdings neu übersetzt und wiederveröffentlicht. So weit ich das beurteilen kann, verkauft sich das Buch gerade wie warme Semmeln.
Ich habe mir die Szene durchgelesen und... also ich ertrage vieles, aber das hier ist wirklich heftig und ich frage mich, wer sowas gern liest. Es ist ein Dark Romance-Buch und dieses Genre ist für mich wie Fantasy. Die Figuren in diesen Büchern sind dermaßen entstellt und verzerrt, dass sie eher Fabelwesen wie Drachen oder Vampiren gleichen, als echten Menschen. Ich nehme also auch deren Handlungen nicht ernst und vergleiche sie nicht mit der Realität, allerdings gibt es da für mich trotzdem noch Grenzen. Diese werden aber offenbar immer weiter gedehnt und das finde ich extrem bedenklich.
Ein weiteres Phänomen ist die Romantisierung von toxischem Verhalten. Sehr oft wird das den männlichen Hauptfiguren in diesen Geschichten zugeschrieben. Diese zeichnen sich stets durch extrem gewaltbereites und besitzergreifendes Verhalten und körperliche Gewalt aus. Sie morden sich durch das Buch, sind aber gleichzeitig vom Äußerlichen her Topmodels: Babygesicht, extrem durchtrainiert, groß, tätowiert, perfekter Kleidungsstil. Nicht selten sind sie hochgebildet und intelligent plus stinkreich. Sie sind skrupellos, brutal und üben jede erdenkliche und nicht-erdenkliche Form von Unterdrückung - meist auch gegen die oft weibliche Hauptfigur - aus.
Das wird stets stark romantisiert, denn die Protagonistin fährt in der Regel genau darauf ab, obwohl sie drunter leidet. Sie hat oft fürchterliche Angst vor diesen Typen, fühlt sich aber gleichzeitig zu ihnen hingezogen. Erklärt wird das Verhalten des männliche Charakters stets damit, dass er schwer missbraucht, gefoltert oder sonst was wurde, oft in der Kindheit - wodurch alles relativiert wird.
Was für mich irgendwie viel schlimmer als das ist: Die (meist) weibliche Hauptfigur in diesen Geschichten muss sich natürlich im Laufe der Story dagegen behaupten und emanzipieren - und das läuft IMMER über Toxic. Da wird dann der Typ geohrfeigt und getreten, er wird emotional erpresst, es gibt grundlose Eifersucht - und das wird immer durch andere Figuren (beste Freundin, Familienmitglieder, Mitbewohner, Mitstudenten etc.) bestätigt. Dieses ebenfalls grenzwertige Verhalten der Protagonistin wird also ebenfalls stark relativiert. Auch sie kennt irgendwann keine Grenzen; ihr Wille ist stets das Maß der Dinge, ob der Typ das nun möchte oder nicht.
Sogenannte "Spice-Szenen", also sexuelle Inhalte, werden auch immer ausführlicher geschrieben. Sie gehen oft über Seiten und werden extrem ausführlich und bildlich beschrieben. Je nach Genre kommen diese Szenen im Prinzip gefühlt auf jeder dritten Seite vor und dienen schlicht dazu, eine weitere gewaltverherrlichende Seite der Hauptfiguren darzustellen. Da wird dann ein Gürtel genommen, die Kehle wird gewürgt etc.
Wie gesagt; im Dark Romance-Bereich darf man sich darüber nicht wundern; das ist DAS Hauptmerkmal dieses Genres. Aber was mir eben so "Sorgen" macht ist, dass es immer mehr ins YA und NA rüberschwappt. Das liegt einfach daran, dass sich das eben extrem gut verkauft.
Ich bin selbst einer bestimmten Dark Romance-Story "verfallen"; die Story ist dermaßen absurd, dass sie jeden Realitätsbezug verliert und hier wird vor allem der "Bully-Trope" und der "Enemy to Lover-Trope" bedient, aber ich mag diese Reihe einfach trotzdem, weil es hier aber auch noch um andere Dinge geht, als Sex. Ich habe da genug Abstand zu und aus meiner Sicht werden hier meine persönlichen Schmerzgrenzen nicht übertreten.
Losgetreten wurde das Ganze im übrigen vor etwa 20 Jahren von der "Twilight"-Reihe, welche gefolgt wurde von der "50 Shades of Grey"-Reihe, die ja eine durch Twilight inspirierte Fanfiction war. Das brachte einen Stein ins Rollen, der dann auch zu Buch-Reihen wie die "After"-Bücher führte und seitdem finden sich immer krassere und heftigere Bücher in den Bestsellerlisten.
Lest ihr solche Bücher? Wie geht ihr mit diesen Inhalten um? Habt ihr Bedenken um die möglichen Auswirkungen? Kennt ihr Bücher, die das "cleverer" regeln? Könnt ihr den Hype nachvollziehen?